Der Traktionsstromkreis

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Die Lokomotive der Baureihe Ae 6/6 war, wie das bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB üblich war, für den Betrieb unter einer Fahrleitung von 15 000 Volt und 16 2/3 Hertz ausgelegt worden. Besonderheiten gab es daher nicht und auch eine spezielle Schutzvorrichtung vor 3 000 Volt Gleichstrom war auf der Lokomotive nicht vorhanden. Wir haben daher eine normale einphasige Maschine erhalten.

Die Spannung aus der Fahrleitung wurde, wie das bei diesem System üblich ist, mit einem Stromabnehmer auf das Dach der Lokomotive übertragen. Verwendet wurden dabei die schon bei den Lokomotiven der Baureihe Re 4/4 bewährten Stromabnehmer. Diese waren für die Geschwindigkeit von bis zu 125 km/h ausgelegt worden und daher für diese Baureihe bestens geeignet. Es lohnt sich daher, einen genaueren Blick darauf zu werfen.

Verwendet wurden Scherenstromabnehmer, die mit der Hilfe von Druckluft gehoben wurden. Dabei veränderte diese Druckluft nur das Spiel der Federn.

Normalerweise sorgte eine Senkfeder dafür, dass der Stromabnehmer in seiner tiefen Lage blieb und nicht durch den Fahrtwind gehoben wurde.

So war eigentlich gesichert, dass der Stromabneh-mer gesenkt blieb, doch wie wurde er bei Bedarf gehoben?

Mit der Druckluft wurde die Kraft der Feder aufge-hoben. Dadurch war es nun der Hubfeder möglich, den Stromabnehmer zu heben. Wegen der Kon-struktion konnte sich der Stromabnehmer jedoch nicht völlig durchstrecken.

Um ihn wieder zu senken, wurde die Druckluft einfach schlagartig entlassen und die Senkfeder gewann wieder an Überhand. Der Stromabnehmer senkte sich dadurch wieder und kam in seiner Endlage zu liegen.

In der Regel berührte jedoch die Schleifleiste des Stromabnehmers den Fahrdraht und der Stromabnehmer presste mit einem eingestellten Druck dagegen. So war ein guter Kontakt vorhanden. Es wurden dabei doppelte Schleifleisten mit einer Breite von 1 450 mm verwendet. Diese mit isolierten Notlaufhörnern versehenen Schleifleisten passten daher zu der vorhandenen Fahrleitung. Jedoch war deren Ausrüstung unterschiedlich.

In den Wintermonaten wurde mit dem Stromabnehmer zwei und somit mit der Schleifleiste aus Aluminium gefahren. Diese war gut gegen den oft auftretenden Raureif gewappnet. Im Sommer wurde jedoch der Stromabnehmer eins und das darauf montierte Schleifstück aus Kohle verwendet. Die Jahreszeiten wurden dabei durch den Fahrplanwechsel festgelegt. Notfalls durfte jedoch auch der Stromabnehmer entgegen der Vorgabe gehoben werden.

Die beiden Stromabnehmer waren durch eine Dachleitung miteinander verbunden worden. Zum Abtrennen eines Stromabnehmers war jeweils ein Trennmesser vorhanden. Dieses konnte vom Maschinenraum aus bedient werden, so dass das Dach nicht bestiegen werden musste. Eine Lösung, die damals bei den meisten Lokomotiven verwendet wurde, aber selten auch genutzt werden musste, denn die neuen Stromabnehmer funktionierten zuverlässig.

Verbunden war diese Dachleitung, die in einer Werkstatt zudem unterteilt werden konnte, mit dem Hauptschalter und dem parallel dazu aufgebauten Erdungsschalter.

Dieser Erdungsschalter ermöglichte es, die gesamten Hochspannungsbereiche gegen Erde zu schalten und so ein Kontakt mit der hohen Spannung der Fahrleitung zu vermeiden. Der Erdungsschalter war so geschaltet, dass er nur geschaltet werden konnte, wenn der Stromabnehmer gesenkt war.

Damit kommen wir zum Hauptschalter der Lokomotive, der die grundlegende Schaltung ausführte. Die Maschinen der Baureihe Ae 6/6 wurden mit einem Hauptschalter versehen, der mit Druckluft betrieben wurde.

Der Vorteil dieser Drucklufthauptschalter waren deren grosse Leistung und de-ren sichere Funktion. Zudem waren sie gegenüber den älteren Ölhaupt-schaltern leichter. Als Nachteil muss jedoch die Niederdruckblockierung angesehen werden.

Auf den beiden Prototypen kam ein leicht geändertes Modell zur Anwendung. So unterschieden sich die Prototypen hier von den Serienlokomotiven. Das Modell der Prototypen war am Kasten auf der Lokomotive erkennbar.

Bei der Serie wurde das später sehr oft verwendete Modell DBTF verwendet. Dieser war von der BBC entwickelt worden und zeigte sich im Betrieb als sehr zuverlässiges Modell aus. Daher wurde er in über 500 Lokomotiven verwendet.

Obwohl die Lokomotiven mit dem Drucklufthauptschalter ein Modell erhalten hatten, dass auch grosse Ströme bei Kurzschlüssen schalten konnten, wurde ein bei den Ölhauptschaltern benötigtes Blockierrelais eingebaut. Ein Ansprechen dieses Relais hatte jedoch keine Auswirkungen mehr und es reagierte eigentlich nur, wenn der Hauptschalter wegen zu geringem Luftdruck nicht geschaltet werden durfte. Das war jedoch selten der Fall.

Damit haben wir die Fahrleitungsspannung auf die Lokomotive übertragen und mit dem Hauptschalter geschaltet. Sie konnte nun dem Transformator der Lokomotive zugeführt werden. Das erfolgte über eine Dachdurchführung. Somit gelangte die Spannung erstmals in das Innere der Lokomotive.

Jedoch war die Dachleitung jetzt noch vor den Folgen einer zu hohen Spannung in der Leitung schützt worden. Dieser Überspannungsableiter sorgte für einen Kurzschluss bei zu hoher Spannung.

Letztlich gelangte die Spannung der Fahrleitung im Maschinenraum in den Transformator. Genauer gelangte die Spannung an die Regulierwicklung. Diese Spule war als Autotransformator geschaltet worden und sie wurde mit der Erde verbunden.

Der Rückfluss des Stromes ins Kraftwerk erfolgte anschliessend über die an den sechs Achsen angebrachten und unterschiedlich langen Erdungsbürsten und die Schienen. Somit konnte Leistung übertragen werden.

Der Kern dieser Spule war radial geblecht worden. Dadurch konnte eine optimale Wirkung bei weniger Gewicht verwirklicht werden. Gerade beim Transformator musste man bei einer Lokomotive auf das Gewicht achten.

Dieses Bauteil stellte mit Abstand das schwerste Teil einer Lokomotive dar. Daher wurde er mit wenigen Ausnahmen immer in der Mitte der Lokomotive montiert. Ein Punkt, der auch hier zum Ausgleich der Achslasten so umgesetzt wurde.

Der Stufenschalter der Lokomotive war an der Regulierwicklung angeschlossen und er wurde dadurch mit Hochspannung betrieben. Zudem wurde er als Stufenwähler bezeichnet. Wie gut dieses Modell war, zeigte sich, als es auch bei den Baureihen Re 4/4 II und Re 6/6 verwendet wurde.

Der Auftrag dieses Stufenschalters war einfach zu erklären, denn er hatte die einzelnen Anzapfungen des Transformators so zu verbinden, dass die entsprechenden Fahrstufen entstehen konnten. Beim Modell der Baureihe Ae 6/6 war ein Modell eingebaut worden, das maximal 27 Fahrstufen ermöglichte.

Aufgebaut war der Stufenschalter als gerade, senkrecht stehende Kontaktbahn. In dieser wurde der Kontaktschlitten mit Hilfe eines elektromotorischen Antriebes bewegt.

Dabei wurden die 28 Anzapfungen mit den drei ausserhalb des Transformators montierten Lastschaltern verbunden. Damit ist der Stufenschalter eigentlich schon abgeschlossen, denn das Herzstück waren die zusätzlich dazu benötigten Lastschalter.

Aufgabe der Lastschalter war, die einzelnen Fahrstufen so zu schalten, dass bei der Schaltung die Zugkraft nicht unterbrochen wurde. Dazu war neben den drei Lastschaltern ein Überschaltwiderstand erforderlich.

Die Regelung war so ausgelegt worden, dass der Überschaltwiderstand nur kurz belastet wurde und die eigentlichen Stufen nur über die geschlossenen Lastschalter geführt wurden. Eine Lösung, die schon bei den Lokomotiven Ae 8/14 verwendet wurde.

Damit haben wir eine veränderliche Spannung erhalten, die für die Fahrmotoren schlicht zu hoch war. Daher musste nun die Spannung reduziert werden.

Diese Reduktion wurde in zwei weiteren Spulen verwirklicht. Daher wurde die Spannung wieder in den Transformator und dort zur Oberspannungswicklung geführt. Diese war letztlich wieder mit den Erdungsbürsten und damit mit der Erde verbunden worden.

In der dritten Wicklung im Transformator, die Niederspannungswicklung genannt wurde, wurde schliesslich die Spannung für die Fahrmotoren be-reitgestellt. Diese Wicklung entsprach daher der bisherigen Sekundärwicklung.

Dank dem Aufbau mit zwei galvanisch getrennten Spulen war eine entsprechende Isolation von der Erde vorhanden. Daher musste anschliessend nicht so viel Gewicht in die Isolation der Stromschienen investiert werden. Letztlich wurde die Ausrüstung trotz den drei Spulen leichter.

Um die Fahrrichtung zu ändern, musste nun die entsprechenden Wende-schalter eingebaut werden. Diese wurden nun aufgeteilt und so stand jedem Drehgestell ein eigener Wendeschalter zur Verfügung. Geschaltet wurden die, bei der Lokomotive sehr umfangreichen, Wendeschalter über einen elektropneumatischen Antrieb. Ein Vorgang, der bei dieser Baureihe sehr gut zu hören war und so ein zur Lokomotive passendes Geräusch erzeugte.

Nun konnte die Spannung den Fahrmotoren zugeführt werden. Dabei betrachten wir nur einen Fahrmotor, denn alle waren parallel geschaltet worden. Daher bedeutete das, dass bei Ausfall eines Fahrmotors immer noch fünf zur Verfügung standen.

Bei einem defekten Wendeschalter viel jedoch gleich ein ganzes Drehgestell aus. Das war jedoch kein so grosses Problem, da auch die Wendeschalter immer besser funk-tionierten.

Bei den Fahrmotoren der Lokomotive gab es einen wichtigen Punkt, den wir beachten müssen. Nicht alle Lokomotiven hatten die gleichen Motoren bekommen.

Das alleine ist nicht überraschend, denn oft wurden Veränderungen an den Motoren der Prototypen vorgenommen und so gab es Unterschiede zur Serie.

Bei der Baureihe Ae 6/6 war das hingegen nicht so, denn hier hatten die Prototypen durchaus die gleichen Motoren, wie die Serie.

Für die beiden Prototypen und die meisten Lokomotiven dieser Baureihe wurden Seriemotoren der Firma BBC eingebaut. Für die Lokomotiven mit den Nummern 11 412 bis 11 414 wurden jedoch Fahrmotoren der Firma MFO verwendet. Das bedeutete, dass es für diese Maschinen keine Ersatzmotoren gab. Die Motoren unterschieden sich jedoch nur bei den Abmessungen, bei den Leistungsdaten waren sie jedoch identisch.

Gerade die Leistungsdaten der Fahrmotoren waren für die Bestimmung der Leistung massgebend. Dabei betrachten wir nun die Zugkräfte anhand der ganzen Lokomotive. Die Maschinen konnten eine Anfahrzugkraft von 392 kN erzeugen.

Diese konnte während drei Minuten gehalten werden. Das bedeutet, dass die Fahrmotoren auch schwere Anfahrten auf steilen Strecken problemlos schafften und die Forderungen gut umgesetzt wurden.

Mit zunehmender Geschwindigkeit sank die Zugkraft an den Fahrmotoren jedoch. Dabei wurde die Leistungsgrenze bei einer Geschwindigkeit von 70 km/h erreicht. Es stand nun eine Stundenzugkraft von 221 kN zur Verfügung.

Bei den beiden Prototypen betrug die Zugkraft zu diesem Zeitpunkt jedoch 212 kN. Damit lagen sie leicht tiefer, was aber gerade bei dieser Baureihe zu keinem Problem führte, denn massgebend waren nicht die Fahrmotoren.

Damit waren die Fahrmotoren jedoch noch lange nicht am Limit, denn die Leistung der Fahrmotoren betrug bei allen Lokomotiven 4 416 kW. Die Beschränkung der maximal möglichen Zugkraft wurde jetzt durch den Transformator bestimmt.

Dieser hatte an der Primärwicklung eine maximale Leistung von 4 300 kW erhalten und konnte so die möglichen Ströme gar nicht mehr liefern. Das hatte durchaus Einfluss auf die Bedienung der Lokomotive.

Mit diesen Eckdaten waren die Fahrmotoren, deren externe ohmsche und induktive Shunts im Maschinenraum (Induktiv) und auf dem Dach (ohmscher Widerstand) montiert wurden, sehr gut ausgefallen.

Die Lokomotiven der Baureihe Ae 6/6 erfüllten in Bezug auf die geforderten Zugkräfte die Vorgaben des Pflichtenheftes deutlich. Zudem waren die sechs Fahrmotoren der Lokomotive sehr standhaft, was schwere Anfahrten in kurzer Folge erlaubte.

Damit kommen wir zur elektrischen Bremse der Lokomotive. Diese war eine Forderung des Pflichtenheftes. Die notwendigen Umschaltungen der Fahrmotoren erfolgten in den Wendeschaltern.

Damit wurden diese nun so gruppiert, dass der Fahrmotor eins bei dieser Lösung als Erreger für die anderen fünf Motoren arbeiten konnte. Daher hatte die Lokomotive eine elektrische Bremse in der Erregermotorschaltung bekommen.

Bei der Leistung der elektrischen Bremse gab es durchaus Unterschiede. Die beiden Prototypen mit den Nummern 11 401 und 11 402 hatten dabei eine Nutzstrombremse bekommen, die nicht mehr als im Pflichtenheft gefordert schaffte. Kurzfristig konnte die Leistung der Bremse erhöht werden. Jedoch war das nur über eine sehr kurze Zeit möglich. Die Abbremsung der Lokomotiven war damit jedoch nicht immer möglich.

Bei den Lokomotiven der Serie wurde deutlich nachgebessert. Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB sahen nun den Vorteil von stark wirkenden elektrischen Bremsen und änderten daher die Anforderungen an die Lokomotive. So hatten diese Maschinen eine leistungsfähige elektrische Bremse erhalten. Sie zeigten deutlich, was mit der Erregermotorschaltung für Leistungen erzeugt werden konnten. Daher sehen wir uns die genaue Schaltung kurz an.

Die Fahrmotoren zwei bis sechs arbeiteten als fremderregte Generatoren parallel über je eine Wicklung der beiden Bremsdrosselspulen auf die Sekundärwicklung des Transformators und damit auf die Fahrleitung zurück. Damit haben wir eine klassische Nutzstrombremse mit Speisung in die Fahrleitung erhalten. Die Kräfte reichten daher aus um eine Anhängelast von 300 Tonnen in den starken Gefällen am Gotthard in Beharrung zu halten.

Der Fahrmotor eins arbeitete dabei als Erregermaschine für die übrigen fünf Fahrmotoren und wurde seinerseits vom speziell eingebauten Erregertransformator gespeist. Die elektrische Bremse konnte bei den Lokomotiven der Serie in 15 Stufen reguliert werden. Bei den Prototypen standen jedoch nur deren 11 Bremsstufen zur Verfügung, was die Wirkung der elektrischen Bremse deutlich verringerte.

Einen kleinen Schönheitsfehler hatte diese elektrische Bremse allerdings. Um im Geschwindigkeitsbereich über 95 km/h die Motoren nicht zu überhitzen, wurde bei dieser Geschwindigkeit mittels eines speziellen Bremshüpfers ein Widerstand parallel zur Feldwicklung des Erregermotors geschaltet und so die Bremswirkung reduziert. Bei sinkender Geschwindigkeit wurde dieser Hüpfer bei ungefähr 80 km/h wieder ausgeschaltet.

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