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Baujahr: 1960 – 1970 Leistung: 620 kW / 840 PS
Gewicht: 72 t V. Max.: 75 km/h
Normallast: 365 t bei 15 km/h Länge: 12'650 mm

Wenn wir uns die Schweizerischen Bundesbahnen SBB im Jahre 1950 genauer ansehen würden, sähen wir, dass die 1920 begonnene Elektrifizierung nahezu abgeschlossen war. Das Netz wurde also innerhalb von nur 30 Jahren nahezu vollständig umgestellt. Das zeigt deutlich, wie gut man mit den elektrischen Lokomotiven zu frieden war. Nur am Ziel war man immer noch nicht. 

Noch hatten sich die letzten Dampflokomotiven hartnäckig halten können. Sie besorgten den Verkehr auf noch nicht mit Fahrdraht versehenen Strecken, machten dabei auch den Rangierdienst in Anlagen ohne Fahrleitung eine gute Figur und verblieben als thermische Reserve für die Hilfswagen der Depots. So war nahezu überall in der Schweiz eine letzte Dampflokomotive zu Hause.

Diese Relikte aus den Anfängen der Eisenbahn waren nicht mehr zeitgemäss und kamen langsam auch ans Ende ihrer Lebensdauer. Die Jüngsten im Einsatz stehenden Dampfloks waren die bis 1917 übernommen C 5/6 und die nur wenige Jahre älteren Eb 3/5 oder A 3/5. Die Lokomotiven waren also schon über 30 Jahre alt. Die ältesten gar weit über 50 Jahre, stammten diese doch noch aus dem letzten Jahrhundert.

Bei Dampflokomotiven war das bereits ein sehr hohes Alter. Die Lebenserwartung von Dampflokomotiven war immer kürzer als jene von elektrischen Lokomotiven. Die Bauteile einer Dampflok wurden stark beansprucht. Das galt vor allem für die Feuerbüchse und den Kessel, denn hier waren die grosse Hitze und die Druckwechsel schädlich. Daher musste man für ein paar Relikte die entsprechenden Schmieden bereit halten.

Noch benötigte man diese ursprünglichen Lokomotiven aber, denn die Strecken zwischen Cadenazzo und Luino, sowie zwischen Oberglatt und Niederwenigen hatten noch keinen Fahrdraht bekommen. Zwar gab es noch andere Strecken ohne Fahrdraht, die aber nicht elektrifiziert werden sollten und vor der Stilllegung standen. Entscheidend waren diese beiden Linien. Daher war klar, mit den Linien sollte die Elektrifikation abgeschlossen werden und die Dampfloks verschwinden.

So einfach diese Idee auch war, umgesetzt werden konnte sie nicht. Die Anlagen der SBB hatten auch dann noch Bereiche, die nicht mit elektrischen Lokomotiven befahren werden konnten. Darunter waren oft die ausgedehnten Anlagen in den Rangierbahnhöfen. Dort wurden meistens die Richtungsgleise nicht elektrifiziert und so von Dampfloks befahren. Aber auch andere Bereiche, wie Kräne oder Abfüllanlagen könnte man aufführen.

Dort waren die Dampflokomotiven unersetzlich, denn auch die Ee 3/3 oder gar die grossen Ee 6/6 konnten in diesen Anlagen nichts ausrichten. Erneut schienen sich die Dampflokomotiven hartnäckig zu behaupten. Die SBB sahen sich daher nach Lösungen für dieses Problem um. Nur, war noch nicht klar, wie man das genau umsetzen sollte. Daher katalogisierte man die Dampflokomotiven erst einmal.

Wenn man sich einen Überblick verschafft hatte, konnte man drei unterschiedlichen Baugruppen erkennen. diese hatten teilweise bereits elektrische Nachfolger erhalten, aber eben auf den Anlagen ohne Fahrleitung war man auf die alten Maschinen angewiesen. Um uns auch ein Bild zu machen, sollten wir auch eine solche Übersicht erstellen.

 

Rangierart Schwer Mittel Leicht
Dampflok C 5/6 E 4/4 E 3/3
Elektrische Lok Ee 6/6 Nicht vorgesehen Ee 3/3

Zuerst fällt uns auf, dass hier die elektrische Lokomotive für den mittelschweren Rangierdienst fehlte. Diese war auch nicht vorgesehen, denn die Ee 3/3 waren durchaus in der Lage auch in diesen Bereich vorzustossen. Daher konnte man sich bei den elektrischen Lokomotiven auf zwei Typen beschränkten. Doch nun fehlte es an den Ersatzmaschinen für die letzten Mohikaner bei den Dampfloks.

Man musste also drei Grundtypen bestimmen. Die Antriebsart sollte der Dieselmotor sein. Alternativen, die taugten gab es nicht, denn die Akkumulatoren waren einfach zu schwach. Bei den Dieselmotoren sah man den würdigen Nachfolger für die Dampflokomotiven. Daher erstellte man die entsprechenden Pflichtenhefte für je eine Diesellok mit 3, 4 und 6 Triebachsen. Diese sollten die letzten Dampfloks ersetzen. Unsere Tabelle zeigt sich nun vollständig.

 

Rangierart Schwer Mittel Leicht
Dampflok C 5/6 E 4/4 E 3/3
Elektrische Lok Ee 6/6 Nicht vorgesehen Ee 3/3
Diesellok Bm 6/6 Bm 4/4 Em 3/3

Ergänzt wurden diese drei Typen durch eine grosse Zahl kleiner Lokomotiven, die als Traktoren bezeichnet, den Rangierdienst in kleinen Bahnhöfen und in Depotanlagen übernahmen. Die Dampfloks sollten vollständig ausgemustert werden. Das gelang letztlich auch und nur die X rot m 100, also der Rotary, blieb übrig. Wurde dann aber auch noch ersetzt, die SBB war frei von Dampflokomotiven, aber noch nicht Rauchfrei, denn gerade die Bm 6/6 rauchte kräftig.

Wir hier wollen uns mit der Maschine für den mittelschweren Rangierdienst befassen. Diese Maschine sollte sich von den anderen Lokomotiven unterscheiden, denn ihr wurden sehr viele Aufgaben zugeteilt. Sie sollte also die Dampflok auch vor anderen Aufgaben ablösen. Gerade der Einsatz vor dem Hilfswagen war bisher in der Hand der letzten Dampfloks.

Gerade der Hilfswagen, der oft auch dann benötigt wurde, wenn die Fahrleitung nicht mehr zur Verfügung stand, weil das verunfallte Fahrzeug diese gleich mitgerissen hatte, war nur thermisch sinnvoll zu bespannen. Daher sollte auch hier eine neue Diesellok Abhilfe schaffen. So kam es, dass die neue Lokomotive in vielen Teilen des Landes den Hilfswagen bespannen sollte und deshalb eine grosse Verbreitung erreicht hatte.

Es war also klar, man benötigt eine grössere Zahl von diesen noch nicht genau definierten Diesellokomotiven. Man war ja erst beim berechnen des Bedarfes und bei der Ausarbeitung der Bedingungen angelangt. Ungefähr hatte man eine Vorstellung der neuen Lokomotive. Doch die Rechnung machte die SBB ohne den Staat. Sie haben richtig gelesen, der Staat, genauer die Schweizer Armee schaltete sich nun ein.

Die Schweizer Armee, die nur ein paar Jahre nach dem zweiten Weltkrieg damit beschäftigt war, sich auf die Auswirkungen eines dritten mit Atombomben geführten Weltkrieges vorzubereiten, war von den Ideen der SBB alles andere als angetan. Man fürchtete bei der Armee, dass die Munitionstransporte bei Ausfall der Fahrleitung durch Sabotage ausbleiben würden, wenn die Dampfloks ausrangiert würden.

Daher sollten die SBB noch ein paar Dampflokomotiven als Kriegsreserve abstellen. Sie haben richtig gelesen, abstellen, was eigentlich einmotten und vergessen hiess. Dies natürlich nur für den Fall, dass die Schweiz, welche sich bisher recht trickreich und nicht immer sauber vor diesen Querelen gedrückt hatte, einmal angegriffen würde. Erstmals spürten die Schweizerischen Bundesbahnen SBB die Auswirkungen des kalten Krieges.

Die SBB waren darüber alles andere als glücklich. Man hatte schlicht nicht den Platz um Lokomotiven ohne jeglichen nutzen abzustellen. Zudem, die uralten Dampfloks hätten ersetzt werden müssen, denn diese waren nun wirklich am Ende ihrer Lebensdauer angelangt. Man musste daher eine Lösung suchen, die ohne Dampflokomotiven funktionierte. Diese Lösung fand man dann auch bei dieser neuen Diesellokomotive.

Nun hatte man den erwarteten Bedarf und konnte sich um ein detailliertes Pflichtenheft bemühen. Die neue Lokomotive sollte somit für den mittelschweren Rangierdienst, den Einsatz vor den Hilfswagen und als Kriegsreserve dienen. Dazu vorgesehen war eine vierachsige Lokomotive ohne Laufachsen. Daraus konnte sich die Achsfolge 4/4 ableiten und somit entsprach die Lok ungefähr den zu ersetzenden E 4/4.

Um die steilen Strecken des Gotthards und des Juras zu befahren, sollte diese neue Lokomotive mit einer verschleisslosen Bremse ausgerüstet werden. Diese war unbedingt nötig und bei den schon beschafften Bm 6/6 nicht vorhanden. Man wollte verhindern, dass ausgerechnet bei einer der ersten elektrifizierten Strecken, die Dampfloks als eiserne Reserve übrig blieben. Daher musste die neue Diesellok auch diese Strecke ohne Einschränkungen befahren können. Somit waren die grundlegenden Bedingungen erstellt.

Genau genommen forderten die Schweizerischen Bundesbahnen eine laufachslose dieselelektrische Lokomotive mit vier Triebachsen und einer elektrische Bremse. Die Leistung dieser Lokomotive richtete sich an jener der E 4/4 und sollte daher ungefähr 800 PS betragen. Noch verwendete man die Bezeichnung PS an Stelle von kW. Diese Leistung war damals bei Diesellokomotiven schon recht hoch angesiedelt.

Die zulässige Achslast sollte 20 Tonnen auch bei voll gefüllten Vorratsbehältern nicht überschreiten. Bei halbvollen Behältern musste das Gewicht bei 72 Tonnen liegen. So sollte die Lokomotive in der Lage sein, sämtliche Strecken der SBB zu befahren. Einzige Einschränkung sollte dabei die Befüllung des Vorratsbehälters sein. So war klar, die SBB wollten einen vollwertigen Ersatz für die alten russigen Dampflokomotiven.

Die geforderten Zugkräfte sollte die Lokomotive hauptsächlich im Bereich der Geschwindigkeiten unter 30 km/h erbringen. Daher war auch klar, dass die Lokomotive hauptsächlich im mittelschweren Rangierdienst verwendet werden sollte. Die Fahrten mit den Hilfswagen waren nicht als Einschränkung vorgesehen. Massgebende Geschwindigkeit war daher 30 km/h. Damit sollte die Lokomotive in der Lage sein auch die Rampen des Gotthard mit bescheidener Anhängelast zu befahren.

Die Höchstgeschwindigkeit dieser Lokomotive wurde auf 75 km/h festgelegt und galt nur für die alleine fahrende Lokomotive. Daher sollte die neue Lokomotive die Bezeichnung Bm 4/4 erhalten. Mit 75 km/h konnte man auf Strecken schnell verschieben und konnte gleichzeitig im Rangierdienst hohe Zugkräfte verwirklichen.

Die Lokomotive war daher definiert worden und man konnte an die Hersteller gelangen.

Klar lässt sich erkennen, dass die Strecken uneingeschränkt den elektrischen Lokomotiven gehören sollten. Die Bm 4/4 sollte nur im Notfall zur Führung von Zügen herangezogen werden. Trotzdem sollte es sich dabei nicht um eine Rangierlokomotive, sondern um eine Streckenlok analog der grossen und schweren Bm 6/6 handeln. Der Unterschied fand sich in der Ausrüstung mit Sicherheitssteuerung und Zugsicherung.

Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB erteilten schliesslich im Jahre 1957 den Auftrag für vorerst sechs Lokomotiven einer Vorserie. Die Bm 4/4 sollte durch die Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik Winterthur SLM als Mechaniker und durch die Société Anonym des Atelier de Sécheron SAAS als Elektriker gebaut werden. Den Dieselmotor sollte dabei ebenfalls die SLM liefern.

Nur schon die Tatsache, dass einer der drei grossen Elektriker in den Bau involviert war, lässt erkennen, dass man bei den SBB auch hier auf die robusten elektrischen Motoren setzte. Vor allem die Forderung einer elektrischen Bremse sprach damals für elektrische Fahrmotoren und daher einer elektrischen Steuerung. Dieser Grundsatz, dass die SBB dieselelektrische Lokomotiven beschafft wurde erst 50 Jahre später aufgegeben.

Erweitert wurde die Serie mit der 1960 erfolgten Bestellung von weiteren 20 Lokomotiven. Die Lokomotiven sollten so an den wichtigsten Stellen die Dampflokomotiven ablösen. Das war eigentlich ganz einfach vorgesehen, eine Bm 4/4 ersetzte die E 4/4 und das war es dann. Mit 26 Lokomotiven war man eigentlich am Ziel angelangt und man wollte eigentlich keine weiteren Diesellokomotiven mehr bestellen. Die SBB sahen die Zukunft bei den elektrischen Lokomotiven.

Als sich aber die Baudienste auch sehr gerne an den Bm 4/4 vergreifen wollten, war schnell klar, die Lok konnte mehr, als man gedacht hatte. Gerade die immer schweren Bauzüge benötigten kräftige Lokomotiven. Die Bm 4/4 entsprach dabei ganz klar den Vorstellungen der Baudienste. So wurde noch eine dritte und letzte Serie von weiteren 20 Lokomotiven bestellt.

Die Bm 4/4 umfassten am Schluss 46 Lokomotiven, die mit den Nummern 18'401 - 18'446 versehen wurden. Damit wurde jedoch auch die Lieferung von Diesellokomotiven für den Streckeneinsatz abgeschlossen und es gab erst mit der Eröffnung des Rangierbahnhofes Limmattal neue schwere Diesellokomotiven. Die Bm 4/4 blieb aber lange Zeit die grösste Serie und erst ihr geplanter Ersatz sollte umfangreicher werden.

Bleibt eigentlich nun noch zu sagen, dass mit den Bm 4/4 die Dampfmaschinen endgültig abgelöst wurden und in die Museen verschoben wurden. Einige dieser Dampfloks blieben daher erhalten und kommen immer wieder bei Sonderfahrten zum Einsatz. Nur, die Rotary in Erstfeld konnte auch die Bm 4/4 nicht ersetzen und so blieb diese Schneeschleuder die einzige Dampfmaschine im regulären Bestand der SBB und das ausgerechnet bei einer der ersten elektrifizierten Strecken der SBB.

 

 

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