Inbetriebsetzung

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Die Inbetriebsetzung dieser Triebzüge war eine langwierige Angelegenheit. Dabei gab es jedoch nicht so viele Probleme. Vielmehr wurde das Modell weiterentwickelt. Die angepassten Fahrzeuge mussten dann meistens wieder ein neues Verfahren für die Zulassung absolvieren. Daher erstreckte sich der Bereich über mehrere Jahre. Dabei waren die ersten Züge bereits seit Jahren im planmässigen Einsatz und deren Erfahrungen flossen natürlich immer ein.

Mit den ersten Zügen wurde aber gleich zwei neue Konzepte umgesetzt. Da war die S-Bahn Basel mit den Zügen, die unter zwei Systemen eingesetzt wurden. Jedoch war da auch die Stadtbahn in Zug.

Auf diese blickte die ganze Fachwelt, denn damit sollte eine der ersten Stadtbahnen entstehen, die sich zwischen die normalen Züge einreihen musste. Doch gerade dort war der Start nicht optimal ver-laufen, denn die Fahrzeuge fehlten.

Beim Bau der Triebzüge gab es Verzögerungen. Diese liessen sich nicht vermeiden, denn ohne die angelieferten Bauteile konnte man beim Hersteller nicht zuarbeiten.

Für die Schweizerischen Bundesbahnen SBB, welche die Züge auch zu knapp vor dem Fahrplan-wechsel bestellt hatten, war das jedoch ein Pro-blem.

Dieses war nicht so leicht zu lösen, denn der Fahr-plan war auf die neuen Züge abgestimmt worden und mit anderem Rollmaterial war er nicht zu fahr-en.

Die Stadtbahn Zug musste teilweise ohne die neuen Triebwagen starten. Die ersehnte Notlösung fand man mit vorhandenen Triebwagen RBDe 560. Diese konnten jedoch trotz aller Bemühungen die Fahrzeiten nicht immer einhalten. Da zudem passende Zwischenwagen fehlten, wurde nur die Linie S1 in Betrieb genommen. Die andere Strecke der Stadtbahn blieb vorerst mit normalen Zügen bedient. So konnte man starten.

Die neuen Züge sollten nach den Vorstellungen der Schweizerischen Bundesbahnen SBB am Publikum getestet werden. Ein waghalsiges Unterfangen, denn schon andere Fahrzeuge hatten gezeigt, dass das ein Problem sein kann. Besonders zu erwähnen seinen da die Triebwagen der Reihe RBe 4/4. Deren Prototypen konnten nicht nur überzeugen. Die Serie musste angepasst werden. Dass es dabei nicht zu Schäden an Personen kam, war ein Wunder.

Mit der Ablieferung des ersten Trieb-zuges rieben sich wohl einige nicht involvierte Leute die Augen. Denn obwohl der Zug in der Zentralschweiz dringendst benötigt wurde, handelte es sich um ein Modell der Reihe RABe 521, das für den Raum Basel bestimmt war.

Die Logik dahinter fand man bei den Zulassungen, die so sehr früh für alle Fahrzeuge abgeschlossen werden konnten. Man machte also alle Ver-suche mit nur einem Fahrzeug.

So musste dieses abgelieferte Fahr-zeug umgehend umfangreichen Tests unterzogen werden. Für Personal-schulungen war schlicht kein Fahrzeug vorhanden.

Der erste Zug befuhr alle Bereiche des Netzes um die Tauglichkeit zu kontrol-lieren. Mittlerweile hatten die Schwei-zerischen Bundesbahnen SBB dazu bestimmte Strecken auserkoren.

Die Ergebnisse konnten so leicht mit vorhandenen Baureihen abgeglichen werden, was den Aufwand deutlich verringerte.

Strecken mit engen Kurven, Bahnhöfe mit schwierigen Weichenverbindungen mussten befahren werden. Dabei musste der Triebzug auch bei Geschwindigkeiten von bis zu 176 km/h seine Sicherheit beweisen. Dieser komische Wert ergab sich aus der verlangten Höchstgeschwindigkeit plus 10%. Dabei zeigte der Zug gute Ergebnisse. Der Gliederzug war bei schnellen Fahrten stabil und sicher unterwegs. Enge Kurven bildeten jedoch auch kein Problem.

Bei den Testfahrten befuhr der Triebzug auch die Steilrampen der Südostbahn. Um die Erwärmung der Traktionssysteme zu überprüfen, wurde zusätzlicher Ballast mitgeführt. Bei den bisherigen Fahrten wurde der Zug nicht richtig warm, was aber zu erwarten war, weil der Triebzug mit sehr grossen Reserven versehen wurde. Die Fahrten in den Steilrampen sollten zeigen, was man mit dem Zug unter voller Belastung erreichen konnte.

Gleichzeitig machte man auf der dort vorhandenen Bremsversuchstrecke zwischen Schindellegi-Feusis-berg und Samstagern auch noch Bremsversuche.

Der RABe 521 erreichte dabei im Gefälle von bis zu 50‰, Bremswege, die weit unter jenen der SOB-eigenen Fahrzeuge lagen.

Mit dem nun immer mehr als «Flirt» bekannten Fahrzeug konnte somit ohne Probleme die höchste Zugreihe der SOB gefahren werden.

Die Bremsausrüstung des Zuges war also auch sehr gut ausgefallen. Der Triebzug vermochte bei diesen Tests zu überzeugen. Einem Einsatz in der Schweiz stand daher nichts mehr im Wege und der sollte im Raum Zug beginnen.

Gleichzeitig gab es für den Hersteller einen ersten Teilerfolg, denn die SOB bestellte Züge dieses Typs, jedoch mit leichten Anpassungen bei den Türen, denn so viele brauchte man schlicht nicht.

Die ausgelieferten Modelle der Baureihe RABe 523 kamen daher nicht mehr in die Inbetriebsetzung. Vielmehr wurden Sie umgehend dem Betrieb im Raum Zug zugeführt.

Ein Vorteil, der jetzt genutzt werden konnte, denn die Umstellung der Stadtbahn war dringend nötig. Da konnte man nicht auf lange Versuche warten. Sie sehen, dass es sich durchaus gelohnt hatte zuerst ein Modell der Reihe RABe 521 zu liefern, denn dort ging es mit den Zulassungen weiter.

Der Triebzug wurde nach Deutschland überführt und dort erneut erprobt. Die Zulassung der Reihe RABe 521 musste schliesslich auch dort erlangt werden. Erneut zeigte der Vertreter des EBA wenig Verständnis für Fahrzeuge aus der Schweiz. Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB hatten da mit den RBDe 561 schon ihre Erfahrungen gemacht und waren daher nicht besonders überrascht. Beim Hersteller selber rieb man sich vermutlich verwundert die Augen.

Das auch in Deutschland überzeugende Fahrzeug hatte alle technischen Hürden meisterlich geschafft, jedoch wurde die Zulassung im Raum Basel wegen grosser Sicherheitsbedenken verweigert.

So mussten diese Züge in Deutschland mit der Sifa ausgerüstet werden, denn die Sicher-heitssteuerung der Schweiz war als nicht ausreichend angesehen worden. Dieser «schwere» Mangel musste also behoben werden, denn erst dann war die Zulassung perfekt.

Das überraschte eigentlich die ganze Fachwelt, da schon Lokomotiven der Reihe Re 421 und Triebwagen der Baureihe RBDe 561 in Deutschland verkehrten und dabei zeigten, dass die Sicherheitssteuerung der Schweiz durchaus auch in Deutschland funktionierte.

Selbst die Triebzüge der Reihe RAe TEE II zeigten, dass mit dieser Einrichtung auch bei Geschwindigkeiten von 160 km/h einwandfreie Ergebnisse erreicht wurden. Wer Schikane vermutete lag nicht so falsch.

Zudem hatte eine Sicherheitssteuerung kaum mit den Fahreigenschaften und den Störströmen zu tun, sondern war mehr eine Angelegenheit der Besteller. Die Behörde konnte nur vorschreiben, dass eine solche Einrichtung vorhanden war. Die noch als Reihe RABe 526 geführten Züge für den Raum Singen, bekamen die Zulassung noch bevor die erste Testfahrt mit dem umgerüsteten Modell der Reihe RABe 521 angesetzt werden konnte.

Der Grund war simpel, denn dort mussten ja die beanstandeten Punkte zuerst behoben werden. Die Zulassungen für die Länder Schweiz und Deutschland waren letztlich vorhanden und brachten dem Hersteller viel Erfahrung bei der Zulassung von Fahrzeugen. Wobei es noch eine Beschränkung gab, denn die Experten meinten, dass es mit so einem Fahrzeug schlicht nicht möglich sei, Steilstrecken zu befahren. Hatte die SOB einen Fehler gemacht?

2006 kamen dann die ersten Triebzüge RABe 524 ins Tessin. Die Ablieferung der Mehrsystemzüge erfolgte nun und damit begann der Tanz mit den Fahrten zur Inbetriebsetzung erneut. Eine andere Behörde musste überzeugt werden.

Die Züge waren für TILO bestimmt und sollten deshalb auf der Strecke nach Mailand eingesetzt werden. Die Erprobung und die Zulassung für die Schweiz waren schnell erledigt und auch Kinderkrankheiten blieben aus.

Jedoch hatten die Baureihen mittlerweile einen guten Ruf erhalten, was natürlich nicht allen gefiel, besonders nicht der Zulassungsbehörde in Italien.

So stellte sich die Zulassung für Italien als sehr schwierig heraus. Als man die willkürlichen technischen Beanstand-ungen endlich erledigt hatte, reklamierte man in Italien die Bezeichnung. Die Bezeichnung RABe 524 durfte in Italien logischerweise nicht verwendet werden.

So mussten die Züge als ETR 150 bezeichnet werden. Stellen Sie sich vor, sie müssten ihrem Wagen in Italien ein eigenes Nummernschild geben.

Ob dann immer noch so viele Leute mit dem eigenen Wagen in den Süden fahren würden. Auf jeden Fall bekam die Reihe RABe 524, äh ETR 150, die Zulassung mit Beschränkungen auch in Italien. Mit der nur provisorischen Zulassung konnte man leben, waren auf der Liste namhafte Züge aufgeführt.

Bei der Reihe RABe 522 war die Sache noch komplizierter. Der Triebzug sollte die Zulassung für das Elsass erlangen. Daher wurde er vom Hersteller auch als «Flirt-Alsace» geführt. Eiligst von der Behörde veranlasste neue Bedingungen an die Sicherheit bei Kollisionen, wirkten so gut, dass an eine Zulassung der Züge nicht mehr zu denken war. In Paris blieb man stur und daher änderte der Hersteller das Modell leicht ab.

Das Modell für die grüne Linie in Basel wurde vom Hersteller nicht mehr als «Flirt-Alsace» geführt, sondern neu als «Flirt-France». Anders gesagt, jetzt ging es nicht mehr um Strecken, sondern um die uneingeschränkte Zulassung in Frankreich.

Dabei sollte ausgerecht einer jener Züge helfen, die nicht zugelassen wurden. Testfahrten gingen, nur mit Fahrgästen durfte man nicht fahren. Auch ein Punkt, der nicht jeder verstehen konnte.

Ende 2008 wurde der RABe 522 mit der Nummer 522 002 dazu auserkoren in den Wintermonaten für den Hersteller einige wichtige Versuchsfahrten in Frankreich durchzuführen.

Diese Fahrten waren für die bevorstehenden Fahr-zeuge für das Elsass von Bedeutung und waren kein hoffnungsloser Versuch um eine Zulassung dieser Serie zu erreichen.

Die ersten Züge RABe 522 sollten zu RABe 523 umgebaut werden und in der Zentralschweiz zum Einsatz kommen.

Der Triebzug wurde eskortiert von zwei Französischen Lokomotiven (BB22294 und BB26002) am 22./23. Oktober 2008 nach Plouaret an der Strecke Rennes - Brest überführt. Die Lokomotiven waren gemäss den Behörden in Paris notwendig, da sonst der Lokführer bei einer Kollision auf dem Bahnübergang schwer verletzt werden könnte. Frankreich muss wohl ein ausgesprochen gefährliches Land sein, wenn man nicht einmal mit reduzierter Geschwindigkeit fahren durfte.

Dort sollten unter anderem Versuchsfahrten zur Erfassung der Störströme und des Laufverhaltens des Stromabnehmers durchgeführt werden. Diese Ergebnisse konnten dann beim Bau der neuen Modelle der Reihe RABe 522 einbezogen werden, was die Versuche mit dem mechanisch veränderten Zug erleichterte. Letztlich gingen auch in Paris die Argumente aus und die neuen «Flirt-France» bekamen die Zulassung für das ganze Land.

In der Schweiz gab es aber auch Verbesserungen. Bei Erlen im Kanton Thurgau konnte die Firma neue Räumlichkeiten beziehen. Dort erfolgten die Endmontage und die statischen Prüfungen der neu gebauten Fahrzeuge.

Für Versuchsfahrten hatte man die Strecke Frauenfeld – Romanshorn zur Verfügung. Zudem war eine Aussenanlage vorhanden, wo die Fahrleitung mit unterschiedlichen Spannungen versorgt wurde. Man musste sich nicht mehr jedes Mal einmieten.

Leicht aus dem Weg geschafft wurden jedoch Bedenken von anderen Ländern. Das betraf jedoch nicht die hier vorgestellten Modelle. Trotzdem zeigten sie, wie man sich vor dem Zug aus der Schweiz fürchtete.

Die Zulassung für Steilstrecken in Deutschland wurde dabei mit dem Hinweis auf die erfolgreichen Fahrten auf dem Netz der SOB aus der Welt geschafft. Neigungen von über 50‰ waren auch in Deutschland selten.

Noch einfacher beseitigt werden konnten die Bedenken in Österreich. Die Lücke zwischen dem Zug und dem Bahnsteig erschien der dortigen Behörde als zu gross. Da könnte ein Kind hineinfallen.

Daher wurde verfügt, dass der Zug mit Schiebetritten zu versehen sein. Sie haben es richtig gelesen, beim neuen Triebzug musste das eingebaut werden, was er eigentlich schon seit dem ersten Modell besass. Türe auf, Tritt raus und das Problem war weg. Nicht so in Österreich, was man da nicht sehen konnte und was man nicht sieht, gibt es auch nicht.

Mit den neu ausgelieferten Modellen der Reihe RABe 522 wurden Versuchsfahrten soweit erforderlich, dass geprüft werden musste, ob die Strecke auch zum Zug passt. Ähnliche Probleme gab es schon an anderen Orten. Trotzdem sollte der Zug mit der Nummer 522 229 nicht so schnell in den Betrieb kommen. Das Fahrzeug wurde vom Hersteller für ausgedehnte Versuche abgestellt. Dabei diente der Triebzug eigentlich nur als Versuchsträger.

Der Hersteller in Bussnang war bei gewissen Produkten auf Zulieferer angewiesen. Besonders problematisch zeigten sich die in Deutschland ansässigen Grosskonzerne bei der Lieferung der Bordgeräte für ETCS.

Das führte dazu, dass die Lieferung der Reihe RABe 501 ins Stocken geriet. Ob sich der Konzern damit vor der Konkurrenz in der Schweiz schützen wollte? Sicher ist es nicht, aber die Abhängigkeit wurde zu einem grossen Problem.

Aus diesem Grund begann die Firma Stadler Rail damit, eigene Bordgeräte für ETCS zu entwickeln. Diese wurden unter dem Namen «Guardia» geführt. Nur in den Labors konnten die Geräte nicht erprobt werden.

Man benötigte für die Zulassung einen Versuchsträger. Dieser wurde bei einem Triebzug für die SOB gefunden. Ein zweites Fahrzeug war der RABe 522 mit der Nummer 522 229. Er wurde daher noch für die Versuche einbehalten.

Nachdem die ersten Triebzüge der Baureihe RABe 523 bald 20 Jahre im Einsatz standen, kamen die ersten Modelle nach dem Muster «Flirt 3» zu den Schweizerischen Bundesbahnen SBB.

Im Jahre 2019 begann daher die nächste Inbetriebsetzung mit dem ersten Zug der Nummerngruppe 523 101 bis 523 114. Diese Fahrten bauten aber auf den Erfahrungen mit den ersten Zügen auf. So dass nicht mehr so intensive Fahrten erforderlich wurden.

Sie sehen, ich habe Ihnen nichts verschwiegen, die Inbetriebsetzung dieser Triebzüge war eine Angelegenheit, die viele Probleme offenbarte. Behörden, die sich immer wieder neue Punkte einfallen liessen, damit die neuen Fahrzeuge nicht in Betrieb kommen. Ein Punkt der Vertreter in Italien, habe ich noch nicht erwähnt, denn dieser war eine betriebliche Beschränkung. Eine, die natürlich niemand so richtig versehen konnte.

 

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