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Die neuen Triebzüge, die auf den Fahrplanwechsel im Frühjahr 1961 eingesetzt werden sollten, liessen auf sich warten. Niemand glaubte Anfang Jahres, dass diese Triebzüge noch in den Einsatz kommen sollten. Wer in die Hallen der MFO blicken konnte, erkannte, dass dort mit Hochdruck gearbeitet wurde und der erste Triebzug soweit fertig war, dass die ersten Tests durchgeführt werden konnten. Das war ein gutes Zeichen.

Am 12. April 1961 wurde der erste fertige Zug mit der Nummer 1051 den Schweizerischen Bundes-bahnen SBB in Zürich Seebach übergeben und von den Fachleuten begutachtet.

Ein Vorgang, der immer wieder erfolgte und nicht mit der offiziellen Übernahme verwechselt werden darf. Mängel konnten nun aufgeführt werden und allenfalls verlangte der Kunde eine Anpassung. Dafür fehlte diesmal jedoch die Zeit.

Nach einer kurzen Begutachtung, ging es deshalb mit dem Zug auf die erste Probefahrt. Diese Fahrt umfasste viele Tests und wurde bei immer höheren Geschwindigkeiten durchgeführt.

Dazu war die Strecke nach Romanshorn ideal, da dort immer höhere Geschwindigkeiten ausgefahren werden konnten. Daher war man auf dem Idealen Weg und der nagelneue Zug mit der Nummer 1051 verliess erstmals den Bahnhof Zürich Seebach.

Die zuerst geringe Geschwindigkeit wurde immer mehr gesteigert und so erreichte der Zug letztlich auf der ersten Fahrt 125 km/h. Mehr erlaubte die Strecke nicht und der Oberlokführer machte sich daran, den Zug auf die Bahnhofsgeschwindigkeit von Frauenfeld zu verringern. Dazu benutzte er die elektrische Bremse und diesmal mit der vollen Leistung. Es dauerte nicht lange, als es kräftig knallte und nur noch die Druckluft helfen konnte.

Hinten im Zug mitfahrende Leute berichteten anschliessend über einen starken Feuerschein beim Zug. Die Abklärungen nach dem ausserordentlichen Halt ergaben schliesslich einen schweren Defekt in der elektrischen Ausrüstung. Der Zug konnte sich ohne elektrische Bremse gleich wieder auf die Rückfahrt nach Seebach machen. Im Werk nahm man sich dem Zug an und flickte diesen innert kürzester Zeit wieder soweit, dass er eingesetzt werden konnte.

Die Probefahrt zeigte jedoch auch auf, dass am Zug noch Nacharbeiten notwendig waren. Aber das war bei so komplizierter Technik zu erwarten. Der Triebzug war voller Tricks und Kniffe.

Letztlich konnte man froh sein, dass sich der Zug, der wirklich nagelneu war, überhaupt aus eigener Kraft bewegen liess, denn im Werk reichte dazu schlicht der Platz nicht aus. Trotzdem musste es weitergehen und das Programm war sehr ausgereizt.

Die Vorführung des neuen Zuges für die Schweizer Presse erfolgte am 20. April 1961 auf der Strecke von Zürich nach Schaffhausen. Solche Fahrten sind immer wieder spannend, denn nun musste das Fahrzeug zeigen, was es konnte.

Die Presse in der Schweiz war immer kritisch eingestellt. Natürlich versammelte sich, wer konnte im Speisewagen. Dort befand sich die Bar, wo man sich leicht mit allerlei Alkohol eindecken konnte.

Die Fahrt umfasste letztlich auch eine Notbremsung des Zuges. Durch die absichtlich eingeleitete Schnellbremsung, wirkten auch die neuartigen Magnetschienenbremsen.

Die so erreichte Bremsleistung war so gewaltig, dass sich die stehenden Leute festhalten mussten. Im Speisewagen soll es zu Schäden am Geschirr gekommen sein. Deutlicher konnte die Demonstration der guten Bremskraft des Zuges nicht erfolgen. Die Bremsleistung des Zuges machte daher in der Fachwelt Eindruck.

Die Berichte der Fachpresse dürften somit auch durchzogen gewesen sein. War ja klar, dass jene Personen, denen der Wein auf die Kleider fiel, schlechter gelaunt waren, als die anderen, die sich danach kaum mehr vor lachen halten konnten. So war schon früh klar, der Triebzug teilte die Meinungen der Leute und das sollte sein Leben lang so bleiben. Doch nun sind wir noch am Anfang und es sollte ein Blitzstart geben.

Am 25. April 1961 war der Triebzug mit der Nummer 1051 zwischen Sargans und Walenstadt damit beschäftigt, die Geschwin-digkeiten zu steigern. Dort erreichte er daher zum ersten Mal die maximale Geschwindigkeit von 160 km/h.

Die Verzögerung sollte auch jetzt wieder mit der elektrischen Widerstandsbremse erfolgen. Dabei kam es erneut zu einem Knall und der Vorfall von Frauenfeld wiederholte sich. Es gab Probleme mit der elektrischen Bremse!

Diesmal wurde nicht mehr nur repariert. Die Abklärungen zeigten schliesslich, dass eine im Ofen ausgehärtete Isolation noch nicht vollständig ausgehärtet war und daher Feuchtigkeit enthielt.

Diese dehnte sich durch die Erwärmung der Magnetfelder derart aus, dass die Isolation brach und es so zu einem Überschlag kommen konnte. Man musste daher nach der Ursache dieses Problems suchen und das musste zu allem Übel noch schnell gehen.

Eine Lösung für das Problem war eine längere Zeit um Auszu-härten. Diese hatte man jedoch nicht und die Züge mussten er-probt werden, denn in wenigen Monaten sollten sie fahrplanmässig eingesetzt werden. Es war ein Dilemma zwischen der kurzen Lieferzeit und der Zeit, die von den Bauteilen benötigt wurden um die volle Festigkeit zu erhalten. Letztlich entschied man sich daher für die Fahrten und nicht für eine längere Frist.

In der Folge wurden die Probefahrten fortgesetzt, jedoch wurde auf den Einsatz der elektrischen Bremse verzichtet. Man fuhr in der Gegend herum und liess die Isolation in Ruhe austrocknen. In den folgenden Wochen wurden die vorhandenen Züge daher weiteren Tests unterzogen. Dazu gehörten auch die Tests unter den drei noch verbliebenen Stromsystemen. Dazu musste der Zug die Schweiz noch nicht einmal verlassen, denn alle Systeme grenzten an die Schweiz.

Nur hiess das, dass der Zug, um das Italienische Sy-stem zu testen, erstmals über die Alpen und somit über den Gotthard fahren musste.

Das Ziel war Chiasso und dort die 3000 Volt Gleich-strom der FS und somit das System von Italien. Für vielmehr als ein paar kurze Test unter Gleichstrom fehlte jedoch die Zeit.

Es reichte, dass man wusste, der Triebzug funktion-iert auch mit Gleichstrom. Das war schon sehr viel Wert, wenn man bei null beginnt.

Danach ging es wieder über den Gotthard zurück. Das Ziel war die Grenze zu Frankreich, wo der Zug unter den beiden anderen Systemen eingeschaltet werden konnte.

Dabei musste man für Gleichstrom 1500 Volt sogar der Bahnhof von Genève aufsuchen. Die Tests mit Wechselstrom 25 000 Volt und 50 Hertz, konnten dann an einem anderen Grenzbahnhof zu Frankreich erfolgen. Erst, als auch das letzte System funktion-ierte, war der Vierstromzug perfekt.

Noch war man für Fahrten in den anderen Ländern nicht bereit. Der Grund lag beim benötigten Per-sonal. Auch die Lokführer, die mit dem Triebzug die Probefahrten absolvierten, mussten diesen soweit kennen. Dazu konnte man schlicht kaum einen der wenigen vorhandenen Züge abstellen. Wobei wenig leicht übertrieben war, denn funktioniert hat eigentlich nur die Nummer 1051, die anderen waren im Bau, oder in Reparatur.

Von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB wurde der erste Triebzug mit der Nummer 1051 am 28. April 1961 übernommen. Der sich damals zu einer Vorführfahrt in Frankreich befindliche Zug, wurde sogar vom Obermaschineningenieur Dr. Franz Gerber höchstpersönlich übernommen. Es zeigte sich hier, dass für solche Formalitäten keine Zeit vorhanden war. Die Übernahme hätte daher auch mit Paris angeschrieben werden müssen.

Der dritte Triebzug mit der Nummer 1053 wurde vorerst noch nicht ausgeliefert. Grund war der Wagen vier, der am 02. Mai 1961 nach Wien über-führt wurde. Dort sollte er in der Klimakammer auf Herz und Nieren geprüft werden.

Ein Vorgang, der so mit einem Fahrzeug aus der Schweiz noch nie vorgenommen wurde. Auf dem Prüfstand befand sich jedoch nur die neuartige Kli-maanlage des Wagens und nicht Strömungsverhältnisse.

Der Wagen kehrte am 13. Mai 1961 wieder in die Schweiz zurück. Tests, ob die Köpfe des Zuges ideale Werte erzeugten, wurden nicht durchgeführt, denn dazu hätte man auch etwas mehr Zeit benötigt. Die hatte man nicht, weil auch die Stromabnehmer immer wieder mit kleineren Problemen zu kämpfen hatten, denn die speziellen Holme veränderten die Kräfte im Schleifstück. Das konnte zu Entgleisungen und somit zum Schaden führen.

Nur zwei Tage nachdem der Wagen Wien erreichte, wurde der neue Triebzug in Italien der Presse vorgestellt. Dabei absolvierte der Zug eine Fahrt mit Gleichstrom. Es muss jedoch erwähnt werden, dass die neuen Triebzüge in vielen Städten der später befahrenen Linien präsentiert wurden. Fahrten gab es jedoch nicht an allen Orten. Somit ist diese Fahrt in Italien speziell, da es sich bekanntlich um ein Fahrzeug aus dem Ausland handelte.

Indes gingen die Versuche und Erprobungen ungehindert weiter. Auch wenn die meisten Fahrten in der Schweiz erfolgten, weilten die Züge auch in Italien und Frankreich. Das waren jene Länder, die ab dem Fahrplanwechsel befahren werden sollten. Auch wenn er technisch dazu ausgelegt war, die Strecke am Arlberg zu befahren, kann davon ausgegangen werden, dass diese Fahrten aus Zeitmangel noch nicht erfolgten.

Nachdem nun auch die letzte Isolation im Maschinenwagen vollständig ausgehärtet war, konnte auch die Wirkungsweise der elektrischen Bremse geprüft werden. Dabei kam der Gotthard natürlich mit der langen Rampe im Süden zu der Ehre.

Damit konnten auch in diesem Bereich die notwendigen Erfahrungen und Erkenntnisse gewonnen werden. Die neuen Triebzüge zeigten sich von kleineren Pannen abgesehen, jedoch von der guten Seite.

Bei Testfahrten in Frankreich erreichte der Zug auch dort 160 km/h. Die Behörden stellten dabei fest, dass keine unzulässigen Beanspruchungen am Gleis verursacht würden und die Schienenbremsmagnete die Sicherungsanlagen nicht beeinflussten.

Speziell dabei ist, dass scheinbar nur wenige Fahrten erfolgten und in Frankreich andere Begriffe verwendet werden, wenn man diese wörtlich auf Deutsch übersetzt. Doch die Züge funktionierten immer besser.

Letztlich wurden auch die Fachleute aus dem In- und Ausland am 07. Juni 1961 auf eine Fahrt eingeladen. Diese sollte mit dem Zug Nummer 1052 von Zürich aus nach Mailand führen. Dabei hatte der Triebzug jedoch nur drei funktionierende Fahrmotoren und somit keine elektrische Bremse.

In Italien standen zudem nicht alle Fahrstufen zur Verfügung, da die Schaltungen wegen dem fehlenden Motor unter 3000 Volt nicht mehr funktionierten. Trotzdem gelang die Fahrt und die Fachleute konnten sich ein Bild über das neue Flaggschiff der Schweizerischen Bundesbahnen SBB machen.

Es wurde daher neben den Probefahrten auch viele Termine zur Promotion vorgenommen. Diese waren auch wichtig und daher versuchte man solche Anlässe auch gleich für Testfahrten mit den Zügen zu nutzen. In diesem Fall womöglich die Ein-schränkungen bei einem Ausfall in Italien.

Hinzu kam, dass bis zu diesem Zeitpunkt erst ein Zug von der Bahngesellschaft defintitv übernommen worden war. Die restlichen Triebzüge waren fertig und nach der Fahrt nach Mailand wurde beim Zug 1052 der defekte Motor behoben und so konnte er am 21. Juni 1961 und somit nur wenige Tage nach der Nummer 1053, die am 16. Juni 1961 übernommen wurde, in Betrieb genommen werden. Die Lieferung endete am 29. Juni 1961 mit dem Zug 1054.

Wer jedoch sich etwas genauer mit diesen Triebzügen befasste, erkannte, dass nur wenige Wochen vor dem Fahrplanwechsel kaum alle Teile reibungslos funktionierten. Trotzdem sollte der Termin angestrebt werden und der letzte der vier ersten Züge wurde so knapp fertig, dass dieser auf der Probefahrt vom Personal der Staatsbahnen freigegeben werden musste. Man konnte starten, jedoch Reserven gab es schlicht keine mehr.

Abschliessend kann gesagt werden, dass die Inbetriebsetzung dieser komplizierten Züge in einer rekordverdächtigen Zeit über die Bühne ging. Gelitten hatte dabei die rechtzeitige Schulung des betroffenen Personals der beteiligten Bahnen, denn dazu fehlte es oft am verfügbaren Zug. Man musste beim Start daher viel Talent für Improvisation zeigen. Nur so konnte der fahrplanmässige Verkehr mit den nun vier vorhandenen Zügen aufgenommen werden.

Wegen der kurzen Frist, die zur Verfügung stand, wurden nur die Zulassungen angestrebt, die für die Strecken benötigt wurden. Daher waren anfänglich nur Bewilligungen für die Schweiz, Italien und Frankreich vorhanden. Später kamen jedoch die Niederlande dazu. Deutschland durfte dabei nur in Ausnahmefällen und auch nur bei Umleitungen befahren werden. Trotz der vielen Möglichkeiten war man am Anfang eher bescheiden.

 

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