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Nachdem sich die Triebzüge aus dem aktiven Verkehr zurückgezogen haben, lohnt es sich einen Blick auf die damit gemachten Erfahrungen, Probleme und Erfolge zurückzublicken. Die Geschichte der RAe TEE II begann bereits viele Jahre vor ihrem Erscheinen, denn die Idee der Bahnen war klar. Mit neuen schnellen Zügen, die an den Grenzen nicht lange warten mussten, sollten die Reisenden wieder auf die Bahn gelockt werden.

Die neuen Züge, die als Trans Europ Express be-zeichnet wurden, sollten über die Grenzen hinweg verkehren können. Nach Möglichkeit sollte an der Grenze kein Halt mehr nötig sein und der Zug so schneller werden.

Die Idee war so gewagt, dass man selbst heute noch davon träumen möchte. Nur schon, wenn man sich die Abkürzung TEE anschaute war klar, das muss etwas Spezielles sein, denn wer nennt schon einen Zug nach einem Heissgetränk?

Damit man mit den TEE-Zügen beginnen konnte, wurden überall in Europa neue Triebzüge beschafft. Klar war, es mussten Dieselmotoren verwendet werden.

Die einzelnen Bahnen in Europa hatten so unter-schiedliche Stromsysteme entwickelt, dass elektri-sche Züge nicht möglich waren und noch war nicht überall ein Fahrdraht gespannt worden. Ein TEE sollte nicht anhalten müssen, nur weil die Fahr-leitung zu Ende war.

Hervorheben müssen wir bei diesen Dieselzügen für die TEE sicherlich die Baureihe VT 11.5 der Deutschen Bahn DB und die RAm TEE. Letztere waren eine gemeinsame Beschaffung der Niederländischen Staatsbahnen NS und von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB. Dabei verkehrten die Züge der Schweizer Staatsbahnen im Wechsel mit jenen der NS von Zürich nach Amsterdam und im Wechsel mit den VT11.5 nach München.

Je mehr Züge es gab, desto mehr fehlten die Verbindungen durch die Alpen. Zwar waren die ersten TEE zwischen Mailand und Paris unterwegs, aber diese kurzen zweiteiligen Züge der FS vermochten nicht so recht auf eine TEE Verbindung passen. Zu langsam waren sie auf den steilen Strecken. Das zeigten die ersten Erfahrungen auf der Südrampe des Simplons. Dort liefen selbst Güterzüge dem Dieselzug regelmässig auf.

Gerade die zweiteiligen ALn 442 zeigten den Nach-teil von Dieselzügen auf. Sie mussten mit zwei Wa-gen sehr kurz gebaut werden, denn nur so schaff-ten sie die Steigung der Südrampe in ansprechender Geschwindigkeit.

Stieg die Anfrage, mussten zwei, eventuell sogar drei Einheiten verwendet werden. Es waren viele Fahrzeuge nötig, die betrieblich vielleicht nie ge-trennt werden könnten. Die ALn war schlicht zu klein.

So blieben die TEE-Züge vorerst den Alpen fern. Das TEE hätte nun auch zum EE werden können, denn von Trans war man noch weit entfernt. Es fehlten wirklich wichtige Verbindungen nach Zürich.

Das waren in erster Linie die Zielorte Mailand und Wien. Gerade die Verbindung nach Mailand war für die Bankiers sehr wichtig und wurde daher von diesen Kreisen auch immer wieder gefordert. Je-doch war da der Gotthard im Weg.

Jedoch waren da auch die anderen Stimmen, die an den TEE Kritik übten. So meinten diese Leute, dass die Beschränkung ausschliesslich auf die erste Wagenklasse falsch sei. Man müsse auch den weniger reichen Leuten in Europa die Reise mit der Eisenbahn ermöglichen und so auch die zweite Wagenklasse führen. Erfolg sollten diese Leute beim eher touristisch genutzten TEE TRANSALPIN, der nie eingeführt wurden und als Schnellzug verkehrte, haben.

Die Lösung für das Problem fand man schliesslich in der Schweiz. Dort waren die Firmen, die sich damit messen wollten und konnten. Denn nichts anderes als der erste elektrische Zug, der ohne Halt durch ganz Europa fahren konnte, sollte erschaffen werden. Die vielen Skeptiker in ganz Europa lachten wohl über diese wahnwitzige Idee einer Staatsbahn in der Mitte von Europa. Das wird nie klappen, denn es gibt zu viele Hürden.

Nur hatte diese Staatsbahn selbst grosse Erfahrungen mit elektrischen Zügen. Zudem ver-fügten die Schweizerischen Bundesbahnen SBB mit ihrem erfolgreichen Verkehr über gute Beziehungen.

Sie legte mit den Verhandlungen den Grundstein für diese Trieb-züge. Wäre die Reduktion auf vier Stromabnehmer nicht mög-lich gewesen, hätten die Kriti-ker womöglich gewonnen. So aber, wurde der wichtigste Grundstein gelegt.

In Europa verfolgte man in der Not den Weg mit Wagen, die von farblich angepassten Loko-motiven gezogen wurden. An der Grenze wechselte man diese Maschinen dann notge-drungen aus.

Das wird billiger, als die Ent-wicklung neuer Züge, die nie-mand bezahlen konnte. Gerade die Verbindungen in die Schweiz hatten in Basel SBB eine Spitzkehre. So wechselte sich die Lokomotive leicht, was den Zug nicht allzu sehr verzögerte.

Wenn auch hier die farblich angepassten Lokomotiven etwas kurz kamen, es war die Baureihe 103 in Deutschland, die vollumfänglich die Farben der TEE bekommen hatte. In der Schweiz begnügte man sich mit farblichen angepassten Maschinen der Baureihen Re 4/4 I und Re 4/4 II. Es gab sie daher die passenden Lokomotiven. Nur im Betrieb wurden diese auch mit anderen Leistungen betraut, was deren Nutzen deutlich erhöhte.

Die Entwicklung der Triebzüge RAe TEE II war möglicherweise gar nicht nötig gewesen, denn in der Schweiz hätte man sich auch mit neuen Lokomotiven begnügen können. Alternative war eine zugkräftige Maschine für zwei Systeme, denn dann hätte diese Chiasso auch ohne einen Halt passieren können. Jedoch fehlte bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB schlicht ein Flaggschiff und Triebwagen waren damals wirklich sehr beliebt.

Als letztlich der erste Zug der Baureihe RAe TEE II abgeliefert wurde, war klar, es war soweit, die Schweiz hatte den ersten elektrischen Triebzug entwickelt, der in ganz Westeuropa eingesetzt werden konnte.

Sicher ein grosser Meilenstein in der Entwicklung von elektrischen Fahrzeugen. Die beteiligten Hersteller mussten dabei kräftig in die Trick-kiste greifen, denn die unterschiedlichen Stromsysteme und Vorschriften zu den Stromabnehmern waren kaum zu lösen.

Die Triebzüge RAe TEE II begannen den Verkehr durch drei Länder aufzunehmen. Die Fahrten benötigten alle eingebauten Stromsysteme, jedoch vorerst nie den vierten Stromabnehmer auf dem Dach. Dieser war dann erst später nötig geworden. Der Erfolg dieser Züge war gross und nur schon der gehobene Standard beeindruckte die Leute entlang der Bahnen. Der Zug sah edel aus und eine Fahrt damit war teuer, ja zu teuer für viele.

Wer mit dem TEE GOTTARDO von Zürich nach Mailand reisen wollte, musste zuerst eine Fahrkarte in der ersten Wagenklasse erwerben. Hatte er diese, konnte er zwar nach Mailand reisen, jedoch den TEE-Zug nicht benutzen. Dazu musste er noch die obligatorische Platzreservation mit dem Zuschlag berappen. So stiegen die Kosten für die Fahrt zusätzlich an. Normale Leute konnten sich so ein Vergnügen schlicht nicht mehr leisten.

So war klar, dass man den Zug nicht immer mit angenehmen Schimpfworten belegte. Bezeichnungen wie «Bonze-Schlüdere», «Gangster-Zug» und «Prominänte-Stücker» zielten auf die im Zug oft mitreisenden Bankiers und Direktoren ab. Nur dort war das notwendige Kapital vorhanden, auch wenn man davon ausging, dass dieses nicht immer auf dem legalen Weg beschafft worden ist und so die Verbrecher im TEE unterwegs waren.

Man war sogar der Meinung, dass dieser Zug nur von den Damen des horizontalen Gewerbes genutzt wer-den konnte. Es gab daher auch Be-zeichnungen, die weit unterhalb der Gürtellinie zu finden waren.

Hier eine Liste zu erstellen wäre nicht fair, denn der Zug hatte mehr ver-dient, als nur zu einem zweideutigen «Flötenetui» zu werden. (Ein Hinweis am Rande, wer nun das Musik-instrument meinte, war auf dem Holz-weg.)

Lange Jahre war der RAe TEE II alleine in Europa, denn kaum jemand wagte sich daran, einen solchen Zug für vier Stromsysteme zu bauen. Zu kompli-ziert war die gewählte Lösung, die aber immer zuverlässiger funktion-ierte.

Dazu wurde aber einen Bordmech-aniker benötigt. Eine Person, die bis ins Detail kannte, was wo und wie funktioniert. Notfalls wurde noch auf der Fahrt eine Reparatur ausgeführt und so die Fahrt nicht behindert.

Gerade der Bordmechaniker lässt ver-muten, dass es Probleme gab. Diese gab es, nur waren sie nicht sehr gross. Dem Lokführer der in dieser Situation leicht in Stress geraten konnte, war dann schnell eine Abtrennung zur Fahrt wichtiger, als das Teil wieder zu richten. Die Technik des Zuges war so kompliziert, dass die eingesetzten Lokführer schlicht den Durchblick verloren hatten. Ein Grund, warum heute immer bessere Diagnosesysteme verwendet werden.

Erst viele Jahre später, als die TEE-Züge schon durch modernere Eurocity abgelöst wurden, kamen die Züge und Lokomotiven, die kaum mehr eine Grenze zu fürchten hatten. Nur eben, es waren viele Jahre dazwischen, der Fortschritt holte die Technik von damals erst fast 50 Jahre später ein. Hilfreich waren da moderne Halbleiter, die deutlich mehr leisten können, als das den damals verbauten Dioden aus Silizium möglich war.

Den neuwertigen Trieb-zug versuchte man durch einen Umbau noch ein paar Jahre einzusetzen. Dabei wollte der neue Anstrich mit grauen Far-ben nicht so richtig zum Fahrzeug passen.

Mit der neuen Bezeich-nung RABe EC, wurde schnell die «Graue Maus» und die «Nebelkrähe». Den letzten Begriff handelten sich die Triebzüge jedoch schon vorher mit den Charterzügen der Swissair ein und nun passte die Sache sogar noch zum Zug.

Ein Achsbruch zu einem ungünstigen Zeitpunkt besiegelte schliesslich diesen Einsatz, der immer noch nicht ganz zu der Idee mit den Eurocity passen wollte. Schliesslich musste wegen der Grösse immer noch eine Platzreservation erworben werden. Mit dem Achsbruch hatten die Direktoren nun einen guten Grund gefunden um die exotischen Triebzüge von den Schienen zu verbannen. Ein Absturz, der nur einem so speziellen Zug passieren konnte.

Die Technik funktionierte, denn als auch neuere Lösungen erhältlich waren, wurden diese Fahrzeuge mit den Wellenstrommotoren unverändert eingesetzt. Das war ein Verdienst, den sich die Hersteller und die Betreiber teilen konnten. Der Triebzug zeigte 1961, dass vier verschiedene Stromsysteme in acht Ländern mit verschiedenen Fahrleitungen kein Problem mehr ist. Selbst der Halt an der Grenze in Chiasso war nicht nötig.

Auch nach über 50 Jahren ist dieses Verdikt des RAe TEE II einmalig. In Chiasso mussten die Züge in der Folge wieder anhalten. Zwar nicht wegen der Technik, aber wegen den Behörden. Der Zug, der die Schweiz ohne Halt verlässt und dabei erst noch das Stromsystem wechselt, kam erst im Jahre 2017, als die Strecke von Mendrisio nach Varese eröffnet wurde. Dabei findet der Wechsel zwischen Wechsel- und Gleichstrom auf der Strecke statt.

Die alten Triebzüge RAe TEE II verschwanden und neue Lokomotiven kamen, die dank der Umrichtertechnik in der Lage waren, das gleiche Programm zu fahren, wie dieser Zug ab dem Fahrplanwechsel 1961. Nur darf man nicht vergessen, diese Technik hatte man zu jener Zeit noch nicht und so bleibt der erhaltene RAe TEE II mit der Nummer 1053 einzigartig in Europa, denn das wird es wohl nie mehr geben, denn niemand mehr führt heute Züge nur mit erster Klasse.

Zum Schluss aber noch eine ganz spezielle Sache. Als 2019 der neuste Zug für den Gotthard präsentiert wurde, hob man hervor, dass es dort WC für Damen und Herren gibt. So eine Neuheit, wie man meinte, war das nicht, denn diese gab es schon beim RAe TEE II. Einzig der Schmickspiegel wurde nun durch einen Wickeltisch ersetzt. Der RAe TEE II war seiner Zeit wirklich weit voraus.

 

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