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Der erste fertige
Kasten der neuen
Lokomotive
wurde in Winterthur bei der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik
in Winterthur fertig gestellt. Am 14. August 1963 wurde er schliesslich in
einem
Güterzug
mitgenommen und zur Endmontage bei der Maschinenfabrik Oerlikon MFO nach
Zürich Seebach überführt. Dort sollten die elektrischen Bauteile aus dem
Kasten eine funktionierende Lokomotive machen.
Diese erste Fahrt der
neuen kleinen
Lokomotive
fand noch reges Aufsehen. Bisher hatte das Leben jeder neuen Lokomotive
für die Schweizerischen Bundesbahnen SBB so begonnen. Im Laufe der Jahre
sollte man sich jedoch daran gewöhnen, denn sämtliche Maschinen wurden von
Winterthur zu einem der drei Elektriker spediert. Bei der Serie konnte das
sogar durch die halbe Schweiz sein, denn bei diesen Maschinen wirkte
schliesslich auch die SAAS mit. Es sollte bis in den Herbst des Jahres 1963 dauern, bis die elektrischen Komponenten in der Loko-motive montiert waren. In der Folge kam die Stunde der Wahrheit und die neue Maschine konnte erstmals in Betrieb genommen werden.
Diese Versuche fanden
natürlich noch im Werk des Herstellers statt und auch die ersten
Gehversuche wurden im Areal der MFO durchgeführt. Die Be-zeichnung lautete
vorderhand noch Bo’Bo‘.
Zum Schluss konnte
die erste fertige
Lokomotive
auch grössere Ausflüge unternehmen und kam dabei auf den umliegenden
Strecken der Schweizerischen Bundesbahnen SBB zum Einsatz. Dabei wurde die
Lokomotive mit der Nummer 11 201 verwendet. Es sollte jedoch kein guter
Stern über der neuen Baureihe stehen, denn die Versuche mit der nagelneuen
Maschine sollten nicht lange gut gehen.
So ging die
fabrikneue Maschine am 11. Dezember 1963 mit dem geschobenen
Oszillographenwagen X4 91110 auf Versuchsfahrt. Man wollte an diesem Tag
elektrische Versuche durchführen. Die geschobene
Komposition
näherte sich dabei mit 110 km/h dem
Bahnhof
von Oberwinterthur. Dort traf die Komposition jedoch auf eine
versehentlich auf
Ablenkung
stehende
Weiche
und entgleiste in der Folge.
Bei der
Entgleisung
wurde der auf der
Plattform
des Messwagens stehende und die Strecke beobachtende Chefmonteur vom Wagen
geschleudert und erlitt dabei tödliche Verletzungen. Der Wagen wurde
zerstört und die neue
Lokomotive
schwer beschädigt. Dieser Unfall sollte letztlich dazu führen, dass die
erste fertige Lokomotive als letzte an die Schweizerischen Bundesbahnen
SBB übergeben werden konnte.
Obwohl die erste
Lokomotiven
wegen dem Unfall ausgeschieden war, konnte die erste Maschine der neuen
Baureihe am 25. Februar 1964 den Schweizerischen Bundesbahnen SBB
übergeben werden. Es war die bei der MFO endmontierte Lokomotive mit der
Nummer 11 206. Daher erfolgte die Übergabe beim Hauptsitz der MFO in
Oerlikon, das obwohl die Fabrik in Zürich Seebach an das Netz der
Staatsbahn
angeschlossen war.
Am 30. April 1964 war
dann die
Lokomotive
Nummer 11 205 an der Reihe. Sie wurde bei der BBC in Münchenstein montiert
und daher auch dort den Schweizerischen Bundesbahnen SBB übergeben. Es
sollten im Mai schliesslich noch die Maschinen mit den Nummern 11 204
(14.05.64), 11 203 (15.05.64) und 11 202 (29.05.64) folgen. Wobei die
11 204 als einzige davon in Münchenstein übergeben wurde, da sie bei der
BBC endmontiert wurde.
Die Ablieferung der
sechs
Prototypen
endete schliesslich am 08. Oktober 1964 mit der Lokomotive Nummer 11 201,
die wieder instand gestellt worden war. Mit diesen sechs Lokomotiven
wurden unter der Leitung der Schweizerischen Bundesbahnen SBB schliesslich
diverse Versuchsfahrten auch in grösserer Entfernung der Werke
durchgeführt. Noch verkehrten sie als Bo’Bo‘, da erst die Versuche zeigen
sollten, wie die Bezeichnung der neuen Baureihe lauten sollte. Diese sechs Prototypen sollten ausgiebig getestet werden, bevor man sich auf eine Serie festlegen wollte. Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB hatten aus den Erfahrungen mit der Baureihe Ae 6/6 gelernt und waren deshalb etwas vorsichtiger geworden. Die Maschinen erhielten zu Beginn die Nummern 11 201 bis 11 206 zugeteilt und wurden provisorisch als Bo’Bo‘ bezeichnet. Diese Bobo sollte den Lokomotiven schliesslich das ganze Leben erhalten bleiben
Es waren noch die
Versuchsfahrten für die
Zulassung zur
Zugreihe R ausstehend. Letztendlich
war eines sicher, die
Lokomotive sollte entweder Ae 4/4 mit
Höchstgeschwindigkeit 110 km/h, oder aber Re 4/4 II mit 140 km/h heissen.
Dass man sich der Sache gar nicht sicher sein konnte, zeigten die beiden
Lokomotiven der BLS, die vorderhand als
Ae 4/4 II verkehrten, weil die
Bedingungen nicht erfüllt wurden. Deshalb kuppelte man eine Lokomotive mit einem zu einem Messwagen umgebauten Steuerwagen DZt zusammen. Dabei konnte man von der Vielfach-steuerung IIId gebrauch machen.
Im fast 26 Meter langen
Steuerwagen fand man genug Platz für die
Messeinrichtungen. Befahren wurden hauptsächlich Strecken mit wenig
Verkehr und engen
Kurven. So wollte man die Ergebnisse für die
Zulassung zur
Zugreihe R erhalten.
Die Versuche zeigten, dass
die
Lokomotiven die Forderungen des
Pflichtenheftes erfüllt hatten und zur
Zugreihe R zugelassen werden konnten. So wurde bereits 1965 aus der
vorsorglicherweise Bo’Bo‘ bezeichneten Maschine die neue Baureihe Re 4/4
II. Wie gross die Erleichterung bei den Konstrukteuren gewesen sein muss,
entzieht sich meinen Kenntnissen. Nach zwei Fehlschlägen mit den Baureihen
Ae 6/6 und
Ae 4/4 II der BLS kam erstmals der Erfolg.
Auch mit 20 Tonnen
Achslast
war die
Zulassung zur
Zugreihe R möglich. Jedoch waren die Kräfte der
Lokomotive bei den Versuchsfahrten so gross, dass man für die neue
Baureihe Re 4/4 II ein Verbot für geschobene
Pendelzüge erteilen musste.
Die Maschinen sollten daher über 20 Jahre nicht in Pendelzügen verkehren
dürfen. Ein Problem, das jedoch nicht so gross war, wie man meinem könnte,
denn die Pendelzüge liefen mit
Triebwagen
RBe 4/4.
Neben den immer noch
stattfindenden
Testfahrten überall in der Schweiz kamen die sechs
Prototypen auch vor planmässigen Zügen zum Einsatz. Dabei bespannte man
mit den neuen Maschinen
Reisezüge von Zürich aus. Die Ziele waren dabei
Chur, Genève und Basel SBB. Die
Lokomotive konnte so gleich zeigen, ob die
Anforderungen im Betrieb umgesetzt werden konnten und ob sie ausdauernd
eingesetzt werden kann. Ein ganz spezieller Punkt war die Viel-fachsteuerung. Dass diese unter den sechs Maschinen ohne grosse Schwierig-keiten funktionierte, kann man voraus-setzen, denn neu war diese ja nicht. Die Vielfachsteuerung wurde bekanntlich vom Triebwagen RBe 4/4 übernommen. Jedoch war gerade die Kombination der neuen Lokomotive mit dem Triebwagen eine Sache, die nicht bekannt war.
Es musste gehen und daher
wurden die beiden Fahrzeuge gekuppelt. Die Vielfachsteuerung mit den Trieb-wagen RBe 4/4 funktionierte ebenfalls. Einzig die Anzeige für den Differenz-strom fiel dabei aus, weil der Zeiger wegen den massiv unterschiedlichen Zugkräften den oberen Anschlag massiv unter Druck setzte und so den Anschlag prüfte.
Der Grund waren die die zugelassenen
Ströme.
Deren Unterschied war grösser als die Skala der Anzeige und so wurde der
dort erfasste Wert überschritten.
Ab Neujahr 1965 wurden die
Maschinen der Baureihe Re 4/4 II mit neuen Nummern versehen. Durch die
Zulassung zur
Zugreihe R, konnte die dritte Stelle mit einer eins
beginnen. Daher wurden die Maschinen in der Folge mit den Nummern 11 101
bis 11 106 versehen. Die Zeiten der 200er Nummern und der Bezeichnung
Bo’Bo‘ waren vergessen. Einzig das Bobo sollte sich in den Köpfen der
Mitarbeiter festsetzen.
Mit sechs
Prototypen hatte
man genug Maschinen um auch spezielle Versuche zu machen. Daher wurde die
Lokomotive mit der Nummer 11 106 umgebaut. Sie sollte die Diskussionen der
veralteten Technik endgültig aus dem Weg räumen. Dazu wurde in der
Maschine ein Siliziumgleichrichter eingebaut. Die
Fahrmotoren der
Lokomotive konnten so wahlweise mit
Wechselstrom, oder Wellenstrom
betrieben werden.
Eine Veränderung der
Getriebe
ermöglichte etwas mehr
Zugkraft. Damit lag man in vielen Punkten bei der
angeblich topmodernen
Lokomotive der BLS. Die so zum
Versuchsträger
gewordene Lokomotive absolvierte die anschliessenden
Testfahrten zwischen
Croy-Romainmôtier und Le Day auf der Strecke von Lausanne nach Vallorbe.
Diese Strecke war für die Versuche zur Bestimmung der
Adhäsion ideal
geeignet.
Man hatte nun eine direkte
Vergleichsmöglichkeit. Die
Lokomotive fuhr die gleichen Züge einmal mit
Wechselstrom und einmal mit Wellenstrom. So konnte man sich vom Vorteil,
den man beim Wellenstrom vermutete, überzeugen. Die Ergebnisse fielen
dabei für die Anhänger der
Gleichrichter verheerend aus. Es gab zwischen
den beiden Techniken kaum Unterschiede bei den
Zugkräften. Die Vorteile
bei der
Adhäsion fand man bei der
Tiefzugeinrichtung.
Hier soll nur erwähnt werden,
dass die hervorragenden Ergebnisse der
Lokomotive für die BLS in zwei
Punkten zu finden waren. Die Lokomotive hatte grundsätzlich etwas mehr
Leistung, aber auch eine komplett andere
Übersetzung. Die Versuche mit der
Baureihe Re 4/4 II mit der Nummer 11 106 zeigten dies deutlich, denn die
Ergebnisse machten die Ingenieure mutig und so ging man in die grossen und
schweren Steigungen. Die Maschine wurde daher am Gott-hard ausgiebig getestet. So fuhr die Nummer 11 106 auf Steigungen mit 26‰ mit einem 654 Tonnen schweren Zug. Die Ergebnisse zeigten, dass auch die Baureihe Re 4/4 II in der Lage war, die schweren Züge nach den Lastreihen der Reihe Ae 6/6 zu führen.
Mit 390 Tonnen wurde
schliesslich auf der Strecke Freienbach – Rothenturm gefahren. Auf 50‰
Steigung durchaus ein guter Wert. So konnten nun in der bestellten Serie Verbesserungen bei der Steuerung des Stufenschalters, bei der Tiefzugein-richtung und letztlich auch beim Schleuderschutz umgesetzt werden.
Die
Prototypen hatten gezeigt, dass man sich an die Bestellung
einer Serie wagen konnte. Eine wirklich grosse Serie sollte anstehen. Zu diesem Zeitpunkt wusste wohl noch niemand, dass mit der Baureihe Re 4/4 II die grösste Lokomotivserie der Schweiz bestellt wurde.
Die
Lokomotive lag zwar bei der
Leistung unter der Maschine der BLS, doch
sie wurde in vielen Variationen bestellt und auch ausgeliefert. Alleine
die Bestellungen für die Schweizerischen Bundesbahnen SBB ergaben weit
über 200 Lokomotiven dieser Baureihe. Die Erfolge bei den
Privatbahnen
räumen auch die letzten Zweifel aus der Welt.
Im Beliebtheitsgrad der
Schweizer
Lokomotiven sollte diese Maschine nie einen Spitzenplatz
einnehmen, dazu waren die Krokodile (Ce 6/8 II) bereits zu legendär und
die Baureihe
Ae 6/6 dank den seitlichen Wappen zu fest mit dem Volk
verbunden. Daran änderte auch nicht, dass die Lokomotiven Re 4/4 II
überall in der Schweiz anzutreffen waren. Die Bobo sollte immer die Nummer
drei sein, aber es gab auch drei Elektriker.
Die erste Serie konnte daher
bestellt und gebaut werden. Die in Serie gebauten
Lokomotiven wurden nun
an drei verschiedenen Orten in der Schweiz montiert. Während man sich bei
den Maschinen von BBC und MFO dank den sechs
Prototypen einigermassen
sicher war, dass diese Maschinen kombiniert werden konnten, war das bei
den in Genève montierten Maschinen nicht der Fall. Es gab noch eine Hürde,
die genommen werden musste.
Auch in Genève konnten sie
gute und funktionierende
Lokomotiven bauen. Das zeigten die Baureihe
Be
6/8 bei der Ablieferung deutlich. Bei der Reihe Re 4/4 II stammten die
Anleitungen für den Bau jedoch aus Zürich und waren in Deutsch geschrieben
worden. Diese mussten auf Französisch übersetzt werden und dort war
schnell ein Fehler passiert. Ausschliessen konnte man es mindestens nicht
und daher konnte nur ein letzter Test Klarheit bringen.
Am 14. April 1967 war die
Stunde der Wahrheit gekommen. Die
Lokomotiven mit den Nummern 11 110
(MFO), 11 117 (BBC) und die 11 136 (SAAS) wurden vor einen
Ölzug gespannt.
Das besondere an der Bespannung war, dass erstmals drei Maschinen der
Baureihe Re 4/4 II von allen drei Herstellerwerken vereint verkehrten.
Fehler in der Übersetzung der Unterlagen sollten nun aufgezeigt werden.
Die Fahrt verlief dabei sehr
erfolgreich, so dass es keine Einschränkungen bei der
Vielfachsteuerung
gab. Damit waren die
Testfahrten abgeschlossen und der Betriebseinsatz mit
der Baureihe Re 4/4 II konnte aufgenommen werden. Ab diesem Zeitpunkt war
auch klar, dass zwölf
Triebachse in Vielfachsteuerung verkehren konnten.
Diese Werte wurden danach endgültig festgelegt und das Verbot für
Pendelzüge bestätigt.
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