Der Kasten

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Beginnen wir auch bei diesen Lokomotiven mit dem Kasten und somit mit dem Gehäuse. Gerade bei dieser Lokomotive zeigte sich gut, wie beim Bau von Lokomotiven damals noch um jedes Gramm gekämpft wurde. Bei der Lok 2000 wurde im Pflichtenheft ein Gewicht von 81 Tonnen vorgegeben. Das bedeutete, dass die Schweizerischen Bundesbahnen SBB die Streckenklasse C3 für die Lokomotive vorgesehen hatten.

Sehr schnell war klar, dass sich beim Gewicht der Lokomotive grosse Probleme ergeben würden. Die verlangten Leistungen hatten bisher auf vier Triebachsen schlicht keinen Platz gefunden. Selbst die Baureihe 120 der DB war mit 84 Tonnen über diesem Limit und dort hatte man nicht diese grosse Leistung einbauen müssen. Daher war klar, man musste Gewicht sparen, wo es nur ging. Dabei stand der mechanische Teil im Vordergrund.

Die benötigte elektrische Ausrüstung für die Ma-schine hatte ein sehr hohes Gewicht. Die Folge da-von war, dass der Kasten der Lokomotive so leicht wie nur möglich gebaut werden musste.

Aus diesem Grund wurde nur dort Stahl verwendet, wo das auch notwendig war und man nicht mit an-deren Materialien arbeiten konnte. An den anderen Orten und bei den nicht tragenden Bauteilen kam neu auch Kunststoff zur Anwendung.

Der selbsttragende Kasten besass einen massiven Untergurt aus Stahl. Dieser war bei dieser Loko-motive so massiv ausgeführt worden, dass man auch von einer Lokomotivbrücke sprechen konnte.

Im weiteren Verlauf dieses Artikels wird der Un-tergurt, der den Boden des Kastens bildete, immer wieder erwähnt werden.

Grundsätzlich war der Aufbau des Kastens aber nicht die grosse Attraktion bei der Lokomotive für die Schweizerischen Bundesbahnen SBB.

Stabilisiert wurde der Untergurt, der eigentlich nur einen geschlossenen Ring bildete, durch die Böden des Maschinenraumes und durch richtig positionierte Träger. So entstand ein versteifter und damit stabiler Boden für den späteren Kasten und dessen Einbauten. Abgeschlossen wurde der Untergurt durch die beiden stirnseitigen Stossbalken. Diese waren optisch im Untergurt integriert worden, so dass sie nicht zu erkennen waren.

Der Stossbalken hatte die üblichen Zug- und Stossvorrichtungen erhalten. Dabei bestanden die Zugvorrichtungen aus dem in der Mitte federnd montierten Zughaken. Dieser Zughaken konnte sich dank den angebrachten Führungen seitlich bewegen. Die Führungen waren nötig, weil hier der Stossbalken zur Aufnahme einer automatischen Kupplung vorbereitet wurde. Bei Lokomotiven für die Schweizerischen Bundesbahnen SBB war das schon länger üblich.

Am Zughaken angebracht wurde schliess-lich die Schraubenkupplung nach UIC. Diese bestand aus den üblichen Bauteilen und war gegenüber den vorhandenen Lo-komotiven leicht stärker ausgeführt wor-den.

Die nicht benötigte Kupplung war entwe-der im Zughaken aufgehängt oder konnte in einen speziellen Blindhaken abgelegt werden. Damit hatte diese Lokomotive, wie in der Schweiz üblich, eine voll-wertige Kupplung bekommen.

Ergänzt wurde diese Zugvorrichtung mit den seitlich angebrachten Puffern, die als Stosselemente dienten.

Diese Puffer waren jedoch nicht direkt auf dem Stossbalken montiert worden, sondern wurden über die in einer Nische liegenden Zerstörungsglieder befestigt.

Die Zerstörungsglieder erlaubten die Auf-nahme der Stosskräfte bei Anprällen mit kleinen Geschwindigkeiten ohne Be-schädigungen am Kasten.

Verwendet wurden auch bei dieser Lo-komotive die bewährten Hülsenpuffer. Gegenüber den älteren Lokomotiven wurden auch hier die Federn der Puffer etwas kräftiger ausgeführt. Ausgestattet wurden diese Puffer mit rechteckigen Puffertellern, die sich in der Vergangenheit auch bei vierachsigen Lokomotiven immer öfters durchsetzen konnten. Die Platten waren jedoch ebenfalls kräftiger ausgeführt worden.

Speziell ausgestattet wurde der linke Puffer. Um die unter dem Fenster montierte Steckdose der UIC-Leitung zu erreichen, war eine Leiter notwendig. Diese war bei den Re 460 nicht mehr zu sehen, denn sie konnte über dem Puffer eingeklappt werden. Daher war dieser Puffer im Gegensatz zu jenem der anderen Seite mit einem komisch aussehenden Kasten versehen worden. Diese Massnahme verhinderte die hässlich aussehende Aufstiegshilfe.

Damit können wir die Lokomotive jedoch bereits messen. Die Angaben der Länge eines Fahrzeuges werden immer über die Puffer angegeben. Bei der Maschine, die hier vorgestellt wird, wurde eine Länge von 18 500 mm ge-messen.

Im Vergleich war die vierachsige Lokomotive 100 mm länger als die Loko-motive der Baureihe Ae 6/6. Damit entstand eine lange laufstabile Loko-motive, die sehr gut für die hohen geforderten Geschwindigkeiten geeignet war.

Bisher konnte beim Aufbau des Kastens kein Gewicht eingespart werden. Der Untergurt war das massivste Bauteil der gesamten Lokomotive, denn hier wirkten die Kräfte, die im Betrieb auftreten konnten.

Diese Kräfte mussten beherrscht werden, wollte man nicht bleibende Ver-formungen an Kasten riskieren. Mit dem weiteren Aufbau des Kastens änderte sich das nun und man sparte Gewicht, wo es nur ging.

Auf dem Rahmen wurden die beiden Seitenwände aus gesickten Blechen auf-gestellt. Diese gesickten Bleche waren ein klarer Konsens ans Gewicht, optisch hätte die Lokomotive mit glatten Seitenwänden sicher besser ausge-sehen.

Nur hätten dann dickere und somit schwerere Bleche verwendet werden müs-sen. Daher mussten auch hier die schon bei der Lokomotive Re 4/4 IV verwendeten Sicken benutzt werden.

Die Stabilität der beiden Seitenwände, die selber eigentlich zu schwach waren, wurde mit den beiden Rückwänden der Führerstände erreicht. Im Maschinenraum selber wurden keine quer verlaufenden Wände gestellt. Einzig im Bereich des Daches wurden Querträger zur Stabilisierung der beiden Wände eingezogen. Es entstand so ein grosser Hohlraum der freizügig als Maschinenraum genutzt werden konnte.

Fenster waren in den beiden Seitenwänden nicht vorgesehen und so waren die beiden Türen für den Durchgang die einzigen seitlichen Öffnungen des sonst geschlossen Maschinenraumes.

Damit der Lokführer im Notfall den Maschinenraum trotzdem auf einem anderen Weg verlassen konnte, gab es im Dach eine Luke, durch die man ins Freie und so aus der Lokomotive gelangen konnte. Eine Lösung, die hier erstmals angewendet wurde.

Abgedeckt wurde der Maschinenraum mit dem darauf aufgesetzten und lösbaren Dach. Wurden früher die Dächer zur Einsparung von Gewicht aus Aluminium gefertigt, kam hier Stahl zur Anwendung.

Diesen musste man verwenden, weil das Dach eben-falls Teil zur Stabilisierung der Seitenwände war. Die während der Fahrt auftretenden Kräfte wurden durch das Dach aufgefangen. Daher musste der kräftigere Stahl verwendet werden.

Soweit sind nun die wichtigsten Stahlteile des Kastens bereits aufgezählt worden. Die weiteren Elemente des Kastens, des Daches und namentlich die an-schliessend vorgestellten Führerstände waren aus Kunststoff erstellt worden.

Dieser Werkstoff war leicht, konnte gut geformt werden und bot dank neuen Erkenntnissen sogar die grössere Festigkeit als vergleichbare Metalle. Daher war klar, so konnte man sehr viel Gewicht einsparen.

Um den eigentlichen Kasten abzuschliessen, kommen wir nun zu den beiden Führerständen. Auch wenn diese bei den Lokomotiven immer wieder im Kasten integriert wurden, gehörten sie eigentlich nicht zur Lokomotive. So konnten die Führerstände, die schnell beschädigt werden konnten, leicht gewechselt werden. Bei den Lok 2000 sollte das nicht geändert werden. Daher war der Führerstand eine eigene Baugruppe.

Die beiden Führerstände wurden aus Kunststoff aufgebaut. Die Haube des Führerstandes bestand im Wesentlichen aus fünf Schichten mit unterschiedlichen Kunststoffen. Die beiden Deckschichten waren, wie die Zwischenschicht aus glasfaserverstärktem Polyester gefertigt worden und brachten die Stabilität. Dazwischen wurden zwei Schichten mit einem zähelastischen Schaumkern eingefügt und so eine gewisse Flexibilität erreicht.

Durch diesen aufwendigen Aufbau der eigentlichen Haube konnten zwei grundlegende Eigenschaften erreicht werden. Die gute Schutzfunktion bei hohen Geschwindigkeiten und die gute Isolierfähigkeit wirkten sich auf den Arbeitsplatz des Lokführers aus. Der gewünschte Nebeneffekt war jedoch, dass diese Bauweise viel leichter war als eine vergleichbare Stahlkonstruktion. Genau konnten so pro Führerstand 800 kg Gewicht eingespart werden.

Dank der Kunststoffbauweise konnte beim Führer-stand problemlos mit eleganten Formen gearbeitet werden. Die vom Stardesigner Pininfarina erstellten eleganten Formen der Führerstände spiegelten sich deshalb hauptsächlich in den beiden Fronten wie-der.

Die Eleganz der Lokomotive war daher eine Folge der Bauweise der Führerstände. Jedoch trugen diese Massnahmen auch zu den hohen Kosten bei, denn ein Designer arbeitet bekanntlich nicht gratis.

Betrachten wir die Haube der Führerstände etwas genauer. Diese Haube bestand aus den beiden identischen Seitenwänden und der Front. Ich be-ginne dabei bei den beiden identischen Seiten-wänden des Führerstandes.

Diese Wände besassen die Einstiegstüren, ein klei-nes Fenster und ein weiteres durch die Rückspiegel bedingtes zusätzliches Fenster. Das Fenster konnte nicht geöffnet werden und war fest mit der Struk-tur verbunden worden.

Die Türe selber bestand ebenfalls aus Kunststoff und sie öffnete sich nach innen. Im geschlossenen Zustand konnten die Dichtungen der Türe mit Druckluft aufgeblasen werden. Damit schloss die Türe druckdicht ab und konnte nicht mehr geöffnet werden. Wurde die Türfalle betätigt, entlüftete sich die Dichtung automatisch. Durch eine Luke in der Türe konnten Dokumente ohne öffnen der Türe überreicht werden.

Um an die beiden seitlichen Türen des Führerstandes und somit in den selbigen zu gelangen, waren die üblichen Griffstangen und Trittstufen vorhanden. Nur ging man auch hier einen Schritt weiter. Die beiden Griffstangen wurden nicht mehr am Führerstand angesetzt, sondern waren in der Kunststoffhaube enthalten. Daraus ergab sich, dass die Griffstangen bündig mit der Flucht des Kastens waren. Sie verschwanden also in Nischen.

Der Übergang von den Seitenwänden in die Front, erfolgte mit gerundeten Ecken. Die Front selber war zudem auch gewölbt. So entstanden geschwungene elegante Formen und die Lokomotiven war trotzdem aerodynamisch optimal auf die Geschwin-digkeiten von bis zu 230 km/h abgestimmt worden.

Die eckigen und kantigen Lösungen der älteren Ma-schinen waren damit verschwunden und wichen ele-ganten Kurven.

Besondere Aufmerksamkeit musste der Front-scheibe, die über die ganze Fahrzeugbreite verlief, entgegen gebracht werden. Wo immer es ging, wurde bei der Lokomotive auf Glas verzichtet.

Glas ist schwer und schwere Bauteile wollte man bei der Maschine nach Möglichkeit vermeiden. So besass der gesamte Kasten kein einziges Fenster. Die ein-zigen Fenster befanden sich im Führerstand und auf diese konnte man bekanntlich nicht verzichten.

Dabei war die Frontscheibe das grösste Fenster auch das am aufwändigsten gestalte Exemplar. Durch die Form der Lokomotive konnte es nicht flach ausgebildet werden und besass eine leichte Wölbung, die der Front folgte. Das sorgte dafür, dass dieses Fenster sehr teuer in der Anschaffung war. Flache Gläser wären billiger gewesen, konnten aber mit dem Design der Lokomotive nicht vereinbart werden. Daher wirkte sich der Designer auch hier negativ aus.

Die Festigkeit des Frontfensters wurde im Pflichtenheft durch die Schweizerischen Bundesbahnen SBB vorgegeben und musste eingehalten werden. Diese Vorschrift besagte, dass die Scheibe einer Kugel mit einem Durchmesser von zehn Zentimeter und einem Gewicht von einem Kilogramm standhalten musste. Die dazu massgebende Geschwindigkeit der angenommen Kugel entsprach der doppelten Höchstgeschwindigkeit der Lokomotive, was ungefähr 500 km/h bedeutete.

Ein weiterer Problempunkt war die Verbindung der beiden Hauben mit dem eigentlichen Kasten der Lokomotive. Dazu wurden jedoch nicht Schrauben benutzt, sondern die Haube wurde mit einem speziellen elastischen Klebstoff auf dem Metall aufgeklebt. Sie ahnen es vermutlich bereits, denn damit konnten auch wieder ein paar Gramm Gewicht gespart werden. Zudem war die Haube so besser mit dem Kasten verbunden.

Viele Teile der Lok 2000 waren durch Verschalungen und zusätzliche Schürzen versteckt worden. Die Lokomotive war daher durch das Design vollständig durchgestylt worden und alles was irgendwie nach Eisenbahn aussah, wurde hinter einer Verschalung versteckt. Besonders im Dachbereich war das augenfällig, denn die gesenkten Stromabnehmer verschwanden in einer Nische und waren optisch kaum mehr zu erkennen.

Tief nach unten gezogene seitliche Schürzen deckten die Drehgestelle und damit das Laufwerk weitestgehend ab. Die Lok 2000 galt dadurch als sehr ruhige Lokomotive. Jedoch muss klar gesagt werden, dass diese Verschalungen und das durch einen Designer gestaltete Aussehen der Lokomotive sehr viel zu den hohen Kosten des fertigen Fahrzeuges beigetragen hatten. Die elegante Lokomotive war nun mal teurer, als das kantige Arbeitsgerät.

Die Lokomotive erhielt unter dem Kasten montierte Bahnräumer. Diese waren dank den Verschalungen kaum zu erkennen, da auch sie so gestaltet wurden, dass sie dem eleganten Fahrzeug entsprachen. Sie hatten jedoch bei der Schneeräumung keine Aufgabe und konnten daher sehr flach gehalten werden. An dem Bahnräumer angebracht waren die Halterungen für die Schläuche und die nicht benötigte Kupplung. Die Lokomotive hatte somit speziell angepasste Bahnräumer erhalten.

Damit können wir die Betrachtung des Kastens abschliessen. Wir haben bisher viele Punkte zur Einsparung von Gewicht kennen gelernt, haben aber auch erfahren, dass nicht unbedingt benötigte Verschalungen vorhanden waren. Alles in allem kann gesagt werden, dass gerade bei dieser Lokomotive das Design eines Stardesigners das grösste Problem war. Dadurch wurde die Lok 2000 schwer und zudem extrem teuer.

Mit weniger Design und damit weniger Schnickschnack hätte Gewicht eingespart werden können. Wichtiger wäre jedoch für die Lokomotive gewesen, wenn sie billiger geworden wäre. Doch man wollte eine elegante schöne Lokomotive schaffen und so den Stolz präsentieren. Wer das will, muss bekanntlich tiefer in die Geldbörse greifen, das ist nicht nur bei Lokomotiven so, sondern auch in anderen Bereichen.

 

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