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Was hatte diese Lokomotive für Vorschusslorbeeren zu erfüllen. Die Re 460 sollte das werden, wovon alle schon lange geträumt hatten. Die Bewohner entlang der Strecken sollten eine sehr leise Lokomotive bekommen, die Lokführer einen angenehmen Arbeitsplatz und nicht zuletzt, die Bahn selber, sie sollte sich nicht mehr mit Prototypen befassen müssen, die nicht zur Serie passten. Selbstverständlich sollte sie auch noch funktionieren.

Nicht zuletzt sollte die neue Maschine eine schöne Erscheinung sein. Die kantigen technisch aufge-bauten Lokomotiven galten als veraltet und daher mussten neue runde Formen her.

Ergänzt mit neuen Farben, die frischer und fröh-licher wirkten, als die verstaubte grüne Farbe der bisherigen Lokomotiven. Vergleichen kann man das mit dem armen Obdachlosen, der das Topmodel anhimmelt und nie an sein Ziel kommt.

Das alles sollte in eine Lokomotive verpackt werden. Bisherige Modelle, die mit solchen Forderungen überladen wurden, scheiterten kläglich. Wie fanta-stisch sollten doch die grossartigen Lokomotiven der Vergangenheit (Ae 4/6) sein und wie normal waren sie, als man damit gefahren ist.

Beispiel für gescheiterte Karrieren gibt es viele und das nicht nur bei den Lokomotiven dieser Welt. Die Baureihe Re 460 konnte also nur scheitern.

Nur, tat sie dass, und waren alle Ideen wirklich so fern von jeglicher Realität? Wenn eine neue Loko-motive nicht so tut, wie sie sollte, war das immer ein Problem.

Nur, wenn wir uns erinnern, da gab es eine der erfolgreichsten Lokomotiven der Schweiz und die Prototypen der Ae 6/6 hatten auf der ganzen Linie versagt. Da waren die starken Re 6/6, die kaum ohne Probleme und Hilfe aus dem Depot kamen und von der es zwei Prototypen gibt, die nie in die Serie passen wollten.

Die Re 460 war besser als ihr Ruf, das muss zwingend erwähnt werden. Die Probleme, die anfänglich für mehr Aufsehen sorgten, als für Ärger, schadeten dem Ruf der Lokomotive sehr. Ein Zug, der stehen bleibt, weil sich eine PMS nur störrisch lösen lässt, macht Schlagzeilen. Besonders die schreibende Presse findet dann schnell Worte, die teilweise unter die Gürtellinie gehören. Ergänzt mit unqualifizierten Aussagen hat man die gewünschte hohe Auflage.

Die Lokomotive, die aber schnell einmal ohne jegliche Erprobung vor Planzüge gespannt wurde, war noch nicht so weit. Man machte die Maschine einfach sehr schnell zur Verliererin. Einen einmal verspielten Ruf kann nicht einfach schnell zum Guten wenden. Es gab immer wieder Fahrzeuge, die hatten diese Mängel nie im Griff und wurden trotzdem eingesetzt und der Kundschaft zugemutet. Aber auch das beste Auto streikt ab und zu.

Ich erinnere hier nur an die Ae 4/6, oder an die ETR 470, welche nie so richtig zu funktionieren begannen. Züge oder Lokomotiven, die dauernd in den Schlag-zeilen zu finden waren und die das Personal an den Rand der Verzweiflung brachten.

Das einzige Problem, dass die Re 460 wirklich hatte, waren die fehlenden Prototypen. All diese Mängel, die jetzt an der ganzen Serie auftraten, hätten vermieden werden können, wenn zuerst Prototypen gebaut wor-den wären.

Die Schweizer Lokbauindustrie hatte sich in diesem Punkt sicherlich zuviel zugemutet. Unschuldig war aber auch die Schweizerischen Bundesbahnen SBB nicht, denn mit der Forderung nach kurzen Lieferfristen wurde diese Reaktion begünstigt.

Ein neues Fahrzeug hat Probleme, da fehlen Ein-stellungen, da versagen gut gebaute Komponenten. Das ist bei der Autoindustrie auch so. Nur, wer spricht von einem misslungenen Modell, wenn der Hersteller die Wagen wegen Mängel zurückruft?

Betrachtet man es objektiv, hatte man sicherlich das Wissen, eine Lokomotive zu bauen, die funktioniert. Das hat die Re 460 letztlich ja auch.

Es waren kleine Teile, oft nur ein paar Zentimeter gross, die dafür sorgten, dass die Lokomotiven keinen Wank machten. Mit all diesen Problemen konnte man nicht rechnen, die kamen trotz aller Tests und Versuchen. Das war so. Nur, passiert das bei einer SBB-Lokomotive, schreit man in der ganzen Schweiz und wittert einen Skandal.

Als dann die schlimmsten Probleme, also die Schwierigkeiten mit der Vielfachsteuerung und den Pumpen zur PMS gelöst waren, war die Lokomotive sehr gut. Ja, sie erfüllte alle Anforderungen, die an sie gestellt wurden und das sogar in vielen Bereichen mit den besten Noten. Die Drehgestelle der Re 460, welche auch Jahre nach dem Bau der Lokomotive keinen Vergleich zu fürchten hatten, waren schlicht genial.

Gleisschonender, als eine Lokomotive Re 460 kann man fast nicht mehr bauen. Und sie funktionierten ab der ersten Sekunde klaglos. Ergänzt mit einer elektrischen Ausrüstung mit einer Leistung, die an den Grenzen der Physik lagen.

Die Maschine funktionierte auch hier sehr schnell sehr gut und einige Probleme, löste man sogar so, dass diese Lösung auch heute noch funktioniert. Die 100 Hertz Störungen der Re 460 hätten vermutlich auch heutige Lokomotiven.

Bleibt noch der Lärm, der die Lokomotive macht. Hier muss die Re 460 keine Konkurrenz fürchten. Steht die Lokomotive in Zürich neben einem ICE, der als Star der DB gilt, erkennt der Lokführer bei der Re 460 nur noch anhand der Anzeigen, dass die Maschine eingeschaltet ist.

Der Flitzer aus Deutschland macht einen solchen Lärm, dass die Hilfsbetriebe der Re 460 nicht mehr zu hören ist. Leiser kann eine Lokomotive eigentlich fast nicht mehr werden.

Der einzige Punkt, der wirklich gegen diese Lokomotive sprach, war ihr horrender Preis. Die Re 460 war die teuerste Lokomotive aller Zeiten und das nicht nur auf die Schweiz bezogen. Nur, wieso kam es dazu? Man machte die Maschine zu einem Schmuckstück, das alle bewunderten, aber als dann der Preis genannt wurde, erschraken alle. Nur war er überrissen? Ich glaube nicht, die Lokomotive war letztlich den Preis vermutlich sogar Wert.

Mit etwas Abspecken, wäre sie sogar um einiges billiger worden. Hätte man für die Gestaltung nicht noch einen Stardesigner hinzugezogen und die Formen einem jungen unbekannten Designer übergeben, wäre der Preis erneut gesunken. Man wollte jedoch die perfekte Lokomotive und dazu musste man tief in die Taschen greifen. Sehr tief um es genau zu sagen, aber letztlich hat sich die Investition vermutlich sogar gelohnt.

Der Stückpreis für eine Lokomotive belief sich auf weit über sieben Mio. Schweizer Franken. Zum Vergleich, die Re 482, die gerade einmal 4.5 Mio. kostete. Das war Geld, das mit der Lokomotive verdient werden musste.

Nur, man sparte am Unterhalt der Geleise, an den baulichen Massnahmen zur Lärmminderung und nicht zuletzt beim Unterhalt an der Lokomotive selbst. Nur, als die Re 460 gebaut wurde rechnete man das nicht ein.

Jedoch muss hier gesagt werden, dass einige Punkte die Lokomotive unnötig verteuerten. Viel wäre nicht unbedingt notwenig gewesen. Namentlich war da das Styling der Lokomotive durch einen Stardesigner.

Dieser machte seine Arbeit nicht umsonst, man muss-te ihn bezahlen. Hätte man ihn nicht beigezogen, hät-te die Maschine vermutlich etwas mehr Ecken und Kanten gehabt und die eleganten Formen hätten ge-fehlt, nur die Kosten wären gesenkt worden.

Auch beim Bau selber hätte man einige Abstriche machen können. Diese hätten der Lokomotive nicht geschadet, nur wäre der Arbeitsplatz des Lokführers nicht so durchgestaltet worden. Gerade dieser hatte trotz aller Fachkenntnisse ein paar schwerwiegende Fehler, die nie beseitigt werden konnten. Die aufwendigen automatischen Steuerungen wären nicht nötig gewesen, die Lokführer waren sich gewohnt, dass sie den Stromabnehmer manuell einstellen mussten.

Zieht man jedoch die unnötigen Kosten ab, dann muss man der Lokomotive viel Gutes zugestehen. Sie ebnete der Umrichtertechnik den Weg zum heutigen Erfolg. Die Lokomotive war technisch perfekt aufgebaut und konnte als Meisterwerk der Schweizer Lokomotivbaukunst bezeichnet werden. Hätten mehr Lokomotiven gebaut werden können, hätte man eventuell auch die Kosten gesenkt. Die Re 460 wäre zur Lokomotive schlechthin geworden.

Namentlich waren da die Drehgestelle, die die Lokomotive zu einer sehr gleisschonenden Maschine gemacht haben. Mit der Behebung der Mängel kam dann auch die gewünschte Einsatzzuverlässigkeit. Die Re 460 erbrachten immer Tagesleistungen von weit über 1 400 Kilometer, das schafften vorher nur sehr wenige Fahrzeuge. Man kann leider nur noch erahnen, was sich aus den Erfahrungen der Re 460 im schweizer Lokomotivmarkt noch ergeben hätte.

Die Re 465 zeigte es deutlich, auf der Re 460 konnte man aufbauen. Vermutlich wäre als nächste Version eine Re 462 (Mit Gleichspannung) oder gar eine Re 464 daraus entstanden. Lokomotiven, wie sie wenig später von anderen Firmen gebaut wurden. Firmen, die trotz grossen Serien, auch viele Jahre lang keine Lokomotive erschaffen konnten, die sich mit der Re 460 messen konnte, denn alle scheiterten immer in einem Punkt. Sie beanspruchten die Geleise zu stark.

Nur eben, die Lokomotivindustrie der Schweiz musste verkauft werden und damit das ganze Fachwissen. Zum Glück gelang es, einige der hellen Köpfe im Land zu behalten, und ein bis dahin nur im Bau von kleinen Fahrzeugen tätiger Hersteller baute damit eine neue Fahrzeugindustrie auf. Diese basierte auf Triebzügen. Züge, die es letztlich so weit brachten, dass die Triebzüge dieses Herstellers, rund 20 Jahre nach der Re 460, deren Leistung erreichten.

Bleibt nur noch zu sagen, dass in Oerlikon Lokomotiven gebaut wurden, die immer bekannt wurden, oder wer kennt sie nicht, die Ce 6/8 II, die Ae 6/6 und nicht zu vergessen, die Re 460. Man kann sich in dieses Schmuckstück verlieben, das jeden Tag zuverlässig eine äusserst kritische Kundschaft durch ein Land befördert, das von sich behauptet, die Eisenbahn erfunden zu haben. Zumindest bei einer der besten Lokomotiven der Welt konnte man an der Spitze mitmischen.

Bedenken wir, dass letztlich nur die Änderung der Frequenz den Durchbruch brachte. Mit der Reihe Re 482 war bei gleichem Gewicht nicht auf allen Strecken eine Zulassung zur Zugreihe R möglich. Doch beenden wir den Artikel über die Re 460. Mit der Parkstellung klappen die Rückspiegel ein und bleibt die Komposition mehrere Tage ohne Aufsicht stehen.

 

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