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Den beiden Firmen SLM und BBC wurde letztlich die Verantwortung
für die Krönung im konventionellen Triebfahrzeugbau übertragen. Sie
sollten die
Lokomotive für den Gotthard und vor allem für den
geplanten
Basistunnel
am Gotthard entwickeln. Es lag letztlich nicht an den Lokomotiven, dass
der Basistunnel damals nicht gebaut wurde. Gerüstet war die Maschine dafür
auf jeden Fall. Doch wir wollen uns die Angebote der Industrie genauer
ansehen. Nach den negativen Erfahrungen mit den dreiachsigen Drehgestellen der Ae 6/6, welche die geforderte Zulassung zur Zugreihe R nie erreichen sollten, verlangte die Schweizerischen Bundesbahnen SBB von Anfang an drei zweiachsige Drehgestelle.
So erhielten die
Lokomotiven die
Achsfolge
Bo’Bo’Bo’. Diese Lösung existierte damals bereits bei ersten Lokomotiven
in Italien. Man musste daher nicht alle Bereiche neu entwickeln und konnte
bei vorhandenen Lokomotiven Mass nehmen.
Noch sass der Schock bei den
Prototypen
der Baureihe
Ae 6/6
in den Gliedern der Hersteller. Dorte baute man auch auf Druck des
Bestellers zwei baugleiche Prototypen, ohne überhaupt zu wissen, ob die
getroffenen Massnahmen überhaupt funktionierten. Schon damals gab es
Stimmen, die von einer
Achsfolge
Bo’Bo’Bo’ sprachen. Letztlich sprachen aber Gewichtsgründe noch gegen die
Lösung mit zweiachsigen
Drehgestellen.
Diesmal wollte man diesen Fehler nicht mehr wiederholen. Das
Pflichtenheft
der Schweizerischen Bundesbahnen SBB forderte klar die
Zulassung
zur
Zugreihe R
und eine
Höchstgeschwindigkeit
von 140 km/h. Noch einmal auf das Wagnis mit zwei gleichen
Prototypen
wollte man sich bei der Industrie und beim Besteller der
Lokomotive nicht mehr einlassen. Deshalb sah man schon
von Beginn weg vier Prototypen vor.
Die vier
Prototypen
sollten deshalb Versuchträger werden, so dass sich die vier Maschinen
deutlich unterscheiden sollten. Nur so konnte man die notwendigen
Informationen erhalten, die dann in die später gebaute Serie einfliessen
konnten. Wie schon bei den
Ae 6/6
sah man das grösste Problem bei den benötigten sechs
Triebachsen.
Man entwickelte deshalb von Beginn weg zwei unterschiedliche Kastentypen.
Neben anderen Ideen waren da zwei ernst zu nehmende Vorschläge der
Industrie. Diese besassen die gleiche
Achsfolge
und unterschieden sich nur im Aufbau des Kastens. Bei der ersten Lösung
sah man ein
Gelenk
vor, das die vertikale Befahrbarkeit von Kuppen und Senken ermöglichte.
Die zweite Variante sollte jedoch einen ungeteilten Kasten besitzen und
spezielle Lösungen bei den
Federungen
dieser
Lokomotiven besitzen. 1969 bestellten die Schweizerischen Bundesbahnen SBB bei der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM in Winterthur und bei Brown Boveri und Co (BBC) in Münchenstein vorerst vier Prototypen der neuen Baureihe Re 6/6, welche im Herbst 1972 in Betrieb gestellt wurden.
Die SLM zeichnete sich für den mechanischen Teil verantwortlich,
während BBC die elektrischen An-lagen der neuen
Lokomotive lieferte und die Ma-schinen endmontierte. Die entwickelte Lokomotive galt mit 10 600 PS als leistungsfähigstes Schweizer Triebfahrzeug. Nur die heute nicht mehr funktionsfähige Ae 8/14 mit der Nummer 11 852 überbot diese Leistung um 500 PS.
Weltweit gab es keine sechsachsige
Lokomotive, die über die gleiche
Dauerleistung
verfügte, denn selbst die BR 103 wurde bei der
Leistung
um 95 PS ge-schlagen. Wobei hier natürlich schon bald von
Rund-ungsdifferenzen gesprochen werden konnte. Bevor wir uns der Bestellung der Serie zuwenden, lohnt es sich, wenn wir einen Blick auf die ange-botenen und letztlich auch gebauten vier Prototypen werfen.
Bei
keiner anderen in der Schweiz entwickelten
Lokomotive sollten sich diese
Prototypen
so deutlich unterscheiden, wie bei der Baureihe Re 6/6. Zu sehr in die
Details werden wir dabei natürlich nicht gehen, denn die technischen
Unterschiede betrachten wir bei der Vorstellung der Lokomotive genauer.
So wurden die vier
Prototypen
in zwei grundlegende Baumuster aufgeteilt. Während man zwei
Lokomotiven mit geteiltem Lokkasten baute,
waren die anderen beiden Maschinen mit einem durchgehenden Kasten
konstruiert worden. So konnte man zwischen den beiden Maschinentypen
unterscheiden. Bei der elektrischen Ausrüstung entsprachen jedoch alle
Lokomotiven einem gleichen Baumuster, das sich nicht gross von der
Baureihe
Re 4/4 II unterschied. Die beiden Maschinen mit den Nummern 11 601 und 11 602 waren mit geteiltem Kasten konstruiert worden. Dabei war das Gelenk nur in der Vertikalen beweglich. In der seitlichen Auslenkung bewegte sich der Kasten nicht, so dass die Lokomotive trotz einer Länge von fast 20 Metern in den Kurven starr blieb.
Hier schwenkte das mittlere
Drehgestell
seitlich unter dem Ka-sten heraus. Dadurch waren drei identische
Drehgestelle mög-lich.
Der Knick diente nur dazu die Gefälleänderungen und
Gleiskuppen
von
Ablaufbergen
auch mit den drei
Drehgestellen ohne Probleme zu befahren. Das
war wegen den identischen Drehgestellen nicht anders möglich. Neu war
hingegen der Knick nur in einer Richtung. Dadurch unterschieden sich diese
Lokomotiven von den vergleichbaren Baureihen in Italien, denn diese
besassen vollwertige
Gelenke
in alle Richtungen.
Bei den ersten beiden
Prototypen
konnte man also nicht mehr von einer klassischen
Gelenklokomotive
sprechen. Man darf sie deshalb nicht mit den
Ae 8/14,
den
Ae
8/8 der BLS und mit den
Ce 6/8 II vergleichen. Für eine klassische
Gelenklokomotive fehlte die Knickrichtung in der horizontalen Richtung.
Das
Gelenk
der Re 6/6 wurde dann von den Ge 6/6 II der RhB übernommen. Weitere
Unterschiede bei diesen beiden Prototypen gab es jedoch nicht.
Abgefedert wurden diese beiden
Lokomotiven mit reinen
Schraubenfedern,
wie sie sich bei den Maschinen der Baureihe
Re 4/4 II bewährt hatte. Dabei waren alle drei
Drehgestelle
gegenüber dem Lokkasten gleich stark abgefedert worden. Die notwendige
Beweglichkeit bei Gefällsbrüchen wurde einzig durch das
Gelenk
im Kasten sichergestellt. Weitere spezielle Einrichtungen im Bereich der
Federung
der Lokomotive waren jedoch nicht vorhanden.
Die Erprobung dieser beiden
Lokomotiven war eigentlich nur zum
Vergleich mit den anderen beiden Maschinen vorgesehen. Hätten sich die bei
den anderen Lokomotiven gewählten Massnahmen nicht bewährt, hätte man
schon über die Erfahrungen mit diesen beiden Lokomotiven verfügt. Eine
schnelle Bestellung der dringend benötigen Serie wäre dadurch nicht
verhindert worden. Man kann diese beiden Lokomotiven daher als
Rückfallebene betrachten.
Ein wichtiger Punkt darf jedoch nicht vergessen werden, denn
elektrisch unterschieden sich diese beiden Maschinen nicht von den
Prototypen,
die noch vorgestellt werden. Hätte man die anderen
Lokomotiven umbauen müssen, hätte die Zeit
mit diesen beiden Modellen genutzt werden können, um die elektrische
Ausrüstung, die ebenfalls neu konstruiert wurde, ausgiebig zu testen und
so die Betriebsreife schneller zu erreichen. Die Nummern 11 603 und 11 604 waren mit einem steifen Kasten ausgeführt worden. Dabei traf man bei den Prototypen aber bereits gewisse Vorkehr-ungen, so dass auch diese beiden Lokomotiven bei einem Misslingen der Massnahmen, den anderen beiden Lokomotiven mit geteiltem Kasten angepasst hätten werden können.
Es zeigte sich klar, dass man sich der Sache mit den hier
gewählten Massnahmen nicht sicher war.
Diese beiden
Prototypen
besassen Unterschiede bei der Abfederung des mittleren
Drehgestells.
Gerade bei diesen beiden Maschinen waren die Ingenieure auf die Ergebnisse
der gewählten Lösung gespannt. Grundlegend war aber klar, dass das
mittlere Drehgestell gegenüber den äusseren Drehgestellen weicher
abgefedert werden musste. Ohne diese Massnahme war kein Erfolg zu
erwarten. Nur so konnten Kuppen und Senken befahren werden.
Bei der Maschine mit der Nummer 11 603 baute man eine
Luftfederung
für das mittlere
Drehgestell
ein. Die beiden äusseren Drehgestelle waren jedoch mit
Schraubenfedern
abgefedert worden. Dank den
Luftfedern
war das mittlere Drehgestell weicher gefedert, konnte aber durch
Veränderungen beim
Luftdruck
aktiv geregelt werden. So erhoffte man sich die Lösung des anstehenden
Problems bei den Kuppen und Senken.
Für die Nummer 11 604 wählte man noch eine andere Konstruktion.
Hier baute man eine vollständige
Luftfederung
ein. Diese Luftfederung wurde im Voraus an der Maschine der Baureihe
Re 4/4 II mit der Nummer 11 104 getestet. Man
muss jedoch erwähnen, dass bisher bei den Eisenbahnen kaum
Luftfedern
verwendet wurden. Erst bei Wagen wagte man den Schritt auch bei in Serie
gebauten Modellen. Für Lokomotiven schienen diese
Federn
ungeeignet.
Zusätzlich war das mittlere
Drehgestell
über einen so genannten Balancier mit einem der äusseren Drehgestelle
verbunden. Dieser Balancier hatte zum Zweck, dass beim befahren von Kuppen
der höhere Druck in den
Luftfedern
des mittleren Drehgestells ausgeglichen wurde. Dabei wurde die verdrängte
Luft in das äussere entlastete Drehgestell geleitet, wodurch dort die
Luftfeder wieder für den notwendigen
Achsdruck
sorgte.
Da sich diese
Luftfederung
wie befürchtet nicht bewährte, baute man die
Lokomotive mit der Nummer 11 603 um und
versah sie beim mittleren
Drehgestell
mit einer weicheren Abfederung mit konventionellen
Schraubenfedern.
Nach diesen Versuchen stand dann fest, dass sich die einfachste aller
Methoden am besten bewährte. Die Lokomotive 11 603 mit Schraubenfedern am
mittleren Drehgestell wurde letztlich zum Baumuster für die in Serie
gefertigten Lokomotiven.
Gerade die Tatsache, dass letztlich erst die fünfte Variante zum
Erfolg führte, zeigt deutlich auf, wie gut der Entscheid war, vier
unterschiedliche
Prototypen
zu bauen. Klar, auch die Version mit geteiltem Kasten war technisch gut,
jedoch konnte mit der letztlich gewählten Lösung ein viel einfacherer
Aufbau erreicht werden. Dies machte sich letztlich im Unterhalt positiv
bemerkbar, da kein
Gelenk
unterhalten werden musste. Am 20. Februar 1973 bestellten die Schweizerischen Bundesbahnen SBB schliesslich eine erste Serie der Baureihe Re 6/6, welche 44 Maschinen umfasste. Diese Lokomotiven erhielten die Nummern 11 605 bis 11 649.
Sie entsprachen in den meisten Punkten der
Lokomotive mit der Nummer 11 603. Somit
hatte man dank den unterschiedlichen
Prototypen
die richtige Version für die nun erfolgte Serie gefunden.
Im Oktober 1975 wurde dann eine beantragte Nachbestellung von 40
weiteren Maschinen vom Verwaltungsrat vorerst blockiert. Die Krise in der
Wirtschaft sorgte dafür, dass die Züge am Gotthard wieder leichter wurden.
Zudem war nun auch der
Basistunnel
vom Tisch und man benötigte diese Maschinen schlicht nicht mehr. Erst im
April 1976 konnten diese Maschinen bestellt werden, welche die Nummern 11
650 bis 11 689 erhalten sollten.
Die in Aussicht gestellte dritte Staffel von weiteren 20
Lokomotiven der Baureihe Re 6/6 mit den
Nummern 11 690 bis 11 709 wurde jedoch sehr zum Leidwesen der zuständigen
Zugförderungsdienste nicht mehr bestellt. Man sah den Bedarf für solche
Lokomotiven in der Chefetage der Schweizerischen Bundesbahnen SBB nicht
mehr gegeben. Wegen dem anstehenden
Taktfahrplan
benötigte man zudem dringend Lokomotiven für das
Flachland.
Daher wurden an der Stelle dieser 20
Lokomotiven, die Maschinen
Re 4/4 II mit den Nummern 11 371 bis 11 397
bestellt, welche sich optisch von den anderen Maschinen der Reihe
Re 4/4 II unterschieden, da diese Lokomotiven
gewisse angepasste Teile (Rückspiegel)
der hier vorgestellten Re 6/6 erhalten hatten. Die Lieferung der letzten
Maschine der Baureihe Re 6/6 erfolgte schliesslich am 19. Dezember 1980.
Um es vorweg zu nehmen. Was die schweizerische Lokomotivindustrie
mit dieser
Lokomotive ablieferte, wurde während 40
Jahren nie mehr erreicht. Trotz der Tatsache, dass hier keine modernen
Halbleiterbauteile und damit die
Umrichtertechnik
verwendet wurden, konnte eine grosse
Dauerleistung
erbracht werden. Dass dabei die zugelassenen Gewichtslimite eingehalten
wurden, zeigten deutlich das Können der Hersteller und deren Angestellten.
Enttrohnt wurde die Re 6/6 letztlich nur dank der
Umrichtertechnik,
die bei wesentlich kleinerem Gewicht höhere
Leistungen
zulässt. Da aber kaum mehr
Lokomotiven mit sechs
Triebachsen
gebaut werden sollten, erreichten viele Lokomotiven auch dann nicht die
Stundenleistung
einer Re 6/6. Es sollte die grösste Lokomotive sein, die in der Schweiz in
Serie gebaut wurde. So kann man verstehen, dass sie viele auch die
„Königin der Berge“ nannten.
Im nun folgenden Abschnitt werden die in Serie gebauten Maschinen
genauer beschrieben. Wo es bei den
Prototypen
markante Unterschiede gab, werden diese jedoch speziell erwähnt werden.
Gerade im mechanischen Teil unterschieden sich die vier Prototypen
teilweise deutlich von den in Serie gebauten
Lokomotiven. Sie zeigten aber auch, dass
es wichtig war, diese Prototypen zu bauen. Doch lesen Sie selbst.
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