Goldau – SOB – Goldau

Nachdem ich zwei Wochen lang einen Bürostuhl besetzte, kann ich endlich wieder auf den Lokomotiven und Triebwagen sitzen. Eigentlich ist die Büroarbeit auch schön, denn man hat genügend freie Stunden und darf sich mit dem Fernsehprogramm am Abend herumschlagen. Etwas, was man sich als Lokführer nicht gewohnt ist. Wir arbeiten oder schlafen dann, da muss man nicht gross nach dem Programm sehen.

Es überrascht Sie vielleicht, aber ich musste das entsprechende Heft zuerst suchen. Gut, ich hätte die Zeit ja auch in die Homepage investieren können. Beim miesen Programm, das gemäss der Zeitschrift aufgetischt wurde, auch kein sonderlich schwerer Schritt. Ich wählte deshalb die Homepage, denn es soll ja eine neue Tour entstehen. Die entsteht nicht ohne eine kleine Vorbereitung, denn was für ein Thema soll ich wählen. 

Nur, an der obligaten Kaffeepause, fehlte dann der Gesprächstoff. Da wurden Serien kritisiert, die ich nicht einmal vom Namen her kannte und es wurde über Geschichten in diesen Serien diskutiert. Da schweigt man lieber, denn ich hätte ausser einer Blamage nicht viel gewonnen. Ist ist doch so, die Fachleute diskutieren und der unwissende schweigt. Ich schwieg deshalb.

Mein Entscheid war klar, am Abend wird dann das Programm im Fernsehen genauer studiert. Eine Sendung, die mir gefallen hat, habe ich dann geschaut. So ging ich gut vorbereitet zur Arbeit und durfte dann feststellen, dass es die falsche Sendung war. Ich beliess es dann und begnügte mich mit zuhören. Die Zeitschrift wurde dann ungenutzt entsorgt.

Kaffeepausen sind auch etwas, an das man sich als Lokführer zuerst wieder gewöhnen muss, denn wir kennen solche Pausen natürlich nicht. Lokführer sind sich gewohnt, mehrere Stunden voll konzentriert zu arbeiten, da kommen keine kurzen Pausen in Frage, denn genau dann passiert der Fehler und Menschen werden gefährdet.

Die Arbeit als solches war auch nicht einfach, ich musste mich mit dem jährlichen Fahrplanwechsel auseinandersetzen. Nein, die Arbeit in der Fachgruppe habe ich wirklich aufgegeben, denn es ging so nicht mehr weiter. Wer sich ängstlich umdreht, weil er im Rücken ein Geräusch hört, muss etwas unternehmen. Mein Schritt führte nach Arth-Goldau und in eine neue Funktion. Zudem, habe ich jetzt eine kugelsichere Weste erhalten.

Zum Glück ist es nicht ganz so schlimm, denn ich darf in meiner Funktion sogar versagen. Sie haben es richtig gelesen, denn ich darf wirklich versagen und das erst noch mit Zustimmung der Personalvertreter. Nein, nicht ich habe das festgestellt, sondern die Vertreter des Personals. Wenn man, bevor man nur seine Arbeit gemacht hat, öffentlich als unfähig betitelt wird, hat man einen Freipass.

Dumm dabei ist eigentlich nur, dass das Protokoll, in dem das zu lesen war, nicht veröffentlicht werden sollte. So erfuhr ich, was ich gar nicht erfahren sollte. Jeder weiss nun, dass der Lämmli nicht in der Lage ist, diese Arbeit korrekt zu erledigen. Schön, wenn man schon ans Messer geliefert wird, bevor man nur einen Finger bewegt hat.

Sicher dankbar, wenn man so in eine neue Arbeit starten darf. Wenn es nicht klappt, ist niemand sonderlich überrascht und der Verfasser des Textes steht gut da, denn er hat es ja gewusst. Verlieren kann also nur ich, aber das ist ja für mich nichts neues, also liess ich mich nicht beirren. Die Arbeit musste getan werden, ich werde meine ganzen Fähigkeiten einbringen, dann wird sich zeigen, wer richtig gelegen hat.

Ich habe mir diesen Schritt gut überlegt, denn es ist keine leichte Aufgabe. Das weiss auch ich und die Ausbildung war nicht gerade optimal. Geopfert habe ich dafür sogar meine Freitage. Nur heisst das noch lange nicht, dass ich versage, denn ein wenig Ahnung von einem Fahrplanwechsel habe ich auch schon, denn es ist nicht mein erster. Die Funktion ist neu aber die Arbeit bleibt die gleiche und findet neu mehr am PC statt.

Ich habe mir auch andere Gedanken gemacht, denn was passiert, wenn ich medizinisch ab der Lokomotive geholt werde. Was ist, wenn der Bahnarzt meint, dass ich nicht auf die Lok gehöre? Dann ist es sicher nützlich, wenn ich ein zweites Standbein habe. Auch ich werde nicht jünger und die gesundheitlichen Probleme, die durch die Schichtarbeit entstehen, merke auch ich immer öfters. Da macht man sich Gedanken über die berufliche Zukunft.

Die Zeit ist aber nun vorbei und ich bin wieder auf der Lokomotive. Ich mache das, was ich gelernt habe und das ich nach 18 Jahren auch ganz gut kann. Sicher, perfekt ist die Arbeit selten, denn kleine Fehler schleichen sich immer wieder ein. Dort eine kleine Unachtsamkeit und dort wieder eine Situation, wo der Schrecken tief im Nacken sitzt. Das sind sicherlich auch Folgen, der permanenten Kritik durch die Kollegen, die wissen sollten, dass das nicht gut ist.

 

Erstfeld – Arth-Goldau

Bevor ich heute beginnen kann, muss ich nach Arth-Goldau, denn noch wohne ich in Erstfeld und daran möchte ich eigentlich nichts ändern, denn man hat hier wenige Freunde gewonnen, hat ein, wenn auch nur sehr dürftiges, soziales Umfeld und fühlt sich zu Hause. Es ist nicht leicht, einfach die Zelte abzubrechen und eine neue Existenz aufzubauen. So bin ich halt zu dem geworden, was ich bisher immer wieder befördert habe. Ich bin ein Pendler. Wenigstens etwas, was ich mit vielen Leuten gemeinsam habe.

Pünktlich um 14.33 fährt der Interregio nach Norden. Ich benutze diesen Zug um nach Arth-Goldau zu kommen. Eigentlich hätte ich diese Woche ja in Erstfeld arbeiten sollen, aber jemand hat beschlossen, dass wir neu 2/3 unserer Arbeit in Arth-Goldau zu erledigen haben. Gefragt wurden wir natürlich nicht, denn wer Fragen stellt, bekommt auch Antworten. Vermutlich war die Angst vor der Antwort zu gross.

Gewusst habe ich das schon länger, denn die Kollegen sprechen immer wieder Klartext. Man benötigt mehr Leute in Arth-Goldau. Dazu suchte man Leute, die vorübergehend einen längeren Einsatz in Arth-Goldau leisten. Hätte man gefragt, hätte ich vielleicht einem solchen Einsatz zugestimmt. Nur jetzt, wo ich einfach zu diesem 2/3 Anteil verknurrt wurde, muss auch nicht mehr gefragt werden, denn nun ist die Antwort klar. Die lautet Nein, wieder einmal mehr wurde das Personal verschaukelt und irgendwann ist der Punkt gekommen, wo man einfach nein sagt.

Nur 14 Tage, also bis zu den weihnachtlichen Festtagen bin ich deshalb in Arth-Goldau  beschäftigt. Zumindest meinte ich das, denn mein Mobiltelefon klingelt und die vertraute Stimme des Mitarbeiters auf der Einteilung ist am anderen Ende. Freitag müsse ich dann eine Leistung in Erstfeld fahren. Klar, das darf er und ich stimme auch zu, denn es ist schön, wenn man gefragt wird. Wenig später fiel dann auch noch mein letzter Einsatz nach Offenburg. Immer schön, wenn Sie mir die Touren wegnehmen, schliesslich habe ich ja die DB-Ausbildung gemacht, damit ich nicht nach Offenburg fahren muss.

Wie es so als Pendler ist, kennen Sie vermutlich, denn man trifft im Zug immer wieder Leute, die man gerne ignorieren würde. So kommt es, dass man halt die Gespräche führen muss, die man eigentlich nicht hätte führen wollen. Das Thema sind, wie könnte es auch anders sein, die Einteilungen. Zu dumm, dass ich immer noch privat unterwegs bin und gerne einen Blick in meine Zeitung geworfen hätte. Bei der Arbeit kann ich das nicht.

So erfahre ich, dass der arme Kollege in dieser Woche vor dem Freitag erst um 0.05 Uhr Feierabend hat. Ist schon schlimm, ich weiss. Ja, ich weiss auch, dass er so nichts mehr von seinem Freitag hat, denn der Morgen ist futsch und dann ist ja gleich der ganze Tag dahin. Völlig klar ist auch, dass er, wenn er um 23.57 Uhr Feierabend hätte, mehr vom Freitag hätte.

Mein Kommentar, dass er wegen diesen 8 Minuten am Freitag keine Minute eher aus dem Bett gehe und ich glaube, dass er öfters erst um 1 Uhr aus dem Ausgang nach Hause komme, kam nicht gut an. Ich kann nun aber in der Zeitung lesen, wäre da nicht die Durchsage im Zug. Wir treffen in Arth-Goldau ein. Die Zeitung verschwindet wieder in der Tasche. Es reichte gerade für die Schlagzeile auf dem Titelblatt.

Ich steige aus, denn ich habe mein Ziel erreicht. Heute muss ich aber nicht, wie schon oft, mit meiner Tasche zu dem Personalräumen wandern. Ich beginne heute im Bahnhof. Keine Lok, die ich übernehmen muss und auch sonst ist heute eher ein ruhiger Tag angesagt. Das Wetter ist typisch für diese Jahreszeit, es hat Hochnebel, ist aber trocken. Leider ist der Nebel zu hoch, dass ich heute etwas Sonne sehen könnte.

Noch habe ich etwas Zeit. In den Katakomben des Bahnhofes trinke ich einen Kaffee. Damit ich das auch im sitzen tun kann, benutze ich die Räumlichkeiten meiner Kollegen vom Personenverkehr. Noch dürfen wir vom Cargo diese ja noch benutzen. Ein Bericht einer Gewerkschaft liegt auf. Beim Durchblättern stelle ich dann fest, dass sämtliche Bilder von meiner Homepage stammen. Auch hier wurde nicht gefragt, vermutlich auch, weil man die Antwort fürchtete.

Klar auch ich weiss, Fragen bieten immer wieder eine Gefahr, denn meine Anfrage bei einem Hersteller von Lokomotiven und Triebwagen, nach Informationen zu einem Fahrzeug wurde sogleich mit der Drohung nach rechtlichen Schritten beantwortet. Daher machte ich das, was alle machen, ich schaute mich auf der Homepage des Herstellers um und fand meine Antworten.

Nein, ich habe keine Kopien gemacht, denn ich schreibe meine Texte gerne selber, aber auch ich benötige technische Angaben zu Fahrzeugen, diese sind im Internet oft zu finden. Ich frage aber gerne nach, denn so kann ich genaue Fragen stellen.

Die Antwort eines anderen Herstellers war dann besser, denn da erhielt ich das, was ein Lokführer auch erhält, wenn er mit dem Fahrzeug fährt. Im Internet findet man solche Infos nicht. Heute fahre ich mit dem Fahrzeug und habe das Handbuch. Ach ja, das vom anderen Hersteller mit der Drohung habe ich natürlich mittlerweile auch, auch das Fahrzeug bediene ich bei meiner Arbeit immer wieder.

 

Steilstrecke oder nicht?

Zum Zug komme ich durch die Unterführung. Man ist ein gutes Vorbild und nutzt die Unterführung immer dann, wenn eine da ist. Damit sind wir wohl die einzigen Personen, denn die meisten Leute latschen über die Gleisanlage, wie durch ihren Garten. Nur, die Eisenbahn ist etwas gefährlicher, als der heimische Garten. Gut, ein Garten kann dank bissigen Hunden, Krokodilen und sonstigem Getier, das dort herumschleicht gefährlich werden.

Bahnanlagen sind viel gefährlicher, denn Sie können die Geschwindigkeit von Zügen nur sehr schwer einschätzen. Dazu kennen Sie sich zu wenig gut aus. Eisenbahner haben gelernt mit der Gefahr zu leben, aber mancher Lokführer kam deswegen nicht mehr nach Hause. Wenn es dann nicht mehr reicht, ist halt ein Idiot weniger auf dieser Welt.

Ich habe es auf jeden Fall ohne Schaden zum Zug geschafft. Es ist ein Triebzug der Reihe RABe 526. Dieser Zug gehört nicht den SBB, sondern befindet sich im Eigentum der SOB. Nur schon der Zug ist das erste Anzeichen, dass es heute auf eine spezielle Fahrt geht. Die Reise führt mich fast ausschliesslich über einspurige Strecken und die Definition von flach, wird neu festgelegt.

Technisch aufgebaut ist dieser Zug, wie die FLIRT der SBB. Technische Unterschiede gibt es kaum. Am auffälligsten dabei sind aber die Türen, denn der RABe 526 hat gerate so viele Türen, wie das Modell der SBB auf einer Fahrzeugseite.

Noch habe ich Zeit, denn ich fahre mit dem Zug erst in knapp 20 Minuten los. Genug Zeit um mich telefonisch beim Fahrdienstleiter in Samstagern zu melden. Ich teile ihm die Nummer des Mobiltelefons mit. Klar, ich gebe schon die Nummer meines Gerätes an, denn der Funk im Führerstand funktioniert nur auf der SBB. Hier ist noch nichts von GSM-R zu erkennen.

Bei meiner LEA stelle ich die Zugnummer ein. Die Anzeige erscheint und mein Zug bekommt die Zugreihe O vorgeschrieben. Genau genommen ist es O 110. Die Bremsen des Zuges liessen eine viel höhere Bremsreihe zu. Dadurch wäre der Zug auf vielen Abschnitten schneller und die Schranken wären noch offen, wenn der Zug kommt. Deshalb belasse ich es bei O 110.

Damit der Akku meiner LEA nicht schon nach dem ersten Teil der heutigen Tour den Geist aufgibt, benutze ich den Stecker des eingebauten Ladegerätes. Ich muss dabei zwischen drei verschiedenen Steckern auswählen. Ich entscheide mich für den mit der Anschrift LEA I. Bei den Zügen der SBB habe ich diesen Luxus auch nicht, dort muss der Akku halten oder aber ich benutze ein LEA II, das ich nicht bekommen habe.

Noch ist etwas Zeit vorhanden. Ich notiere die Fahrzeugnummer in meinen Notizen und mache mir ein paar Gedanken zur Zugreihe. O ist nur hier auf der SOB vorgeschrieben. Man verwendet den Buchstaben O, damit man eine klare Trennung von der Zugreihe R hat. Bei der Zugreihe O, gelten andere Geschwindigkeiten für die R-Bremse, denn die ist bei viel kleineren Geschwindigkeiten aktiv. Bei älteren Wagen kann das wichtig sein.

Wenn ich so in meinem Stuhl sitze, nach vorne blicke und den Zügen der SBB zuschaue fühle ich mich wie in einer anderen Welt. Lange kann ich das nicht machen, denn vorne zeigt das Signal Fahrt mit 60 km/h. Ein Blick auf die Uhr verrät, dass es in wenigen Sekunden losgeht. Die Türen am Zug sind zu und die Zeit ist erreicht. Ein Druck mit der linken Hand auf die rote Taste und die Türen werden verriegelt.

Nachdem auch das letzte Trittbrett eingezogen wurde, kann ich die Fahrt beginnen. Den Fahrschalter schiebe ich nur leicht nach vorne, denn der Zug der SOB würde sonst wie eine Rakete beschleunigen. Die Leute hinten im Zug wollen ja fahren und nicht fliegen. Der Zug beschleunigt auf die eingestellten 60 km/h viel schneller wird es in den folgenden Kurven auch nicht mehr werden. Gerade in dem Moment, wo ich die letzte Weiche des Bahnhofes Arth-Goldau befahre, erklingt im Zug die Durchsage zur Begrüssung.

Hier muss man aufpassen. Bei den SBB-Zügen kann man sich seiner Literatur widmen, denn die Durchsage erfolgt dort 30 Sekunden vor der Abfahrt. Genug Zeit um die Lektüre zu verstauen. Bei der SOB muss man aber die Zeit im Auge behalten, denn die Durchsage erfolgt erst nach der Abfahrt des Zuges.

Jetzt beginnt auch die Strecke zu steigen. Gemütlich geht es hier hoch. Kaum schneller als 60 km/h darf ich fahren und der Zug klettert langsam den Hang hoch. Es fährt mir wie ein Blitz durch meinen Kopf. Der Experte der DB-Prüfung meinte am Schluss, dass er mir keine Steilstrecken eintragen darf. Jetzt fahre ich mit einem Zug eine Steigung hoch, die mit 42‰ ein gutes Stück steiler ist als der Gotthard und die meisten Strecken in Deutschland.

Ob er solche Steigungen mit der Steilstrecke gemeint hat. Die Anschlussweiche zum ehemaligen Depot der Armee habe ich soeben passiert und die Strecke steigt immer noch an. Es ist noch etwas steiler geworden. Noch habe ich aber den maximalen Wert noch nicht erreicht. Es wird noch steiler werden.

Rechts vom Zug sehe ich weit unten im Tal, wie gerade ein Zug der SBB gegen Arth-Goldau fährt. Die andere sichtweise habe ich schon oft miterlebt. Der Zug der SOB, der in den Bahnhof Steinerberg fährt sieht man aus dem Talboden gut. Auch ich nähere mich dem Bahnhof. Das Einfahrsignal lässt eine Geschwindigkeit von 40 km/h zu. Am Signal selber bin ich immer noch mit 60 km/h unterwegs. Das darf ich, weil hier die Geschwindigkeitsschwelle bei der ersten Weiche ist.

Entlang des Bahnsteigs fahre ich noch mit maximal 20 km/h. Ich muss zudem auf Sichtdistanz anhalten können. Das ist aber kein Problem, denn niemand will auf den Gegenzug, denn der ist gar noch nicht da. Es dauert ein paar Minuten bis der Zug eintrifft.

Ich kann meine Fahrt fortsetzen und die steilsten Abschnitte erwarten mich noch. Jetzt geht es bergauf. Bei einigen Schranken sehe ich noch, wie sich diese schliessen. Zwei Pfeiftafeln erwarten mich hier auch noch und die Geschwindigkeit beträgt weiterhin 60 km/h. Ich muss noch ein gutes Stück warten, bis die Ausfahrkurve vorbei ist. Erst dann kann ich auf 70 km/h beschleunigen. Das in einer Steigung von 46‰.

Mit einer Re 4/4 I und dem Pendelzug aus der Zeit meiner Anfänge, hätte man hier keine Chance. Der moderne Flirt spurt aber ganz flott und so kann ich auch in dieser Steigung schnell beschleunigen. Kein Vergleich mit dem ehemaligen Rollmaterial. Die modernen Züge sind spurtstark geworden und stehen einer Lokomotive nicht mehr nach.

Mit ein paar Minuten Verspätung nähere ich mich dem Bahnhof Sattel-Aegeri. Hier muss ich ein ganzes Stück vor dem Signal anhalten. Dazu sind hier Gruppensignalhaltetafeln aufgestellt worden. So stehe ich auch gleich an der richtigen Stelle. Die Zeit, die vergeht, bis die Leute ausgestiegen sind nutze ich um in die Steigung zu blicken. Auch in Erstfeld kann man das, aber dort ist es gegenüber von hier flach.

Die LEA zeigt es auch an, denn ab hier steigt die Strecke mit 50‰ an. Eine beachtliche Steigung, aber im Vergleich zu anderen Bahnen in der Schweiz immer noch flach.

Doch auch diese Steigung kann schon kräftig an der Zugkraft nagen, denn viele Lokomotiven sind hier schnell überfordert. Der Flirt gehört definitiv nicht dazu, denn das Fahrzeug klettert bergauf, als sei es eine Ebene. Unbeeindruckt davon, dass die Lastwagen auf der nahen Strasse kaum hoch kommen.

Es muss für den Fernfahrer aus den Niederlanden, ich nehme es anhand der Anschriften an,  frustrierend sein, wenn der LKW gerade im Schnecken-tempo den Pass hoch kommt und daneben fliegt ein Zug nahezu schwerelos den Berg hoch.

Die Steigung ist dabei auf einem kurzen Abschnitt gleich. Gut, etwas flacher ist es für den Zug im Schnitt schon. Aber 50‰ sind ein hoher Wert für normalspurige Bahnen. Sogar Rekord, wenn diese normalspurigen Bahnen mit Wechselstrom betrieben werden.

 

Ab Biberegg eine andere Strecke

Die Ansage im Zug kündigt den Halt auf verlangen in Biberegg an. Ich schaue auf meine Anzeigen im Zug. Vorne leuchten zwei Lampen mit einem H auf. Jemand will in Biberegg aussteigen. So kommt es, dass ich der unscheinbaren Haltestelle anhalte. Hier ändert sich die Strecke, denn nun ist es relativ flach. Der Aufstieg ist geschafft, ich habe es geschafft. Vor mir liegt Rothenthurm.

Der Halt in Biberegg ist nur kurz, ein Teenager ist ausgestiegen und das geht schneller, als bei einer älteren Dame. Die jungen Leute haben ja nie Zeit und es eilt immer.

Nach 15 Sekunden ist die Türe wieder geschlossen und ich kann meine Fahrt fortsetzen und nähere mich so dem nächsten Bahnhof, es ist Rothenthurm.

Durch die höhere Lage hat es hier schon eine ordentliche Schneedecke gegeben. Die Fahrt durch die winterliche Landschaft macht mir Spass.

Jetzt, wo ich mit 80 km/h fahre, erinnere ich mich an die Schulung. Die SOB hat kürzere Vorsignaldistanzen, deshalb muss man hier auch mit dem Flirt kräftig in die Bremsen treten.

Klingt schon verrückt, denn bei Gefällen bis 50‰ bauen die noch kurze Abstände. Da die Einfahrt von Rothenthurm offen ist, habe ich auch kein Problem mit dem Bremsweg. Geschlossen ist nur das Ausfahrsignal, aber das ist kein Problem.

In Rothenthurm kommt mir eine Lokomotive der SOB entgegen. Die fährt wohl nach Arth-Goldau. Scheinbar ist der Voralpenexpress wieder einmal zu schwer für die Lok. Ich werde den Zug noch zu sehen bekommen. Das Ausfahrsignal zeigt mittlerweile freie Fahrt und die Langläufer warten brav bei der geschlossenen Schranke. Die Fahrt kann weiter gehen. Gleich jetzt folgt die erste Pfeiftafel, dann kommt noch eine bei den Häusern und eine noch etwas später.

Die Fahrt führt entlang des Hochmoores. Nichts ist vom Waffenplatz zu sehen, denn die Pläne der Armee wurden vor Jahren durch das schweizer Volk zu nichte gemacht. Das Hochmoor steht unter Schutz und jetzt im Winter ist es zudem ein wunderbares Gebiet um Langlauftouren zu machen. Die karge Schönheit des Sommers ist jetzt unter dem Schnee begraben. Sieht wirklich besser aus, als ein Panzer. Zudem, wie hätte man die schweren Panzer hier hoch bringen wollen?

Keine Zeit für viele Gedanken, denn ich nähe mich Altmatt. Auch hier erfolgt wieder die Ansage mit dem hübschen Zusatz „auf verlangen“. Gedrückt hat niemand, das Signal zeigt freie Fahrt und es steht auch niemand  am winterlichen Bahnhof. Ich kann meine Fahrt ungehindert fortsetzen. Jetzt muss ich aber damit rechnen, dass die Notbremse gezogen wird, denn nicht alle kennen die Strecke so gut, dass sie wissen, wie der Bahnhof genau heisst.

Als nächstes folgt eine unscheinbare Tafel an einem der unzähligen Masten. Die ist aber wichtig, denn ab hier darf ich nur noch mit reduzierter Geschwindigkeit fahren. Das Gleis beginnt sich hier zu neigen und die Talfahrt beginnt. Ich habe den Sattel hinter mir und beginne nun mit dem Abstieg. Anfänglich erfolgt dieser Abstieg noch gemütlich. Schön ist zudem die Zufahrt zur Schranke mit der Hauptstrasse. Der Zug legt sich elegant in die Kurve und durchschneidet die Strasse im Bogen.

Wenig später kommt sie dann. Genau jene Stelle, wo die Schiebelokomotive der Gegen-richtung den Zug auf der Fahrt verlässt.

Die Stelle heisst Wettertanne und aus meiner Richtung erkennt man die Stelle kaum. Die mächtige Tanne, die früher an dieser Stelle stand musste man leider fällen, denn die Stürme hatten ihr schwer zugesetzt.

Nur der Name der Stelle auf der Strecke zeugt noch von der alten Tanne. Ich nähere mich der zweiten Tafel.

Erneut sinkt die die Gesch-windigkeit. Gleich im Anschluss folgt dann der letzte Abschnitt dieser Fahrt.

Mit dem Zug geht es nun in das Gefälle, das mit 50‰ auch einem Lokführer vom Gotthard mächtig Eindruck machen kann. Es ist steil und hier erkennt man noch gut, wie nahe das Vorsignal wirklich vor dem Hauptsignal steht. Damit es nicht zu einfach wird, sind dann noch ein paar Bahnübergänge vorhanden und die Landbevölkerung hat auch nicht mehr Zeit, als die Städter.

Mit einem kräftigen Pfiff kann ich den Fahrer des Traktors gerade noch dazu bewegen vor dem Übergang anzuhalten. So übersichtlich es hier ist. Der Fahrer müsste mich schon längst gesehen haben. Nur, vielleicht träumte er vor sich hin und hat nicht bemerkt, dass der Zug kommt. Der Schrecken ist ihm bei der Vorbeifahrt anzusehen.

Ich passiere das letzte Signal und hinten im Zug erfolgt die Ansage, dass es der letzte Halt sei. Alle Reisenden werden gebeten den Zug zu verlassen. Fehlt eigentlich nur noch, dass man sie daran erinnert, dass sie den Schirm oder was auch immer mitnehmen sollten, denn wo hier die Fundsachen hinkommen, hat uns niemand gesagt. Gut, ich gebe diese dann in Arth-Goldau ab, dort kenne ich den Ablauf.

Bei der Einfahrt in den Bahnhof muss ich zudem darauf achten, dass ich entlang des Perrondaches mit Fahrt auf Sicht fahre. Die Anlagen sind sehr eng und die Leute müssen hier über die Geleise gehen. Sicherlich keine zeitgemässe Situation mehr, man baut aber bereits. Mit dem Flirt hat man gute Bremsen, dann kann man etwas schneller kommen, aber zu schnell darf es auch nicht sein, denn plötzlich tritt jemand hinter einem Gebäude hervor und schon wird es gefährlich.

Meine Einfahrt und der Halt verlaufen ohne Zwischenfälle. Die Türen öffnen sich und der Rangierarbeiter meldet sich bei mir über das Handfunk, das seit Arth-Goldau auf dem Führertisch liegt. Ich gebe Antwort und sehe, wie hinten die Leute den Zug verlassen und ohne nach links und rechts zu sehen die Geleise überqueren. Jetzt müssten sie alles bei sich haben, denn der Zug bleibt nicht hier stehen. Zurückkehren geht dann nicht mehr.

 

Biberbrugg eine grosse Baustelle

Nachdem mir das nun anstehende Manöver erklärt wurde geht es auch gleich los. Ich muss mit dem Zug aus diesem Gleis verschwinden, damit nachher der Voralpenexpress einfahren kann. Es ist keine komplizierte Sache und so steht der Zug schon nach wenigen Augenblicken im vierten Gleis, das wegen der Bauarbeiten zu einem Abstellgeleise wurde. Der Zug bleibt vorderhand hier stehen und ich kann den Führerstand wechseln.

Nach dem Wechsel erkenne ich vor mir nur einen Prellbock. Vom Gleis ist nicht mehr viel zu erkennen und an der neuen Perronkante wird schon kräftig gebaut. Der Ausbau dieser Station ist schon lange überfällig gewesen, denn die beengten Platzverhältnisse sind einfach zu hinderlich. Gerade zur halben Stunde, wo vier Züge in diesem Bahnhof stehen. Jetzt ist einfach nur für einen Zug zu wenig Platz vorhanden.

Der Voralpenexpress aus Arth-Goldau fährt ein. Ich kann nicht erkennen, ob er eine Schiebelokomotive hat oder nicht. Erst als der Zug den Bahnhof verlassen hat, kann ich die Lok erkennen.

Sie hat schon die Schlusslichter beleuchtet und macht sich bereit für eine erneute Fahrt nach Arth-Goldau. Scheinbar benötigt auch der nächste Zug eine zusätzliche Lokomotive.

Gerade die Züge der Voralpenexpresses sind mit nur einem oder zwei zusätzlichen Wagen für die eingesetzten Lokomotiven zu schwer. Dann muss eine zusätzliche Lok gestellt werden.

Damit der Betrieb vereinfacht wird, kuppelt man diese Lok an den Schluss des Zuges. Für die Züge aus der Ostschweiz wird hier die Schiebelok abgekuppelt und schiebt den Zug dann ungekuppelt die letzte kurze Steigung hoch.

Mit dem Rangierarbeiter geht es nun wieder Rückwärts aus dem Gleis vier. Danach kann ich wieder ins Gleis drei vorziehen und stehe mit dem Zug bereit zur Fahrt nach Arth-Goldau.

Die eigentliche Abfahrzeit ist schon lange verstrichen, ich kann aber nicht losfahren, weil die Lok vor mir noch nicht in Altmatt ist. Es wird aber gleich soweit sein. Kaum habe ich meine Gedanken zu ende gedacht, wechselt das Signal vor mir auf Fahrt.

 

Biberbrugg – Arth-Goldau

Jetzt geht es wieder die gleiche Strecke zurück. Nur kurz ist der Aufstieg bis zur Tafel „Schiebelokomotive Halt“ jetzt kann ich gut erkennen, wo diese Wettertanne genau liegt. Bei mir kein Problem, denn der RABe 526 macht seine Arbeit gut und ich kann zufahren. Den Berg hoch kann ich etwas schneller fahren, denn ich muss ja nicht auf ein Signal achten, das nur kurz nach dem Vorsignal kommt.

Erneut kann ich Altmatt ohne Halt passieren und so gewinne ich wieder ein paar Minuten. Nur, Pünktlich bin ich nicht, denn der Rückstand ist zu gross und auch mit dem Flirt kann man keine Wunder vollbringen. Ich muss den Rückstand halt beibehalten. Die Fahrt erfolgt erneut entlang des Hochmoores und in der Dämmerung sehe ich die letzten Langläufer, die der Loipe folgen. Die Nacht wird dann die Ruhe ins Moor bringen.

Rothenthurm ist mein erster Halt. Genau angehalten habe ich, nur auch hier gibt es Leute, die nicht richtig stehen und dann meinen, der Zug solle gefälligst bei Ihnen halten. Klar, hier sind das die Ausnahmen, denn die Bewohner dieser Region kennen die Züge und wissen genau, wo der Zug zum stehen kommt. Ich halte den Aufenthalt nur kurz, denn ich muss gleich wieder los um doch noch ein paar Sekunden gut zu machen.

Erneut muss ich auch in Biberegg anhalten, jetzt will jemand einsteigen und hat die Taste beim Wartehäuschen gedrückt. Die Anzeige für den Bedarfshalt blinkt und ich muss anhalten. Ein Signal, das wir von früher her noch kennen, denn in Merlischachen war auch ein solches Signal montiert worden. Jetzt treffen wir es auf der SOB an. Gedanken kommen an die längst vergangenen Tage. Jene Tage, wo auf dem Netz der SOB sicher kein Lokführer, der im Kanton Uri wohnt, zu finden war.

Es beginnt die Talfahrt und wenn es schon steil hoch geht, fällt die Strecke auch steil ab. In der einsetzenden Dunkelheit sind die unbeleuchteten Signale schwer zu erkennen. Da nützen auch die Scheinwerfer wenig. Gemütlich geht es hinunter und weit vorne sehe ich im fahlen Licht einer Strassenlaterne, wie sich die Schranken schliessen. In wenigen Augenblicken werde ich diese befahren. Ein ungewohnter Anblick, denn meistens sehen wir die Schranken nur geschlossen.

Sattel-Aegeri steht wieder an. Schon einer der grösseren Bahnhöfe dieser Strecke, denn hier her findet kaum ein Güterzug den Weg, denn die sind einfach zu schwer für diese Steigungen. Die Leute haben den Zug verlassen und ich kann meine Fahrt fortsetzen. Der Zug folgt willig meinen Befehlen und jetzt wartet der Kollege mit dem NPZ in Steinerberg auf mich.

Ja, mit dem NPZ wäre die Fahrt hier runter nicht ganz so einfach, denn die Leistung des Triebwagens, genauer seiner elektrische Bremse reicht gerade um den Zug zu halten. Die Wagen müssen dann verzögern. So kann es schon kritisch werden, wenn die Geleise nass sind und es noch Laub darauf hat. Dann wird halt noch gemütlicher gefahren. Heute gibt es aber keine Probleme, der Zug hält sich auf den trockenen Schiene gut.

Schon nähert sich das Vorsignal zur Einfahrt Arth-Goldau. In wenigen Augenblicken habe ich wieder Arth-Goldau und somit den Endbahnhof dieses Zuges erreicht. Die Einfahrt erfolgt ins normale Gleis, also Gleis 2. Eine grosse Auswahl gibt es nicht. Nur noch wenige Meter trennen mich vor dem Halt in Arth-Goldau. Der Zug steht und die Türen öffnen sich. Die Leute verlassen den Zug. Eilig habe ich es nicht, denn der Zug verlässt den Bahnhof erst wieder in 40 Minuten.

Ich schalte die Parkstellung ein und wechsle erneut die Seite. Ich wähle den Weg durch den Zug, so kann ich gleich kontrollieren, ob auch wirklich alle Leute ausgestiegen sind und ob auch jeder die Jacke mitgenommen hat, die er an den Haken gehängt hat.

Ich sehe nichts, das nicht dorthin gehört, wo es sein sollte. Gut, die Zeitungen, die auf den Sitzen und dem Boden verteilt sind, gehören eigentlich nicht dahin.

Ich denke immer wieder, wenn ich die Sauordnung sehe, die die Reisenden hinterlassen, wie es bei den Leuten zu Hause aussieht. Ich räume meine Zeitungen immer gleich weg und staple sie an einer bestimmten Stelle um sie zu einem Bündel zu formen.

Im Zug lässt man aber alles liegen. Für mich liegt aber auch noch ein Abendblatt bereit. Ich nehme aber eines, das nicht ganz so zerlegt und an den Boden geschmissen wurde.

Den Zug lasse ich so stehen, denn die Leute können ja lesen und benötigen meine Hilfe nicht. Zudem habe ich nun die einzige Pause meiner Tour und da ist schon ein Kaffee nötig.

Weit entfernen kann ich mich aber nicht, denn ich habe nur knapp 30 Minuten Zeit und dann muss ich wieder losfahren. Ich wähle deshalb einen Besuch in einem Restaurant in der unmittelbaren Nähe.

Nach der Pause richte ich mich erneut ein und bin bereit für die Fahrt. Erneut fahre ich mit dem Zug nach Biberbrugg, stelle ihn dort weg und dann verlasse ich ihn. Jetzt kenne ich ja den Ablauf ein wenig und weiss, was mich erwartet. Die Fahrt geht dann auch pünktlich los. Auf die Sekunde genau drücke ich die Taste und die Türen schliessen sich.

 

Arth-Goldau – Biberbrugg – Einsiedeln

Erneut geht es den Berg hoch, die Fahrt verläuft wie beim letzten mal ohne nennenswerte Probleme. Auch diesmal muss ich in Steinerberg warten, denn der Zug aus Biberbrugg ist zu spät. Wegen den Bauarbeiten reicht einfach die Zeit für das notwendige Manöver nicht. So sind halt Verspätungen normal. Gross zu kümmern scheint das hier niemanden, denn bisher habe ich noch keine Person gesehen, die demonstrativ auf die Uhr blickte.

Wenn man die Strecke nicht so gut kennt, sind Fahrten im Dunkeln immer schwer. Die unbeleuchteten Tafeln werden erst spät erkannt und und die Orientierungspunkte auf beiden Seiten der Strecke fehlen. Man fährt einfach nach den Signalen und orientiert sich so. In bewohnten Gebieten gibt es Licht von den Strassen und Lampen. Nur, die Haltestelle Biberegg ist dunkel.

Es will niemand aussteigen und auch im Wartehäuschen bewegt sich nichts. Ich reduziere die Geschwindigkeit, denn das ist der normale Ablauf bei einem Bedarfshalt, denn vielleicht merkt so noch eine Schlafmütze, dass sie ja aussteigen sollte. Aber auch so nichts, ich kann meine Fahrt ungehindert fortsetzen und erreiche erneut Rothenthurm.

Trotz der vorherrschenden Nacht sehe ich viele Langläufer, die mit Kopflampen ihrem Sport nachkommen. Ein Scheinwerfer beleuchtet nur den Start- oder Zielort. Dieser liegt unweit vom Bahnhof entfernt. Meine Zeit reicht aber nicht, um mich genau auf diese Szenen zu konzentrieren, denn die Leuchtmelder im Zug melden mir, dass die Türen geschlossen sind.

Ich verriegle die Türen und kann meine Fahrt nach Altmatt und Biberbrugg fortsetzen. Sie werden es vermutlich erahnen, aber in Altmatt steht auch niemand und mein Fahrstil scheint den Leuten zu gefallen, denn raus will auch niemand. So erreiche ich mit einer kleinen Verspätung den Bahnhof Biberbrugg mit all seinen betrieblichen Schwierigkeiten.

Der Funk bleibt still. Niemand, der den Zug aufruft. Ein Kollegen eilt dem Zug entlang und meldet sich bei mir. Die Leute seien ausgestiegen, wenn das Zwergsignal Fahrt mit Vorsicht zeige, können ich über die letzte Weiche fahren und dann den Führerstand wechseln. Die Länge könne ich ja mit der Längenmessung bestimmen.

Vorne ist der Zwerg mittlerweile offen, ich verriegle die Türen und ziehe vor. Die Längenmessung aktiviere ich mit zweimaligen Klick mit dem Pedal. So weiss ich, wenn der Zug die Weiche passiert hat. Im Gegensatz zu den Kollegen der SOB, haben wir mit unseren Zügen mit dieser Einrichtung Erfahrung und wir arbeiten oft mit diesen Hilfen, zumindest wenn wir sie haben.

Jetzt muss es schnell gehen, denn der Voralpenexpress nähert sich aus der Ostschweiz und ich stehe im Weg. Mit der Mappe in der Hand eile ich deshalb durch den Zug. Betrete den anderen Führerstand und wundere mich über meine Präzisionen, denn der Zug steht wirklich nur knapp 3 Meter vor dem Zwerg, der natürlich bereits Fahrt mit Vorsicht zeigt.

Ich richte mich auf dem Zug ein. Das dauert halt einen Moment, denn die notwendigen Prüfungen müssen gemacht werden. Schliesslich will ich nicht ungebremst in den Prellbock fahren. Nachdem alles erfolgreich geprüft wurde, beginne ich meine Fahrt in das Gleis vier. Kurz vor dem Prellbock halte ich dann an.

Ich habe meine Arbeit getan, den Zug kann ich hier stehen lassen. Ich lege dazu die Federspeicherbremse an. Der Kollege, der den Zug übernimmt habe ich noch nicht bemerkt. Zeit um zu warten habe ich nicht, denn meine nächste Leistung fährt in wenigen Minuten in Biberbrugg ein. So verlasse ich den Zug, der nun mit verriegelten Türen im Gleis steht.

Dazu benutze ich spezielle Schalter im Zug. Diese erlauben es auch, eine Türe zu öffnen, die verriegelt ist. Schliesslich kann man einen abgestellten Flirt nur so verlassen. Danach werden die Türen dann noch elektronisch abgeschlossen, dann geht auch diese Einrichtung nicht mehr und der Zug ist gesichert. Das unterlasse ich aber, denn in wenigen Augenblicken wird mein Kollege kommen. Aufpassen muss ich dabei auf den einfahrenden Voralpenexpress.

Wenige Augenblick ist gut, denn ich schaffe es gerade auf den Bahnsteig, als ich angesprochen werde. Es ist der Kollege der SOB, der den Zug übernimmt. Er sei etwas spät dran, da er noch das Manöver leiten musste. Erst jetzt erkenne ich ihn richtig, es ist der Kollege von vorher. Der Voralpenexpress, der meinen Durchgang behinderte, hat mittlerweile seine Fahrt nach Arth-Goldau und Luzern fortgesetzt.

Viele Worte verlieren wir nicht bei der Übergabe, denn jeder hat seine nächste Aufgabe und meine nähert sich bereits von Rapperswil her. Erneut kommt ein Flirt angefahren und hält in Biberbrugg. Die Gäste verlassen den Zug. Wie es üblich ist, warte ich bis die Leute ausgestiegen sind. Dann steigen die Leute ein und zuletzt ich. Ich muss mir keine Sorgen machen, denn der Zug fährt nicht ohne mich los.

Ganz einfach, ich bin ja der Lokführer. Die Türe zum Führerstand ist auch schon geöffnet. So muss ich nicht lange mit dem Schlüssel hantieren. Die Begrüssung ist kurz, die Worte karg und letztlich meint der ankommende Lokführer, dass er im Zug bleibe und auch nach Einsiedeln komme. Ein kleiner Scherz meinerseits, „ob er denn nicht selber fahren wolle?“ Das musste einfach sein.

Ich übernehme den Zug, kontrolliere das Signal, das mittlerweile Fahrt zeigt und schaue durch die Spiegel nach hinten. Was ich sehen kann ist in Ordnung. Die Türen können verriegelt werden. Noch einmal kontrolliere ich das Signal vor mir. Zudem achte ich auf den Übergang, denn hier laufen die Reisenden durch. Keine schöne Sache, wenn der sich mit dem Flirt anlegt.

Die Fahrt geht los und der Zug verlässt den Bahnhof durch eine enge Kurve. Nach den Weichen kann leicht beschleunigt werden, aber mehr als 60 km/h ist auf dieser Strecke nicht möglich. Die Strecke hat hier einfach zu enge Kurven. Der Zug kann aber auch langsam fahren. Die Fahrt ist nicht schwer und so werden im Führerstand ein paar Worte gewechselt. So erfährt man, dass beide Lokführer aus Arth-Goldau sind und für unterschiedliche Arbeitgeber arbeiten. Zudem erfahre ich ein paar Hinweise für den Ablauf später.

Die Ausweichstation Neuberg nähert sich. Ich muss das Tempo noch mehr reduzieren, denn hier darf ich nur mit 50 km/h fahren. Der Grund liegt bei den engen Kurven im Bahnhof. Als dieser erstellt wurde, musste man ja die Kurven enger legen, denn wie sonst hätte man im engen Talkessel noch ein zweites Gleis montieren können? Neuberg soll entstanden sein, als der Papst das Kloster in Einsiedeln besuchte.

An Kloster kann ich nicht denken, denn es folgen sich nun zwei Kurven. Letztlich kann ich kurz auf 80 km/h beschleunigen. Die Fahrt dauert aber nur ganz kurz, denn das Einfahrsignal von Einsiedeln ist noch geschlossen. Ich bremse mit dem Zug ab. Im Lautsprecher höre ich, wie die Stimme ab dem Computer den nächsten Halt in Einsiedeln ankündigt. Nur, ich stehe vor Einsiedeln.

Neben mir meint der Kollege, dass wohl der Zug für den nächsten Morgen rangiert werde. Stimmt ja, am frühen Morgen fährt hier der Gipfeliexpress los. Mit dem Zug kommt man direkt von Einsiedeln nach Zürich. Nur, Gipfeli soll es mittlerweile keine mehr geben. Die Lokomotive kann ich sogar in der Ferne erkennen. Erst als sie verschwunden ist, wechseln die Lampen meines Signals die Farbe.

Einsiedeln ist ein Kopfbahnhof und es gelten die gleichen Bedingungen wie in Luzern. Das heisst, die Fahrt erfolgt mit 30 km/h. Nur der Punkt, wo das der Fall ist, ist etwas später, als bei den SBB. Die Fahrt erfolgt aber auch hier mit dem speziellen Modus des Zuges. Der Zug wechselt nach einer Bedienung in den „Prellbockmodus“. So ist nur noch die Luftbremse aktiv. Diese Forderung ist für Fahrten gegen den Prellbock vorgeschrieben, denn dort soll man nicht mehr mit einer elektrischen Bremse experimentieren.

Der Halt vor dem Prellbock hat geklappt. Mit dem RABe 526 auch kein Problem. Die Leute steigen aus und ich kann am Bediengerät für das KIS erkennen, dass ich die neue Zugnummer eingeben muss. Das mache ich jetzt, denn im Gegensatz zu den Zügen der SBB, erfolgt hier die automatische Weiterschaltung nicht. So wird halt die neue Nummer von Hand eingegeben.

Ich kann den Zug verlassen und auf die andere Seite wechseln. An den Anschriften erkenne ich, dass der Zug nach Wädenswil fährt. Das erfolgt in wenigen Minuten. Zwei Gleise neben mir verlässt gerade der Lokführer die Lok vom abgestellten Zug. Man richtet sich langsam für die Nacht ein und die Züge für den Morgen werden vorbereitet.

 

Einsiedeln – Wädenswil

Pünktlich geht das Signal vor mir auf Fahrt. Die Fahrt kann ohne nennenswerte Verspätung losgehen. Ich beschleunige den Zug und am Ende des Bahnhofes beginnen die Talfahrt.

Ich prüfe noch schnell, ob meine pneumatischen Bremsen wirklich wirken, denn vor mir geht es nur noch bergab. Keine Gegensteigung die im Notfall helfen könnte.

Die Bremsen funktionieren und ich kann meine Fahrt fortsetzen. Mit Gefällen bis 12‰ befinde ich mich noch im Flachland. Die groben Gefälle folgen erst noch.

Diesmal muss ich auf die beiden Kurven bremsen, denn die Gesch-windigkeit wird verlangsamt. Ich kann mich definitiv von den 80 km/h verabschieden.

Neuberg läst auch in dieser Richtung keine höheren Geschwindigkeiten zu, 50km/h müssen reichen.

Die Einfahrt in Biberbrugg ist für einen Lokführer der SBB ungewohnt. Das Vorsignal vom Systems L zeigt Ankündigung mit 40 km/h und trägt eine Zusatztafel, die informiert, dass die Geschwindigkeitsschwelle bei der ersten Weiche liegt. Man kann ohne sich zu Sorgen mit 60 km/h zufahren. Später folgt dann das Vorsignal zur Einfahrkurve und die lässt 55 km/h zu. Das Anfangssignal der Kurve steht dann bereits nach dem Einfahrsignal.

So muss man beim Signal, das den Fahrbegriff 2 zeigt, noch nicht mit 40 km/h fahren, sondern man kann mit 60 km/h kommen und nur kurz auf 55 km/h bremsen erst in knapp 100 Meter ist dann mit 40 km/h zu fahren. So enge Verhältnisse sind bei den ausgedehnten Anlagen der SBB eher selten zu finden. Letztlich ist dann noch der Bereich dem Perron entlang, der nur Fahrt auf Sicht zulässt.

Das Ausfahrsignal steht in der Kurve so, dass ich es nicht erkennen kann. Der dazu gehörende Fahrstellungsmelder ist aber noch dunkel. Zudem kenne ich den Fahrplan mittlerweile schon so gut, dass ich weiss, dass sich hier die Züge begegnen. Als der Zug nach Einsiedeln eingetroffen ist geht mein Signal auf Fahrt. Diese Tatsache erkenne ich am Fahrtstellungsmelder.

Die Türen sind zu, die Abfahrzeit ist erreicht und das Signal zeigt fahrt. Ich kann die Türen verriegeln und losfahren. Die Geschwindigkeit wähle ich so, dass ich notfalls mit dem Zug vor den Hauptsignal hätte anhalten können. Eine Vorschrift, die die Sicherheit erhöhen soll. Die Fahrt erfolgt jetzt auf einem flachen Abschnitt. Es ist die einzige flache Strecke, die ich mit dieser Fahrt befahre.

Die unbeleuchtete Schutzstrecke muss ausgeschaltet befahren werden, denn die Signale sind immer unbeleuchtet. Bei den SBB würde das bedeuten, dass diese Fahrleitung durchgehend eingeschaltet ist und die Lok nicht ausgeschaltet werden muss. Hier bin ich aber auf der SOB und da gelten leicht andere Regeln. Ich muss den Zug ausschalten. Dazu benutze ich die entsprechende Taste.

Gleichzeitig erkenne ich das Vorsignal der Station Kaltenboden. Eine Station, die Sie kaum mit einem Zug kennen lernen werden, denn Kaltenboden ist ein Dienstbahnhof. Eine Pfeiftafel kommt und die Geschwindigkeit muss verringert werden. Vor mir beginnt die Strecke zu fallen, das jedoch noch gemächlich, denn die 45‰ sind noch nicht das Maximum.

Der Zug fährt hier durch industrielle Bauten. In einigen Gebäuden brennt noch Licht, es wird dort wohl immer noch gearbeitet. Die erleuchteten Fenster erlauben mir einen guten Einblick. Die Talfahrt hat für mich begonnen. Wenn es wieder flach wird, bin ich am Ziel meiner Fahrt. Zuerst steht aber Schindellegi auf dem Programm.

Nach Schindellegi beginnt der einzige doppelspurige Abschnitt meiner heute befahrenen Strecken. Das Gefälle legt noch etwas zu und jetzt geht es hier mit dem höchsten Wert talwärts.

Ich erkenne im Licht der Scheinwerfer die Tafeln der Bremsprüfstrecke. Hier beginnen die Züge mit der Bremsung. Nach 180 Metern kommt ein kleiner Übergang. Eigentlich würde mir das nicht viel bedeuten.

Nur, ein Kollege erklärte mir vor einigen Wochen, dass nur der RABe 526 vor dem Übergang zum stehen kommt.

Die grosse Kurve vor Samstagern macht in der Nacht nicht so viel Eindruck, wie am Tag, aber eine Nachtfahrt ist auch reizvoll. Die Signale des Bahnhofes sind offen und ich kann einfahren. Hier in Samstagern befindet sich die Werkstatt der SOB.

Bei der Einfahrt erkenne ich den BDe 4/4 Pendel, der im Areal des Depots abgestellt ist. Die kurze und sehr oberflächliche Schulung auf dem Fahrzeug, war keine sehr gute Vorbereitung.

So ist es immer wieder schön, wenn der Zug im Depot steht. Es besteht dann keine Gefahr, dass man sich mit Übungen auseinandersetzen muss, die vor einigen Wochen theoretisch erklärt wurden. Die ungewohnte Nachlaufsteuerung und die elektrische Bremse, die nicht mit jener des RABe 526 verglichen werden kann, sind nur einige Punkte.

Ich halte in Samstagern an. Das Signal vor mit steht auch ganz komisch in der Landschaft. Obwohl es bereits im Bereich von zwei Gleisen steht, gilt es nur für das rechte Gleis. Das ist nicht sonderlich problematisch, das Signal steht aber links des linken Gleises. Da es sich dabei nur um ein Abstellgeleise handelt, kann man sich schnell daran gewöhnen.

Das Gefälle bleibt nun konstant auf 50‰ Die Geschwindigkeit liegt bei 60 km/h und die Fahrt ist friedlich. Wie muss das wohl für den Lokführer gewesen sein, der mit der Ce 6/8 II 14’269 und dem Zug aus Einsiedeln gemeint hat, dass er die elektrische Bremse eingeschaltet hat und den Zug beschleunigte. Eine Fahrt ins verderben, denn in Wädenswil wurde am 22. Februar 1948 ein Gebäude abgeräumt.

Normalerweise habe ich keine solchen Gedanken, denn dazu fehlt die Zeit und wer nur so denkt, läuft Gefahr einen Fehler zu begehen. Meine Beweggründe sind aber anders, denn ich weiss, dass in den nächsten Monaten meine Schulung auf der Ce 6/8 II des Depots Erstfeld erfolgen wird. Dann könnte ich genau in diese Situation kommen. Grund genug, sich ein paar Gedanken durch den Kopf gehen zu lassen.

Die nette Dame, die mir viel Arbeit abnimmt, erklärt den Reisenden, dass wir uns Grüenfeld nähern und dass dort der Halt verlangt werden müsse. Vor mit leuchten zwei orange Melder mit einem H auf. Ich muss also anhalten. Im Bereich der Haltestelle ist es zum Glück nicht mehr ganz so steil. Das ist vermutlich wegen der Haltestelle, denn nur hier ist es etwas flacher.

Mit dem RABe 526 ist es kein Problem an der richtigen Stelle anzuhalten. Ein Blick durch den Rückspiegel lässt mich erkennen. Die Türen bleiben zu. Scheinbar hat sich im Zug jemand einen Scherz erlaubt. Einen Moment warte ich noch, denn ich muss mindestens 15 Sekunden stehen. Eine Uhr im Führerstand zeigt mir das an. 14, 15, ich kann die Türen wieder verriegeln und losfahren.

Burghalden ist dann ein Bahnhof, bei dem jeder Zug anhält. Die Leute auf dem Bahnsteig haben meine Ankunft bemerkt und stehen bereit. Wenn ich dann mit dem Zug stehe, werden sie einsteigen und die letzte Etappe bis zur Talstation mitmachen.

Es dauert nicht lange, und die letzte Person hat den Zug betreten. Halt jemand bedient hektisch den Automat. Greift in ein Fach und spiedet los. Die Türe öffnet sich.

Der hat Glück gehabt, denn hätte ich ihn nicht bemerkt, ich hätte die Türen verriegelt und wäre losgefahren. Die Türe schliesse ich nun zwangs-weise.

Die Fahrt kann losgehen. Erneut fällt die Strecke wieder und die Pfeiftafel von früher ist weg. Sie werden es kaum glauben, aber Schuld sind die Flirt, denn die Hupe war so laut, dass die Leute vom anderen Seeufer reklamiert haben.

Ein Vorsignal zu einer Langsamfahrstelle taucht auf. Ich muss meinen Zug auf 40 km/h verzögern. Die Schienen werden hier ausgewechselt und so darf ich halt nur mit 40 km/h fahren. In der LEA erkenne ich, dass es ein langer Abschnitt sein wird. Die Fahrzeit werde ich so kaum halten können. Es fällt mir jetzt wieder ein, der Schotter wird mit einer Ae 6/6 aus dem Kanton Uri hierher transportiert.

Der Bahnhof von Wädenswil kündigt sich mit dem Vorsignal an. Es kündigt den Fahrbegriff 3 an. 60 km/h wären erlaubt. Ich fahre aber nur mit 40 km/h beschleunigen darf ich nicht. Erst jetzt ist die Langsamfahrstelle fertig. Am Hauptsignal ist das Vorsignal der Ausfahrt, die logischerweise geschlossen ist. Ich bleibe bei 40 km/h.

Jetzt kommt der gefährlichste Bahnübergang der ganzen Fahrt, denn kurz vor dem Bahnhof überquere ich die dicht befahrene Hauptstrasse. Die Schranken lassen es jedoch zu, dass man sie umfahren kann. Viele Radfahrer glauben wohl, dass eine geschlossene Schranke für sie nicht gelte und so kommen wir dann gegen den Übergang, entdecken mit entsetzen den Radfahrer und steigen in die Bremse. Natürlich geht das nicht ohne Hupe ab.

Er hat es noch geschafft, ich stehe dank der Schnellbremse mitten auf der Strasse und hinten hatte sicher niemand Freude an der abrupten Bremsung. Der Radfahrer fährt weiter, als sei nichts passiert. Ich frage mich, erneut, warum die Leute ihr Leben so leichtsinnig riskieren. Wäre er später gewesen, ich hätte ihn ab dem Fahrrad geworfen.

Die letzten paar Meter fahre ich noch. Von einem Ruhepuls bin ich noch weit entfernt, so einen Schrecken vergisst man nicht so schnell. Letztlich bin ich sogar noch froh, als ich den Zug angehalten habe. Die Türen öffnen sich, ich gebe die neue Fahrt dem KIS bekannt. An der Scheibe klopft es. So jetzt kommen noch die Reklamationen!

Ich öffne die Scheibe, es ist der junge Mann aus Burghalden. Er bedankt sich, dass ich auf ihn gewartet hätte. Er habe einen Termin und könne diesen nun noch erreichen. Letztlich meint er noch, ob ich nicht einfach hätte den Radfahrer abschiessen können, es gäbe dann einen Trottel weniger auf dieser Welt. Schön, wenn jemand erkannt hat, warum ich mit der Schnellbremsung angehalten habe.

 

Der Pilgerexpress

Ich verlasse den Führerstand und den Zug. Draussen kann ich mich etwas beruhigen. Ich muss mich beruhigen, denn solche Situationen gehören zum Beruf. Vor Weihnachten spinnen die Leute so oder so. Es ist keine gute Zeit für Lokführer. Jetzt erkennen viele erst, das die Geschenke ausfallen, weil kein Job mehr da ist. Schnell findet sich so eine Person auf den Geleisen wieder.

Eine Person spricht mich an. Sie fragt, ob sie denn schon einsteigen darf. Verwundert blicke ich den Zug an. Es steht richtig Einsiedeln dran. Klar dürfen Sie einsteigen, wir lassen die Leute doch nicht länger schlottern als nötig. Sie bedankt sich und ich mache mich auf den Weg zu meinen Führerstand. Dort richte ich mich dann für die nächste Fahrt ein.

Neue Vorschriften verlangen, dass wir die Rückspiegel geschlossen haben, wenn vorne das Signal halt zeigt. Nur, die Spiegel öffnen sich automatisch. Ich belasse sie so, denn schliesslich habe ich sie nicht geöffnet und ich weiss ja, das Signal zeigt Halt. Die Prüfungen lassen mich auch nicht lange in der Welt herumblicken, denn die Bremse, die nicht gleich anzieht beansprucht meine volle Konzentration. Aha, jetzt ist auch sie fest.

Der Zug aus Zürich ist eingetroffen. Er hatte die Leute an Bord, die ich nach Einsiedeln mitnehmen soll. Genau, es hat wirklich Leute, die sicher nach Einsiedeln reisen, denn die Kleider dieser Personen lassen keinen Zweifel am Ziel zu. Eigentlich sollte ich losfahren, aber das Signal vor mir zeigt noch Halt. Ich erkenne auch, wie viele Leute einen Spurt hinlegen.

Ah, das Signal geht auf Fahrt. Im Spiegel erkenne ich, dass immer noch Leute aus der Unterführung kommen. Natürlich verschliesse ich die Türen nicht vor der Nase, sondern warte, bis auch der letzte im Zug ist. Es ist ja nicht die Schuld der Leute, dass der Zug zu spät war. Warum soll ich sie dann bestrafen. Die Türen sind fei, es kommt niemand, ich kann verriegeln und losfahren.

Bei der Ausfahrt erkenne ich, dass sich ein Fahrzeug mit blauen Blinklichtern nähert. Wie verhalten die sich am Übergang? Sie fahren ja schon auf der linken Spur. Ich erkenne aber, dass die Polizei vor dem Übergang anhält. Besser so, denn sonst erreichen sie den Einsatzort nie. Auf dem Bahnübergang hat nun mal der Zug absoluten Vortritt.

Auch die Radfahrer stehen brav an der Schranke, denn so ein Polizeiauto macht Eindruck, da hält man sich an die Vorschriften. Ich kann den Übergang mit 60 km/h befahren ohne dass es zu einer gefährlichen Situation kommt. Erst nach der Strasse verzögere ich für die Baustelle. So habe ich die Schranken so schnell wie möglich freigelegt, denn ich will die Polizei nicht unnötig behindern.

Auf der Bergfahrt macht die Steigung nicht so viel Eindruck, wie wenn man auf der Talfahrt ist. Die Leistung des Zuges reicht problemlos um zu beschleunigen und so nähere ich mich erneut Burghalden. Der Halt ist kein Problem und ich kann losfahren. Kaum habe ich die Station verlassen, leuchten die beiden H wieder auf. Ich muss in Grüenfeld anhalten.

Bei der Annäherung auf Grüenfeld erkenne ich zudem, dass das Signal für den Bedarfshalt leuchtet und jemand einsteigen will. Der Halt dauert nicht lange und ich kann meine Fahrt fortsetzen. Die Fahrt führt nach Samstagern, wo dann der nächste Halt erfolgt. Die Stationen Schindellegi und Biberbrugg waren kein Problem und so kann ich die Fahrt nach Einsiedeln mit 2 Minuten Verspätung beenden.

Erneut bereite ich die neue Fahrt vor, denn nun geht es nach Rapperswil. Als ich den Zug verlasse, spricht mich eine ältere Dame an. Sie habe den Zug nach Wädenswil verpasst. Ob sie dann auch über Pfäffikon reisen könne. Sie müsse nach Zürich und wolle nicht in der Kälte warten. Möglich ist es, aber Sie müsse wissen, dass der Fahrschein nicht gültig sei. Entsetzt schaut sie mich an, und meint, ob denn das GA nicht gelte?

Natürlich gilt das GA, ich habe sie eigentlich nur darauf hinweisen wollen, dass ein normaler Fahrschein nicht gültig gewesen wäre. Mit dem GA spiele das aber keine Rolle. Auch jetzt erfolgt wieder die Frage. Klar, man darf einsteigen, der Zug stehe ja bereit und es ist auch nicht angeschrieben, dass man nicht einsteigen darf. Wir verabschieden uns und ich kann zur anderen Seite wechseln.

 

Einsiedeln – Rapperswil

Erneut geht das Signal vor mir auf Fahrt. Ich kann meine Reise in den Kanton St. Gallen beginnen. Wie zuvor prüfe ich die Bremsen, denn auf der nun folgenden Fahrt, wird die Strecke nicht viel flacher. Bis Biberbrugg ist es auch diesmal kein zu grosses Problem, denn die Signale zeigen fahrt und die Positionen der Tafeln kenne ich mittlerweile doch auch schon recht gut.

In Biberbrugg steigen viele Leute ein, Nur wenige verlassen den Zug. Sie können in nur wenigen Augenblicken nach Arth-Goldau und Luzern reisen. Ich muss so oder so noch etwas warten, denn der Gegenzug ist noch nicht eingetroffen und somit zeigt das Signal vor mir Halt. Es ist kurz vor halb Neun und mitten in der Woche sind nicht mehr so viele Leute unterwegs, wie an den Wochenenden.

Ich kann meine Fahrt wieder fortsetzen, erneut passiere ich die Schutzstrecke und hätte diese bald verpasst. Ist schon schwer den genauen Zeitpunkt zu finden, wenn man die Signale kaum sieht. Kaltenboden ist auch gut und die Talfahrt beginnt wieder. Die elektrische Bremse des Zuges hält die Geschwindigkeit und so ist die Talfahrt kein zu grosses Problem. Kommt hinzu, dass die Schienen trocken sind.

In Schindellegi, genauer Schindellegi-Feusisberg halte ich mit dem Zug erneut. Die Türen öffnen sich und ein paar Leute steigen in die kühle dunkle Nacht aus. Sie scheinen ihr Ziel erreicht zu haben. Mein Ziel liegt auf der anderen Seite des Zürichsees und das dauert noch ein paar Minuten. Die Türen schliessen sich und ich kann losfahren.

Die elektrische Bremse beginnt nun damit, die Geschwindigkeit zu halten und ich kann mich voll auf die Strecke konzentrieren. Sie liegt im dunkeln und weit entfernt kann ich drei weisse Lichter erkennen. Es ist der Gegenzug, der sich daran macht von Samstagern nach Einsiedeln zu fahren. Bald erreicht er Schindellegi und hat somit die Steigung bald geschafft.

Ich bremse den Zug ab, denn Samstagern steht an und in dem starken Gefälle ist es ratsam zeitig die Bremsung zu verstärken. Auch wenn man mit dem RABe 526 viel Unsinn anstellen kann.

Etwas Komfort sollte man den Leuten im Zug schon bieten. Dazu gehört auch sanftes abbremsen. Ich habe noch gelernt, dass ein Zug so anhalten muss, dass die Leute, die aussteigen wollen den Halt bemerken, jene, die aber sitzen wollen, auch sitzen bleiben.

Mit dem Flirt ist das nicht ganz so einfach, denn kurz vor dem Stillstand wird die Haltebremsung, also die Bremsung, die den Zug im Stillstand sichert, angelegt. Diese starke Bremsung zum Schluss macht dann den Halt etwas ruppiger, als man das gelernt hatte.

Moderne Fahrzeuge lassen halt nicht mehr so viel Fahrkomfort zu. Anderseits ist es gut, dass diese Bremsung kommt, denn so ist der Zug sicher im Stillstand.

Die Zeit ist erreicht, die Türen sind geschlossen und ich kann losfahren. Ich könnte mir die Faust ins Gesicht schlagen, denn ich war etwas zu schnell. Mein Startversuch wird vom Zug mit der Fahrsperre quittiert. Ist ja gut, ich weiss, dass ich warten muss, bis die Türen geschlossen sind und auch das letzte Trittbrett den weg unter den Zug gefunden hat. Ein erneuter und erfolgreicher Startversuch.

Es rollt wieder und jetzt liegt die Strecke nach Wädenswil links von mir. Sie fällt etwas steiler ab, als das bei meinem Weg der Fall ist. Steil ist es aber immer noch. Weiter unten kommt dann eine Stelle, wo man sich wie auf einem Schanzentisch vorkommt. Die Strecke scheint flach zu sein. Die Neigungszeiger bestätigen aber, dass die Steigung immer noch steiler ist, als am Gotthard.

Bevor ich aber so weit bin, muss ich noch anhalten, denn die Haltanforderung wurde bedient und ich bremse auf Riedmatt ab. Eine unscheinbare Haltestelle, die ich kaum sehen würde, wäre da nicht das blinkende Signal des Bedarfhaltes. Ich muss so oder so halten. Jemand will aussteigen und eine andere Person will einsteigen.

Nur kurz dauert der Halt. Ich kann die Fahrt nach Wollerau fortsetzen. Jetzt wird es richtig steil und ich muss etwas langsamer fahren, als vorher. Die Steilheit der Strecke erkennt man gut, denn die Häuser entlang der Strecke sind normal gebaut, denn wer will schon in einem Haus mit schiefen Böden leben.

So ergeben sich abgestufte Stützmauern. Sieht eindrücklich aus, die nackte Zahl ist da etwas gnädiger, denn auf einen Kilometer Strecke wird ein Höhendifferenz von gerade einmal 50 Meter absolviert. Die Pilatusbahn schafft bei gleicher Distanz 480 Meter.

Ich habe aber kein Zahnrad zur Verfügung. Aber dank den trockenen Schienen kann ich in Wollerau problemlos anhalten. Ich hatte auch schon das vergnügen bei nassen Schienen hier runter zu fahren. Man ist dann schon froh, wenn man zusätzlich die Magnetschienenbremse anlegen kann. Besonders dann, wenn man auf ein rotes Signal hin bremst und der Zug rutschen möchte. Ein Lokführer der SOB meinte dazu nur, dass es ein heiteres Herumgerutsche sei.

Auch jetzt kann ich wieder losfahren und in wenigen Augenblicken kommt die Haltestelle Wilen bei Wollerau. Hier ist die Schanze, die ich vorher erwähnt habe. Die Haltestelle wird auch nur bei Bedarf bedient. Diesmal scheint niemand den Zug verlassen zu wollen und im kleinen Warteraum steht auch niemand. Ich löse die Bremsen wieder. So beschleunigt der Zug durch die Schwerkraft.

Noch ein letztes mal fällt die Strecke steil ab. Nur noch wenige Meter trennen mich vor dem Ende der steilen Abschnitte. Die Signale von Freienbach SOB erkenne ich schon. Nein, nicht die Gemeinde hat den Zusatz SOB, sondern die Station. Dies ist nötig, damit man sie nicht mit der gleichnamigen Station der SBB verwechselt. Der Halt in Freienbach ist obligatorisch.

Jetzt wird es flach, denn ich habe den Talboden erreicht und kann nun zufahren. Das bedeutet hier, dass ich nur 60 km/h fahren darf. Es ist nicht die Strecke, sondern das Signal, das mit diese Geschwindigkeit vorschreibt. Ich überquere nun sämtliche Geleise der SBB. Das heisst, ich komme von rechts und halte am linken Rand des Bahnhofes.

Die Züge der S-Bahn Zürich lassen es erahnen, ich bin wieder in der grossen Welt der SBB angelangt. Das bemerkt man bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof. Das Signal zeigt Fahrbegriff 2 und die 40 km/h müssen recht lange gehalten werden, denn die letzte Weiche kommt sehr weit weg. Die kann man aber nicht in Ablenkung befahren. Bei den SBB lässt man die Züge einfach gemütlich fahren. Spielt auch keine grosse Rolle, denn wer will schon auf einen See hinaus rasen.

Noch ist es aber nicht soweit, denn ich muss in Hurden anhalten. Hurden ist eine Haltestelle, die man als Reisender problemlos übersehen kann, denn in einer Senke eingebettet, finden man kein Dorf und keine beleuchteten Häuser. Hier hält der Zug, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht wünschen. Die geringe Zahl der Menschen, die meinen Zug verlässt, lässt auch erahnen, dass hier nicht viel los ist.

Nach dem verriegeln der Türen beschleunige ich den Zug auf 80 km/h. Eigentlich dürfte ich schneller fahren, denn es ist eine SBB-Strecke und somit wird hier nach Zugreihe R gefahren. Bei meiner LEA habe ich die notwendigen Umstellungen gemacht und kann so erkennen, dass eigentlich 100 km/h erlaubt wären. Jedoch beeindruckt die nun folgende Einfahrt auch so.

Zuerst kommt eine Schutzstrecke, die muss ausgeschaltet befahren werden. Kurze Zeit später erfolgt dann die Quittung der Zugsicherung, die anspricht, weil die Einfahrt mit Fahrbegriff 2 angekündigt wird. Die Zusatztafel beim Signal kündigt an, dass die Geschwindigkeitsschwelle bei der ersten Weiche liegt. Mit dem Zug ist man immer noch mit 80 oder 100 unterwegs und eigentlich will keiner so richtig ans bremsen denken.

Das Einfahrsignal kündigt dann eine kurze Fahrt an. Mit dem Zug donnert man mit 80 daran vorbei und die Anzeige des ZUB 121 zeigt eine 0. Es wird Zeit, die Bremsung einzuleiten, denn es empfiehlt sich die 40 km/h bei der ersten Weiche auch einzuhalten. Die enge Einfahrt in den Bahnhof von Rapperswil beendet die Fahrt mit dem Zug. Unbemerkt habe ich den Kanton gewechselt. Es ist der einzige Ort, wo wir aus Erstfeld/Arth-Goldau in den Kanton St. Gallen kommen.

Die Anzeige des Zuges wechselt nun auf „bitte nicht einsteigen“. Die Anschrift bedeutet wirklich das, was es heisst, auch wenn schon mal eine ganze Schulklasse das nicht so ganz verstanden hat. Bitte nicht einsteigen ist keine Ortschaft und sicherlich auch keine Werbung der Bahnen. Man will, dass Sie nicht einsteigen, denn der Zug kommt nun an Orte, die Sie nicht zu sehen brauchen. Wer will sich schon ein Bein brechen, weil er nicht lesen konnte?

 

Es wird rangiert

Normalerweise erfolgt hier die Anzeige der Rückfahrt, aber nun muss ich mit meinem Triebzug einen weiteren abholen. Vor mir öffnet sich das Zwergsignal und im schwachen Licht kann ich erkennen, dass es gerade aus, auf den Zug zu geht, der seine Position mit einem weissen Licht kennzeichnet. Es wird der zweite Zug sein. Noch kann ich aber nicht los fahren, weil eine ältere Dame noch den Zug verlässt.

Zeit sich ein paar Gedanken über das bevorstehende Manöver zu machen. Vorziehen und dann kuppeln. Wechseln und zurück. Klingt einfach und eigentlich gäbe es da kein Problem. Nur, wie war das wieder mit der automatische Kupplung? Wie muss der Überfuhrbetrieb beim hinteren Zug eingestellt werden? Es kommen plötzlich Zweifel auf.

Meine Informationen vom Kollegen der SOB besagen, dass zumindest das Problem mit dem Überfuhrbetrieb geklärt sein sollte. Scheinbar hat der, der den Zug dort parkiert den Auftrag, die Überfuhr einzuschalten. Soweit die Vorgaben, ob das drei Tage nach dem Fahrplanwechsel auch bei jedem Mitarbeiter angekommen ist, bezweifle ich. Auch wir haben Touren, die so kompliziert aussehen, dass es einem Angst und Bang werden lässt.

Bleibt noch die Kupplung. Wie ich anfahren muss, weiss ich noch, ich nehme die Geschwindigkeitsvorgabe zurück auf 0 km/h und gebe volle Zugkraft. Der Rest sollte automatisch gehen. Zumindest ist das der Zweck der automatischen Kupplung. Noch etwas geistert mir im Kopf rum, denn die Taste zur Trennung des Zuges zeigt den Kuppelvorgang an.

Letztmals zwei Flirt gekuppelt habe ich anlässlich meiner Schulung. Seither hatten wir immer nur mit einem Zug das Vergnügen. Nach all den Jahren, die ich so verbracht habe, verschwinden Details, wie das verhalten dieser Taste. Die Stunde der Wahrheit wird gleich kommen, denn mein Zug nähert sich langsam dem anderen Zug.

Ein leichter Ruck geht durch den Zug, als sich die beiden Kupplungen berühren. Ich blicke auf die Trenntaste. Sie beginnt zu blinken. Scheinbar haben sich die beiden Züge getroffen. Plötzlich hört das blinken auf. Hm, hat es oder hat es nicht? Grundsätzlich ist die Taste dunkel, das weiss ich noch, aber zeigt sie den Abschluss wirklich nicht an? Egal, ich parkiere meinen Zug und wechsle den Führerstand, dann bin ich schlauer.

Der Weg durch den Zug lässt mich an der Menschheit zweifeln. Abendzeitungen, Getränkebecher, halbvolle Flaschen mit Limonade. Verpackungspapier einer Fastfoodkette und ein halber Apfel liegen kreuz und quer im Zug verteilt. Schweine hätten vermutlich nicht so viel Dreck anrichten können. Der moderne Mensch lässt seinen Unrat einfach liegen. Sein Nachbar verteilt den Dreck dann noch in jeder Ecke. Ach, wie gerne wäre ich jetzt ein Schwein, denn dann müsste ich mich nicht für meine Mitmenschen schämen.

Ich habe im Zug eine saubere Stelle gefunden. Es ist der andere Führerstand. Ich schalte die Steuerung ein, bringe die Schalter in die notwendige Position und löse die Parkstellung auf.

Aha, auf dem Display erscheint eine Meldung. Dort steht Überfuhr eingerichtet. Ein Blick nach hinten verrät mir, dass das nicht für meinen Zug gilt. Die Zugübersicht sorgt letztlich für Klarheit.

Ich habe zwei Züge, die zu einem Zug formiert wurden und der hintere ist im Modus der Überfuhr. Er ist also abgeschlossen, das Licht ist gelöscht und die Anzeige zeigt bitte nicht einsteigen.

Halt, das macht doch meine auch noch. Zuerst kommen aber die Bremsen, denn zu viel Zeit habe ich nicht. Die obligatorische Kontrolle verlief ohne Störung und ich kann vorziehen. Die Erlaubnis dazu erhalte ich am Zwergsignal.

Ich fahre bis zur üblichen Stelle. Dort halte ich an und gebe die Türen frei. Meine LEA wird in Position gebracht, die neue Zugnummer eingegeben und beim ZUB 121 muss ich noch die Länge anpassen. Jetzt kommen noch die Anschriften am Zug.

Dort gebe ich die neue Nummer ein und durch die geöffnete Tür zum Führerstand erkenne ich, dass die Anschriften erfolgen. Der Monitor zeigt den Laufweg an und die Anzeige steht auf Arth-Goldau.

 

Rapperswil – Samstagern – (Arth-Goldau)

Ein paar Sekunden bleiben um die Fahrt in der LEA etwas genauer zu betrachten. Aha, eine erste Änderung kann ich erkennen. Dieser Zug hält nicht in Hurden, er fährt dort durch, als gäbe es die Haltestelle gar nicht. Danach dann wieder das normale Programm mit Halten an allen Bahnhöfen und Haltestellen. Ein Blick auf die Uhr und ich erkenne, es ist Zeit, die Fahrt zu beginnen.

Vorne steht aber ein rotes Signal. Das heisst, ich kann getrost noch die LEA abdunkeln und das Licht im Führerstand löschen. Es dauert auch so noch 2 – 3 Minuten, bis endlich das Signal Fahrt mit 40 km/h zeigt. Die Türen haben sich geschlossen und ich kann sie verriegeln. Die Fahrt mit dem doppelten Flirt kann beginnen. Bei der Ausfahrt muss ich einfach bedenken, dass ich jetzt nicht 75 Meter, sondern 150 Meter warten muss, bis ich beschleunigen darf.

Ich beschleunige den Zug auf die erlaubte Geschwindigkeit. Es wird Zeit, die Steuerung des Zuges zu prüfen. Dazu mache ich keine besonderen Handlungen.

Sondern ich schalte die Zugsübersicht ein und drücke die Taste zum befahren einer Fahrleitungs-schutzstrecke. Beide Züge schalten aus und beim hinteren Zug wird der Stromabnehmer gesenkt. Vorne bleibt der Bügel oben.

Scheinbar klappt das in der Theorie besprochene Prozedere gut und ohne nennenswerte Probleme. Hier hätte der Stromabnehmer aber nicht gesenkt werden müssen.

Das weiss die Steuerung nicht und so kann man hier gut Experimente in dieser Art durchführen. Hätte der Stromabnehmer sich nicht gesenkt, wäre ja nichts passiert. So dauert es halt ein wenig, bis auch der zweite Triebzug wieder mit Energie versorgt wird.

Wieder überquere ich in Pfäffiken die ganze Anlage und halte jetzt ebenfalls ganz links aussen. Hier stehen immer noch Züge der S-Bahn Zürich. Das obwohl wir jetzt im Kanton Schwyz sind. Egal, bei mir steigen die Leute in den Zug ein. Nicht alle können lesen, denn einige versuchen es beim stockfinsteren Zug, an dem „Bitte nicht einsteigen“ steht. Schon nicht einfach einen beleuchteten von einem unbeleuchteten Zug zu unterscheiden.

Dank diesen netten Leuten verzögert sich meine Weiterfahrt natürlich um einige Sekunden. Eine pünktliche Abfahrt ist aber trotzdem noch möglich. Immer von Vorteil, dass der Zug hier länger steht. Über den Seedamm passen halt nur eine bestimmte Anzahl Züge und da muss halt ein längerer Aufenthalt in Kauf genommen werden.

Vor mir zeigt das Signal fahrt, beim ZUB 121 ist alles in Ordnung und die Türen sind geschlossen. Ich kann die Fahrt fortsetzen. Noch ist es flach und die Anlagen bis zur letzten Weiche gehören den SBB. Erst danach hat dann der Lokführer der SBB auf einem Zug der SOB, den Bereich der SBB verlassen. Schon komisch, wenn man sich das durch den Kopf gehen lässt. Egal, die Einfahrt von Freienbach SOB kündigt sich an und jetzt ist die Vorsignaldistanz wieder kürzer.

Beim Halt in Freienbach erkenne ich, wie vor mir die Strecke steil ansteigt. Auch mit zwei Zügen wird das nicht schwerer werden, denn beide arbeiten ja. Die Fahrt geht also weiter und ich beginne an Höhe zu gewinnen. Jetzt in der Nacht sieht der Gefällsbruch nicht so dramatisch aus. Am Tag kommt man hoch und wer die Strecke nicht kennt, meint, dass es nun bergab gehen würde. Dabei beträgt die Steigung immer noch 27‰. Das entspricht gerade einmal dem Maximum am Gotthard.

Die Fahrt über Wollerau nach Samstagern wurde nur durch die Halte an den Haltestellen unterbrochen. Dabei waren diese zum Teil in grossen Steigungen und oft dachte ich, ob denn die Züge wirklich sicher genug stehen. Ich habe es auch schon erlebt, dass ein Zug hier nicht genügend Bremskraft aufgebaut hat. Später erfuhr ich, dass es nur eine bestimmte Nummer ist. Die habe ich jetzt nicht bei mir.

Durch die Nacht ist es immer etwas spannender zu fahren. Viele Orientierungspunkte fehlen und die Lichter in den nahen Häusern lassen erkennen, dass viele Leute den Abend vor dem Fernseher verbringen. Sie schauen sich vermutlich die Serien an, damit sie am nächsten Tag im Büro mitreden können. Ich hatte bis jetzt knapp 30 Minuten Pause und leiste meine Arbeit ohne Unterbrechung.

Samstagern kündigt sich an. Mein letzter Halt steht vor der Türe. Ein paar Meter sind es noch. Der Halt erfolgt so, dass der zweite Zug noch auf der Strasse steht. Ich weiss, das ist nicht freundlich für die Autofahrer. Aber meine Kunden gehen vor und die sollten an der gewohnten Stelle aussteigen können. Hätten die Leute im Auto den Zug genommen, wären sie vermutlich dankbar. So hält der Zug halt am normalen Halteort.

Ich öffne die Tür zum Führerstand. Ein Kollege der SOB kommt und ich übergebe ihm den Arbeitsplatz. Dabei erkläre ich, dass er gleich losfahren könne, denn ich bleibe im Zug. So kann ich meine Sachen noch gemütlich verstauen. Die Warnweste verschwindet nun auch in der Mappe und letztlich erkenne ich, wie der Profi auf dieser Strecke fährt. Nicht viel anders als ich. Das zeigt, dass wir uns unnötigerweise noch etwas unsicher fühlen.

In Schindellegi verabschiede ich mich und ich gehe nach hinten. Die erste Wagenklasse ist am anderen Ende des Zuges. Ich will aber nicht durch den ganzen Zug gehen und nehme gleich beim ersten Abteil platz. Der Hauptschalter wird ausgestaltet. Ich höre das am dumpfen Knall im Zug. Das war die Schutzstrecke, also kommen wir gleich in Biberbrugg an. Die Türen öffnen sich und ein Lokführer der SOB steigt ein. Es ist jener Kollege, der mir den Zug übergeben hat.

Ein paar Worte können wir jetzt noch wechseln. Auch bei der SOB ist das Personal nicht glücklich über die neuen Dienstpläne. Gerade am Morgen sei es mühsam geworden, denn bisher hätten sie den ersten Zug gemacht und hätten kurz nach Mittag Schluss gehabt. Jetzt hätten sie Dienstfahrt und die Tour ende erst mitten am Nachmittag.

Dafür machen wir jetzt den ersten Zug. Die Leistungen wurden einfach getauscht, auch am Mittag änderte man so. Für uns ging dabei die schöne Pause in Einsiedeln verloren. Dafür machen wir nur eine kurze Kaffeepause in Arth-Goldau. Jetzt auf der Dienstfahrt kann man sich entspannen und bei einem guten Gespräch mit einem Kollegen die Zeit vergessen.

So kommt dann auch Arth-Goldau schnell näher und somit auch mein Feierabend. Es war für dieses Jahr voraussichtlich mein letzter Einsatz auf der SOB. Offenburg habe ich in der nächsten Woche noch auf dem Programm. Ist schön, wenn ich wieder einmal in Deutschland fahren kann. Ich erwartete das nicht, aber es gibt wirklich Momente, wo mir das nach einem längeren Einsatz in Erstfeld fehlt.

 

Der Pendler am späten Abend

Ich habe gleich einen Anschluss nach Erstfeld. Es ist der Interregio, der auf Gleis 5 steht. Ich muss mich beeilen, denn der ICN aus Zürich fährt soeben los. Dann folgt der IR. Als ich beim Wagen der ersten Wagenklasse ankomme erkenne ich, dass ich mich vergebens beeilt habe, denn es kommt noch ein Eurocity aus Zürich. Er wird mit einem ETR 470 geführt.

Irgendwann werde ich es auch noch kapieren, dass es kein Cisalpino mehr ist. Die Firma gibt es nicht mehr, aber der Zug, der für den Ärger gesorgt hat, gibt es noch. Jetzt ist er einfach mit FS oder mit SBB CFF FFS beschriftet. Schrott bleibt aber Schrott. Nun darf ich so denken, denn ich habe ja vor einigen Augenblicken Feierabend gemacht. Jetzt ist das meine private Meinung.

Im Zug sitzt noch ein Lokführer aus Erstfeld. Er kehrt aus Basel zurück. Ich setze mich zu ihm, mit dem vollen Wissen, dass wieder einmal eine Tageszeitung im Altpapier endet, ohne dass nur ein einziges Wort darin gelesen wurde. Eigentlich könnte ich mich nun an einem Feierabendbier erfreuen. Das muss aber bis zu Hause warten, da ich keines zur Hand habe.

Der Zugführer meint nur, dass das wieder rentieren könne, denn gleich zwei Lokführer befinden sich auf Dienstfahrt. Ich korrigiere ihn, denn ich bin kein Lokführer auf Dienstfahrt, sondern ein ganz normaler Pendler, der halt bei einer etwas speziellen Firma arbeitet. Die Fahrt war kurz und in Erstfeld verstaue ich noch die Mappe. Dann kann ich mich zu Fuss auf den Heimweg machen. Morgen kann ich auch wieder mit dem Zug zur Arbeit.

Leider sind das nur sehr seltene Momente, denn in den meisten Fällen muss das Auto genommen werden. Entweder kommt man mit dem ersten Zug zu spät an oder aber der letzte Zug fährt einem vor der Nase ab. Wenn man mit einem Güterzug 30 Minuten vor Abfahrt der letzten S-Bahn ankommt, ist das klar zum scheitern verurteilt.

Benutzt man das Auto, kommt man sicher ein paar Minuten früher an. Doch, es ist so, als Lokführer und Pendler ist man auf das Auto angewiesen. Ein Verzicht wäre nur möglich, wenn die Reisezüge rund um die Uhr fahren würden. Das ist aber noch nicht der Fall und so benötigt ein moderner Lokführer ein Auto. Und sei es nur, weil er damit zur Arbeit fahren muss.

Ach ja, jetzt weiss ich es , als ich die Tour machte, war es noch nicht bekannt, aber die Leistung nach Offenburg fiel ins Wasser. Zudem endete mein Einsatz in Arth-Goldau an Weihnachten. Danach sind 6 Wochen in Erstfeld zu fahren. Dumm dabei ist nur, dass die Feiertage alles etwas aus dem Lot bringen werden. Erst im Januar beruhigt sich die Situation ein wenig.

 

                       
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