Thunerseebahn TSB

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Die Thunerseebahn TSB führte von Scherzligen bei Thun dem linken Ufer des Thunersees entlang über Spiez nach Därligen, wo sie auf die Bödelibahn traf. Dort benutzte die neue Bahnlinie den gleichen Bahnhof, wie die Bödelibahn, die 1900 sogar von der TSB übernommen wurde. Der Thunersee gab letztlich der Bahn ihren Namen. Der Streckenverlauf sorgte dafür, dass die TSB zum Teil recht beachtliche Steigungen zu bewältigen hatte.

Wir wollen uns zuerst ein grobes Bild über die Strecke entlang dem Thunersee machen. Damit ein Vergleich mit anderen Bahnen, die Sie hier vielleicht schon besucht haben, möglich ist, verwende ich die gleichen Angaben, wie bei den anderen Bahnen.

 

Eröffnung: 01.Juni 1893 Länge: 21.8 km
Max. Steigung: 15 ‰ Elektrifiziert: 01.Mai 1915 Scherzligen – Spiez
Brücken: 1 Tunnel: 3

 

Die Thunerseebahn war als direkte Konkurrentin der Dampfschiffe auf dem See gedacht. Die Güter nach Interlaken konnten nun direkt mit der Bahn befördert werden. Im Verkehr der Reisenden mussten die Koffer nicht so weit getragen werden, denn die Züge standen näher bei den ankommenden Zügen, wenn auch nicht im Bahnhof der SCB. Ein Umstand, der viele Jahre blieb.

Der Trajektverkehr auf dem Thunersee wurde in der Folge der Eröffnung der Bahnlinie eingestellt. Die ankommenden Güterwagen nahmen nun den Weg über die Schienen. Der Personenverkehr war auf der Bahn hingegen bescheiden, denn die Schiffe waren anfänglich gleich schnell. Die Dampfschiffe trumpften dabei mit dem vorhandenen Komfort. Die Leute genossen also lieber die elegante Fahrt auf den Salondampfer.

Die TSB übernahm in Scherzligen die von Bern in Thun ankommenden Züge. Dabei endete die Strecke der SCB jedoch in Thun und nicht in Scherzligen, wie man meinen könnte. Die Thunerseebahn musste wegen Streitigkeiten einen eigenen Bahnhof erstellen. So kam es zur Situation, dass der Bahnhof Thun und die Station Scherzligen nahezu zusammengebaut waren aber nicht ein Bahnhof waren. Erst mit dem ab 1923 erfolgten Neubau des Bahnhofes Thun, verschwand der Bahnhof Scherzligen auf den Fahrplanwechsel vom 27.Juni 1925 aus den Karten.

Ähnlich wie die Bödelibahn war auch der Oberbau der Thunerseebahn anfänglich nur für leichte Lokomotiven geeignet. Zwar mussten die nicht ganz so leicht sein, wie bei der Bödelibahn, aber es konnten nicht Lokomotiven der Hauptbahnen, wie sie zum Beispiel die SCB hatte, verwendet werden. Ein allenfalls geplanter Lokomotivdurchlauf wäre also technisch gar nicht möglich gewesen. Die Lokomotiven der SCB waren zu schwer.

Die Steigungen bedingten aber leistungsfähigere und daher grössere Lokomotiven. Nur diese Maschinen konnten die Steigungen innert nützlicher Zeit bewältigen und so ein vernünftiger Fahrplan angeboten werden. Trotzdem verlor der Zug in den Steigungen massiv an Geschwindigkeit, was den Dampfschiffen auf dem See nur recht war, denn sie konnten so wieder aufholen. Die Schiffe hatten also zwischen Thun und Därligen immer noch die Nase vorne. Die neue Bahn hatte das Nachsehen.

Der Verkehrszuwachs, der durch die Thunerseebahn erst ermöglicht wurde, veranlasste diese Bahngesellschaft rasch folgend immer leistungsfähigere und auch schwerere Lokomotiven zu beschaffen. Die Bahn hatte den Vorteil, dass die Züge nun von Bern her bis nach Interlaken durchgehend verkehren konnten. Das Berner Oberland war also direkt und ohne umsteigen mit der Hauptstadt verbunden. So wären jetzt rein theoretisch grosse Expresszüge möglich gewesen, aber damals war das nicht der Fall, zu unbedeutend war das Berner Oberland.

Mit zunehmendem Erfolg, vergrösserte die Thunerseebahn ihren Bestand an Dampflokomotiven, welche immer leistungsfähiger und daher grösser wurden. Grosse Schlepptenderlokomotiven hätten nun der TSB gut gestanden. Lokomotiven wie eine A 3/5 hätten sich vermutlich auf der Thunerseebahn recht gut gemacht. Nur, die Strecke war zu kurz, so dass man nicht einen zusätzlichen Tender mitführen musste.

Der Verkehr entwickelte sich somit erfreulich und nur die ersten Betriebsjahre verliefen noch recht beschaulich. Die grossen Lokomotiven der Thunerseebahn hatten die Züge immer besser im Griff und konnten jetzt den Dampfschiffen auf dem See schon recht gut den Rang ablaufen. Die Bahn begann zu funktionieren, wurde schneller und schon kamen die Leute. Der TSB schien eine gnädige Zukunft beschieden zu sein.

Auf den 01. Januar 1913 endete die TSB jedoch. Sie wurde von der neu gegründeten BLS übernommen. Am Betrieb dem See entlang änderte sich anfänglich jedoch noch wenig. Die neue Eigentümerin begann aber schnell damit, den Abschnitt Scherzligen - Spiez auf elektrischen Betrieb umzubauen. Der elektrische Betrieb wurde am 01. Mai 1915 aufgenommen. Die Dampflokomotiven der ehemaligen TSB verkehrten in der Folge nur noch zwischen Spiez und Bönigen.

Die BLS begann aber schnell damit, auch die Strecke nach Interlaken mit der Fahrleitung zu versehen. Die Dampflokomotiven hatten dabei das Nachsehen, denn die elektrischen Lokomotiven begannen ihren Siegeszug. So kam es, dass die ehemalige Thunerseebahn zu einer Zeit elektrifiziert war, als bei den SBB erst der Entschluss so richtig Fuss fassen konnte. Niemand wollte im Berner Oberland mit einer Dampflok reisen, denn die sauberen elektrischen Lokomotiven waren schnell, zu schnell sogar für die Dampfschiffe.

 

TSB Ed 3/3 Nr. 1 – 4

Baujahr: 1892 – 1896 V. Max: 45 km/h
Gewicht: 31.3 t Länge: 8'520 mm
Heizfläche: 63.2 m2 Zylinderdurchmesser: 2x 360 mm

Die ersten für die Thunerseebahn gebauten Lokomotiven wurden 1892 abgeliefert. Bei der TSB wählte man als Lieferanten die junge Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM in Winterthur. Die von der SLM angebotene Lokomotive war hingegen keine komplette Neukonstruktion. Vielmehr waren es Nachbauten der 1875 an die Tösstalbahn abgelieferten Lokomotiven. Man machte sich das Leben also recht einfach. Bezahlen musste das dann die TSB.

Die Maschinen im Tösstal waren für Strecken mit schwachem Oberbau ausgelegt worden. Daher entsprachen diese Lokomotiven bestens den Vorstellungen der Verantwortlichen der Thunerseebahn. Auch Kosten konnten so gespart werden, da man nicht eine teure Neukonstruktion bezahlen musste. Auch damals schon waren Neukonstruktionen teurer, als Lokomotiven, die "ab Stange" gekauft wurden. Die finanziell schwache Thunerseebahn nahm das Angebot der SLM dankend an.

Mit drei Triebachsen war das Muster der Tösstalbahn zudem kräftig genug um auch die langen Steigungen nach Spiez zu schaffen. Die Thunerseebahn beschaffte daher vier solcher Lokomotiven und reihte diese als Ed 3/3 ein. Insgesamt wurden die vier Maschinen in den Jahren 1892 und 1983 abgeliefert. Die TSB vergab den Lokomotiven die Nummern 1 - 4. Womit in Därligen Lokomotiven mit gleichen Nummern aufeinander trafen.

Der normale Barrenrahmen wurden mit Nieten aus den einzelnen Teilen gefertigt und erhielt auf beiden Seiten der Lokomotive einen Stossbalken als Abschluss. Am Stossbalken wurden die beiden Stangenpuffer mit runden Puffertellern und die vollwertige Schraubenkupplung mit Zughaken montiert. Die fertige aufgebaute Lokomotive bekam so eine maximale Länge über die Puffer von 8'520 mm. Es war also eine recht kurze Lokomotive geworden.

Am hinteren Ende wurde auf dem Rahmen ein geschlossenes Führerhaus aufgebaut. Die Seitenwände hatten dabei je eine grosse Öffnung, die mit einer Türe als Zugang versehen worden war. An Stelle der üblichen Trittleiter kamen nur an einem Hilfsrahmen befestigte Tritte zur Anwendung. Die Front, die die beiden Seiten vorne verbunden hatte, wurde mit zwei kleinen rechteckigen Frontfenstern versehen. Abgedeckt wurde dieses Führerhaus mit einem leicht gewölbten Dach.

Hinter dem Führerhaus angebracht war dann noch der Kohlenkasten. Dieser schloss das sonst nach hinten offene Führerhaus im unteren Bereich ab. Durch die oben angebrachte Öffnung konnte er mit Hilfe eines Krans mit 800 Kilogramm Kohlen beladen werden. Es war daher kein sehr grosser Kohlenkasten, der aber für die befahrene Strecke durchaus ausreichend war. Mit einer Ladung Kohlen konnte man problemlos die ganze Strecke befahren.

Vor dem Führerhaus wurde dann der Kessel montiert. Es war ein schmal geratener und schlichter Kessel, der mit der Feuerbüchse und der Rauchkammer ergänzt wurde. Die Heizfläche im Kessel betrug mit Feuerbüchse 63.2 m2, wobei 5.3 m2 als direkte Heizfläche auf die Feuerbüchse entfielen. Dabei betrug die Rostfläche der Lokomotive 1.1 m2. Das erlaubte, dass die Feuerbüchse zwischen den Rädern der hintersten Kuppelachse, platziert werden konnte.

Das Laufwerk der Lokomotive bestand aus drei Triebachsen, die mit Gleitlagern im Rahmen gelagert waren. Die Abfederung der ersten beiden Achsen erfolgte mit hochliegenden Blattfedern. Dabei waren diese dazwischen mit einem Ausgleichshebel versehen worden. Dieser ermöglichte es der zweiten Achse stärker einzufedern, was das befahren von Kuppen erlaubte. Die dritte Triebachse wurde schliesslich noch mit tiefliegenden Blattfedern abgefedert. Diese mussten hier tief montiert werden, da oben wegen dem Führerhaus kein Platz mehr vorhanden war.

Die Achsen hatten Speichenräder mit einem Durchmesser von 1'320 mm. Diese im Vergleich zur gedrungen wirkenden Lokomotive gross erscheinenden Triebräder zeigten deutlich auf, dass die Lokomotive im Streckendienst eingesetzt werden sollte. Die grossen Räder führten wegen dem kurzen Achsstand dazu, dass zwischen den Achsen kaum Platz für Bauteile bestand. Wie sich das auswirkte erfahren Sie gleich.

Die Dampfmaschine war ein mit zwei Zylindern versehenes Zwillingstriebwerk. Jeder Zylinder wurde ab dem auf dem Kessel montierten Dampfdom mit Frischdampf versorgt und hatte einen Durchmesser von 360 mm. Der Kolbenhub in den klein wirkenden Zylindern betrug dabei 500 mm. Da der Druck im Kessel bei 10 bar lag und es keine Überhitzer gab, wurden die Zylinder mit Nassdampf direkt ab dem Kessel versorgt.

Die in den beiden Zylindern erzeugte Kraft, wurde über die Kolbenstange auf das Kreuzgelenk und die Schubstange übertragen. Die Schubstange wiederum war exzentrisch in der zweiten Triebachse gelagert worden. Durch den Exzenter wurde die lineare Bewegung in eine Drehbewegung umgewandelt. Die Lokomotive bewegte sich. Mit Kuppelstangen wurden dann die beiden anderen Kuppelachsen ab diesem Punkt angetrieben.

Zur Steuerung der Dampfzylinder, der Fahrrichtung und der Füllmenge der Zylinder war eine Walschaertssteuerung eingebaut worden. Diese in Deutschland auch unter Steuerung nach Heusinger bekannte Einrichtung konnte auch den bei Dampfmaschinen notwendigen Vorlauf gut regulieren. Gerade die hier verwendete Walschaertssteuerung fand in der Schweiz grosse Verbreitung und funktionierte sehr zuverlässig.

Abgebremst wurde die Lokomotive mit je einem Bremsklotz pro Triebrad. Diese Bremsklötze waren mit zwei Bremsgestängen verbunden. Diese wiederum waren am Bremszylinder angeschlossen worden. Zusätzlich war das hintere Bremsgestänge, das auf die Achsen zwei und drei wirkte, an der Handbremse mit Exterhebel angeschlossen worden. Ein automatischer Gestängesteller war jedoch nicht vorhanden. Somit musste das Spiel der Bremsen immer wieder durch das Personal der Werkstätte eingestellt werden.

Der Bremszylinder wurde mit einer einlösigen Druckluftbremse nach Westinghouse gesteuert. Die dazu notwendige Druckluft wurde in der an der Rauchkammer montierten Luftpumpe erzeugt. Die Westinghousebremse war damals noch relativ neu, sie entsprach aber bereits in vielen Bereichen der heutigen automatischen Bremse. Die Druckluftbremse war auch wegen den Steigungen der TSB notwendig geworden.

Um die an der Lokomotive angeschlossenen Wagen zu heizen, erhielt die Maschine die Einrichtung für die Dampfheizung des Zuges. Der dazu notwendige Dampf wurde dem Kessel entnommen. Gerade die Heizung schränkte jedoch die Leistung der Lokomotiven ein. Daher betrachten wir nun den Betrieb dieser Lokomotive. Dabei stellen wir schnell fest, dass nicht alles so lief wie es geplant war.

Diese Lokomotiven kamen nach der Ablieferung zwischen Scherzligen und Därligen zu Einsatz. Die Brücken über die Aare durften die Lokomotiven ganz zu Beginn noch nicht befahren, denn dazu waren sie schon zu schwer geworden. Das war sicherlich nicht so geplant gewesen, musste aber nach einem schweren Zugunglück bei Münchenstein bei allen Bahnen in der Schweiz neu betrachtet werden. So kam es, dass die Lokomotive nicht über die Aare fahren durfte und es in Därligen zu Lokomotivwechseln kam.

Schnell waren die Maschinen für den Betrieb der Thunerseebahn viel zu schwach geworden. Sie vermochten gerade den regulären Zug auf den Steigungen zu ziehen. Mehr lag einfach nicht mehr drin, denn die Lokomotive war einfach zu leicht konstruiert worden. In der Hochsaison musste deshalb häufig zu Vorspanndiensten gegriffen werden. Dazu fehlten aber die Lokomotiven, so dass die TSB immer wieder an einem akuten Lokomotivmangel litt, was zu Zugsausfällen führte.

So war die Lokomotive natürlich im Wettlauf mit den Dampfschiffen hoffnungslos im Nachteil. Das trug vermutlich auch dazu bei, dass sich der Verkehr auf der Thunerseebahn anfänglich nicht so richtig entwickeln wollte. Man begann sich deshalb zu überlegen, ob nicht eine Ersparnis und ein zusätzlicher Erfolg erreicht werden könnte, wenn man die Züge schon im fernen Bern abholen würde.

Die Idee wurde in die Tat umgesetzt. Die TSB führte durchgehende Zugsläufe Bern – Interlaken ein. Von Bern nach Thun verkehrten diese Züge über das Gürbetal und somit eine Bahn, die ebenfalls in der Betriebsgruppe eingebunden war. Die Linie der Gürbetalbahn GTB blieb aber trotz diesen Versuchen der Thunerseebahn TSB eine regionale Linie. Vielmehr wollte man damit wohl eher die frisch gebildeten und übermächtigen Schweizerischen Bundesbahnen SBB konkurrenzieren.

Nur, waren die Lokomotiven der Baureihe Ed 3/3 damit im steilen Gürbetal völlig überfordert. Das erkannte man auch bei der TSB, die bis dahin ihre Lokomotiven immer etwas am Limit verkehren lies. Es musste eine besser passende Lokomotive her, doch die noch fast neuwertigen Lokomotiven wollte man nicht aufgeben. Zudem fehlte es an den finanziellen Mitteln für viele neuen Lokomotiven.

Deshalb liess die Thunerseebahn ab dem Jahre 1902 alle vier Lokomotiven der Bauart Ed 3/3 durch die SLM zur Bauart Mogul umbauen. Die Ed 3/3 verschwanden in der Folge gänzlich von der TSB, blieben aber in Form der Ec 3/4 weiterhin auf der gleichen Bahn erhalten. Wobei die Spenderlokomotive danach kaum mehr zu erkennen war.

 

Baujahr: 1902 – 1903 V. Max: 60 km/h
Gewicht: 44 t Länge: 9'500 mm
Heizfläche: 87 m2 Zylinderdurchmesser: 2x 360 mm

 

Das Pflichtenheft sah für die aus den Ed 3/3 umgebauten Maschinen die Beförderung von 150 t Anhängelast auf 25 Promille Steigung vor. Der minimale  Kurvenradius betrug dabei 250 m. Die SLM verlängerte daraufhin den Rahmen um so den Platz für eine Bissellaufachse zu schaffen. Dank dieser Laufachse, konnten die Laufeigenschaften so verbessert werden, dass die umgebauten Lokomotiven zur Ec 3/4 umbenennt werden konnten. 

Der Kessel wurde durch einen neuen aus dem Hause SLM ersetzt. Er hatte gegenüber dem alten Kessel eine grössere Feuerbüchse. Die Heizfläche der Lokomotive konnte damit auf 87 m2 gesteigert werden. Damit und durch den von 10 auf 12 bar erhöhten Kesseldruck, konnte die Leistung der Lokomotive erhöht werden, so dass sie für den geplanten Einsatz besser gerüstet war. Die Dampfmaschine indes blieb gleich.

Damit die höhere Leistung auch auf längeren Fahrten genutzt werden konnte, wurden auch die Kapazitäten für die Vorhaltung der Vorräte erhöht. die Lokomotive konnte nun 200 Kilogramm mehr Kohlen laden. Der Wasservorrat wurde in den neuen seitlichen Wasserkasten von 3.9 Tonnen auf 7 Tonnen erhöht. Dadurch konnten mit der Lokomotive auch längere Fahrten durch das Gürbetal unternommen werden.

Die Bremsausrüstung der Lokomotive blieb in Bezug auf die Druckluftbremse identisch. Es wurde jedoch nur noch ein Bremsgestänge mit einem Bremszylinder verwendet. Dieser Umbau, der die Sicherheit verschlechterte, war eine Konzession an das höhere Gewicht der Lokomotive. Die Handbremse wirkte daher nun auf sämtliche Triebräder. Man muss jedoch sagen, damals bedachte noch niemand, dass ein Bremsgestänge verbogen werden könnte. Das erfuhr erst die BLS mit den elektrischen Lokomotiven.

Der Umbau führte, wie schon erwähnt, zu einem höheren Achsdruck der Lokomotive. Die Gürbetalbahn musste in der Folge ihren Oberbau verstärken. Nur so war auch der geplante Einsatz dieser nun recht überdimensionierten Maschine vor den Schnellzügen Bern - Belp - Interlaken möglich. Die umgebauten Lokomotiven kamen letztlich mit den neuen Betriebsnummern 21 - 24 auch wie geplant zum Einsatz.

Die Lokomotiven konnten sich aber nicht so recht in Szene setzen. Die Leistung war einfach zu hoch und die Züge konnten kaum wirtschaftlich betrieben werden. So überrascht es eigentlich weniger, dass die Lokomotive auch dank neuen Maschinen sehr rasch in niedere Dienste zurückgedrängt wurde. Als 1915 die Fahrleitung zwischen Scherzligen und Spiez eingeschaltet wurde, waren die Lokomotiven überflüssig geworden.

Alle vier Lokomotiven wurden bei der BLS im Jahre 1916 ausgemustert. Die Lokomotive mit der Nummer 21 kam dann noch für ein paar Jahre zur Gürbetalbahn. Die restlichen drei Lokomotiven wurden noch 1916 nach Italien verkauft. Auch die vorerst noch in der Schweiz gebliebene Maschine Nummer 21 folgte im Jahre 1925 nach Italien. Womit diese Lokomotiven endgültig aus der Schweiz verschwunden waren.

 

TSB E 3/3 Nr. 73

Baujahr: 1874 V. Max: 20 km/h
Gewicht: 20.2 t Länge: 6'000 mm
Heizfläche: 45.3 m2 Zylinderdurchmesser: 2x 290 mm

Die Geschichte dieser einzigartigen Lokomotive begann nicht, wie man meinen könnte, bei der Thunerseebahn und auch nicht im Berner Oberland. Mit Baujahr 1874 war die Lokomotive sogar älter als die Thunerseebahn selber. Beginnen wir beim Anfang dieser Lokomotive, der fand weit entfernt in der Zentralschweiz und bei einer komplett anderen Bahngesellschaft statt. Die Strecke dort wollte nicht zur Thunerseebahn passen.

Die als steile Bergbahn mit Zahnrad konzipierte Arth - Rigi - Bahn ARB benötigte Lokomotiven mit reinem Reibungsantrieb. Das war so schon überraschend genug, denn bei solchen Bahnen gab es solche Lokomotiven schlicht nicht. Kommt hinzu, dass diese Lokomotive von der Thunerseebahn in grösster Not übernommen wurde. Das war eigentlich die einfache Geschichte dieser besonderen Lokomotive. So beginnt nun wirklich alles bei der ARB und nicht bei der TSB.

Der Grund für diese Lokomotive fand sich in dem mit reinem Reibungsantrieb versehenen Abschnitt Arth am See - Goldau wieder. Diese war nicht so steil und wurde daher nicht mit Zahnrad befahren. Nur so konnte man vom See über Goldau auf die Rigi gelangen. Besonders waren, wie wir später noch genauer erfahren werden das Traktionskonzept bei der ARB und daher der Grund für diese einzigartige Lokomotive.

Die ARB beauftragte daher die neu entstandene Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik, also die SLM, in Winterthur mit dem Bau einer Lokomotive der Reihe E 3/3. Die Maschine mit der Fabriknummer 38 sollte die Fahrzeugnummer 1 erhalten, wurde dann aber zur Lokomotive Nummer 11. Die unteren Nummern sollten den Lokomotiven mit Zahnrad vorbehalten sein. Sehen wir uns deshalb diese Maschine etwas genauer an. 

Der normale Barrenrahmen war auf beiden Seiten mit einem schmalen Stossbalken ausgerüstet worden. Dieser hatte nur einen gegenüber den Normalien tiefer montierten Mittelpuffer aufzunehmen. Kupplungen oder Zughaken waren jedoch nicht vorhanden, da die Wagen ausschliesslich bergseitig positioniert waren und deshalb nur geschoben wurden. Der Rahmen wurde wie die Stossvorrichtungen der Bergbahn ab Goldau angepasst und entsprachen daher nicht den Normalien von Adhäsionsbahnen.

Auf dem Rahmen aufgebaut wurde der Kessel mit der Feuerbüchse und der Rauchkammer. Die Feuerbüchse entsprach nicht der üblichen Bauform und war röhrenförmig ausgeführt worden. Auch waren es effektiv zwei Kessel, die bei der Lokomotive eingebaut wurden. Dies war ein Konsens, der an die einseitige steile Steigung gemacht werden musste. Hinter dem Kessel war dann noch das geschlossene Führerhaus angebracht worden.

Die drei Triebachsen hatten einen Durchmesser der Vollräder von lediglich 770 mm und waren daher für ein Fahrzeug der Normalspur sehr klein. Sie lagerten in Gleitlagern, die mit hoch liegenden Blattfedern abgefedert wurden. Ausgleichshebel waren hingegen nicht vorhanden, so dass jede Achse nur gegen die Federung gedrückt werden konnte. Die Lokomotive hatte daher ein schlichtes und leichtes Fahrwerk erhalten.

Die Dampfmaschine bestand aus zwei mit Frischdampf und hohem Druck versorgten Zylindern. Der Druck des Dampfes betrug dabei lediglich 8 bar und lag daher auch tiefer als üblich. Der Durchmesser jedes Zylinders betrug 290 mm. Die Länge erlaubte einen Kolbenhub von 450 mm. Die Dampfmaschine war über frei liegende Leitungen mit dem Dampfdom und dem Regulator verbunden worden. Es war eine sehr einfache und funktionelle Dampfmaschine.

Die Bewegung der Kolben im Zylinder wurde mit der Kolbenstange auf das Kreuzgelenk und so auf die zur zweiten Achse führende Schubstange übertragen. Dort wurde diese lineare Bewegung schliesslich in Zugkraft umgewandelt. Vom Kurbelzapfen der zweiten Achse aus, waren die beiden anderen Kuppelachsen mit Kuppelstangen verbunden worden. Auch die Steuerung wurde nach Stephenson aufgebaut und war an diesem Kurbelzapfen angeschlossen worden.

Diese gedrungen wirkende Lokomotive hätte eher zu einer Bahn mit Schmalspur, als zu einer normalspurigen Bahnlinie gepasst. Da es sich aber bei der Arth - Rigi - Bahn und eine eigentliche Bergbahn handelte, waren nicht die üblichen Normen massgebenden, so dass eine ganz spezielle Lokomotive für Bergbahnen mit Adhäsionsantrieb entstand. Betrachten wir nun den Einsatz und da beginne ich, um vollständig zu bleiben, auch in der Zentralschweiz.

Die bei der SLM fertig aufgebaute Lokomotive wurde von Winterthur nach Arth am See überführt. Dabei war der Transport alles andere als einfach, denn die Bahnen führten noch nicht bis zur Arth - Rigi - Bahn, denn es gab noch keine Gotthardbahn. So musste der Transport auf der Schiene, der Strasse und zuletzt noch auf dem See erfolgen. In Arth am See wurde die Lokomotive schliesslich der neu gegründeten ARB übergeben und dort gleich verwendet.

Die Lokomotive war für die Züge auf der geraden und zum Teil recht steilen Adhäsionsstrecke von Arth am See bis nach Goldau vorgesehen. Dabei waren die Wagen bergseitig vorangestellt worden. In Goldau wurden die vorgestellten Wagen dann von der Lokomotive mit reinem Zahnradantrieb übernommen und in der Gegenrichtung aus dem Bahnhof heraus auf die Rigi geschoben. Die Züge mussten also in Goldau eine Spitzkehre absolvieren um von Arth auf die Rigi zu gelangen. Jedoch war es nur so möglich, die Leute von den Schiffen zu übernehmen.

Die Talfahrt war leicht anders. die mit Zahnrad versehene Lokomotive brachte die Wagen in den Bahnhof. Dann fuhr diese Lokomotive an den Wagen an. Mit Ketten fixierte man den Wagen an der Lokomotive. Diese zog nun den Wagen mit Hilfe der Kette aus dem Bahnhof und setzte die Talfahrt fort. Im Gefälle war die Kette entlastet und der Wagen drückte auf den Puffer. Dann ging es abwärts nach Arth am See. Jetzt gab es auch keine Weichen mehr.

Die Lokomotive wurde ab 1883 zusätzlich mit normalen Stossvorrichtungen mit seitlichen Puffern versehen. Das hatte aber mit dem oben beschriebenen Konzept nichts zu tun. Nur so konnten im neuen Bahnhof Arth-Goldau Güterwagen von der Gotthardbahn nach Arth am See übernommen werden. Die Lokomotive erhielt nun dank einer Bereinigung der Nummern die Betriebsnummer 11. Weitere Umbauten gab es dann bei der ARB nicht mehr, denn die erhofften Güterwagen blieben aus.

So blieb es bei der ARB bis zum Schluss des Einsatzes auf dieser Bergbahn. Dieser Einsatz endete im Jahr 1907. Die Arth - Rigi - Bahn konnte nun auf die Lokomotive verzichten. Die Strecke zwischen dem Bahnhof Arth-Goldau und Arth am See wurde elektrifiziert. Die Arbeit übernahmen nun auch Triebwagen und Lokomotiven mit Zahnradantrieb. die Bahn konnte so die Typenzahl reduzieren. Bei elektrischen Lokomotiven wirkte sich, die entgegen der Bergbahn, aufgebaute Steigung nicht so dramatisch aus, wie bei Dampflokomotiven.

Die Lokomotive kam mehr aus der Not heraus, als aus wirtschaftlichen Überlegungen 1907 zur Thunerseebahn und so ins Berner Oberland. Die Lokomotive musste dringend die kleinen Lokomotiven der ehemaligen Bödelibahn entlasten. Denn diese waren dem gestiegenen Verkehr immer weniger gewachsen. Es muss aber erwähnt werden, dass die restlichen Lokomotiven der TSB 1907 noch nicht bis Interlaken Ost verkehren durften, die Brücken über die Aare waren einfach zu schwach.

Die kleinen Triebräder von 770 mm Durchmesser mochten jedoch nicht so richtig zum Einsatz auf der Strecke passen. Doch war die Lokomotive leicht genug, dass sie auch über die Aarebrücken fahren konnte. Die dringende Entlastung mit der Lokomotive war aber nur von beschränkter Dauer, denn die Thunerseebahn erkannte, dass sie nicht darum herum kam, die Aarebrücken zu verstärken und so den Einsatz stärkerer Lokomotiven auch auf diesem Abschnitt zu ermöglichen.

Als schliesslich die Stahlfachwerkbrücken verstärkt wurden, war die Lokomotive im Berner Oberland nicht mehr beliebt. Sie kam daher unter Bedrängnis und wurde schliesslich auch noch von der BLS im elektrisch betriebenen Bahnhof Spiez im Rangierdienst eingesetzt. Dazu war sie gerade noch zu gebrauchen. Einfach gesagt, die BLS setzte die Lokomotive dort mehr aus Mangel an besseren Lokomotiven, als auch sentimentalen Überlegungen heraus, ein.

Dieser Einsatz als Rangierlokomotive endete jedoch im Jahre 1931. Es standen dafür nun besser geeignete Lokomotiven zur Verfügung. Die Lokomotive wurde somit im Berner Oberland nicht mehr benötigt und die Zukunft war für die Lokomotive nicht rosig, denn gepasst hätte die Lokomotive an einen Bergbahn, die im unteren Bereich mit Adhäsion fuhr. Nur die gab es nicht mehr. Die BLS verkaufte die Lokomotive schliesslich an das Gaswerk Basel, womit sie an den Rhein kam.

Bereits 1934 wurde die Lokomotive vom Gaswerk Basel an die Roll'schen Eisenwerke in Gerlafingen verkauft. Sie versah dort wieder mit der alten ARB Nummer 11 versehen den werksinternen Rangierdienst. Die Lokomotive war also als Werkslokomotive noch zu gebrauchen. Das zeigte auch die Tatsache, dass diese viel anders aufgebaute Lokomotive der ARB, alle anderen Dampflokomotiven der BLS überlebte. Hingegen endete die Dampflokomotive bereits im Jahre 1946. Das war aber nicht das Ende.

Die Maschine wurde in eine Lokomotive mit Verbrennungsmotor umgebaut. Dabei versah man die Maschine überraschenderweise mit einem Benzinmotor und einer neuen Betriebsnummer. Sie wurde nach dem Umbau nach Klus bei Balsthal verbracht und im dortigen Werk eingesetzt. Dieser in der Schweiz wohl einmalige Umbau war besonders in Frankreich sehr beliebt. Die Lokomotive war damit aber verschollen.

 

TSB Ec 4/5 Nr. 11 und 12

Baujahr: 1899 – 1902 V. Max: 60 km/h
Gewicht: 54.4 t Länge: 10'800 mm
Heizfläche: 113.1 m2 Zylinderdurchmesser: 480/700 mm

Die Erfahrungen mit den ersten Lokomotiven waren recht bescheiden. Diese Maschinen waren oft überfordert und konnten kaum mit den Dampfschiffen auf dem Thunersee mithalten. Die Thunerseebahn musste sich deshalb schon sehr bald um stärkere Lokomotiven bemühen. In erster Linie sollten damit die schweren Güterzüge auf der ganzen Strecke befördert werden. Aber auch schnelle Reisezüge sollten möglich werden.

Der Auftrag über zwei Lokomotiven mit vier Triebachsen und einer vorlaufenden Laufachse ging an die in Winterthur ansässige Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM. Die Lokomotiven sollten eine Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h erhalten und auf 15 Promille Steigung Anhängelasten von bis zu 280 Tonnen mit 20 km/h befördern. Die Bezeichnung der beiden, mit den Nummern 11 und 12 versehenen Lokomotiven, sollte daher Ec 4/5 lauten.

Die Lokomotive besass einen mit Nieten zusammengesetzten Barrenrahmen üblicher Bauart. Dieser wurde auf beiden Seiten mit je einem Stossbalken abgeschlossen. Die Stossvorrichtungen bestanden aus zwei Stangenpuffern, die mit den Zugvorrichtungen, bestehend aus Schraubenkupplung und Zughaken, ergänzt wurden. Vorne baute man zudem noch zwei Schienenräumer am Rahmen an. Dazu musste dieser jedoch speziell angepasst werden.

Der mit einer indirekten Heizfläche von 105.5 m2 ausgestatte Kessel hatte eine Feuerbüchse die zusätzlich 7.6 m2 Heizfläche hatte. Somit erreichte die Lokomotive eine totale Heizfläche von 113.1 m2. Die Feuerbüchse hatte eine Rostfläche von 17.7 m2, was bei der Thunerseebahn nur noch von einer Lokomotive übertroffen wurde. Der Betriebsdruck für den Kessel lag bei 12 bar und somit leicht höher als bei den ersten Lokomotiven der TSB.

Hinter dem Kessel wurde schliesslich das Führerhaus aufgebaut. Es bildete mit den seitlichen Wasserkasten und dem Kohlefach im Rücken eine Einheit. Der Wasserkasten reichte dabei, wie das Kohlefach bis auf Höhe der seitlichen Öffnung. Die Seitenwand lief daher im unteren Bereich nahtlos von Wasserkasten über Führerhaus zum Kohlefach. Die beiden Seitenwände des Führerhauses bestanden daher optisch nur aus den beiden Säulen vorne und hinten.

Vorne wurde eine normale Frontwand eingebaut. Diese versah man mit zwei kleinen Fenstern, die mit Sonnendächern als Blendschutz versehen wurden. Die Rückseite des mit einem gewölbten Dach abgeschlossenen Führerhauses war hingegen offen. So konnte die Lokomotive nur in eine Richtung schnell fahren. Es handelte sich also um einen Einrichtungslokomotive.

Die beiden vor dem Führerhaus angeordneten Wasserkästen konnten insgesamt 5.3 Tonnen Wasser fassen. Sie wurden längs dem Kessel angeordnet und hatten eine rechteckige Form erhalten. Diese Bauweise war bei Tenderlokomotiven noch recht beliebt, ergaben sich so doch grosse Wasservorräte. Damit der Wasserstand kontrolliert werden konnte, waren auf der Seite Ablasshahnen montiert worden. Durch öffnen der Hahnen konnte so der Wasserstand kontrolliert werden.

Die vier Triebachsen lagerten in üblichen Gleitlagern. Sie wurden mit tiefliegenden Blattfedern abgefedert. Die erste und die dritte Kuppelachse waren seitlich fest gelagert, die zweite und vierte Achse waren seitlich verschiebbar. So hatte die Lokomotive einen festen Radstand von 2'700 mm, was in engen Kurven besonders von Vorteil war. Eine radiale Einstellung der Radsätze gab es bei Dampflokomotiven wegen dem Rahmen noch nicht.

Die Laufachse wurde ebenfalls mit einer Blattfeder abgefedert und war mit Gleitlagern in einer Deichsel gelagert. Diese Bauweise entsprach der Idee von Bissel. Diese Bissellaufachse beruhigte die Lokomotive derart, dass die Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h erreicht werden konnte. Diese Bauweise von Laufachsen benötige etwas mehr Platz, als die Idee von Adam, kam jedoch wegen dem einfachen Aufbau sehr häufig zur Anwendung.

Die Triebräder der Lokomotive hatten einen Durchmesser von 1'230 mm und entsprachen so  nicht mehr jenen der ersten an die Thunerseebahn abgelieferten Maschinen. So konnte die Vorhaltung von Ersatzachsen und Radreifen nicht durch gleiche Bauteile reduziert werden. Zudem stellte sich diese Grösse bei Nebenbahnen als äusserst passend heraus. Daher verwundert diese Lösung eigentlich nicht.

Wer daran Zweifel hegt, der kann das mit dieser Lokomotive am besten Widerlegen. Diese Bauart konnte von der SLM an insgesamt sechs unterschiedliche Bahngesellschaften geliefert werden. Dabei waren dies nicht nur Bahnen, die in dieser BLS-Gruppe verbunden waren. Die Ec 4/5 wurde ein richtiger Schlager auf Nebenbahnen und das in der ganzen Schweiz. Das führte sogar dazu, dass die spätere BLS eine Lokomotive erhalten konnte, die eigentlich verschollen war.

Als Dampfmaschine wurde eine Verbundlösung mit zwei Zylindern gewählt. Der Hochdruckzylinder, der rechts angeordnet wurde, hatte einen Durchmesser von 480 mm. Er hatte einen für Hochdruckzylinder grossen Durchmesser, so dass die zum Niederdruckzylinder geringere Grösse nicht ins Gewicht fiel. Der letztere Zylinder hatte einen Durchmesser von 700 mm. Eine Anfahrvorrichtung diente dem zuführen von Frischdampf in den Niederdruckzylinder.

Die Kraftübertragung erfolgte von der Kolbenstange über das Kreuzgelenk und die Schubstange auf die dritte Triebachse. Diese Lösung verwundert bei einer Lokomotive mit vier Triebachsen. Jedoch konnten so, trotz der Montage der Zylinder hinter der Laufachse, relativ flache Winkel erreicht werden. Mehrere Typen bei den Bahnen der BLS-Gruppe hatten diese flachere Anordnung erhalten. So reduzierte sich die Belastung auf das Kreuzgelenk.

Ab dieser direkt angetriebenen Achse, führten Kuppelstangen zu den anderen im Laufwerk eingebauten Triebachsen. Wobei nun ein Gelenk zwischen der zweiten und ersten Kuppelachse eingebaut wurde. So wurde das befahren von Kuppen für die Lokomotive wesentlich vereinfacht. Sämtliche Achsen konnten so unabhängig von einer anderen Achse einfedern und dem Gleisverlauf folgen. Solche Lösungen waren bei Triebwerken mit mehr als zwei Achsen erforderlich.

Überraschend bei dieser doch sehr weit hinten angetriebenen Achse, war die Tatsache, dass die Bewegung für die Steuerung ebenfalls von dieser Achse abgenommen wurde. Diese spezielle Schubstange regelte die Dampfzufuhr über eine Steuerung nach Walschaerts. Diese Steuerung war besonders gut bei der Einstellung des für einen optimalen Betriebs der Lokomotive nötigen Vorlaufs. Gerade die Walschaertssteuerung war in der Schweiz sehr verbreitet.

Abgebremst wurde die Lokomotive mit einer Klotzbremse, die jeweils einseitig auf die erste, dritte und vierte Triebachse wirkte. Die zweite Kuppelachse, war wie die Laufachse ungebremst. Das mit den Bremsklötzen verbundene Bremsgestänge wurde durch einen Bremszylinder, oder durch eine Handspindelbremse als Handbremse beeinflusst. Mit Hilfe von Gestängestellern konnte die Abnützung der Bremsklötze nachgestellt werden.

Die Westinghousebremse, die nur mit der schnellen P-Bremse arbeitete, steuerte  über ein einlösiges Steuerventil den Bremszylinder an. Für den Lokführer baute man im Führerstand eine Westinghouse W4 als Führerbremsventil ein. Die für die Bremse benötigte Druckluft wurde in der an der Rauchkammer montierten Luftpumpe erzeugt und unter dem Führerhaus in einem Druckbehälter gelagert.

Diese Lokomotiven waren für den gemischten Betrieb ausgelegt worden. Sie sollten sowohl vor schnellen Reisezügen, wie auch vor schweren Güterzügen eingesetzt werden. Das dazu notwendige Traktionsprogramm sah für die Maschine die Beförderung von 280 Tonnen Anhängelast auf 15 Promille Steigung mit 20 km/h vor. Die Lokomotive war also zugkräftig und schnell, was sie universell einsetzbar machte.

Sie waren damit den Lokomotiven für Hauptbahnen voraus. Die hatten damals noch keinen Anlass, solche grossen Maschinen zu beschaffen, denn mit den auf Hauptbahnen zulässigen Achsdrücken konnte dieselbe Leistung in einer 3/4-gekuppelten Lokomotive problemlos erzeugt werden. Nur schon diese Tatsache zeigt deutlich, dass die Thunerseebahn als Nebenlinie konzipiert war. Die gelungene Arbeit der SLM, konnte dann mit mehreren Maschinen für andere Privatbahnen gekrönt werden.

Mit der Lokomotive konnten die schweren Güterzüge auf der Strecke nach Därligen übernommen werden. Die erhoffte Entlastung für die Lokomotiven der Bauart Ed 3/3 trat so ein. Das gab schliesslich auch Anlass, die Züge schon durchs Gürbetal zu bespannen. Die Ec 4/5 stellte so Ed 3/3 für den Umbau frei. Neben den Güterzügen konnte man die Lokomotive aber auch vor Schnellzügen finden. Der Kampf mit den Dampfschiffen war nun ausgeglichener.

1912 baute man bei der Lokomotive Nummer 11 einen Überhitzer ein. Durch den nun entstehenden Heissdampf musste auch ein neuer Dampfzylinder eingebaut werden. Der neue Hochdruckzylinder hatte jedoch die gleichen Abmessungen, wie das alte Modell. Zur Kennzeichnung erhielt die Lokomotive analog der Maschinen der SBB am Kamin einen Ring aus Messing. Die neuen höheren Temperaturen sorgten auch dafür, dass die Steuerventile durch solche der Bauart Lentz ersetzt werden mussten.

Als der elektrische Betrieb 1915 auf dem Abschnitt Scherzligen - Spiez aufgenommen wurde, waren auch diese Lokomotiven überzählig geworden. Dabei waren zwei Gründe massgebend. Einerseits fielen nun die Züge auf einem Teilabschnitt weg und andererseits waren die Güterzüge leichter geworden. Leichter daher, da keine Baustoff für den Bau einer Bahnlinie mehr transportiert werden mussten, die war ja fertig.

Die BLS hatte nun für den Abschnitt von Spiez nach Interlaken und Bönigen genügend Dampflokomotiven im Bestand. So kam es, dass die Lokomotive Nummer 12 im Jahre 1916 an die noch mit Dampf betriebene Gürbetalbahn abgegeben wurde. Diese Lokomotive bekam so noch eine befristete Gnadenfrist, befristet daher, da man im fernen Bern beschlossen hatte ein Dekret zu erlassen. Dieses behandeln wir dann bei den betroffenen Bahnen.

Mit der Ankunft der ersten elektrischen Lokomotive in Interlaken, beziehungsweise Bönigen, war es um die letzte Ec 4/5 bei der Bern - Lötschberg - Simplon - Bahn BLS geschehen. Die Lokomotive wurde im Jahre 1921 an die Österreichischen Bundesbahnen ÖBB verkauft und erhielt dort die Bezeichnung 379.01. Damit war die letzte Lokomotive dieser Bauart vom Netz der ehemaligen Thunerseebahn verschwunden.

 

TSB Ec 3/5 Nr. 41 und 42

Baujahr: 1905 - 1907 V. Max: 65 km/h
Gewicht: 55.1 t Länge: 10'950 mm
Heizfläche: 113.1 m2 Zylinderdurchmesser: 2x 440 mm

Zur Jahrhundertwende hatte die Thunerseebahn bereits ein Verkehrsaufkommen erreicht, das mit dem bisherigen Lokomotivbestand kaum bewältigt werden konnte. Die TSB entwickelte sich von der Nebenbahn zur kleinen Vollbahn. Da konnten die alten Lokomotiven einfach nicht mehr mithalten. So war klar, dass die Bahn neue Lokomotiven benötigte, auch wenn in absehbarer Zeit alles grundlegend ändern würde.

Die junge SBB übergaben in Scherzligen ständig schwerere Züge. Gerade der Wechsel des Besitzers der Zubringerstrecke war dramatisch, denn die SBB begannen nun damit die Züge mit ihren grossen Lokomotiven der Reihen B 3/4 oder gar A 3/5 nach Thun zu bringen. Die Thunerseebahn konnte diese Züge jedoch nur mit den Ec 4/5 übernehmen und nach Interlaken führen. Die anderen Maschinen waren dabei schlicht überfordert. Nur die Ec 4/5 fehlten dann vor den schweren Güterzügen nach Frutigen.

Anderseits waren auch kürzere Fahrzeiten erforderlich. So wollte man den Kampf mit der Konkurrenz mit den Dampfschiffen aufnehmen und endgültig zu Gunsten der Bahn entscheiden. Die Thunerseebahn erneuerte deshalb ab 1904 ihren Oberbau, um so die Höchstgeschwindigkeit von 45 auf 60 km/h anzuheben. So konnten aber auch schwerere Lokomotiven eingesetzt werden. Einfach gesagt, jetzt hätten die schweren Lokomotiven der Vollbahn auf der TSB verkehren können.

Obwohl die Thunerseebahn nicht zu einer der sehr grossen Bahnen in der Schweiz gehörte, war sie immer wieder Innovativ genug um sehr spezielle Fahrzeuge zu beschaffen. Erinnern will ich hier an die von der Arth - Rigi - Bahn abgekaufte Lokomotive E 3/3 mit der Nummer 73. 1905 sollte aber eine ganz besondere Maschine angeschafft werden. Die Thunerseebahn wollte mit dieser Lokomotive den Verkehr auch wirtschaftlicher ausführen können.

Die bisherigen Lokomotiven waren ausschliesslich für einen Betrieb in einer Fahrrichtung ausgelegt worden. Das bedingte, dass die Lokomotive nach Ankunft im Endbahnhof gewendet werden musste. Diese Lösung, die man bei Vollbahnen mit Hauptstrecken von den grossen Maschinen mit Schlepptender her kannte, schränkte den Verkehr auf einer Nebenbahn massiv ein.

Die Züge mussten immer bis zu einem Bahnhof geführt werden, der über die benötigte Drehscheibe verfügte. Wollte man einen Zug vorzeitig wenden, musste die Lokomotive in langsamer Fahrt bis zu einem Bahnhof fahren, der über eine Drehscheibe verfügte. Dort ging dann nochmals Zeit verloren um die Lokomotive zu wenden. Die Idee der Thunerseebahn war nun, eine Lokomotive zu beschaffen, die in zwei Richtungen verkehren konnte.

Als erste schweizerische Privatbahn beauftragte die Thunerseebahn die in Winterthur ansässig SLM mit der Entwicklung einer Lokomotive mit drei Triebachsen und der Einrichtung für einen Zweirichtungsbetrieb. Dabei musste die Lokomotive in beiden Fahrrichtungen die gleiche Höchstgeschwindigkeit fahren. Diese sollte in Anbetracht der Strecke bei 65 km/h liegen. Daraus ergab sich eine Lokomotive mit der Bezeichnung Ec 3/5 und der Achsanordnung 1'C'1.

Damit war es aber noch nicht getan, denn die Thunerseebahn wollte auch im Unterhalt rationeller arbeiten. Daher sollten nach Möglichkeit Bauteile der erst kurz zuvor abgelieferten Ec 4/5 verwendet werden können. So wollte die finanziell immer etwas schwach dastehende Bahngesellschaft einen Vorteil erzielen. Rationalisierungen sind also keine Erscheinung der Neuzeit und wurden früher schon umgesetzt. Wenn sich hier die grossen Bahnen nicht beteiligten, kleinere Privatbahnen kämpften schon früh um jeden Rappen.

Der Rahmen der neuen Lokomotive wurde nach den üblichen Kriterien als Barrenrahmen aufgebaut. Er war gegenüber der Ec 4/5 um ein paar Zentimeter länger geworden. Diese Verlängerung um 150 mm musste vorgenommen werden, weil die Achsfolge anders aufgebaut werden musste. Der Abschluss war auch hier der Stossbalken mit den beiden Puffern. Jedoch wurden nun auf beiden Seiten Schienenräumer montiert.

Der bei dieser Lokomotive verwendete Kessel war in seinem Aufbau, dem Betriebsdruck und den Abmessungen mit dem Kessel der Ec 4/5 identisch und konnte unter den beiden Baureihen ausgetauscht werden. Daraus ergaben sich für die Heizflächen und die Rostfläche auch identische Abmessungen. Die Vorhaltung von Ersatzkesseln und Ersatzteilen für die Feuerbüchse konnte so deutlich verringert werden.

Das Führerhaus entsprach in seinen Abmessungen auch jenem der Ec 4/5. Hier konnten zwar keine Vorteile gewonnen werden, vielmehr baute der Hersteller einfach immer wieder solche Führerhäuser. Hier war also mehr die SLM als die TSB verantwortlich. Dabei waren das leicht gewölbte Dach, die grosse seitliche Öffnung ohne Pfosten und die integrierten Kohlefächer und Wasserkästen nur in Details anders.

So veränderte man bei diesen Lokomotiven gegenüber den Ec 4/5 die Verteilung der mitgeführten Vorräte. Zwar behielt man es auch hier bei 1.5 Tonnen Kohle, denn das war ein gut passender Vorrat. Der Vorrat an Wasser wurde jedoch durch einen zusätzlichen dritten unter dem Kohlekasten angeordneten Wasserkasten auf 7 m3 erhöht. So konnten längere Abschnitte ohne Halt befahren werden. Das wirkte sich auf die Gestaltung der Fahrpläne und so auf die Fahrzeit aus.

Das Laufwerk bestand aus der vorderen Laufachse, die als Bissellaufachse ausgeführt wurde, den drei Triebachsen und der hinteren als Adamsachse aufgebauten Laufachse. Alle Achsen wurden in Gleitlagern gelagert und mit Blattfedern abgefedert. Hier hatte sich diese Form des Aufbaus durchgesetzt und wurde von der SLM auch nicht mehr weiter verbessert, da man schon die ersten elektrischen Lokomotiven gebaut hatte und feststellte, dass dort vermutlich die Zukunft zu finden war.

Bei der Dampfmaschine griff man wieder zur bewährten Zwillingstechnik. Die Lösung mit dem Verbund hatte sich bei den Ec 4/5 nicht sonderlich bewährt. Der Verbund hatte seinen Vorteil nur in der Mehrlingstechnik der Maschinen mit Schlepptender. Bei den bei der Thunerseebahn verwendeten Triebwerken mit zwei Zylinder war der Einsatz von zwei Dampfzylinder für Hochdruck sinnvoller. Daher hatten die Zylinder hier wieder die gleichen Abmessungen.

Die Kolbenstange, die in den Zylindern mit einem Hub von 600 mm bewegt werden konnte, wurde über das Kreuzgelenk mit der Schubstange verbunden. Diese wiederum war an der mittleren Triebachse im Kurbelzapfen gelagert worden. Die beiden anderen Kuppelachsen waren dann mit Triebstangen mit dieser Achse verbunden. Dadurch ergab sich gegenüber den Ec 4/5 eine etwas steiler stehende Schubstange.

Abgebremst wurde die Lokomotive mit einer Klotzbremse, die jeweils einseitig auf alle Triebachsen wirkte. Die beiden Laufachsen, waren wie die meisten Laufachsen in der Schweiz, ungebremst. Das mit den Bremsklötzen verbundene Bremsgestänge wurde durch einen Bremszylinder oder durch eine Handspindelbremse, die als Handbremse wirkte, beeinflusst. Mit Hilfe eines Gestängestellers konnte die Abnützung der Bremsklötze durch das Personal nachgestellt werden.

Die Westinghousebremse, die nur mit der schnelleren P-Bremse arbeitete, steuerte  über ein einlösiges Steuerventil den Bremszylinder an. Für den Lokführer baute man im Führerstand ein gewohntes Führerbremsventil Westinghouse W4 ein. Die für die Bremse benötigte Druckluft wurde in der an der Rauchkammer montierten Luftpumpe erzeugt und unter dem Kohlekasten in einem Druckbehälter gelagert. Auch die Bremsausrüstung entwickelte sich nicht weiter, denn diese funktionierte so sehr gut.

Die Steuer- und Bremsapparate im Führerstand waren wegen dem Betrieb mit zwei Fahrrichtungen doppelt angeordnet worden. Der Lokführer hatte so die Bedienelemente immer so, wie er es gewohnt war. Der Geschwindigkeitsmesser, der von der hintersten Triebachse aus mechanisch angetrieben wurde, konnte bei Rückwärtsfahrten in einem Spiegel beobachtet werden. Diese zusätzlichen Einrichtungen erleichterten die Arbeit des Lokomotivpersonals auf der Fahrt.

Diese Maschinen bildeten eine erste Etappe der Rationalisierung der Zugförderung auf der Thunerseebahn. Mit ihnen konnten die Vorspanndienste abgebaut und das abdrehen an den Endbahnhöfen vermieden werden. Daher ist es wenig überraschend, wenn erwähnt wird, dass diese Lokomotiven die höchsten Laufleistungen der Bahnen in der BLS-Gruppe erreichten. Dabei dürfen aber die moderneren elektrischen Lokomotiven nicht herangezogen werden.

Die neuen Lokomotiven ersetzten die aus den Ed 3/3 umgebauten Lokomotiven Ec 3/4 vor den Zügen durch das Gürbetal. Erstmals gelang es der Thunerseebahn einen wesentlichen Vorteil gegenüber den Dampfschiffen zu erzielen. Die Züge waren nun plötzlich schneller als die Dampfer auf dem See. Die Leute nutzten daher nun auch die Züge ab Bern um ins Oberland zu reisen. der rationelle Betrieb wurde zum grossen Erfolg für die Thunerseebahn.

Lange währte der Einsatz dieser Lokomotive jedoch nicht. Nach nur gerade zehn Jahren wurde die Strecke Scherzligen - Spiez unter die Fahrleitung gestellt. Eine Lokomotive konnte sich dank der Möglichkeit in beiden Fahrrichtungen schnell zu fahren noch auf dem Abschnitt Spiez - Bönigen halten. Die zweite Lokomotive wurde an die Spiez - Erlenbach - Bahn abgetreten und wurde dort noch ein paar Jahre weiter eingesetzt.

Als schliesslich die ganze Strecke der Bern - Lötschberg - Simplon - Bahn mit einer Fahrleitung versehen war, wurde die noch gebliebene Ec 3/5 im Jahre 1921 ausrangiert. Gerade die Ausrangierung dieser doch recht guten und jungen Lokomotive, zeigt deutlich auf, wie verheerend sich das bernische Dekret auf die Dampflokomotiven der BLS-Gruppe auswirkte. Man konnte die alten Lokomotiven nicht mehr intern schieben.

Auch diese noch gut erhaltene Lokomotive nahm in der Folge den Weg nach Österreich unter die Räder. Die ÖBB reihte die Lokomotive mit der Nummer 130.01 in ihrem Bestand ein und setzte sie im Zeitraum von 1928 bis 1938 ein. Doch nach diesen zehn Jahren war der Kessel vermutlich nicht mehr zu retten, so dass die Lokomotive ausgemustert wurde. Eine in der Schweiz ersten normalspurigen Dampflokomotiven für den Zweirichtungsbetrieb verschwand so endgültig von den Schienen.

 

TSB Ec 4/6 Nr. 61 – 64

Baujahr: 1909 – 1910 V. Max: 65 km/h
Gewicht: 81.4 t Länge: 13'240 mm
Heizfläche: 182.7 m2 Zylinderdurchmesser: 2x 570 mm

Die mit dem Wechsel zu Vollbahn beschafften Ec 3/5  mit den Nummern 41 und 42 erwiesen sich jedoch sehr bald als ungenügend, da der Verkehr dank den kürzeren Reisezeiten weiter zunahm. Die Züge wurden schwerer und verkehrten in immer einem  dichteren Fahrplan. Es wurde immer enger auf der Thunerseebahn, das wirkte sich jedoch negativ auf die Stabilität des Fahrplans aus. Verspätungen waren die Folge. Man musste Gegensteuer geben.

Die steigende Zugdichte führte zur Inbetriebnahme der Ausweichen und Haltestellen Einigen und Faulensee. Die Ausweichen stabilisierten den Fahrplan, da nun Kreuzungen verlegt werden konnten. Ein verspäteter Zug hatte nicht so grosse Auswirkungen auf die anderen Züge. Ein planmässiger Halt war dort aber fast nicht möglich, denn dadurch hätte man den Zeitvorsprung gegenüber den Dampfschiffen aufgegeben und das wollte man nicht.

Nun wurde eine Lokomotive gefordert, die es ermöglichen sollte, diese zusätzlichen Haltestellen ohne Verlängerung der Fahrzeit zu bedienen und die bisher getrennt geführte Personen- und Schnellzüge zu schnellen Personenzügen zusammenzulegen. Dieser Zug musste aber weiterhin schneller von Scherzligen nach Interlaken fahren, als das der Raddampfer auf dem Thunersee tat. Die Niederringung der Dampfschiffe in einem erbitterten Wettlauf führte dazu, dass letztlich die BLS als Nachfolgerin der TSB die Schiffe übernehmen konnte.

Daraus ergab sich für die neue Lokomotive ein Betriebsprogramm, das das Führen von Schnellzügen von 400t sowohl in Vorwärts- als auch in Rückwärtsfahrt, das Wasserfassen während den normalen Zugshalten in Spiez und das Kohlefassen nur nach jeweils zwei Hin- und Rückfahrten vorsah. Der rationelle Einsatz sollte also weiter verfolgt werden. Die Thunerseebahn wurde zu einem recht gut organisierten Unternehmen.

Die Anforderungen an das Beschleunigungsvermögen führten zu einer relativ schweren Maschine mit 15 Tonnen Achsdruck bei vier Kuppelachsen und je einer Laufachse vorne und hinten. Die Thunerseebahn gab daher eine solche Maschine bei der SLM in Auftrag. Auf Grund der Höchstgeschwindigkeit der Strecke konnte die Geschwindigkeit bei 65 km/h belassen werden. So lautete die Bezeichnung der neuen Lokomotive Ec 4/6.

Der Rahmen der Lokomotive hatte einen Länge von 12'010 mm. Zusammen mit den beiden an den Stossbalken montierten Stangenpuffern wurde die fertige Lokomotive 13'240 mm lang. Die gegossenen Einzelteile wurden mit den Blechen mit der Hilfe von Nieten zu einem stabilen Barrenrahmen zusammen gefügt. Diese Bauweise hatte sich seit Jahren bei Dampflokomotiven bewährt, so dass hier keine Probleme zu erwarten waren.

Der Kessel wurde möglichst gross gebaut, so dass die Rauchkammer beinahe bis zum vorderen Stossbalken reichte. Die Heizfläche der Lokomotive betrug 182,7 m2, wobei 12,3 m2 auf die Feuerbüchse entfielen. Diese hatte zudem eine Rostfläche von 2.26 m2. Die maximal mögliche Heizfläche wurde dabei nicht erreicht, da der Kessel mit einem Überhitzer nach System Schmidt ausgerüstet. Dadurch konnte das Wasser im Kessel zu Heissdampf mit einem Betriebsdruck von 12 bar aufgeheizt werden.

Besonders bei der Lokomotive war die vor dem Kessel liegende Rauchkammer. Deren Türe war gegenüber den anderen Lokomotiven der Thunerseebahn recht spitzig ausgefallen. Das war eher überraschend, tat aber der Eleganz der Lokomotive keinen Abbruch. Zudem war der Kamin der Lokomotive nicht, wie bei anderen Lokomotiven mit Überhitzer üblich, mit einem Messingring versehen worden.

Das Führerhaus war ähnlich aufgebaut worden, wie jene der bisherigen Maschinen. Das bedeutete auch, dass es mit den Wasserkästen und dem hinter dem Führerhaus montierten Kohlefach eine Einheit bildete. Das eigentliche Führerhaus war einzig minimal länger ausgefallen. Die Wasserkästen verteilen sich auf beiden Seiten entlang des Kessels. Zusätzlich war unter dem Kohlenfach, das Platz für 2.5 Tonnen Kohle bot, ein dritter Wasserkasten montiert worden. Sie waren miteinander verbunden und hatten ein Fassungsvermögen von 8.0 m3 Wasser.

Mehr Aufwand investierte man in die Gestaltung des Laufwerkes. Damit wollte man den Problemen bei der Gleisführung von langen Lokomotiven entgegen wirken. Die Lokomotive erhielt deshalb zwei Krauss-Helmholtz-Drehgestell, die mit zusätzlichem Seitenspiel des Drehzapfens ausgeführt wurden. Dabei wurden die Laufachse und die angrenzende Triebachse in einer Art Drehgestell vereinigt. Dadurch konnten sich diese in den engen Kurven nach dem Gleis ausrichten.

Die beiden mittleren Triebachsen waren hingegen fest im Rahmen gelagert. Die Lokomotive hatte somit einen festen Radstand von lediglich 1.5 m, was deutlich unter den anderen Lokomotiven der Thunerseebahn lag. Dank diesem kurzen festen Achsstand war die Lokomotive für die vielen engen Kurven der Strecke entlang dem Thunersee bestens gerüstet. Ja, sie war hier sogar allen anderen Lokomotiven überlegen.

Sämtliche Achsen liefen in mit Öl geschmierten Gleitlagern. Dabei waren die Laufachsen und die im Krauss-Helmholtz-Drehgestell eingebundene Triebachse im Hilfsrahmen des Drehgestells gelagert worden. Zur Abfederung der Lokomotive verwendete man hoch liegende Blattfedern, die keine Dämpfer benötigten. Die Federn waren innerhalb des Rahmens angeordnet worden und so von blossem Auge nicht zu erkennen.

Bei der Dampfmaschine griff man auch hier zur bewährten Zwillingstechnik. Die Lösung mit dem Verbund hätte mit zusätzlichen Zylindern sicherlich eine höhere Leistung ermöglicht. Bei den, bei der Thunerseebahn verwendeten, Dampfmaschinen mit zwei aussen montierten Zylindern war der Einsatz von zwei Dampfzylinder für Hochdruck sinnvoller. Die Zylinder hatten daher einen Durchmesser von 570 mm, was für Hochdruckzylinder ohne Verbund schon recht gross war. Übertroffen wurde dieser Wert jedenfalls in der BLS-Gruppe nicht mehr.

Die Kolbenstange übertrug die in den Zylindern erzeugte Kraft über das Kreuzgelenk auf die Schubstange. Diese wiederum übertrug die Kraft mit Hilfe des Kurbelzapfens auf die dritte Triebachse. Dort wurde auch die Bewegung für die Walschaertssteuerung abgenommen. Da diese aber weiter vorne eingebaut wurde, musste eine lange Steuerstange verwendet werden. Das war der Nachteil der in einem flachen Winkel verlaufenden Schubstange. Die Entlastung des Kreuzgelenkes musste man sich mit langen Steuerstangen erkaufen.

Grosser Aufwand musste bei der Gestaltung der Kuppelstangen und somit beim Antrieb der Kuppelachsen betrieben werden. Die zweite Triebachse konnte dabei noch mit einer einfachen Stange, die fest in den beiden Kurbelzapfen lagerte, verbunden werden. Für die in den Gestellen gelagerten Triebachsen eins und vier mussten Kuppelstangen verwendet werden, wo der Kurbelzapfen in der Stange in einem Gleitlager beweglich gelagert war.

Abgebremst wurde die Lokomotive mit einer Klotzbremse, die jeweils einseitig auf alle Triebachsen wirkte. Die beiden Laufachsen, waren wie die meisten Laufachsen in der Schweiz ungebremst. Das mit den Bremsklötzen verbundene Bremsgestänge wurde durch einen Bremszylinder oder durch eine Handspindelbremse als Handbremse beeinflusst. Mit Hilfe eines Gestängestellers konnte die Abnützung der Bremsklötze nachgestellt werden.

Die Westinghousebremse, die nur mit der schnelleren P-Bremse arbeitete, steuerte über ein einlösiges Steuerventil den Bremszylinder an. Für den Lokführer baute man im Führerstand ein Westinghouse W4 als Führerbremsventil ein. Die für die Bremse benötigte Druckluft wurde in der am Kessel unmittelbar vor dem Wasserkasten montierten Luftpumpe erzeugt und unter dem Kohlekasten in einem Druckbehälter gelagert.

Eine Besonderheit dieser Lokomotiven war die eingebaute Regulierbremse. Diese bestand aus dem im Führerraum montierten Bremsventil und den Leitungen. Die Bremse wirkte also nicht, wie man erwartet hätte, auf die Lokomotive. Trotzdem bot die Regulierbremse bei langen Gefällefahrten den Vorteil einer einfachen Regulierung der Geschwindigkeit. Es war die einzige Lokomotive der Thunerseebahn die damit ausgerüstet wurde.

Die Steuer- und Bremsapparate im Führerstand waren wegen dem Betrieb mit zwei Fahrrichtungen doppelt angeordnet worden. Der Geschwindigkeitsmesser, der von der bei der hintersten Triebachse arbeitenden Kuppelstange angetrieben wurde, konnte bei Rückwärtsfahrten in einem Spiegel beobachtet werden. Diese zusätzlichen Einrichtungen erleichterten die Arbeit des Lokomotivpersonals auf langen Rückwärtsfahrten mit hoher Geschwindigkeit.

Die Ec 4/6 erfüllten die in sie gesteckten Erwartungen vollumfänglich. Sie brachten der Thunerseebahn eine weitere namhafte Rationalisierung ihres Betriebes. Die Maschinen pendelten bis zur 1915 erfolgten Elektrifizierung der Strecke Scherzligen – Spiez zwischen Scherzligen und Interlaken. Dabei konnten nun alle Haltestellen mit allen Zügen bedient werden und der Zug war immer noch schneller als das Dampfschiff auf dem See. Die Gesellschaften mit den Dampfschiffen hatten endgültig das Nachsehen, was letztlich deren Untergang bedeutete.

Nach der 1910 abgeschlossenen Oberbauerneuerung gelangten die Lokomotiven gelegentlich für Versuchszüge oder als Ersatz für defekte elektrische Lokomotiven auf die Strecke Spiez – Frutigen. Jedoch waren diese Einsätze mit der Zeit immer seltener. Einsätze auf den anderen von Spiez oder Thun aus abgehenden Strecken waren für die Lokomotive schlicht unmöglich, denn der Oberbau dieser Strecken war für diese Lokomotive zu schwach.

Die Karriere der Ec 4/6 vor Reisezügen war aber recht kurz. Denn nach nur knapp fünf Jahren Betrieb wurde die Fahrleitung eingeschaltet und die Lokomotive verkehrte in der Folge mit ihren Zügen noch zwischen Spiez und Interlaken oder Bönigen. Doch auch diese Einsätze endeten bereits nach weiteren fünf Jahren. Nun konnten alle Strecken der ehemaligen Thunerseebahn mit elektrischen Lokomotiven befahren werden.

In der Folge waren die neueren Lokomotiven ab 1921 auf der Strecke Bern - Neuenburg im Einsatz. Dabei wurden die Lokomotiven dazu nicht mehr umgeteilt und blieben im Bestand der BLS. Bereits 1928 konnte aber auch auf der BN die Fahrleitung eingeschaltet werden. Die Ec 4/6 verloren erneut ihre Aufgaben. In der Folge bildeten diese vier Lokomotiven noch bis 1933 die vom Fahrdraht unabhängige Reserve.

Im Jahre 1933 wurden dann bis auf die Lokomotive Nummer 61 alle Maschinen dieser Bauart nicht mehr benötigt. Die BLS verfügte die Ausrangierung der drei Lokomotiven und führte diese dem Abbruch zu. Die verbliebene Lokomotive wurde dann noch während 33 Jahren als Schiebelokomotive hinter der Dampfschneeschleuder und somit hinter dem einzigen durch die BLS angeschafften Dampffahrzeug verwendet. Sie wurde dann 1966 zusammen mit der Schneeschleuder ausrangiert und abgebrochen.

In der Schweiz kamen keine weiteren Lokomotiven mit dieser auch als Mikado bezeichneten Achsanordnung in Betrieb. Jedoch wurden in Frankreich 190 Lokomotiven ähnlicher Bauart erfolgreich eingesetzt. Als die letzte Maschine dieser erfolgreichen Baureihe ausrangiert wurde, wollte niemand ein Exemplar der Nachwelt erhalten. Der historische Wert schien auf Grund der sehr kurzen Karriere dieser Lokomotive nicht sehr gross, sehr zum bedauern vieler Freunde der Dampflokomotive.

Mit der Ec 4/6 endete auch die Ablieferung von Lokomotiven an die Thunerseebahn. Diese Bahngesellschaft ging in der Folge in der BLS auf. Diese überspannte die Gleisanlagen mit einer Fahrleitung und bestellte in der Folge nur noch elektrische Triebfahrzeuge für die Strecke zwischen Scherzligen und Bönigen. Mit der Ec 4/6 endete 1966 aber auch der Dampfbetrieb bei der BLS-Gruppe. Die BLS war nun endgültig vom Dampf befreit worden.

 

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