Druckluft und Bremsen

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Auch die gigantischen Lokomotiven der Baureihe Ae 8/14 benötigten Druckluft. Diese wurde auch hier für die Schaltungen und die Bremsen benötigt. Wie bei den älteren Lokomotiven wurde dazu die Erzeugung der Druckluft auf dem Fahrzeug sichergestellt. So erhielten die Lokomotiven eine Anlage für die Druckluft und natürlich einen Kompressor. Wer meint, dass man nun einheitlich vorgegangen wäre, irrt sich erneut.

Die Erzeugung der Druckluft wurde bei den ersten beiden Lokomotiven mit einem Kompressor verwirklicht, der im kleinen Vorbau der Hälfte eins platziert wurde. So konnte der dort vorhandene Raum optimal ausgenutzt werden und im Maschinenraum hatte man Platz für andere Komponenten. Bei der  Nummer 11 852 mussten die beiden Kompressoren jedoch in den Maschinenraum verlagert werden, da dort die Vorbauten fehlten.

Erzeugt wurde die Druckluft bei der Lokomotive Nummer 11 801 mit Hilfe eines von der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM entwickelten neuartigen Kompressors.

Dieses als Rotationskompressor konstruierte Modell bewährte sich bereits auf den Ae 4/7 und wurde bei der hier vorgestellten Lokomotive auch verwendet.

Zudem reichte seine Leistung auch für den Luftbedarf bei einem Einsatz der Lokomotive vor langen Güterzügen.

Bei den anderen beiden Lokomotiven kam jedoch beim Kompressor ein anderer Typ zur Anwendung. Dieser stammte nicht mehr von der SLM in Winterthur und war als Kolbenkompressor konstruiert worden.

Unterschiede bei den beiden Lokomotiven der MFO bestanden eigentlich nur darin, dass die Lokomotive mit der Nummer 11 851 gegenüber der jüngeren Schwester mit der Nummer 11 852 nur einen Kompressor erhalten hatte.

Der Kompressor verdichtete die von der Umgebung ange-saugte Luft und drückte diese in das angeschlossene Leitungssystem. Eine Aufbereitung der Druckluft gab es jedoch nicht mehr, so dass diese nach dem Kompressor zusammen mit dem entstandenen Wasser und Öl ins Leitungssystem kam. Ein einfacher Wasserabscheider verhinderte, dass zu viel Wasser in die Leitungen kam. Damals durchaus eine übliche Druckluftanlage.

Soweit waren sich die Konstrukteure bei den Lokomotiven einig. Jedoch wurde die Lagerung der entstanden Druckluft bei den Lokomotiven anders gelöst. Die BBC führte bei der Lokomotive Nummer 11 801 die im Vorbau entstandene Druckluft durch die gesamte Lokomotivhälfte zu den bei der Kurzkupplung unter dem Rahmen montierten Druckluftbehältern. Dabei hatte jede Hälfte einen eigenen Behälter bekommen.

Bei den anderen beiden Lokomotiven aus Oerlikon wählte man für die Position der Hauptluftbehälter eine andere Lösung.

Auch hier wurde bei jeder Hälfte ein Druckkessel montiert. Dabei wählte man jedoch die Position unter dem Stossbalken.

Das bedeutet, dass die Leitung durch die ganze Lokomotive geführt werden musste, damit man den Druckluft-behälter der anderen Hälfte mit Druckluft versorgen konnte.

Bei der Kurzkupplung wurden die Leitungen zur Verbindung mit fest montierten Luftschläuchen verwirk-licht. Sie konnten daher nur in der Werkstatt gelöst werden.

Technisch wäre aber auch eine Montage an der gleichen Stelle, wie bei der Lokomotive Nummer 11 801 möglich gewesen. Man entschied sich bei der MFO aber, die beiden Hauptluftbehälter an dieser doch ungewohnten und recht exponierten Stelle zu platzieren. Die Gefahr, dass die Druckluftbehälter durch auf dem Gleis liegende Gegenstände während der Fahrt beschädigt werden konnten, war deshalb recht gross.

Die Lokomotive Nummer 11 851 trug den Luftbehälter deshalb vor sich her wie ein kleines Fässchen. Dass sich dabei das Bahnpersonal an einen berühmten Hund erinnerte, war nur logisch. Das trug der Maschine sehr schnell den Übernamen "Barri" oder „Bernhardiner“ ein. Barri war der Name eines Bernhardinerhundes, der auf Bildern mit dem kleinen Fässchen am Halsband dargestellt wurde. Bei der Schwester mit der Nummer 11 852 verhinderten die Verschalungen, dass man die Behälter hätte sehen können.

Damit haben wir die wichtigsten Unterschiede bei den drei Lokomotiven bereits kennen gelernt. Bei allen drei Lokomotiven dieser Baureihe wurden die Hauptluftbehälter mit speziellen Absperrhähnen gegen das Leitungssystem und den Kompressor versehen. Diese Hauptluftbehälterhähne verhinderte, dass die im Kessel gespeicherte Druckluft bei abgestellter Lokomotive entweichen konnte. So war sicher zum Einschalten der Maschine genügend Druckluft vorhanden.

Musste die ersten beiden Lokomotiven in Betrieb genommen, wenn der Vorrat an Druckluft nicht ausreichend war, konnte die Druckluft auch von Hand erzeugt werden. Dazu war auf den Lokomotiven eine Handluftpumpe montiert worden.

In Anbetracht der langen Leitungen dieser Maschinen, war das eine Aktion, die in die Arme ging und die den Lokführer zum Schwitzen brachte. Bei der dritten Lokomotive kann jedoch ein spezieller Hilfsluftkompressor zum Einsatz.

Die im Kompressor erzeugte und im Hauptluftbehälter gespeicherte Druckluft stand mehreren Verbrauchern zur Verfügung. Dazu gehörten auch die Apparate der elektrischen Ausrüstung und somit die Energieversorgung der Lokomotive.

Ohne diese konnte aber keine Druckluft erzeugt werden. Daher wurde die vorher erwähnte Handluftpumpe beziehungseise der Hilfsluftkompressor benötigt. Die mechanischen Baugruppen konnten auch später in Betrieb genommen werden.

Wichtigster Verbraucher überhaupt waren die Bremsen der Lokomotive und des angehängten Zuges. Diese teilten sich in die pneumatischen Bereiche und in die mechanischen Bauteile auf. Wir betrachten nun die Bremsen zuerst vom pneumatischen Teil und kommen danach zu den mechanischen Bereichen der Bremsen. So viel sei hier schon verraten, bei der Ausrüstung der Bremsen waren sich die Lokomotiven bis auf wenige Details einig.

Die pneumatischen Bremsen der Lokomotiven bestanden aus zwei unabhängigen Bremssystemen. Einfacher aufgebaut war dabei die Regulierbremse, die über ein im Führerstand eingebautes Steuerventil bedient wurde.

Durch verdrehen des Regulierbremsventils  wurde mehr oder weniger Druckluft in die Leitung, die auch zum Stossbalken geführt wurde gepresst. Die an dieser Leitung angeschlossenen Bremszylinder wurden daraufhin ausgestossen.

Um die Regulierbremse der Lokomotiven und des damit ausgerüsteten Zuges wieder zu lösen, drehte man das Handrad des Regulierbremsventils in die andere Richtung. Dadurch wurde die Leitung entleert und die Bremse wieder gelöst. Dadurch handelte es sich bei dieser Bremse um eine direkt wirkende Bremse, die keine besonderen Merkmale bot. Bei einer Zugstrennung löste sich diese Bremse infolge des Druckverlustes.

Damit man auf dem Zug und der Lokomotive auch eine Bremse hatte, die bei einer Zugstrennung den Zug sicher zum Stehen brachte, baute man ein zweites Bremssystem ein.

Dieses zweite Bremssystem war eine Westinghousebremse. Diese indirekt wirkende Bremse wurde dabei oft auch als automatische Bremse be-zeichnet.

Je nach Aufbau der verwendeten Bauteile, war es jedoch immer wieder eine Westinghousebremse.

Bei der Westinghousebremse wurde die Luft der Apparateleitung, also der Leitung von den Hauptluftbehälter, einem speziellen Bremsventil zuge-führt.

Dieses Bremsventil beeinflusste darauf-hin eine Leitung, die durch den ganzen Zug verbunden wurde und die abgeschlossen war, mit Druckluft. Der maximale Druck in dieser Leitung betrug fünf bar. Damit war die Bremse gelöst und der Zug konnte rollen.

Wurde die Leitung geöffnet, oder der Lokführer senkte den Druck in der Leitung, wurde der Druck in der Leitung reduziert. Dadurch wurde ein weiteres Bremsventil, das bei allen mit dieser Bremse ausgerüsteten Fahrzeugen, eingebaut wurde umgesteuert. Durch diese Umsteuerung gelangte nun Druckluft aus einem zusätzlichen Behälter in den Bremszylinder und dieser wurde ausgestossen. Die Bremsen sprachen somit bei Druckverlust an.

Auf den Lokomotiven wurde ein einlösiges Steuerventil aus dem Hause Westinghouse eingebaut. Es hatte sich in den vergangenen Jahren bei vielen Fahrzeugen bewährt und konnte auf Lokomotiven bedenkenlos verwendet werden, da hier die Regulierbremse jederzeit zur Verfügung stand. Jedoch musste bei der Bedienung daran gedacht werden, dass bei gelöster Lokomotive über 230 Tonnen ungebremst verkehrten.

Schliesslich war die Lokomotive sowohl für Reisezüge, als auch für Güterzüge vorgesehen. Dazu stand im Führerstand ein Umstellhahn zur Verfügung. So konnte die Lokomotive mit der schneller wirkenden P-Bremse arbeiten. Wurde der Hahn jedoch umgestellt, kam die langsamer wirkende G-Bremse zur Anwendung. Der Unterschied betraf jedoch nicht die Hauptleitung, sondern nur das Steuerventil auf der Lokomotive.

Damit können wir nun zum Bremszylinder und somit zum mechanischen Teil der Bremsen wechseln.

Auf jeder Hälfte der Lokomotive kamen zwei Bremszylinder zum Einbau. Jeder Bremszylinder wurde mit einem eigenen Steuerventil versorgt.

Damit konnte die pneumatische Bremse nur zu einem bestimmten Anteil ausgeschaltet werden, was in Anbe-tracht des grossen Gewichtes der Lokomotive ausge-sprochen wichtig war.

Jeder Bremszylinder wirkte dabei auf ein Java-Drehgestell und die benachbarte Triebachse. Damit können wir uns bei der Betrachtung der mechanischen Bremsen auf diesen Bereich beschränken, denn die anderen Bereiche waren schliesslich identisch.

Nicht gebremst wurde jedoch die mittlere Laufachse. Der Grund lag hier in erster Linie beim Adhäsionsver-mehrer. Wobei ungebremste Laufachsen in der Schweiz keine Seltenheit waren, und sogar als Standard angesehen werden können.

Durch den Bremszylinder wurde bei den gebremsten Achsen ein Gestänge bewegt, dass letztlich die Bremsung der Lokomotive umsetzte. Dieses Bremsgestänge konnte mit Hilfe eines manuell verstellbaren Gestängestellers an die Abnützung der Bremsklötze angepasst werden. Daher war die Wirkung der Bremsen in regelmässigen Abständen in einer Werkstatt zu prüfen und allenfalls das Gestänge anzupassen.

Letztlich sorgte der Aufbau des Bremsgestänges dafür, dass die Bremsklötze bewegt wurden und diese so gegen die Lauffläche der Räder gepresst wurden. Dadurch wurde die Reibung erhöht und das Rad an der freien Drehung gehindert. Damit der Verschleiss beim Bremsklotz lag, kamen Bremsklötze aus Grauguss zur Anwendung. Somit waren diese das Verschleissteil der mechanischen Bremse auf der Lokomotive.

Bremsklötze mussten daher komplett ausgetauscht werden. Ein Aufwand, der bei einem Bremszylinder den Tausch von zehn Bremsklötzen erforderte. Diese verteilten sich auf die Laufachse im Java-Drehgestell und die beiden Triebachsen.

Dabei wurde jede Triebachse mit vier Bremsklötzen, die gleichmässig auf die Räder verteilt wurden abgebremst. Die Laufachse besass hingegen nur zwei Bremsklötze. So ergaben sich die zehn Bremsklötze.

Mit einem Bremsklotz pro Rad war die Laufachse verhältnismässig schlecht abgebremst worden. Dadurch konnte sie aber mit dem gleichen Brems-gestänge und einem identischen Druck, wie die Triebachsen abgebremst werden.

Man konnte so einen eigenen, nur auf die Laufachse wirkenden Bremszylinder einsparen. Optimal abge-stimmte Bremsen waren daher auch bei den schwer-sten Lokomotiven nicht umgesetzt worden.

Von jedem Führerstand aus konnte mit der Hand-bremse, die mit einer Kurbel bedient wurde, das unmittelbar benachbarte Bremsgestänge beeinflusst werden.

Dadurch wurde auf den Lokomotiven eine kräftige Handbremse möglich, was bei einer so schweren Lokomotive nicht ohne Bedeutung war.

Trotzdem reichte in den Gefällen des Gotthards eine Handbremse nicht aus, um die Lokomotive zu sichern. Daher musste das Personal wissen, wann zwei Handbremsen angezogen werden mussten.

Wenn wir die Bremsen zusammenfassen wollen, dann haben wir insgesamt 40 Bremsklötze, die auf vier Bremsgestänge verteilt wurden. Das Bremsgestänge wurde wiederum mit je einem Bremszylinder bewegt, der von einem eigenen Steuerventil beeinflusst wurde. Im Vergleich war die Lokomotive damit mit einer verhältnismässig guten Bremse ausgerüstet worden. Dass die ganze Lokomotive keine pneumatische Bremse hatte, war daher nahezu ausgeschlossen.

Die Bremsleistung dieser Bremsen reichte dazu aus, dass maximal ein Bremsgewicht von 144 Tonnen mit der P-Bremse erzeugt werden konnte. Daher erreichte diese schwerste Maschine mit der Nummer 11 801 ein Bremsverhältnis von 58%. Die etwas leichteren Schwestern, standen jedoch nur unwesentlich besser da. Für jede Handbremse wurde ein Bremsgewicht von 20 Tonnen angegeben.

Neben den Bremsen als wichtigsten Verbraucher der Druckluft, wurden auf den Lokomotiven auch andere mechanische Funktionen mit Druckluft gelöst. Dazu gehörte sicher der auf die mittlere Laufachse wirkende Adhäsionsvermehrer. Dieser drückte mit einem Zylinder so gegen die Feder der Achse, dass diese entlastet wurde und so das Adhäsionsgewicht kurze Zeit erhöht werden konnte. Daher konnte hier keine Bremse eingebaut werden.

Zur Verbesserung der Haftreibung, wurden der Lokomotive pneumatisch betriebene Sander eingebaut. Diese wirkten jeweils auf die erste Triebachse eines Bremszylinders.  Daher war es dem Lokführer möglich vor die Triebachsen eins, drei, fünf und sieben Sand zu streuen. Die Lokomotive besass deshalb insgesamt 16 Sanderrohre mit den entsprechenden Behältern. Damals eine durchaus übliche Anordnung der Sandstreueinrichtungen.

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