Vorserienzug

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Bevor wir uns den neuen Triebzug genauer ansehen, müssen wir ein paar Worte zum Vorserienzug verlieren. Dieser sollte als erstes Fahrzeug ausgeliefert werden und er wurde für die zahlreichen Versuche benötigt. Gerade bei einem neuen Fahrzeug mit Neigetechnik waren in diesem Punkt sehr viele Fahrten zu erwarten. So sollte die Bauzeit auch verkürzt werden.

Entgegen kam dieser Idee die Konstruktion von Neigezügen. Diese mussten, wegen den höheren Geschwindigkeiten mit verringerten Achslasten versehen werden. Nur so konnten die Kräfte im Gleis soweit reduziert werden, dass die Werte für die neue Zugreihe nicht überschritten wurden. Erkannt hatte man diesen Effekt bei den Versuchen mit dem italienischen Pendolino und bei den Einheitswagen III.

Reduziert werden konnte das Gewicht nur, wenn Bauteile auf mehrere Fahrzeuge verteilt wurden. In der Folge sollten die Neigezüge eine auf das Fahrzeug verteilte Ausrüstung erhalten. Schon vom ETR 470 her bekannt waren die Transformator- und Stromrichterwagen. Gestorben waren damit aber die schweren konzentrierten Triebköpfe anderen Triebzüge der damaligen Zeit.

In Fall des hier vorgestellten Triebzuges waren zwei solche Ausrüstungen vorgesehen. Diese sollten zudem identisch aufgebaut sein. Daher war eine gewisse Redundanz vorhanden, denn die halbe Leistung stand immer noch bereit, wenn sich eine Ausrüstung komplett verabschiedet hatte. Das galt selbst für den auf dem Dach montierten Stromabnehmer.

Bei den Versuchen konnte man auf diese Versicherung verzichten, denn es sollten ja keine planmässigen Fahrten damit ausgeführt werden. Somit wurden lediglich drei Fahrzeuge des späteren Triebzuges für die Versuchsfahrten benötigt. Da dieser jedoch der späteren Serie entsprechen sollte, wurden diese drei Teile so aufgebaut, wie das bei den fertigen Triebzügen der Fall war.

Das führte in der Folge jedoch dazu, dass nur ein Führerstand vorhanden war. So konnte man sich auf keine Fahrt begeben.

Damit man in beide Fahrrichtungen fahren konnte, wurde ein Steuerwagen eingereiht, der jenem der anderen Seite entsprach, jedoch nicht angetrieben wurde. Man hatte damit einem verkürzten Zug erhalten, dem man ausgiebig testen konnte.

Weitere Fahrzeuge der Serie wurden vorgezogen um diese zusätzlichen Tests zu unterziehen, die keine Fahrten erforderlich machten.

Dazu gehörten zum Beispiel die Versuche in der Klimakammer, aber auch andere Versuche zur Er-fassung der Kräfte im Fahrzeug waren damit vorge-sehen.

Jedoch mussten auch noch die neuen Drehgestelle erprobt werden und da kam es zu einer besonderen Lösung.

Jetzt waren auch die Hersteller aktiv geworden und um die Neigetechnik zu testen, mussten Versuche angestellt werden, bevor dieser Vorserienzug gebaut war.

Daher hatte sich insbesondere die SIG dazu durch-gerungen einen eigenen Versuchsträger zu bauen. Dieser spezielle Zug sollte die Erfahrungen mit der Neigetechnik liefern und so wertvolle Zeit gewinnen.

Der Neigezug der SIG ist nicht Bestandteil dieses Artikels. Jedoch sollen dazu auch einige Hinweise geliefert werden. Wichtig waren dort die verwendeten Drehgestelle und nicht der Rest des Fahrzeuges. Sitzplätze für Reisende wurden kaum benötigt und auf bestimmte Punkte beim Aufbau eines Triebzuges konnte ebenfalls verzichtet werden. Es entstand ein besonderes Fahrzeug.

Der mit einfachsten Mitteln aufgebaute Versuchszug bestand aus drei Fahrzeugen, die aus gebraucht gekauften Schlafwagen der britischen Baureihe Mk III entstanden. Dank dem engen Lichtraumprofil in Grossbritannien konnte die Neigetechnik auch ohne spezielle Kästen erprobt werden. Wichtig dabei war eigentlich nur, dass es sehr schnell gehen musste.

Die drei Wagen dieses Zuges sollten zumindest zu Beginn der Versuche von vorhandenen Lokomotiven gezogen werden. Daher erhielten die Fahrzeuge keine Bezeichnung eines Triebzuges, sondern von ein-zelnen Wagen.

Jeder davon war als Versuchsträger ausgebaut worden. Die Inno-vation befand sich jedoch bei allen Wagen unter denselben in den Drehgestellen.

Der Wagen X 60 85 99-93 111-0 wurde als Labor für die Versuchs-fahrten genutzt. Hier befanden sich die erforderlichen Messeinrich-tungen für die Erforschung der lauftechnischen Eigenschaften eines Neigezuges.

Aber auch Nachforschungen über den Komfort wurden hier ausge-führt. Die Versorgung der Ausrüstung erfolgte ab einem Diesel-aggregat mit einer Leistung von 9 kW.

Beim zweiten Fahrzeug mit der Nummer X 60 85 99-93 112-8 handelte es sich um ein Vorführmodell, oder wie man auch sagen könnte, um den Servicewagen. Hier wurden Abteile eingebaut, die der Besatzung dienten und dabei für die Erprobung der Sitze genutzt wurden. Ein modernes Vakuum-WC gehörte ebenfalls im mit Nebenräumen versehenen Wagen dazu.

Das dritte Fahrzeug bekam die Nummer X 60 85 99 93 110-2. Er war als Steuerwagen vorgesehen und hatte ausser den Drehgestellen keine besonderen Einrichtungen erhalten. Dabei sollte es jedoch nicht bleiben, denn im Lauf der Versuche wurde dieser Wagen zu einem Triebwagen umgebaut. Dabei verbaute man die elektrische Einrichtung eines Traktors.

Anfänglich gezogen und geschoben wurde dieser spezielle Zug von unterschiedlichen Lokomotiven. Dazu gehörte zum Beispiel die Reihe Re 4/4 der BT. Die moderne Maschine hatte geringe Achslasten.

Jedoch kamen auch Modelle der neuen Reihe Re 460 zum Einsatz, die technisch in der Lage waren die Geschwindigkeiten der Neigezüge zu fahren.

Mit einer Leistung von lediglich 600 kW war das nur für eine Fahrrichtung ausgelegte Fahrzeug extrem schwach motorisiert worden. Da jedoch unter dem sonderbaren Fahrzeug hochwertige Drehgestelle mit Neigetechnik montiert worden waren, konnte dieser Versuchszug mit bis zu 160 km/h verkehren. Vorausgesetzt die Neigung war gross und der Rückenwind stark genug.

Gekostet hatte dieser unscheinbare Triebzug acht Millionen Schweizer Franken. Ein hoher Preis, der jedoch zum grössten Teil bei den zwölf eingebauten Drehgestellen zu suchen war. Diese waren nagelneue Modelle mit modernster Neigetechnik, die aus dem Baukasten der SIG stammten und daher die eigentlichen Versuchsträger dieses Zuges waren.

Als schliesslich der Vorserienzug fertig war und seine Fahrten aufnehmen konnte, wurde dieser Versuchszug abgebrochen. Wegen seiner kurzen Einsatzzeit waren daher kaum Bilder davon zu sehen. Man konnte damit jedoch wichtige Erfahrungen sammeln, die letztlich auch dazu beigetragen hatten, dass die hier beschriebenen Triebzüge gebaut werden konnten.

Das für den Vorserienzug vorgesehene Programm diente in erster Linie der Zulassung und hier handelte es sich auch um einen Zug, der in beiden Richtungen verkehren konnte. Der Rückstand gegenüber dem Ausland konnte man so sehr schnell aufholen, was deutlich zeigte, wie fähig die Konstrukteure der damaligen Zeit waren und was für Lösungen möglich gewesen wären.

Letztlich war es aber auch um den Vorserienzug geschehen. Obwohl die verwendeten Fahrzeuge in grossen Teilen dem in Serie gebauten Triebzug entsprachen, wurden die Fahrzeuge nach dem Abschluss der Versuche demontiert. Der Grund waren die aufgedeckten grossen Schwachstellen bei den Wagenkästen. Diese konnten nicht behoben werden, so dass die Fahrzeuge abgebrochen wurden.

 

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