Entwicklung und Beschaffung

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Die Lötschbergbahn hatte 1913 mit der Baureihe Fb 5/7 bereits erste spezielle Universallokomotiven mit fünf Triebachsen beschafft. Diese Anzahl Triebachsen war am Gotthard mit der Reihe C 5/6 im Güterverkehr bereits umgesetzt worden. Mit den neuen Maschinen wollte man auch in Zukunft dem Verkehr gewachsen sein und daher sollten für die neuen Modelle der Staatsbahnen auch neue Massstäbe angewendet werden.

Man definierte im Direktorium drei grundlegende Lokomotiven. Diese sollten dann für die vorgesehenen Verkehre ausgelegt werden. Spezielle Universallokomotiven wollte man bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB jedoch nicht beschaffen. Die Dampflokomotiven zeigten, dass man mit spezialisierten Lokomotiven durchaus sehr erfolgreich arbeiten konnte. Wir wollen uns nun aber diese drei Typen ansehen und nicht über den Sinn nachdenken.

Für den Regionalverkehr und den leichten bis mittelschweren Schnellzugsdienst wünschte man eine Lokomotive mit drei Triebachsen. Damit sollte die Zugkraft ungefähr jener der Baureihen A 3/5, oder B 3/4 entsprechen. Am Gotthard reichte das gerade einmal für den Regionalverkehr, denn die schwersten Reisezüge wurden schon jetzt mit Dampflokomotiven C 4/5 befördert, die für den Güterverkehr ausgelegt waren.

Damit hatte man hier sicherlich den gleichen Effekt, wie bei der Reihe A 3/5. Die Lokomotiven sollten jedoch mit leichten Zügen beschäftigt werden und daher nicht zu den grössten Maschinen dieser ersten Beschaffung, zählen. Die Idee war klar, mit den neuen Modellen wollte man jeden Bereich optimal abdecken. Unnötige Lokomotiven wollte man im Bestand nach Möglichkeit vermeiden. Das führte dann zum Verzicht auf diesen leichten Typ.

Wobei für diese Lokomotive ein Prototyp gebaut wurde. Dieser sollte aber das Schicksal der hier vorgestellten Baureihe teilen. Um vollständig zu bleiben, müssen wir diesen weiteren Exoten schnell ansehen. Gebaut wurde er von der MFO, das aber auch nur, weil man sich dort sich die Entwicklung der Güterzugslokomotive ersparen konnte, denn diese war bei der Wahl der Prototypen bereits im Einsatz gewesen.

Ausgeliefert wurde diese Lokomotive als Reihe Fb 3/5. Wegen dem Beginn der elektrischen Traktion im Raum Bern, kam sie nicht an den Gotthard. Die später als Be 3/5 bezeichnete Maschine wurde als «Zuger Berta» bekannt. Dabei wurde der Einsatz im Raum Zug und der damals gültige Wortlaut für den Buchstaben B genommen. Es sollte einer der Exoten auf dem Netz der Staatsbahnen werden und davon gab es viele.

Die Lokomotiven für die schweren Schnellzüge sollten vier Triebachsen erhalten. Damit erreiche man eine Steigerung der Zugkraft, womit schwerere Reisezüge und leichte Güterzüge gezogen werden konnten. Man durfte jedoch noch nicht von einer Universallokomotive sprechen. Deutlich war hier zu erkennen, dass die Gotthardstrecke für Reisezüge bereits um 1915 vier Triebachsen verlangte. Im Mittelland war man gerade bei drei Achsen angetroffen.

Die Reihe C 4/5 kam daher immer öfters auch vor Reisezügen zum Einsatz. Bei den elektrischen Lokomotiven machte man nun den Schritt zu Ende und wünschte daher Maschinen mit vier Triebachsen. Damit war hier schnell klar, dass es zu einer Reihe Fb 4/6 kommen sollte. Wegen den engen Kurven wurde dann jedoch daraus die Baureihe Fb 2x 2/3. Diese Serie wird an anderer Stelle vorgestellt und hier nicht weiter behandelt.

Übrig blieben damit noch die schweren Güterzüge. Diese wurden bisher mit Lokomotiven befördert, die über fünf Triebachsen verfügten. Die Steigerung der Gewichte verlangte aber kräftigere Maschinen. So war klar, dass nun der Schritt zu sechs Triebachsen erfolgen sollte. Die Güterzüge sollten hier die Werte für die maximalen Triebachsen in der Schweiz erneut erhöhen. Dafür gab es bereits ein Muster, denn bei der BLS verkehrte die Fc 2x 3/3.

Gerade hier verhinderte die frühe Elektrifikation der Bergstrecke grosse und fast gigantische Dampflokomotiven, wie es sie später in den USA oder in anderen Teilen der Welt gab.

Die Schweiz verdankte daher dem ersten Weltkrieg die kleinen und noch eleganten Dampflokomotiven der Jahrhundertwende. Mit einer BR 01 oder BR 52 der DB konnten diese nie mithalten, denn dann war auch die Lokomotive hier bereits abgelöst worden.

Für alle Lokomotiven wurden daher zur Erprobung Prototypen bestellt. Die in der Schweiz ansässigen Elektriker wurden zu entsprechenden Eingaben gebeten. Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB konnten dabei nur in der Schweiz bestellten, denn den Staatsbahnen waren in diesem Punkt die Hände durch Gesetze gebunden. Das Pflichtenheft für die Lokomotiven war sehr vage umschrieben worden und so gab es drei Modelle mit unterschiedlichen Achsfolgen.

Hier wollen wir nun die Versuchslokomotive für die schweren Güterzüge näher betrachten. Die anderen Lokomotiven wurden zum Teil schon an anderer Stelle beschrieben, oder kamen nie an den Gotthard. Speziell bei der hier beschriebenen Maschine war eigentlich alles, oder doch wieder nichts. Daher beginnen wir zuerst beim Pflichtenheft für diese Lokomotive. Erst dann können wir alle Fragezeigen ausräumen.

Das Pflichtenheft sah eine elektrische Lokomotive für den schweren Güterverkehr auf einer Gebirgsstrecke vor. Obwohl nicht speziell erwähnt, konnte man davon ausgehen, dass damit wohl der Gotthard gemeint war. Damit lassen sich weitere Punkte im Pflichtenheft erklären, denn es handelte sich um eine reine Lokomotive für Güterzüge. Die Idee mit drei unterschiedlichen Typen wurde damit auch gelebt und stand so im Pflichtenheft.

Die Lokomotive sollte über eine Leistung von rund 2 000 PS verfügen. Ein Wert, der heute eher gering er-scheint.

Im Vergleich zu den Dampf-lokomotiven war es aber eine massive Steigerung.

Die Modelle der BLS zeig-ten aber bereits, dass durchaus auch höhere Lei-stungen möglich gewesen wären. Die dort eingesetzte Baureihe Fb 5/7 hatte stolze 2 500 PS erhalten und galten daher als die stärksten Lokomotiven weltweit.

Es stellt sich die Frage, warum man bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB nicht diesen Wert anstrebte. Der Grund war die Gotthardstrecke. Diese wurde um 1882 für die damaligen maximalen Werte von 18 Tonnen bei Triebachsen ausgelegt. Da am Lötschberg von Beginn an elektrisch gefahren wurde, erhöhte man dort die Achslasten auf maximal 20 Tonnen. So konnten auch höhere Leistungen bei den Lokomotiven installiert werden.

Im Raum steht jedoch die Frage, warum man nicht den Umstand nutzte, dass eine Triebachse mehr verbaut wurde. Bei Güterzugslokomotiven steht in erster Linie die Zugkraft im Vordergrund. Wegen den geringen Geschwindigkeiten der Güterzüge musste nicht zwingend eine hohe Leistung installiert werden. Es zeigt sich daher deutlich der Unterschied zur den Universallokomotiven, die auch schneller fahren mussten.

Die Zugkraft sollte leicht über jener der Baureihe C 5/6 liegen. Die elektrische Lokomotive sollte eine Stundenzugkraft von 15 000 kg aufweisen. Dieser Wert lag nur knapp über jenem der Dampfmaschine. Der Vorteil der elektrischen Lokomotive sollte nicht eine viel höhere Zugkraft sein, sondern die dabei erreichbare Geschwindigkeit. Diese lag bei der elektrischen Lokomotive bei 41 km/h und somit wesentlich höher, als bei der Reihe C 5/6.

Heute können wir das nur schwer verstehen, aber bereits bei der Loko-motive C 5/6 wurde in den Rampen des Gotthards bereits die Zughakenlast erreicht.

Diese konnte nicht so leicht erhöht werden und daher galten die gleichen Werte auch bei den neuen elektrischen Lokomotiven.

Diese sollten einfach etwas schneller fahren können. Das war der Grund für diese besonderen Werte, die im Pflich-tenheft aufgeführt werden.

Vergleichbar war die Höchstgeschwin-digkeit. Diese sollte, wie bei allen Modellen im Güterverkehr bei 65 km/h liegen. Damit reihte sich die Lokomo-tive bei den anderen Maschinen ein.

Eine höhere Geschwindigkeit wäre durchaus möglich gewesen, denn für die Schnellzüge sah man 75 km/h vor.

Die Lokomotive für den Güterverkehr wurde jedoch speziell darauf ge-trimmt. Ausgefahren wurden diese Werte schlicht noch nicht.

Die Güterzüge von damals fuhren nicht selten nur mit 40 km/h, da die benötigten Handbremsen keine höheren Geschwindigkeiten zugelassen hatten. Damit konnte die Leistung der elektrischen Lokomotiven für die möglichen Geschwindigkeiten ausgelegt werden. Die lag damals bei 40 km/h und nicht wie man meinen könnte, bei 65 km/h. Diese hohe Geschwindigkeit war nur mit der Druckluftbremse möglich und die gab es noch nicht bei allen Güterzügen.

Wer nun Angaben über die Achsfolge erwartet, irrt sich. Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB gaben nur vor, dass die Lokomotive über sechs Triebachsen verfügen musste. Ob die Lokomotive mit Laufachsen versehen wird oder nicht, war nicht Bestandteil des Pflichtenheftes. Die Staatsbahnen wollten den Herstellern eine möglichst grosse Freiheit bei der Konstruktion der Lokomotive für den Güterverkehr einräumen.

Obwohl man die Elektrifikation des Gotthards schon fast als Notelektrifizierung bezeichnen kann, nahm man sich im Direktorium die Zeit um eine Aus-schreibung durchzuführen.

Das verhinderte wohl letztlich viele Probleme, was schliesslich zum grossartigen Erfolg der elektrischen Traktion beitrug. Die Probleme bei der BLS hätten bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB wohl zu einem Umdenken geführt.

Dieses Pflichtenheft wurde den Herstellern übergeben. Wobei man hier etwas präziser werden kann. Die Maschinenfabrik Oerlikon MFO und die Brown Boveri und Co BBC wurden angeschrieben. Beide gaben dabei eine Lokomotive als Prototyp ein.

Die MFO nahm dazu schlicht die bei der BLS einge-setzte Fc 2x 3/3, denn die passte sehr gut zu den For-derungen. Damit erreichte man einen Vorteil, den die BBC erst noch aufholen musste.

Die BBC entwickelte ebenfalls eine eigene Fc 2 x 3/3. Somit hatten beide Hersteller vergleichbare Lokomotiven ohne Laufachsen den Staatsbahnen angeboten. Wobei sich diese Lokomotiven vermutlich sehr ähnlich gewesen wären, denn bei der BBC war sehr viel Wissen aus den Tagen bei der MFO vorhanden. Nur, die Idee der BBC existierte noch nicht und musste zuerst konstruiert werden. Man konnte so aber auch von den Erfahrungen der MFO profitieren.

Es kam in der Folge von Seiten der Schweizerischen Bundesbahnen SBB zu einer ersten Bestellung eines Prototypen. Diese ging an die BBC. Der Grund dafür war, dass die MFO mit der Reihe Fc 2x 3/3 bereits einen Versuchsträger hatte. Deshalb wurde bei der Brown Boveri und Co eine Güterzugslokomotive der Reihe Fc 2x 3/3 in Auftrag gegeben. Diese sollte mit der Betriebsnummer 12 201 versehen werden und entsprach dem neuen Muster.

Bei den Versuchsfahrten der Lötschbergbahn erkannte man bei der MFO schliesslich, dass die unruhigen Laufeigenschaften der Fc 2x 3/3 davon herrührten, dass die Lokomotive keine führenden Laufachsen hatte. Die bekannten lauftechnischen Probleme der Dampflokomotive rührten daher nicht speziell von der Dampfmaschine her. Man war noch nicht in der Lage direkt geführte Triebachsen zu ermöglichen. Daher offerierte die MFO erneut.

An Stelle der geplanten Fc 2x 3/3 wurde nun ein überarbeiteter Entwurf für eine Lokomotive der Reihe Fc 2x 3/4 eingereicht. Von diesem sollte letztlich eine Serie beschafft werden. Die später als Ce 6/8 II, oder besser als Krokodil, bekannte Maschine wird hier nicht weiter behandelt, das sie an anderer Stelle vorgestellt wird. Wir bleiben bei der BBC, die auf Grund dieser Erfahrungen über die Bücher gehen musste.

Das bewog die Ingenieure bei der BBC dazu, ihren Entwurf zu überarbeiten. Die Lokomotive für Güterzüge sollte nun mit zwei führenden Laufachsen versehen werden. Da die Konstruktion schon weit fortgeschritten war, passte man nur die nötigsten Teile der Lokomotive an. Wegen der auch entwickelten Baureihe für die Reisezüge sah man bei allen den gleichen Kasten vor. Mit den neuen Laufachsen fand darunter das Laufwerk keinen Platz mehr.

So kam es, dass man über die Laufachsen Vorbauten setzte. Wegen den verlangten Durchgang zum Zug kam es zu einem aussergewöhnlichen Aussehen dieser nun auch als Fc 2x 3/4 bezeichneten Lokomotive. Damit hatte man nun einen Entwurf, den man verwenden und fertigstellen konnte. Die Güterzugslokomotive sollte so zur grössten Maschine der Schweiz werden. Das aber auch nur, weil die MFO einen kurzen Kasten vorsah.

Da die Elektrifikation der Gotthard-strecke auch als Notelektrifikation bezeichnet werden konnte, gab es bei den Lokomotiven besondere Schwie-rigkeiten.

So stand schon vor der Ablieferung fest, dass die Fc 2x 3/4 der BBC nicht weiter gebaut werden würde.

Die schweizerischen Bundesbahnen SBB entschieden sich für ein Modell der MFO, das nur wenig später in Betrieb kam. Diese Fc 2x 3/4 sollten später als Krokodil weltberühmt werden.

Der Prototyp der BBC war daher bereits überflüssig, als er in Betrieb genommen wurde. Wer nun die Fc 2x 3/4 der BBC, die später zur Ce 6/8 I wurde, als Prototyp für die Krokodile bezeichnet, liegt komplett falsch. Es waren verschiedene Elektriker am Werk, die jeder einen Prototyp liefern konnte. De MFO hatte nur den Vorteil, dass man diesen bereits hatte und daher gleich die spätere Serie anbieten konnte.

Bei der etwas später abgelieferten Baureihe Ce 6/8 III, waren jedoch einige Bereiche dieser Lokomotive berücksichtigt worden. So kam es dazu, dass es sich bei der Reihe Ce 6/8 I um ein Einzelstück handelte. Keine der nachfolgend an die Schweizerischen Bundesbahnen SBB ausgelieferten Lokomotiven stammte daher direkt von diesem Modell ab. Die 1918 bestellte Serie der BBC umfasste die Schnellzugslokomotive Fb 2x 2/3.

Die Lokomotive Fc 2x 3/4 der BBC sollte eigentlich nie zur Gotthardlokomotive werden. Dort waren die Krokodile die vorherrschenden Maschinen, aber ganz zu Beginn, war sie am Gotthard im Einsatz und half den Krokodilen so gut sie konnte. Das, und die Tatsache, dass sie eigentlich die älteste betriebsfähige elektrische Normalspurlokomotive der Schweiz ist, führte dazu, dass wir uns nun etwas mehr mit der Technik der Fc 2x 3/4 Nummer 12 201 befassen.

 

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