Die Wagenauswahl

Wir wissen ja bereits, dass wir die Lokomotive bei einem entsprechenden Hersteller beschaffen mussten. Auch Wagen wachsen nicht an Bäumen und müssen daher angeschafft werden. Wie wir letztlich zu diesem Wagen kommen, unterscheidet sich eigentlich nicht von den Lokomotiven. Wir müssen zuerst den Bedarf berechnen. Dann aber beginnen die Unterschiede bei der Beschaffung von Wagen. Es spielt eigentlich keine Rolle, was für einen Wagen wir beschaffen.

Bei der Beschaffung von Wagen können wir nicht mehr die Hersteller bemühen, die uns die Lokomotiven gebaut haben. Bei den meisten davon werden wir ausser einem entgeisterten Kopfschütteln nicht viel erfahren. Die Lokomotivbauer sind nicht in der Lage uns passende Wagen zu bauen. Dazu sind die Unterschiede der Fahrzeuge zu gross. Klar, der mechanische Aufbau ist in vielen Bereichen ähnlich, aber für die Hersteller ist es ein grosser Unterschied.

Wir müssen uns für die Beschaffung von Wagen an andere Hersteller wenden. Diese werden wir natürlich auch finden, denn der Bau von Wagen für die Eisenbahn ist ein Geschäft, in dem sich mehrere Hersteller tummeln. Einige davon machen alle Formen von Wagen, wiederum andere haben sich auf spezielle Modelle spezialisiert und bauen daher nicht alle Wagen. Es lohnt sich daher, wenn man sich bei den Wagenbauern gut umsieht.

Die Wagenbauer: Wagenbauer sind auf den Bau von Wagen spezialisierte Unternehmen. Im Gegensatz zu den Lokomotivbauer gibt es hier eine grosse Auswahl von Unternehmen und Betrieben, die sich am Markt zu behaupten suchen. Wenn wir einen Fehler machen können, dann ist es den, sich die Wagenbauer mit den Lokomotivbauer vorzustellen. Im Wagenbau tätige Firmen können durchaus auch Triebfahrzeuge herstellen. Das sind jedoch meistens Triebwagen und keine Lokomotiven.

Die meisten Anbieter von Wagen führen einen Katalog, mit den Modellen, die in der entsprechenden Firma hergestellt werden. Wir können also die benötigten Wagentypen in einem Katalog aussuchen und bestellen.

Dabei handelt es sich jedoch nur um Grundmodelle und wir können diese natürlich unseren Bedürfnissen anpassen. So erhalten wir auch bei den Wagen speziell auf uns zugeschnittene Modelle.

So wollen wir, dass unsere Kunden ein unvergessliches Erlebnis haben werden, deshalb wollen wir ganz besondere Wagen für den Personenverkehr anschaffen. Die gibt es aber nicht in einem Katalog und so benötigen wir einen Wagenbauer, der uns diese Wagen baut.

Wagen speziell für die Lukmanierbahn. Klar, die Wagen werden etwas teurer in der Anschaffung, aber wenn sich die Wagen dann gut füllen, soll es uns nicht kümmern und wenn es den Leuten gefällt, sind wir auch zufrieden.

Verfolgen wir einmal den Weg einer solchen speziellen Bestellung. Wagen aus dem Katalog bestellt man so nach dem Motto, 200 Stück von Typ A in rosa und 400 Stück vom Typ B in hellblau. Da wir aber einen Wagen speziell für uns bauen lassen, sind solche Angaben nicht wichtig. Wir müssen entscheiden, wo es Fenster hat, wo die Türen sind und welche Form der Wagen haben soll. Dann wird der Wagen im Rohbau nach unseren Vorstellungen gebaut.

Da wir nun aber keinen Wagen aus der laufenden Produktion kaufen, ist nicht gesichert, dass der Wagen den geltenden Normen und Vorgaben gerecht wird. Diese Normen und Vorgaben müssen wir einhalten, denn die sind vorgeschrieben und dienen der Sicherheit der Leute, die im Wagen Platz nehmen. Gerade hier können und wollen wir keine Abstriche machen. So müssen diese Normen überprüft werden. Dazu benutzt man einen Rohwagenkasten.

Der Rohwagenkasten ist ein Kasten, der erkennen lässt, wie unser spezieller Wagen aussehen wird. Noch fehlen sowohl die Farbe, als auch die Einbauten. Ohne Einbauten und Farbe lässt sich sehr schnell erkennen, wie der Wagen gearbeitet wurde. Fehler in der Produktion oder Abweichungen von den Vorgaben lassen sich so schnell erkennen. Die spätere Fertigung kann so angepasst werden und so ein optimales Fahrzeug entstehen.

Man kann den Rohwagenkasten auch benutzten, um die geforderten Vorgaben und Normen zu kontrollieren. Das heisst, die Bahnen schreiben einige bestimmte Kräfte vor, die auf den Kasten wirken dürfen. Ist ja klar, dass wir diese Normen kontrollieren wollen, denn der Ruf eines Menschenschredders wird man nicht so schnell wieder los. Erfahrungen in diese Richtungen wurden schon gemacht und wir wollen diese nicht auch machen müssen.

In der modernen Fahrzeugbaukunst ist das nur eine Formsache, denn die Konstrukteure haben alles schon am Computer simuliert und erwarten nur noch die Bestätigung dieser Berechnungen. Jedoch gab es hier auch schon Überraschungen, so gab es bei der Nachkontrolle am Rohwagenkasten Abweichungen bei den Massen, die sogar dazu führten, dass diese nicht mehr weiter verwendet werden konnten. Daher lohnt sich die Kontrolle am Rohwagenkasten sicherlich.

Nachdem der Rohwagenkasten diese ersten Prüfungen bestanden hat, wird er fertig montiert. Das heisst, er wird mit Drehgestellen und technischen Ausrüstungsteilen, wie Puffer und Kupplungen versehen. Der bisherige rohe Wagenkasten kann nun erstmals auf eigenen Rädern rollen. Ob der Wagen jetzt schon seine Farbe bekommt oder nicht ist nicht wichtig, denn noch erhalten wir den Wagen nicht ausgeliefert.

Der Probewagen: Diesen aus dem Rohwagenkasten erstellten Wagen, nennt man nun Probewagen. Es ist nun ein Wagen, der für Versuche und Tests benutzt wird. Dazu wurde der Wagen nur zum Teil mit der fertigen Einrichtung versehen und zu einem weiteren Teil speziell mit Tischen und Arbeitsplätzen versehen. So erkennt man zwar in Teilbereichen, wie der Wagen aussehen wird. Noch stehen aber die Versuche an.

Die nun durchgeführten Tests geben nun Auskunft, wie sich der Wagen auf der Fahrt verhält, denn jetzt wird das Zusammenspiel zwischen Kasten und Drehgestell geprüft. Stimmt die Lastverteilung und funktionieren die Bremsen? Wie verhält sich der Komfort? Gibt es Vibrationen, die dem Wagen gefährlich werden können? Erst wenn diese Fragen richtig beantwortet werden können, sind die Versuche erfolgreich verlaufen.

Dieser Probewagen wird somit überall auf Herz und Nieren geprüft, denn jetzt besteht noch die Möglichkeit, Fehler zu erkennen und auszubessern. Je nach Verlauf dieser Probefahrten ist der Wagen nun fertig und kann ausgeliefert werden. Es ist nun also ein Wagen, der in den Katalog des Herstellers kann, denn das ist das neuste Modell. Das Modell XY kann aber noch in vielen Punkten dem Wunsch des Kunden angepasst werden.

Solche Versuche mit Probewagen können durchaus lange Zeit in Anspruch nehmen. Besonders dann, wenn noch fremde Länder befahren werden müssen und man wirklich alle Eckpunkte wissen will. Das kann vom Befahren enger Kurven, bis zur Fahrt mit überhöhter Geschwindigkeit sein. Solche Versuche wurden früher oft von den Bahnen gemacht, heute ist das aber ein Teil der Fertigung und wird daher vom Hersteller übernommen.

Der Probewagen wird nach den Versuchen und Tests mit der endgültigen Ausrüstung versehen. Das heisst, die Messapparaturen werden, wie die allenfalls verwendeten speziellen Radsätze entfernt und durch normale Ausrüstungsteile ersetzt. Der Wagen wird somit fertig gestellt und mit allen Einbauten versehen. Der fertige Wagen kann daher als erstes Fahrzeug an die Bahn übergeben werden. Dieses Fahrzeug ist somit ein Prototyp.

Der Prototyp: Ein Prototyp, ist ein Fahrzeug, das aus einer eigentlichen Vorserie entstammt. In unserem Fall der Probewagen, der nun fertig gebaut ist und der abgeliefert wird. Bei so einem Prototyp sind jedoch noch nicht alle Punkte endgültig bereinigt worden und werden von der Bahngesellschaft noch überprüft. Daraus ergeben sich dann Änderungen, die beim betreffenden Fahrzeug umgesetzt werden müssen.

Bekannt sind Prototypen vor allem von den Lokomotiven. Denn dort gibt es sehr viele Punkte, die überprüft werden müssen. Was jedoch weniger bekannt ist, dass es solche Prototypen auch bei den Wagen gibt. Wichtig bei Prototypen ist, dass sie später immer ein spezielles Fahrzeug sein werden. Daher sind Bahngesellschaften nicht gerade glücklich, wenn es Prototypen zu verwalten gibt. Jedoch kann man keine Fahrzeuge ohne Prototypen bauen.

Prototypen erlauben uns Mängel noch zu erkennen und zu beheben. Mängel, die nicht unbedingt technisch bedingt sein müssen. Ein Prototyp kann auch den zukünftigen Kunden gezeigt werden und so Probleme aufzeigen. Bedenken Sie, dass man damit verhindern kann, dass Sie sich im Wagen den Kopf an der zu niederen Türe stossen können, oder wenn die gewählte Farbkombination den Kunden nicht gefällt. Probleme mit neuen Fahrzeugen gibt es immer wieder.

Damit wir einen optimalen Wagen für unsere Bahngesellschaft erhalten, veranstalten wir Fahrten mit Testkunden und befragen diese dann auf Mängel oder Beanstandungen. So erfahren wir dann, ob der Wagen den Wünschen der Kunden entspricht. Die daraus entstehenden Mängel fliessen letztlich in die eigentliche Serie ein. Bei unserem Wagen wurde zum Beispiel der Kunstrasen bemängelt. Die Leute wünschen sich in einem Wagen lieber einen roten Teppich. Die Serie wird deshalb einen roten Teppich bekommen.

Prototypen bleiben heute meistens beim Hersteller, werden abgebrochen, oder der Serie angepasst. Was für eine Lösung gewählt wird, hängt letztlich auch davon ab, wie gut das Fahrzeug gebaut wurde. Ist der Aufwand für die Anpassung zu gross, wird der Wagen nicht übernommen und der Hersteller muss dann zusehen, was er mit dem Wagen macht. Meistens wird es zum Abbruch für den neuen Wagen kommen. So gesehen ist es sicherlich gut, wenn der Hersteller viele Prüfungen im Vorfeld macht.

Das Beispiel für die Beschaffung der Wagen, war ein Wagen für den Personenverkehr gewählt worden, aber ähnliche Verfahren gibt es auch bei Wagen für den Güterverkehr. Dort läuft aber alles schon länger ohne die Bahngesellschaften ab. Das heisst, der Hersteller baut sich einen Prototyp und präsentiert diesen den Kunden. So kann er sich Aufträge erhoffen. Der Wagen wird jedoch nie an einen Kunden ausgeliefert werden. Güter sind zudem nicht so heikel, wie Personen. Zumindest sagen das die Güter nicht.

 

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