Lesen und schreiben

Bei der Eisenbahn funktionierte viel mit lesen und schreiben. So selbstverständlich wie wir das heute tun, war das um 1847 noch nicht, denn noch kannte man keine staatlichen Schulen. Lesen und schreiben konnten daher nur sehr wenige Leute. Die Eisenbahnen benötigten jedoch genau diese Leute, denn das Personal musste Anweisungen lesen und erkennen können. Wichtige Punkte wurden sogar mit speziellen Signalen geregelt.

Auch heute gibt es noch Leute, die weder lesen noch schreiben können. Das mag in den gut organisierten Ländern überraschen, aber es sind dabei längst nicht die Länder der sogenannten dritten Welt betroffen. Selbst Ihr Nachbar könnte zu diesen Leuten gehören und Sie merken es nicht. Warum diese Leute ein Geheimnis darum machen, ist klar, denn wer nicht lesen kann, schämt sich. Dabei gibt es heute auch für Erwachsene entsprechende Schulen.

Bei den Bahnen war das schon von Beginn an ein grosses Problem, denn man musste bei der Eisenbahn lesen können. Kaum jemand kann sich das heute noch vorstellen, aber vor knapp 200 Jahren war das noch so. Dabei verkehrte die erste Bahn zwischen Zürich und Baden. In diesen beiden Städten fand man genug gebildete Leute, die auch lesen und schreiben konnten, denn die Städte waren weiter entwickelt, als das Land.

Je mehr die Eisenbahn aber in Landesteile vorstiess, die ländlich waren, desto grössere Probleme bekamen die Bahnen. Diese waren nicht beim Bau selber zu suchen, sondern beim Personal, das man für den späteren Betrieb benötigte. Leute, die schreiben und lesen konnten waren immer seltener zu finden. Die Bahnen behalfen sich damit, dass sie Leute aus der Stadt in die ländlichen Gegenden verlegten.

Wenn man dann die Geschichte einer der ersten Bahnen durch die Alpen liest, erkennt man, dass diese grosse Probleme mit dem Personal hatte. Die Leute in diesen gebirgigen Tälern konnten schlicht nicht lesen und schreiben. Wenn sich im Dorf jemand fand, der schreiben konnte, war das der Pfarrer. Landerwerb und ähnliches, musste also immer über den Pfarrer abgewickelt werden. Schriftstücke konnten zum Beispiel nicht durch alle Parteien unterzeichnet werden.

Die Gotthardbahn löste das Problem auf besondere und überraschende Weise. Die Bahn stellte in einer kleinen Gemeinde im Urner Reusstal einfach eine Schule auf und bildete die Bewohner auf eigene Rechung im schreiben und so auch im lesen. Sicher eine verblüffende Lösung, aber die einzig mögliche Lösung in dieser Zeit. Heute stellt sich das Problem nicht mehr, denn die meisten Leute können lesen und schreiben.

Die Meldungen: Meldungen sind schriftlich abgefasste Mitteilungen. Diese Meldungen mussten geschrieben werden und schliesslich musste der Empfänger diese Schriftstücke lesen. Die Probleme damit haben wir ja schon kennen gelernt. Was ist, wenn die Eisenbahn über sprachliche Grenzen verkehrt? Auch jetzt müssen die Meldungen erfasst und verstanden werden. Doch warum waren die Meldungen so wichtig?

Diese Meldungen wurden dazu genutzt, um zwischen den einzelnen Bahnhöfen zu kommunizieren. Ein Zug führte dabei die Informationen über betriebliche Massnahmen mit und übergab die Dokumente auf jedem Bahnhof. Damit wurden diese über Zuglagen oder andere Besonderheiten informiert. Man konnte mit den nächsten Zügen fahren und jeder Bahnhof wusste, was für Züge kommen und wie diese zu behandeln sind.

Wenn diese Meldung einmal „vergessen“ ging, konnte kein normaler Betrieb mehr ermöglicht werden. Die Züge mussten mit einem Notverfahren verkehren und so das Personal mündlich über die anstehende Zuglage informiert werden. Jedoch hatte man keine andere Lösung und musste sich so herumplagen. Die Sicherheit der Züge konnte damit jedoch nicht gewährleistet werden. An diesem Punkt gab es aber die Signale.

Mit zunehmendem Verkehr wirkte diese Form hinderlich und man suchte Lösungen, die eine bessere Kommunikation von Bahnhof zu Bahnhof ermöglich hätten. Die schriftlichen Meldungen wurden jedoch lange Zeit benötigt, wollte man den anschliessenden Bahnhöfen mitteilen, wie die Züge verkehren. Dabei wurden bestimmte Züge zur Meldungsübermittlung benutzt. Man wusste, welcher Zug die Meldungen mitführt.

Natürlich war man damit weit von einem flüssigen flexiblen Betrieb entfernt. In Amerika gab es jedoch bereits alternative Möglichkeiten, aber die kannte man 1847 bei den Bahnen in der Schweiz noch nicht. Zudem waren die Anlagen teuer und nicht jede Bahn konnte sich diese neuartigen Anlagen leisten. Die Einführung dieses Telegrafen, wurde dann fast so pompös wie die Eröffnung der Bahnlinie gefeiert, denn damit änderte sich alles und man hatte flexible Möglichkeiten.

Der Telegraf: Der Telegraf ist ein Instrument zur Übertragung von Textnachrichten. Telegrafen gab es schon lange Zeit vor der Eisenbahn. Damals funktionierten diese noch optisch. An markten Stellen wurden Türme erstellt von denen Mitarbeiter Nachrichten übermittelten. Diese funktionierten gleichzeitig nur in eine Richtung. Der Mitarbeiter konnte schliesslich nur durch das Fernrohr sehen und die Meldung niederschreiben, aber nicht noch eine Lampe bedienen.

Bei diesen frühen Telegrafen konnten die Bahnen noch nicht mitmachen. Vielmehr führte die Elektrizität dazu, dass die Telegrafie, also die Übermittlung von Textmeldungen, über ein Kabel funktionierte. Der benötigte Rückleiter wurde bei den ersten Versuchen an den Schienen der Eisenbahn angeschlossen. Jedoch hatten diese Telegrafen noch den Nachteil, dass sie in einer wilden und daher schlecht verständlichen Sprache funktionierten. Jedes System hatte die eigene Idee.

Der Telegraf war jedoch eine schnelle Kommunikation. Die übermittelten Signale wurden in den Stationen ausgewertet und in Text umgewandelt. Nur schon diese Person muss also schreiben können, denn nur so konnte sie die empfange Mitteilung der Zielperson mitteilen. Nur gedanklich durften wichtige Meldungen nicht weiter gegeben werden, denn zu gross war die Gefahr von Fehlern. Trotzdem gab es Fehler, die behoben werden mussten.

Samuel Finley Breese Morse löste schliesslich 1837 die Probleme. Morse wurde am 27. April 1791 in Charlestown USA geboren und gilt als Erfinder des modernen Telegrafen. Am 02. April 1872 verstarb Morse in New York und er hinterliess uns eine spezielle Sprache, die Morsecode genannt wurde. So wurde jedem Buchstaben eine spezielle Zeichenfolge zugeteilt. Natürlich lasse ich Sie nicht im Stich und Sie können die Sprache nun erlernen.

Buchstaben Ziffern Sonder- und Satzzeichen
A · − 0 − − − − − À, Å · − − · −
B − · · · 1 · − − − − Ä · − · −
C − · − · 2 · · − − − È · − · · −
D − · · 3 · · · − − É · · − · ·
E · 4 · · · · − Ö − − − ·
F · · − · 5 · · · · · Ü · · − −
G − − · 6 − · · · · ß · · · − − · ·
H · · · · 7 − − · · · CH − − − −
I · · 8 − − − · · Ñ − − · − −
J · − − − 9 − − − − · . (AAA) · − · − · −
K − · −     , (MIM) − − · · − −
L · − · · Signale : (OS) − − − · · ·
M − − KA (Anfang) − · − · − ; (NNN) − · − · − ·
N − · BT (Pause) − · · · − ? (IMI) · · − − · ·
O − − − AR (Ende) · − · − · - − · · · · −
P · − − · VE(verstanden) · · · − · _ (UK) · · − − · −
Q − − · − SK(Vk Ende) · · · − · − ( (KN) − · − − ·
R · − · SOS(Notruf) · · · − − − · · · ) (KK) − · − − · −
S · · · HH(Fehler) · · · · · · · · ' · − − − − ·
T     = − · · · −
U · · −     + (AR) · − · − ·
V · · · −     / (DN) − · · − ·
W · − −     @ (AC) · − − · − ·
X − · · −        
Y − · − −        
Z − − · ·        

 

Mit dem von Morse entwickelten Morseapparat wurde die Telegrafie vereinfacht, denn das Gerät empfing die elektrischen Signale und gab diese auf einem Papierstreifen aus. Somit musste das Gerät nicht dauernd besetzt sein und man konnte die empfangenen Nachrichten auf dem Papierstreifen mitnehmen. Gesendet wurde mit einer speziellen dafür vorgesehenen Taste. Jedoch konnte immer nur in eine Richtung gesendet werden.

Dank dem Morseapparat konnte die Kommunikation verbessert werden. Die Bahnen besorgten sich daher so schnell wie möglich diese Geräte und so konnte viel freizügiger gearbeitet werden. So konnten die schriftlichen Meldungen schnell über weite Distanzen übermittelt werden. Sprache war aber noch nicht möglich. Das änderte sich erst, als das Telefon entwickelt wurde. Trotzdem behielt man die Telegrafie noch lange Zeit.

 

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