Der Liebling eines Lokführers

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Es gab immer wieder Lokführer, die sich für eine Lokomotive einsetzten. Dadurch wurden immer wieder Lokomotiven erhalten, die wir dann viele Jahre später bestaunen können. Hier Beispiele aufzuführen, würde eine zu lange Liste ergeben und dabei von den Lokomotiven der Baureihe Ae 6/6 abweichen. Es soll vielmehr um jenen Lokführer gehen, der sich in die Wappen verknallt hatte und damit seine wahre Freude hatte.

Viele Lokführer kamen im Lauf der Jahre auf den Maschinen der Baureihe Ae 6/6 zum Einsatz. Bei der Übergabe an den nachfolgenden Kollegen kam dann der goldene Schlüssel der Stadt Basel in die Hände des neuen Lokführers.

Man übergab sich nicht mehr die Nummer, sondern man orientierte sich auch beim Lokomotivpersonal an den Wappen. Man freute sich, wenn man mit „seiner“ Kantonslokomotive auf grosse Fahrt gehen konnte.

Doch einer muss hier speziell erwähnt werden, war doch die Baureihe Ae 6/6 sein Liebling. Er erlaubte sich mit den Wappen der Lokomotive die unter-schiedlichsten Scherze und veräppelte dabei viele Mitarbeiter.

Ich spreche vom leider viel zu früh verstorbenen Lokführer Karl Mumenthaler. Er war auch als Till Eulenspiegel von Erstfeld bekannt geworden. Seine Geschichten sind sehr berühmt, hier werde ich ein paar mit der Lokomotive Ae 6/6 vorstellen.

Seine Ausführungen und Handlungen mit den Lokomotiven der Reihe Ae 6/6 waren schon legendär, als ich zur Bahn kam und im Depot Erstfeld meine Stellung antrat. Klar, er beehrte auch andere Lokomotiven mit seinen Scherzen, doch die Baureihe Ae 6/6, vor allem die Nummer 11 402, war sein absoluter Liebling. Immer wieder kam sie in den Genuss für seine Schandtaten herhalten zu müssen. Einige Beispiele sollen sein Leben etwas aufzeigen.

Die Lokomotiven ab der Nummer 11 403 verfügten über eine stark wirkende elektrische Bremse. Damit konnte man mit diesen Lokomotiven im Gefälle einen grossen Teil des Zuges zurückhalten. Man musste daher nicht mehr, wie bisher mit den Klotzbremsen der Wagen arbeiten. Das gab eine geänderte Bedienung und erweckte die Neugierde der gnädigen Herren aus der Zentrale in Bern. Daher wollte man sich die Sache vor Ort ansehen.

Man reiste nach Erstfeld und gesellte sich auf der Lokomotive zum Lokführer. Bei der Talfahrt mit der neuen Lokomotive verwendete der Lokführer die elektrische Bremse jedoch nicht und begann die Geschwindigkeit, wie gewohnt mit der Regulier-bremse zu regeln.

Das überraschte die Beamten aus dem fernen Bern. Nach einer Weile, erkundigten sie sich beim Lok-führer, ob es einen bestimmten Grund gebe, dass er nicht mit der verschleisslosen Bremse arbeite.

Die Antwort war klar, der von der elektrischen Bremse erzeugte Strom gehe bekanntlich in den Fahrdraht und so letztlich zurück ins Kraftwerk. Das führe in der Folge dazu, dass sich der Stausee fülle und letztlich überlaufe.

Dabei deutete er auf einen Wasserfall und meinte, sehen sie, der Ritomstausee überläuft schon. Er wolle nicht für das Hochwasser im Kanton Tessin verantwortlich sein. Daraufhin setzte er seine Fahrt in gewohntem Rahmen fort.

Unser Karl war mit „seiner“ Ae 6/6 11 402 (Uri) in Richtung Chiasso unterwegs. In Bellinzona wurde er darüber verständigt, dass es bei dem Zug einen ausserordentlichen Lokomotivwechsel geben soll. Ein Vorgang, der mit den neuen Lokomotiven eigentlich selten gemacht wurde. Die Aktion gefiel Karl daher nicht und er begann sich zu erkundigen. Karl fragte bei der verantwortlichen Stelle nach dem Grund nach.

Der dort ansässige Beamte, war an diesem Tag auch nicht gerade von der ernsthaften Seite. Als er den Namen hörte, meinte er daraufhin zu Mumenthaler, dass die Maul- und Klauenseuche in der Südschweiz ausgebrochen sei. Diese Krankheit sei nicht unbedingt das Beste für den Uristier. Das konnte Karl sogar noch verstehen und akzeptierte den angeordneten Lokomotivwechsel vor Missmut knurrend.

Als schliesslich die andere Lokomotive vor den Zug fuhr, kam für Karl die grosse Stunde seiner Rache. Dem Zug sollte die Ae 6/6 mit der 11 416 und dem Wappen von Glarus vorgespannt werden. Als Karl dies sah, telefonierte er umgehend seinem vorherigen Gesprächspartner und meinte zu diesem: „Die Lokomotive könne er wegen der Maul- und Klauenseuche nicht nehmen, da der Fridolin nackte Füsse habe.“

An einem anderen Tag musste Karl in einem Bahnhof die Lokomotive in einem Gleis ab-stellen. Zu seinem Glück war es die 11 402.

Er war dafür bekannt, dass er den Stier bändigen konnte. Ei-gentlich waren solche Manöver reine Routine und die Lokomo-tive sonnte sich nach getaner Arbeit im Vorfeld des Bahnhof.

Nur wenn Mumenthaler den Uri-stier abstellt und sich in der Nähe ein paar Wagen mit Rin-dern stehen, ist das nicht gut.

So traute Karl dem Stier nicht über den Weg, zu verlockend sah er die Rinder an. Deshalb genügte es nach Ansicht von unserem Freund nicht, dass die Lokomotive nur abgestellt wurde.

Der Uristier musste festgezurrt werden, damit er keine Untaten anrichten konnte. Der Gedanke war zu Ende gedacht und wurde unverzüglich in die Tat umge-setzt. Mit Hilfe des auf der Ma-schine deponierten Seils band er den Stier am Prellbock fest.

Danach konnte Mumenthaler die Lok gefahrlos verlassen, die Rinder waren geschützt. Auf dem Weg von der Lokomotive weg begegnete Mumenthaler seinem Kollegen, der sich daran machte den Stier wieder zu übernehmen. Mit den knappen Worten, „Ich habe den Uristier dann angebunden“ machte Karl seine Übergabe. Das Pech seines Kollegen war, dass er Karl unterschätzte und aus Unachtsamkeit nicht bemerkt hatte, dass die Maschine am Prellbock festgezurrt war.

Wegen dem Vorfall musste Karl beim Depotchef zum Haareschneiden. Auf die Frage, warum er auf die Idee kam die Lokomotive 11 402 am Prellbock anzubinden, antwortete Karl: „Als ich die Lokomotive aussen kontrollierte sah ich, wie beim Stier die Zunge bereits aus dem Maul hing und sein lüsterner Blick war nicht gut. Zudem hätte er befürchtet, dass er die Alimente für die Kälber hätte zahlen müssen.“

Wie schon erwähnt, die Lokomotiven der Baureihe Ae 6/6 erweckten anfänglich die Neugierde der Bevölkerung. So war es nicht verwunderlich, als Karl mit der Maschine Zürich erreicht hatte, dass sich eine Menge Leute um die Lokomotiven ansammelten.

Beim Wechsel des Führerstandes, blies Karl kräftig gegen die Glühbirne, die daraufhin nur etwas flak-kerte. Erst mit einem kräftigen Luftstoss erlosch die Beleuchtung endlich.

Auf der anderen Seite entzündete Karl ein Streichholz und hielt es an die Lampe. Diese erhellte an-schliessend den Führerstand wieder mit einem kurzen flackern.

Bei der Aussenkontrolle wurde Karl angesprochen, ob man bei der modernen Lokomotive nicht eine elektrische Beleuchtung hätte einbauen können. Petrollampen seien doch schon etwas veraltet. Karl erwiderte darauf, er hätte das beim Depotchef auch schon bemängelt.

Die Betätigung des entsprechenden Schalters war für die Zaumgäste nicht einsehbar. Betätigte man diesen langsam, flackerte die Glühbirne nur. Erst wenn er umgelegt war, erlosch sie.

Beim Einschalten war der gleiche Effekt vorhanden. Zusammen mit Karl Mumenthaler wird daraus für die Leute eine Petrollampe, die schliesslich bemängelt werden musste. Natürlich erfolgte das auch durch den Steller der Frage.

Aber auch die Werkstätten hatten oft mit Karl zu kämpfen, entsprachen doch seine Reparaturanweisungen nicht ganz den geltenden Normen. Immer wieder musste er dafür auch Rechenschaft ablegen. Raten Sie doch selber mal, was mit den folgenden Meldungen gemeint sein könnte, dabei versteht sich von selbst, dass jeglicher Hinweis auf eine Loknummer fehlte und dass wirklich etwas nicht in Ordnung war.

 

-          Bitte Fridolin die Füsse waschen

-          Rechter Stern erloschen

-          Linker Stier frisst nicht mehr

 

Nun, haben Sie es herausgefunden? Machen Sie sich keine Sorgen, auch die Werkstatt hatte damit genug zu kämpfen. So lauerte man Karl auf und bekam dann meistens nicht die gewünschte Antwort. Nach reiflicher Kontrolle der einzelnen Wappen, wurde die Lokomotive herausgefunden und so konnte man die Reparatur annehmen. Sofern man herausgefunden hatte, was Defekt war. Ich lasse Sie dabei jedoch nicht im Stich.

Bitte Fridolin die Füsse waschen:

Bei der Lokomotive mit der Nummer 11 416 und dem Wappen Glarus (Abbildung des heiligen Fridolin) hatte es ölverschmierte Drehgestelle. Das passierte oft, weil sich die Spurkranzschmierung verstellte und dann das Öl alles, ausser dem Spurkranz schmierte. Bei einer Bremsung mit der Klotzbremse konnte sich das Mittel jedoch entzünden und so ein Brand entstehen. Daher mussten dem Fridolin die Füsse gewaschen werden.

 

Rechter Stern erloschen:

Karl musste die Lokomotive mit der Nummer 11 407 in Erstfeld in die Remise stellen. Da in Erstfeld eine kalte Nacht erwartet wurde, befürchtete man, dass die Flüsse des Aargaus gefrieren könnte. Bei der Verschiebung stellte Karl jedoch fest, dass eine der Stirnlampen nicht brannte. Daher war der rechte Stern erloschen. Nach geraumer Zeit stellte dies auch die Mannschaft des Depots Erstfeld nach längerer Suche fest.

 

Linker Stier frisst nicht mehr:

Natürlich handelte es sich um den Liebling von Karl. Die Maschine mit der Nummer 11 402 kam schleichend ins Depot Erstfeld. Dort legte sich der Stier erschöpft hin und Karl schrieb in seiner Meldung, dass der linke Stier nicht mehr frisst. An der Lokomotive verweigerte auf der Fahrt ein Drehgestell seinen Dienst. Damit gab es keine Zugkraft mehr ab. Mit halber Leistung kam der Stier mit dem schweren Zug jedoch arg ins Schwitzen.

 

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