Inbetriebsetzung

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Die Inbetriebsetzung der neuen Lokomotive war nicht so einfach, wie man es meinen könnte. Dabei lagen die Probleme nicht einmal bei der neuen Lokomotive. Um die erlaubten Achslasten einhalten zu können, wurde überall beim Gewicht gespart. Trotzdem sollte der Bau nicht leicht sein. Doch als es endlich soweit war, stand man in Meyrin vor einem neuen Problem und das war eine Fahrleitung mit dem passenden Stromsystem.

Üblicherweise erfolgten die ersten Schritte immer beim Hersteller und hinter verschlossenen Türen. So kann man in einem geschützten Bereich die ersten wichtigen Schaltungen ausführen.

Auch bei sorgfältiger Planung und gewissenhafter Konstruktion konnten schwere Probleme nicht ausge-schlossen werden.

Manchmal will es zusammen einfach nicht so wie es sollte. Ein Problem, das vermutlich jeder aus eigener Erfahrung kennt.

Unterschiede zu den beiden anderen Herstellern gab es in diesem Punkt schlicht nicht. Jedoch wurde dazu ein Gleis mit der passenden Fahrleitung benötigt.

Dieses gab es bei der MFO in Oerlikon schon sehr lange und auch in Münchenstein bei der BBC hatte man ein solches Gleis aufgebaut.

In Meyrin hatte man ein Gleis, aber keine Fahrleitung, die mit dem erforderlichen Wechselstrom betrieben wurde. Auch in der Nähe gab es diesen nicht.

Die SAAS musste deshalb eine Lösung für dieses Pro-blem finden. So kam es, dass die erste noch nicht ganz fertig gebaute Lokomotive mit einer Dampf-lokomotive nach Bern geschleppt wurde. Das dortige Depot besass bereits eine Fahrleitung und dort konnten die ersten Inbetriebsetzungen beginnen. Diese fanden jedoch noch unter der Regie des Herstellers statt, denn die Schweizerischen Bundesbahnen SBB wollten eine fertige Maschine.

Auch wenn die Arbeiten nicht in der geschützten Umgebung eines Werkes ausgeführt wurden, ist wenig darüber bekannt. Damals war die Neugierde der Leute noch nicht so gross und wegen den nagelneuen Fahrleitungen waren neue Lokomotiven in Bern seit wenigen Jahren an der Tagesordnung. Etwas anders sah das Ding schon aus, aber so beeindruckend, wie seinerzeit die langen Vorbauten der Reihe Ce 6/8 II, war sie nicht. Nur noch fuhr sie nicht.

Nachdem es gelang die Lokomotive ohne grosse Probleme einzuschalten, kamen die ersten Gehversuche hinzu. Auch jetzt nur auf kurzen Strecken und mit geringen Ge-schwindigkeiten.

Aber schnell zeigte sich, dass den Leuten in Meyrin wohl eine exzellente Lokomotive gelungen war. Daher wurde es Zeit, die Fahrten etwas auszudehnen und da stand natürlich die Strecke von Bern nach Thun und die anschliessende Lötschbergbahn im Vordergrund.

Die ersten Versuche mit der neuen Baureihe zeigten jedoch sehr gute Ergebnisse. So wurde mit der Nummer 12 501 am 18. Oktober 1921 die erste Lokomotive der Reihe Be 4/7 übernommen. Es oblag nun den Schweizerischen Bundesbahnen SBB, die neue Maschinen auf Herz und Nieren zu prüfen. Damit der direkte Vergleich möglich war, erfolgten die Versuchsfahrten im Raum Bern. Das neue Triebfahrzeug blieb vorerst in der Bundeshauptstadt.

Bei den Fahrten zwischen Bern und Thun wurde das Programm der Baureihe Be 4/6 gefahren. Es waren intensive Versuche, die abklären sollten, ob die geforderten Anhängelasten geschleppt werden konnten. Die Funktion der elektrischen Ausrüstung unter unterschiedlichen Belastungen gehörten ebenso dazu. Bevor man an einen Betrieb denken konnte, wurde wirklich jede Schraube kontrolliert, denn noch traute man dem neuen Hersteller nicht.

Dem fahrenden Personal fiel dabei schnell auf, dass die Lokomotive gegenüber der Baureihe Be 4/6 ruhiger lief und so angenehmer in der Bedienung war. Auch die direkte Steuerung der Hüpfer wurde geschätzt, besonders dann, wenn während der Fahrt von Bremsen auf Fahren gewechselt wurde, konnte die Zugkraft schneller aufgebaut werden. Pressierte es, drehte man den Kontroller und griff zur Bremse, da war keine Schnellabschaltung nötig.

Es kam, dass die Versuchsfahrten im Raum Bern noch 1921 erfolgreich abgeschlossen werden konnten. Die neue Maschine aus dem Westen wurde deshalb dem Kreis V und somit dem Gotthard zugeteilt.

Dort sollte sich die neue Baureihe mit den vorhan-denen Modellen im direkten Vergleich messen. Gera-de die Vorgaben in Bezug auf den Einsatz war man noch schuldig, denn diese Fahrten erfolgten grund-sätzlich am Gotthard.

Nach zwei Monaten ging es dann im Schlepp einer Dampflokomotive zur zweiten Strecke mit einer ent-sprechenden Fahrleitung. Das Ziel war dabei das Depot in Erstfeld.

Dort wurden bisher die neuen Maschinen in Betrieb genommen. Man hatte den Vorteil, dass der Hersteller und das Personal die gleiche Sprache hatten. Ein Vorteil, der jetzt nicht mehr vorhanden war, denn die Westschweizerin musste noch Deutsch lernen.

Bevor es losgehen konnte, musste das Personal zuerst die neue Lokomotive kennen lernen. Während sich die Werkstatt um den Antrieb kümmerte, gewöhnte sich das Fahrpersonal an die neuartige Hüpfer-steuerung.

Erst als man in etwa wusste, was wo war, konnte man die ersten Gehversuche absolvieren. Neben der angenehmen Bedienung, wurde auch das am Transformator montierte Schema vom Lokomotivpersonal positiv angenommen.

Ende Dezember 1921 musste dann die erste Lokomotive der Reihe Be 4/7 am Gotthard unter Beweis stellen, dass sie der Baureihe Be 4/6 ebenbürtig war. Dazu musste die Lokomotive aus Meyrin mit einem 300 Tonnen schweren Zug auf der Nordrampe beschleunigen. Es wurde daher in der Steigung von bis zu 26‰ angehalten und anschliessend der Versuch gegen die Uhr vom Personal gestartet, denn es musste nach einer bestimmten Zeit eine bestimmte Geschwindigkeit erreicht werden.

Wie bei allen Anfahrten am Berg, waren die ersten Meter mühsam. Die Anhängelast klemmte im Gleis und musste zuerst in Bewegung versetzt werden. Mit den maximal zulässigen Fahrmotorströmen wurde der Zug schliesslich beschleunigt.

Nach der Dauer von zwei Minuten, wurde nachge-sehen, welche Geschwindigkeit gefahren wurde. Die geforderten 50 km/h wurden dabei in der er-forderlichen Zeit auch beim zweiten und dritten Versuch erreicht.

Noch war sie die Dauerfahrt schuldig, aber da musste auch die Baureihe Be 4/6 warten, denn noch war nicht die ganze Fahrleitung fertig gestellt. Wie die neue Maschine dabei abschloss, ist nicht über-mittelt worden.

Es kann jedoch davon ausgegangen waren, dass sie etwas besser Abschnitt als die Konkurrenz der BBC aus Münchenstein. Es waren einfach weniger Stel-len, die geschmiert werden mussten und dabei gewann man Zeit.

Die Reihe Be 4/7 war daher bereit, die Geschicke der Schweizerischen Bundesbahnen SBB am Gotthard zu lenken. Die SAAS hatte also eine erste Lokomotive für den Gotthard gebaut und so den Rückstand auf die beiden anderen Hersteller aufgeholt. Umfragen beim Lokomotivpersonal zeigten zudem, dass man sogar etwas besser gearbeitet hatte. Insbesondere die ruhige Fahrt mit der Lokomotive wurde immer wieder als Pluspunkt erwähnt.

Weniger glücklich war man hingegen in den Werkstätten des Depots Erstfeld. Dort mussten schon nach kurzer Fahrt die ersten Schraubenfedern ersetzt werden. Eine mühselige Arbeit, denn die alte Feder musste raus, dann die neue vorspannen und einbauen. Nach dem Lösen der Vorspannung hoffte man, dass die störrische Feder richtig in die Töpfe rutschte. Mit Hammer und Stemmeisen, musste zum Teil mit Muskelkraft nachgeholfen werden.

Jedoch war erst eine Lokomotive vorhanden. Die weiteren Maschinen wurden nach der Endmontage beim Hersteller von Meyrin mit einer Dampfloko-motive nach Bern überstellt. Dort erfolgten dann die ausgiebigen Testfahrten.

Auch wenn man die Ergebnisse der ersten Maschine hatte, musste jede das gleiche Programm im Raum Bern absolvieren. Erst wenn die Funktionen iden-tisch waren, wurde die offizielle Übernahme voll-zogen.

Anschliessend kam dann wieder die Dampfloko-motive und mit der Plakette fünf versehen, ging es an den Gotthard. Wo schliesslich die Arbeit aufge-nommen wurde.

Weitere Versuche auf der Strecke konnte man sich nun ersparen, man hatte die erhofften Ergebnisse. So gesehen kann man von einer einfachen Über-prüfung sprechen. Schliesslich sollten alle sechs Lokomotiven identisch aufgebaut sein und auch funktionieren.

Sämtliche Maschinen der Baureihe Be 4/7 wurden dabei im Depot Erstfeld stationiert. Dort freute sich das Lokomotivpersonal über die neuen Lokomo-tiven. Die Werkstatt war etwas kritischer, denn man musste bereits die ersten Schraubenfedern auswechseln, weil sie gebrochen waren. Noch wusste man nicht, dass das Problem ernsthaft sein sollte. Die tapferen Leute in der Werkstatt sollten damit sehr viele Erfahrungen sammeln können.

Die Ablieferung der Lokomotiven endete bereits am 17. Mai 1922 mit der Nummer 12 506. Die sechs Maschinen wurden innerhalb eines halben Jahres fertiggestellt, was eine ansprechende Leistung der Hersteller war. Weitere Lokomotiven sollten nicht mehr ausgeliefert werden. Mit der ersten Zuteilung der Hauptwerkstätte wurde die Inbetriebsetzung abgeschlossen. Wie bei allen elektrischen Lokomotiven vom Gotthard, sollte sich Bellinzona darum kümmern.

 

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