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Am 19. September 1972 wurde die Re 6/6 mit der Nummer 11 602 als erste Lokomotive ihrer Gattung den Schweizerischen Bundesbahnen SBB übergeben. Die Nummer 11 601 folgte ihr am 27. Oktober des gleichen Jahres. So waren die gemäss den Vorgaben weniger problematischen Lokomotiven bereits zu Beginn der Testfahrten bereit. Mit diesen beiden Lokomotiven konnten daher so schon die ersten elektrischen Versuchsfahrten durchgeführt werden.

Das war möglich, weil es im elektrischen Bereich kaum Unter-schiede zu den später folgenden Lokomotiven mit einteiligem Kasten geben sollte. Notfalls hätten so grössere Probleme bei den anderen Maschinen noch vor der Auslieferung behoben werden können.

Wobei es schon gravierende Mängel sein mussten, denn auch die anderen beiden Prototypen liessen nicht lange auf sich warten. Jedoch wäre ein Stopp noch möglich gewesen. Man konnte Wetten abschliessen.

Mit der Nummer 11604 wurde am 06. November 1972 die erste Lokomotive mit ungeteiltem Kasten übergeben. Die letzte der vier Maschinen war somit die Nummer 11 603.

Man darf aber nicht unerwähnt lassen, dass diese Daten die Über-nahme durch die SBB bezeichnen, die vorher statt gefundenen Fahrten liefen noch unter der Regie der Hersteller und fanden im Raum Münchenstein statt. Das war auch damals üblich und ist keine Erscheinung der Neuzeit.

So begann das Zeitalter der Baureihe Re 6/6 am 30. März 1972, als sich die Lokomotive mit der Nummer 11 601 erstmals mit eigener Kraft fortbewegte. Das war für die Hersteller sicherlich ein bewegender Moment, auch wenn damals noch nicht erwartet wurde, dass mehr als ein paar Meter ohne Probleme erfolgen würden. Noch wusste man schlicht nicht, wie sich die neuartige Steuerung des Stufenschalters bewähren würde.

Die vier Lokomotiven wurden sogleich einem intensiven Testprogramm unterzogen. Die Fahrten fanden dabei auf dem gesamten Streckennetz der Schweizerischen Bundesbahnen SBB statt. Um auch weitere Informationen zu erhalten, befuhr man in dieser Phase auch Strecken von Privatbahnen. Darunter fallen sicherlich die Lötschbergstrecke der BLS aber auch die über Steilrampen verfügende Südostbahn SOB.

Gerade auf der Südostbahn konnten Fahrten in starken Neigungen und engen Kurvenradien sehr gut durchgeführt wer-den. So konnten die ersten Erkenntnisse schon sehr schnell gewonnen werden.

Besonders bei den Maschinen mit unge-teiltem Kasten wurden natürlich auch die starken Änderungen der Gefälle genau angesehen.

Dazu boten sich die Ablaufberge in den unterschiedlichsten Rangierbahnhof an. Sie sollte diese wohl nie mehr so oft befahren.

Im Vergleich zu den Maschinen mit den Nummern 11 603 und 11 604 waren die Lokomotiven mit den Nummern 11 601 und 11 602 sehr unruhig beim beo-bachteten Fahrverhalten.

Durch den kurzen Kasten, reagierten diese Lokomotiven sehr schnell auf Schläge im Gleis. So schaukelten diese Lokomotiven ab und zu wie ein Schau-kelstuhl. Man war sich deshalb schnell sicher, dass man eher auf einen ungeteilten Kasten setzen sollte.

Die beiden Prototypen mit ungeteiltem Kasten liefen hingegen auch nicht viel besser. Hier war zwar das Verhalten gegenüber von Schlägen viel besser, aber auch sonst machten sich Probleme bemerkbar. Besonders die Querkupplung gab immer wieder zu Sorgen Anlass. Anfänglich war dadurch eine Zulassung zur Zugreihe R schlicht nicht zu erwarten. Die Führungskräfte im Gleis waren daher kaum besser, als bei der Baureihe Ae 6/6.

Aber auch sonst waren die vier Lokomotiven keine gelungenen Werke. So gab es die Situation, dass man mit einer Re 6/6 die 75 Meter der Remise in Erstfeld nicht ohne mehrere Störungen schaffte. So war an ein Einsatz im Betrieb schlicht nicht zu denken. Vielmehr mussten Nacharbeiten und Verbesserungen umgesetzt werden. Denn erst wenn man eine Fahrt ohne Störung schaffte, war man der Serie ein Stück näher.

Ein besonders grosses Ärgernis waren die Luftfedern der Lokomotiven mit ungeteiltem Kasten. Diese Federung funk-tionierte die halbe Zeit schlicht nicht, weil die Dichtungen leck wurden und die Luft entwich.

So konnte zwar noch zur Reparatur gefahren werden, aber die Geschwindigkeiten waren sehr gering. Das Lokomotivper-sonal verteufelte diese Lokomotiven. Wahrlich kein guter Start, den man aber von Prototypen auch nicht erwarten durfte.

Gerade die Lokomotive mit der Nummer 11 603, die nur ein Drehgestell mit Luftfedern ausgerüstet hatte, fiel negativ auf. Fuhr man hoffnungsvoll ein paar Kilometer pfiff es beim mittleren Drehgestell und die Luftfederung musste ausge-schaltet werden.

Die erhoffte Regulierung mit den Achsdrücken funktionierte schlicht nicht. Man drohte selbst bei geringen Änderungen mit der Lokomotive zu entgleisen.

Man entschloss sich deshalb dazu, die Lokomotive auch beim mittleren Drehgestell, mit Schraubenfedern auszurüsten. Dazu wählte man jedoch die Lösung mit schwächeren Federn bei der Sekundärfeder. So sollte bei Kuppen das stärker belastete Drehgestell leichter federn können. Bei Senken fiel es leichter in den Graben. Doch noch hatte diese Lokomotive schlicht nicht beweisen können, dass die Ideen auch funktionierten.

Auch der Balancier an der Lokomotive mit der Nummer 11 604 vermochte mit der Luftfeder zusammen nicht zu überzeugen. Ein schneller Umbau war hier jedoch schwer möglich, da der Balancier die Luftfederung brauchte. Man hatte daher bei dieser Maschine ein Ärgernis, das nicht behoben werden konnte. Diese Maschine sollte nicht in Serie gehen. So blieb die Hoffnung einzig und allein bei der Maschine mit der Nummer 11 603.

Nur schon die ersten Fahrten mit der umgebauten Lokomotive Nummer 11 603 liessen erkennen, dass man womöglich einen ersten Durchbruch erzielt hatte.

Die Lokomotive funktionierte mit den neuen Federn immer zuverlässiger und auch Kuppen und Senken hatten den Schrecken verloren.

Damit hatte man ein sicheres Verhalten erreicht, wovon die Schwester natürlich noch weit entfernt war. Doch noch war man nicht am Ziel.

Erstmals konnte man an den Bau einer Serie denken, denn auch die Querkupplung arbeitete bei dieser Lokomotive nun besser. So ging man damit an die Zulassung zur Zugreihe R. Dabei erkannte man, dass mit der Querkupplung bessere Ergebnisse erzielt wurden, als bei der Baureihe Re 4/4 II. Damit war die Zulassung kein Problem mehr. Jedoch war auch klar, dass bei einem Ausfall die Werte nicht mehr gehalten werden konnten.

Ein Ausbau der Querkupplung zeigte es deutlich auf. Die Eigenschaften der neuen Baureihe war so schlecht, dass damit selbst die Werte der Reihe Ae 6/6 überschritten wurden. Daher wurde verfügt, dass die Reihe Re 6/6 bei defekter Querkupplung nur noch einen Zug in den Unterhalt fahren durfte. Anhängelasten waren dabei jedoch nicht zugelassen. Deutlicheer aufzeigen wie diese Einrichtung funktioniort konnte man fast nicht. 

Letztlich sollte daher in den Betriebsvorschriften erwähnt werden, dass die Lokomotive der Baureihe Re 6/6 bei Schäden an der Querkupplung nur noch in Alleinfahrt mit maximal 60 km/h die nächste Werkstatt anfahren durfte. Man konnte sich mit der Lokomotive also noch in ein Depot retten. Dort hatte man das zweifelhafte Vergnügen die Lokomotive für die Fahrt in die Hauptwerkstätte herzurichten.

Da sich die Probleme bei der Maschine mit der Nummer 11 603 mit den neuen Schraubenfedern schnell lösten, wurde letztlich auch die Lokomotive mit der Nummer 11 604 mit identischen Schraubenfedern an allen Drehgestellen ausgerüstet. Luftfedern waren in der Folge bei Lokomotiven nicht mehr angewendet worden. Zu gross waren die negativen Erfahrungen bei den beiden damit ausgerüsteten Lokomotiven.

Bei keiner anderen Lokomotive zeigten die Prototypen die Notwendigkeit solcher Maschinen auf. Die beiden als Referenz gebauten Lokomotiven mit den Nummern 11 601 und 11 602 waren zu nervös, aber funktionierten sonst gut. Die Nummer 11 604 musste im Bereich der Laufwerke grundlegend umgebaut werden. Die verbesserte Nummer 11 603 wurde daher als Muster für die Serie vorgesehen. Man konnte die bestellten Lokomotiven bauen.

Mit der Ablieferung der ersten in Serie gebauten Maschinen enden jedoch die Testfahrten mit den Prototypen nicht. So erreichten die Prototypen auch höhere Geschwindigkeiten.

Zwischen Flums und Mels, sowie im Rhonetal fuhr man mit den Lokomotiven bis zu 160 km/h.

In erster Linie wurde dabei die Stand-festigkeit der Motoren auch bei höheren Geschwindigkeiten geprüft, da diese nicht mit einer beliebigen Drehzahl be-lastet werden durften.

Die Lokomotiven der Serie absolvierten bei ihrer Ablieferung jeweils das gleiche Abnahmeprogramm. Es bestand aus einem zweitägigen Umlauf.

Am ersten Tag wurde mit der Loko-motive von Zürich-Seebach, wo nun die Endmontage erfolgte, nach Romanshorn und Zürich gefahren.

Bei diesen Fahrten wurde die Funktion der neuen Lokomotive und deren Sicher-heitseinrichtungen intensiv geprüft. Da-her auch ein Tag für die verhältnismässig kurze Strecke.

Das Prüfprogramm sah vor, dass mit der Lokomotive mehrmals versucht wurde ein Halt zeigendes Signal zu überfahren. Dabei durfte die Zugsicherung der Lokomotive nie versagen. Auch der Schnell- und Langsamgang wurde immer wieder zum Ansprechen gebracht. Wahrlich keine angenehme Fahrt für die nagelneue Lokomotive. Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB wollten jedoch wissen, ob korrekt gearbeitet wurde.

Am nächsten Tag schloss sich eine Fahrt mit Normallast von Zürich nach Chur und wieder zurück nach Zürich an. Im Gegensatz zum ersten Tag gab es hier aber Abweichungen, so dass ab und zu auch nur bis Sargans gefahren wurde. Die Lokomotive musste nun zeigen, dass sie in der Lage war, die Vorgaben einzuhalten. Mit diesen Fahrten wurde die Abnahme beendet und die Lokomotive wurde am folgenden Tag dem Betrieb übergeben.

Damit konnte die Inbetriebnahme der Lokomotiven abgeschlossen worden. Die Maschinen mit den Nummern 11 603 und 11 604 wurden in der Folge so nahe, wie es nur ging an die Serie angepasst. Die anderen beiden Prototypen mit geteiltem Kasten blieben Zeit ihres Lebens Sonderlinge, die nur übernommen wurden, weil die Schweizerischen Bundesbahnen SBB auch die Prototypen in den Betriebseinsatz nahmen.


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