Lösch- und Rettungszüge geschoben

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Die Geschichte der Lösch- und Rettungszüge ist alt. Nur, dauerte es lange, bis dazu spezielle Fahrzeuge eingesetzt wurden. Verunglückte ein Zug, eilte man zur Unfallstelle. Dort begann man mit den örtlich vorhandenen Mitteln einen allfälligen Brand zu löschen. Die überlebenden Reisenden wurden in einen anderen Wagen gebeten und mit diesem vom Unfallort weggeführt. So konnte man in Ruhe löschen und aufräumen.

Diese Lösung funktionierte schon zur Dampfzeit nicht sonderlich gut, denn gerieten die Dampflokomotiven in Schieflage, war es sehr gefährlich. Die Decke der Feuerbüchse war nicht mehr korrekt mit Wasser bedeckt und konnte schmelzen. Das Wasser wäre dann ins Feuer gelangt und die Lokomotive explodiert. So musste man viel riskieren, wollte man Verletzte bergen und abtransportieren. Eine durchaus abenteuerliche Bergung der Verletzten.

Mit der Zeit, zeigte sich aber, dass diese Lösung nicht ausreichend war. Die elektrischen Lokomotiven brachten eine Entschärfung, so dass man nicht sonderlich bemüht war, die Rettung von verunglückten Zügen zu beschleunigen. So lange nichts passiert, denkt man kaum an eine Verbesserung der Situation. Das ist menschlich und soll nicht als Ausrede für Fehler gelten. Zudem war auch die örtliche Feuerwehr zu dieser Zeit dank den neuen Eimern besser geworden.

Als 1923 zwei Züge in Bellinzona zusammenstiessen, half sogar die Armee bei der Bergung der Verletzten und Opfer. Hilfsmittel gab es kaum, denn man musste improvisieren. An die Rettung der Leute im brennenden Wagen war schlicht nicht zu denken, denn die Möglichkeiten ein so grosses Feuer zu löschen waren zu dieser Zeit einfach noch zu bescheiden. Das galt nicht nur für die Eisenbahn. So musste man hilflos zusehen, wie die Leute verbrannten.

Niemand erkannte beim ausgebrannten Wagen die Gefahr. Man verbot einfach die Gasbeleuchtungen und die Sache war abgetan, denn elektrische Lokomotiven konnten ja nicht brennen. Zumindest meinte man das landläufig und bedachte nicht, dass die Energie der Fahrleitung durchaus einen Brand entwickeln konnte. Es blieb um das Thema Rettung wieder ruhig. Natürlich dadurch unterschützt, dass nichts passierte.

Der Vorfall mit dem Dampfzug im Rickentunnel folgte zwar nur kurze Zeit später. Die neun Opfer von dort, wurden der mangelhaften Dampflokomotive zugeschlagen. Immer mehr sprach daher gegen die Dampflokomotiven und für die neuen elektrischen Lokomotiven. Diese waren gut, ja sogar sehr gut, denn die hatten kein Feuer, das im Tunnel gefährlich werden konnte. So gesehen montierte man weiter Fahrleitungen und sah sich in Sicherheit.

So vergingen Jahre, denn niemand wollte die Bahn bei den Leuten unbeliebt machen, weil man einen Zug, der zur Rettung vorgesehen war, beschaffte. Passierte dann etwas, waren die Leute im Zug auf sich alleine gestellt und mussten den Weg zum nächsten Bahnhof oft alleine zurücklegen. Auf offener Strecke ging das ja noch, aber im Tunnel war es dunkel, da mussten sich die Leute den Weg tasten. Sie hatten keine Orientierung und mussten warten, bis Hilfe kam. Bei einem Brand hätte das verheerende Folgen gehabt.

Daher schufen die schweizerischen Bundesbahnen SBB einen speziellen für diesen Einsatz vorgesehenen Zug. Dieser sollte als Prototyp für weitere solche Züge verwendet werden. Die Züge sollten als Lösch- und Rettungszüge kurz LRZ bezeichnet werden. Die ersten Generationen von LRZ sollten mit einer Lokomotive geschoben werden können und so schweres Gerät zur Brandstelle bringen. Deshalb spricht man bei diesen Zügen von nicht selbstfahrenden LRZ.

 

LRZ 64

Die Geschichte der Lösch- und Rettungszüge begann bei den schweizerischen Bundesbahnen SBB mit dem LRZ 64. Die Bezeichnung wurde aus der Abkürzung des Begriffes Lösch- und Rettungszug abgeleitet. Die beiden Ziffern gaben dann das Baujahr an. Daher sprach man beim 1964 gebauten Zug vom LRZ 64. Damit begann die Geschichte mit den speziellen Zügen für den Zweck der Rettung von Leuten und der Brandbekämpfung.

Der als Prototyp bezeichnete Zug bestand dabei aus zwei Wagen und einem Triebfahrzeug, das nicht fest mit dem Zug verbunden war. Es konnte aus den am Standort vorhandenen Lokomotiven übernommen werden. Vorgesehen waren aber ausschliesslich Triebfahrzeuge, die mit einem Dieselmotor angetrieben wurden. Die Gefahr, dass der Zug nicht mehr fahren konnte, nur weil die Fahrleitungsspannung ausgefallen war, wollte man nicht eingehen.

Die beiden Fahrzeuge waren das Rückgrat des Zuges, denn jeder Wagen hatte seine Aufgabe erhalten und diese vollen wir uns nun ansehen. Dabei beginnen wir an der Spitze des Zuges. Doch bevor wir damit beginnen können, müssen wir wissen, wo denn die Spitze beim LRZ ist. Im Gegensatz zu jedem anderen Zug, ist es hier das am weitesten von der Lokomotive entfernte Fahrzeug, denn der LRZ wird im Einsatz geschoben, so dass die Lokomotive immer wegfahren kann.

Tanklöschwagen: Angeführt wurde der kurze Zug von einem zweiachsigen Kesselwagen. Dieser wurde aus dem Verkehr genommen und speziell für diesen Zweck hergerichtet. Die schweizerischen Bundesbahnen SBB wählten diesen Weg, weil man mit den Erfahrungen aus dem LRZ 64 einen neuen Zug bauen wollte und man sich nicht mit teuren Prototypen herumschlagen wollte. Die Kosten für die Rettung wurden also nicht sehr hoch angesetzt, es sollte ein billiges, aber praktisches Fahrzeug entstehen.

Er war das eigentliche Feuerwehrfahrzeug und wurde eigentlich nur benötigt, wenn es galt einen Brand entlang der Bahnlinie zu bekämpfen. Mehr sollte der Zug eigentlich auch nicht können, denn die ortsansässigen Feuerwehren wurden ebenfalls beigezogen. Ging es aber an einen Brand im Tunnel, konnte der LRZ direkt bis zum Brand vorrücken und dort mit den Löscharbeiten beginnen. Die ortsansässige Feuerwehr konnte dort ihre Fahrzeuge nicht einsetzen.

Damit er dieser Aufgabe gerecht werden konnte, wurde er entsprechend ausgerüstet. Den vorhandenen Kessel des Wagens verwendete man nun als Wassertank. Im Wassertank fanden 19‘000 Liter Löschwasser Platz. Damit lag die Menge jedoch unter dem Wert, der für normale Kesselwagen galt, aber beim LRZ musste man auf die maximal erlaubte Achslast von 20 Tonnen achten. Daher konnte weniger Wasser mitgeführt werden.

Der Wasservorrat konnte vor dem Einsatz aus dem örtlichen Leitungssystem eingefüllt werden. Diese Anschlüsse waren so gelegt worden, dass der Wagen auch im Einsatz mit der Hilfe von Schläuchen mit Wasser ergänzt werden konnte. Die Feuerwehrleute mussten also bei grösseren Ereignissen eine Wasserleitung zum Wagen legen. Dazu war aber dank dem mitgeführten Vorrat etwas Zeit vorhanden. Während die Leitung gelegt wurde, konnte man den Brand bereits bekämpfen.

Dieses mitgeführte Wasser konnte mit den auf dem Wagen montierten Motorspritzen und den Schläuchen am Unfallort zum Löschen des Brandes benutzt werden. Dabei waren die Einrichtungen mit den Schlauchrollen auf beiden Stirnseiten des Wagens vorhanden, so dass man mit den Leitungen nicht zuerst um den Wagen gehen musste, sondern diese direkt abführen konnte. Dabei war jedoch die Länge der Schläuche beschränkt.

Der Wagen war also in beiden Richtungen einsetzbar. Damit hätten wir aber nur eine einfache Motorspritze auf Schienen erhalten. Mit Wasser konnte man aber nicht alle Brände löschen. Die schweizerischen Bundesbahnen SBB wollten jedoch mehr, denn der Wagen sollte mit einem normalen Tanklöschfahrzeug, wie es die örtlichen Feuerwehren auch hatten, verglichen werden können. Nur so war man mit dem LRZ auf dem Stand der Technik.

Um daraus aber ein richtiges Tanklöschfahrzeug, wie es bei den örtlichen Feuerwehren eingeführt wurde, zu machen, baute man dem Wagen eine Schaummittelanlage mit einem Vorrat von 250 kg ein. Die Anlage vermischte das Wasser aus dem Tank mit dem Schaummittel und lies so einen festen Löschschaum entstehen. Dieser Schaum wurde danach durch die Schläuche gepresst und so an den Brandherd geführt, wo er verteilt wurde.

So konnten auch Brände, die nicht mit Wasser gelöscht werden durften, mit dem Wagen gelöscht werden. Auch Schaumteppiche zum Bergen von Wagen mit gefährlichen Stoffen konnten so gelegt werden. Der Schaum reichte jedoch nur beschränkt, denn im Gegensatz zum Wasser konnte das Schaummittel im Einsatz nicht ergänzt werden. Jedoch reichte die Zeit aus, bis dann die zweite Angriffswelle mit der Ortsfeuerwehr bereit stand.

Um wirklich alle Brände mit dem Fahrzeug zu löschen, waren noch 250 kg Löschpulver vorhanden. So besass der Wagen eine Pulverlöschanlage, wie es sie bei den örtlichen Feuerwehren auch gab. Die Anlage mit dem Löschpulver war separat aufgebaut worden und beeinträchtigte den Vorrat an Wasser nicht. Jedoch waren die 250 kg nicht gerade eine grosse Menge Löschpulver. Aber auch hier sollte der Wagen nur den ersten Löschangriff führen, und so den Feuerwehren Zeit geben um sich einzurichten.

Damit war es nun auch möglich, Brände, die unter der eingeschalteten Fahrleitung entstanden, mit Hilfe des Pulvers zu löschen. Das Pulver kam daher nur zum Einsatz, wenn die restlichen Löschmittel nicht eingesetzt werden konnten. Man hatte aber ein umfassendes Löschfahrzeug erhalten, das an jeden Ort im Netz geführt werden konnte. Es entsprach zudem den meisten Tanklöschfahrzeugen der örtlichen Feuerwehren.

Unter dem Wagen montierte man zwei Schienenräumer. Diese sollten verhindern, dass der Zug, der durch einen dunklen mit Rauch gefüllten Tunnel fahren musste, an Gegenständen, die auf das Gleis geschleudert wurden, entgleisen konnte. Die Schienenräumer waren von der Bauart her genau gleich aufgebaut worden, wie bei den Lokomotiven der ersten Generationen. Trotzdem wirkten sie am Wagen etwas unbeholfen.

Rettungswagen: Wenn wir zum zweiten Fahrzeug kommen, haben wir auch gleich den zweiten Teil des Lösch- und Rettungszuges erreicht. Dieser hatte eigentlich nur indirekt mit dem Tanklöschwagen zu tun. Der Wagen diente beim Anrücken dem Personal als Aufenthaltsraum, denn dafür war auf dem Tanklöschwagen kein Platz mehr vorhanden. Daher mussten immer alle Fahrzeuge ausrücken, eine Teilung des Zuges vor dem Einsatz war nicht möglich.

Die Leute der betrieblichen Feuerwehr konnten sich dort für den Einsatz vorbereiten, während der Zug bereits unterwegs war. Damit konnte die Alarmierung beschleunigt werden. Schliesslich mussten die Leute nicht in voller Montur anrücken, da sie sich im Wagen umziehen konnten. Da der zweite Wagen aber im Einsatz vom Tanklöschwagen unabhängig operierte, betrachten wir ihn nun auch etwas genauer.

Mit dem zweiten Wagen wurden die Leute, die aus dem verunglückten Zug geborgen wurden, aus dem Gefahrenbereich transportiert. Dabei waren unversehrte Leute und verletzte Personen abzuführen. Die Reisenden sollten sich im Wagen geschützt aufhalten können. Eine komfortable Fahrt war nicht vorgesehen, denn wer stehen konnte, sollte das auch. So waren wenige Sitzplätze für verletzte Leute vorgesehen.

Dieser Wagen entstand aus einem ausrangierten zweiachsigen Reisezugwagen älterer Bauart mit offenen Plattformen.

Die vorhandenen Sitzbänke wurden entfernt und die seitlichen Fenster zum Teil verschlossen. Grundsätzlich verwendete man vom Reisezugwagen nur das Laufwerk und den Kasten. Komforteinrichtungen, wie die Heizung für das Abteil oder die Lüftung wurden ausgebaut.

Dank den offenen Plattformen konnten die Leute ohne grosse Schwierigkeiten auch in engen Platzverhältnissen einsteigen und sich so in den rettenden Wagen begeben. Dort gab es dann Sitzgelegenheiten für verletzte Personen und Halterungen für Tragen mit schwerer verletzten Reisenden. Beleuchtet wurde der Raum mit einfachen Lampen an der Decke. Es war ein funktionaler Raum ohne Komforteinrichtungen vorhanden.

Damit waren die Leute zumindest einmal in einem eigenen Fahrzeug und konnten aus dem gefährlichen Bereich geführt werden. Daher wurde das Triebfahrzeug immer auf der Seite dieses Wagens eingereiht, denn der Rettungswagen konnte so aus dem Tunnel fahren, ohne dass der Löschangriff unterbrochen hätte werden müssen. Trotzdem beliess man es beim Rettungswagen nicht dabei.

Seit dem Vorfall im Rickentunnel wusste man, dass bei Bränden im Tunnel die Rauchgase ein grosses Problem für die Leute darstellen konnten. Die geretteten Leute mussten daher im Wagen vor den Auswirkungen der Rauchgase geschützt werden. Diese vermischten sich während dem Löscheinsatz zudem mit Wasserdampf, so dass die Leute im Wagen eventuell mit Atemproblemen eintrafen.

Um die Leute im Wagen vor den Auswirkungen der Rauchgase zu schützen, baute man dem Wagen eine eigene Luftversorgung mit Druckluft ein. Mit Hilfe dieser mitgeführten Atemluft konnten die Leute im Wagen über Masken mit dem notwendigen Sauerstoff versehen werden. So waren die Leute vom Rauch geschützt und Personen mit Beschwerden wegen dem Rauch beruhigten sich für den Transport an einen sicheren Ort.

Der Raum selber war jedoch nicht so abgedichtet worden, dass er frei von Rauch blieb. Die Fahrt im Wagen konnte daher trotzdem noch recht ungemütlich sein, denn bei schlechter Sicht und Rauch im Wagen bekamen die Leute brennende Augen. Sie waren zwar nicht mehr akut gefährdet, aber in Sicherheit waren sie auch noch nicht, denn dazu mussten sie aus dem Wagen raus kommen.

Bei der Farbgebung der Wagen orientierte man sich an den Fahrzeugen der örtlichen Feuerwehr. So wurden der Kasten des Rettungswagens und das Untergestell des Tanklöschwagens rot gestrichen. Der Tank beim Tanklöschwagen erhielt einen silbernen Anstrich. Damit war der Zug als Feuerwehrfahrzeug zu erkennen. Gefehlt hatten eigentlich nur die Blaulichter und die Martinshörner, die auf der Bahn wenig ausrichten konnten, da man dort mit einer Sicherungsanlage arbeitete.

Beide Fahrzeuge waren reine Wagen und konnten sich nicht aus eigener Kraft bewegen. Daher wurde der Zug auf der Seite des Rettungswagens mit einer Lokomotive geschoben.

Dabei kam ein von der Spannung der Fahrleitung unabhängiges Triebfahrzeug zum Einsatz. Dies konnten Traktoren, aber auch Diesellokomotiven der Baureihe Bm 4/4 sein. Dank der Lokomotive konnten die Leute schnell aus einem Tunnel geführt werden.

Der fertige LRZ 64 wurde in Göschenen stationiert und wurde von der Fachwelt weitherum bewundert. Der Zug, der als erster seiner Art galt, verwunderte selbst Feuerwehren aus der ganzen Schweiz.

So reisten ganze Gruppen nach Göschenen um diesen neuen einzigartigen Zug kennen zu lernen. Wirklich auf dem Zug geschult wurden Arbeiter der SBB in Göschenen und die Feuerwehr des Ortes.

Der Zug zeigte schliesslich, dass er durchaus durchdacht war. Er zeigte aber auch ein Mangel auf, denn die mitgeführten Löschmittel waren einfach zu gering dimensioniert worden, denn wenn im Gotthardtunnel zuerst 10 Kilometer Leitung gelegt werden müssen, ist der Tank leer, bevor das Wasser beim Tanklöschwagen ankommt. Zudem wäre auch in Airolo so ein Zug sinnvoll gewesen.

 

LRZ 76 und 96

Die mit dem LRZ 64 gemachten Erfahrungen liessen erkennen, dass die Idee gut war und dass man mit den LRZ durchaus eine gute Sache geschaffen hatte. Besonders die lange Phase der Erprobung und die vielen Übungen zeigten die Schwachstellen auf und konnten so verbessert werden. Damit konnte man den LRZ für die einzelnen Standorte definieren, ohne dass man sich lange um Prototypen bemühen musste. Doch die Verantwortlichen der schweizerischen Bundesbahnen SBB nahmen diese Idee nicht so ernst.

Man verfolgte die Idee nicht sonderlich weiter, am liebsten hätte man die Pläne in den Schubladen abgelegt und vergessen. Die letzten Dampflokomotiven waren weg, so war die Gefahr eines Feuers im Tunnel gebannt. Ohne Feuer kann auch kein giftiger Rauch entstehen und so sah man die LRZ, die keinen Nutzen zu bringen schienen nicht als dringende Fahrzeuge an. Man wollte nicht Züge beschaffen, die keinen Nutzen hatten. Die federführenden Personen waren darüber alles andere als erfreut.

Wie tragisch diese Haltung der Direktion hätte enden können, zeigte der 8. November 1969. Der von Mailand nach Paris verkehrende TEE LEMANO wurde wie jeden Tag mit Dieseltriebwagen der FS geführt und verliess den Bahnhof Mailand pünktlich. Die Fahrt verlief ohne nennenswerte Schwierigkeiten die Südrampe des Simplons hoch. Man bereitete sich bereits langsam auf die Ankunft in der Schweiz vor. Doch soweit sollte der Zug nicht mehr kommen.

Kurz nach der Durchfahrt in Iselle bemerkte das Personal im Zug des mit zwei Dieseltriebzügen der FS geführten TEE LEMANO einen Brand beim Dieselmotor des zweiten Triebwagens. Die entsprechende Rauchentwicklung führte dazu, dass bereits im Triebwagen erste Anzeichen von Rauch erkennbar waren. Der Lokführer hielt daraufhin mit dem Zug nach knapp zwei Kilometer im Simplontunnel bei Km 18 an.

Dort befand sich eine Nische mit Telefon. So konnte Hilfe angefordert werden, denn der Brand hatte sich mittlerweile vergrössert und auf den Triebwagen ausgeweitet. Eine Funkverbindung gab es damals noch nicht, so dass nur der Halt bei einem Telefon blieb um den Fahrdienstleiter zu erreichen. Die Meldung war dabei kurz und bündig. TEE LEMANO steht brennend im Simplontunnel. Die schlimmsten Befürchtungen wurden geweckt.

Der einzige vorhandene LRZ war in Göschenen und somit Stunden vom Simplon entfernt. Die Leute im Tunnel waren also auf sich gestellt. Es gelang dem Personal schliesslich mit den Leuten vor der Brandstelle und dem noch ganzen Triebwagen nach Brig zu fahren und diese so in Sicherheit zu bringen. Den brennenden Triebwagen liess man dabei zurück und brachte sich in Sicherheit. Eine Reaktion, die durchaus verständlich ist.

Die durch den Brand vom ganzen Triebwagen getrennten Leute machten sich  in Begleitung eines Angestellten auf den beschwerlichen Weg durch den dunklen Simplontunnel nach Iselle. Dabei mussten sie in der Abzugsrichtung des Rauches gehen und waren daher immer den Rauchgasen ausgesetzt. Schliesslich konnten auch diese Leute mit einem Triebwagen, der aus Iselle herbei geeilt war, aus dem Tunnel gerettet werden.

Glücklicherweise waren bei diesem schweren Vorfall keine Leute zu beklagen. Der Unfall zeigte aber, dass es in einem Tunnel durchaus gefährlich werden kann, wenn ein Feuer entsteht und dass dies auch bei der modernen Eisenbahn passieren kann. Die Wärme kann im Tunnel nicht entweichen und das Feuer heizt sich selber auf. Die entstehenden Rauchgase können nicht nach oben entweichen und folgen dem Fluchtweg der Leute.

Die schweizerischen Bundesbahnen SBB erkannten, dass die Idee mit dem LRZ 64 durchaus hilfreich gewesen wäre, denn es war auch schwer den brennenden Triebwagen im Tunnel zu löschen und schliesslich zu bergen. Mit den vorhandenen Fahrzeugen war nur eine behelfsmässige Lösung vorhanden. Die Fahrzeuge waren zudem nur schlecht ausgerüstet. Ein Hilfszug hatte nur Handfeuerlöscher bei sich und die konnten bei einem grossen Brand kaum etwas ausrichten.

Man begann daher auf den Erfahrungen des LRZ 64 einen neuen Lösch- und Rettungszug zu konstruieren. Dabei sollte der Zug grösser und damit leistungsfähiger, als der vorhandene Zug, werden. Die Erfahrungen mit dem vorhandenen Zug und dem Vorfall im Simplon flossen in die Konstruktion des neuen Zuges ein. So sollte ein guter Zug entstehen, der auch schwere Vorfälle beherrschen konnte.

Der Zug wurde schliesslich als LRZ 76 in zehn Exemplaren beschafft und an die einzelnen Standorte verteilt. Die BLS schloss sich daraufhin mit einem weiteren Zug an, so dass insgesamt elf LRZ 76 durch die beiden Bahnen beschafft wurden. Die sechs 1996 abgelieferten LRZ 96 hatten jedoch nur noch kleine Abweichungen zum LRZ 76, der durchaus als gelungen bezeichnet werden konnte.

Als Löschwagen verwendete man nun einen vierachsigen und somit grösseren Kesselwagen. Dieser wurde aber nicht mehr aus ausrangierten Modellen umgebaut, sondern speziell für den LRZ neu gebaut. Das führte dazu, dass man den Kessel etwas kleiner aufbauen konnte. So gab es auf beiden Seiten Platz um gedeckte Plattformen für die Mannschaft des LRZ vorzusehen. Hier waren sicherlich die Erfahrungen des alten Zuges eingeflossen.

Der Kessel des Wagens konnte mit 44‘000 Liter Wasser gefüllt werden. Trotzdem war das mehr als die doppelte Menge Wasser, als beim LRZ 64.

Dank den beiden Drehgestellen konnte der Wagen im Vergleich zum LRZ 64 leichter gebaut werden, was mit grösseren Vorräten kompensiert wurde.

Das Gewicht des Wagens stieg somit auf 80 Tonnen an. Die zulässigen Achslasten konnten trotzdem eingehalten werden.

Auch die Schaummittelanlage war hier wieder eingebaut worden. Hier waren nun aber 1000 Liter Schaummittelextrakt vorhanden. Damit konnte wesentlich mehr Schaum erzeugt werden, als das beim LRZ 64 möglich war.

Deutlich konnte man hier den Vorteil der zusätzlichen zwei Achsen erkennen, denn auch die mitgeführte Menge an Löschstaub konnte gegenüber dem kleineren Zug von 1964 verdoppelt werden.

Auf beiden Seiten des Kessels entstand nun Platz um eine breite Plattform aufzubauen. Diese wurde mit einer Kabine eingehüllt. Diese Kabine erlaubte es dem Zug, näher an den Brand zufahren, da die Leute durch dieses Gehäuse besser vor der Hitze geschützt waren, als auf dem offenen Wagen des LRZ 64. Je näher man fahren konnte, desto weniger weit mussten die Feuerwehrleute mit der schweren Ausrüstung gehen. Damit sollte die Effizienz des Wagens zusätzlich gesteigert werden.

Unter dem Wagen montierte man nun Bahnräumer. Diese waren besser und konnten auch Gegenstände, die zwischen den Schienen lagen zur Seite schieben. Besonders in der unmittelbaren Nähe des Brandes konnten die Leute im Zug nichts mehr erkennen, doch genau hier lagen oft Trümmerteile herum, die dem Wagen gefährlich werden konnten. Daher die Wahl von kräftigen Bahnräumern.

An der Kabine brachte man zudem die Beleuchtungen der Züge an. So konnte der Wagen das Spitzensignal zeigen. Zusätzlich wurden im Bereich der Bahnräumer Scheinwerfer montiert. Die Fahrt in einem Tunnel konnte so verbessert werden, da der Bereich vor dem Wagen erhellt werden konnte. Zudem erkannten die fliehenden Leute das Signal eines Zuges und konnten sich bemerkbar machen. Der Zug konnte so etwas schneller vorrücken.

Auf dem Dach jeder Kabine montierte man eine Lanze, die als Wasserwerfer diente und manuell geschwenkt werden konnte. Der Schwenkbereich der Lanze war sowohl horizontal, als auch vertikal möglich. Bedient wurde die Lanze dabei aus dem Inneren heraus durch einen einzelnen Feuerwehrmann. Somit band die Lanze nur wenig Personal, was bei der Brandbekämpfung mit kleinen Teams von Vorteil war.

Mit einer Wurfweite von rund 70 Metern konnten in der Minute beim LRZ 76 mit einer Lanze bis zu 2‘400 Liter Wasser verspritzt werden.

 Beim LRZ 96 konnte die Wurfweite auf 75 Meter gesteigert werden. Zudem konnten hier 3‘600 Liter Wasser versprüht werden.

Bei beiden Zügen konnte auch Schaum durch die Lanze versprüht werden, wobei dann die Reichweite jeweils auf die Hälfte des Wassers sank.

Dank dieser Lanzen konnte der Weg zu einem Brand zusätzlich gekühlt werden oder aber man nutzte sie um Feuer an steilen Hängen zu bekämpfen.

Der Wagen konnte also den Brand bereits bekämpfen, bevor der eigentliche Zug angehalten hat. So gewann man Zeit, die bei der Bekämpfung eines Feuers wertvoll ist. Hier baute man jedoch auch auf den Erfahrungen der Feuerwehren an Flughäfen auf, da diese grundsätzlich auf diese Löschmethode setzten.

Da alleine die Lanze in der Minute eine grosse Menge Wasser versprühen konnte, reichte der Vorrat an Wasser kaum zehn Minuten. Daher konnte auch dieser Wagen an eine Wasserleitung zur Versorgung des Tanks angeschlossen werden. Zehn Minuten reichten in vielen Fällen um eine Wasserleitung zu legen und so den Wagen zu versorgen. In längeren Tunnels war zudem vorgesehen, Wasserfassungen für den Zug zu erstellen.

Die Lösung sah aber nicht vor, dass mit einem weiteren Kesselwagen, der im Zug eingereiht wurde, die Wassermenge erweitert würde. Trotzdem galt dieser Zug als wesentliche Steigerung der Leistung und bot somit eine bessere Brandbekämpfung. Schliesslich mussten auch die Leute vor Ort nach einer gewissen Zeit abgelöst werden. Das konnte dann meisten die nachrückende Feuerwehr übernehmen, der Löschwagen war als Fahrzeug für den ersten Angriff ausgelegt worden.

Man kann es etwas einfach ausdrücken, dass der LRZ in den Tunnel fuhr, sich mit dem Wasser den Weg frei machte, das Feuer zurückdrängte und so einen Fluchtweg für die Leute schuf. Waren diese Leute geborgen, konnte der Angriff mit geordneten Abläufen erfolgen. Der primäre Gedanken des LRZ war damit mit „rein, retten und Rückzug“ ausgelegt worden. Dazu reichten die Mengen der Vorräte durchaus aus.

Am Wagen für die Bergung änderte man jedoch nicht viel. Auch hier kam ein zweiachsiger Wagen mit Plattformen zum Einsatz. Um den Verlad von Tragen verbessern zu können, wurde eine Plattform wesentlich verbreitert. Die Leute konnten aber auch hier mit der Hilfe von Masken mit Atemluft versorgt werden. Damit entsprach der Wagen mit den erwähnten Abweichungen dem Modell von 1964.

Im Unterschied zum LRZ 64 konnte mit einem Dieselaggregat nun selber Atemluft komprimiert werden. Besonders beim Rettungswagen konnte dieser vor einer erneuten Fahrt zum Brandherd mit frisch befüllten Atemluftvorräten ausgerüstet werden. Damit war ein wesentlich längerer Einsatz der Fahrzeuge möglich. Schliesslich ist in einem Fall die mitgeführte Atemluft der wichtigste Bestandteil des Zuges.

Geschoben wurden auch diese nicht angetriebenen Wagen von einer Diesellokomotive. Hier setzte man jedoch vorständig auf die Lokomotive der Baureihe Bm 4/4. Diese Maschine konnte auch nicht betroffene Fahrzeuge aus dem Tunnel bergen und so erst den Zugang zum Brandherd ermöglichen. Die Tatsache, dass man auf eine Diesellokomotive setzte, zeigte klar, dass man davon ausging, dass die Fahrleitung beschädigt wäre und daher nicht zur Verfügung stand.

Mit dem LRZ 1996 erweiterte man die Flotte und verbesserte zugleich die Leistung.

Die Entwicklung der Brandbekämpfung benötigte immer mehr Material, das mitgenommen werden musste. Deshalb funktionierte man den bisherigen Rettungswagen zu einem Gerätewagen um.

Damit hatte man genügend Platz für das zusätzliche Material, das mitgenommen werden musste. Vor allem wurden nun auch mobile Löschgeräte mitgeführt, die vom Löschwagen unabhängig arbeiten konnten.

Neu baute man einen vierachsigen Rettungswagen. Dieser bestand aus einem auf dem Wagen aufgesetzten Container. Dieser Rettungscontainer stand unter leichtem Überdruck, so dass keine Rauchgase eindringen konnten und die Sicht im Container immer frei war.

Zudem reichte die mitgeführte Atemluft länger, als beim bisherigen Wagen. Zuletzt konnten natürlich auch mehr Leute mitgeführt werden.

Der Aufstieg war nur noch auf einer Seite möglich und erfolgte über einen breiten Aufstieg. Dazu konnte eine Treppe herunter geklappt werden. Diese breite Treppe erlaubte es auch, die Tragen mit Verletzten schnell in den Wagen zu laden. Die Bergung der Leute wurde dadurch beschleunigt und erleichtert. Dem wichtigsten Punkt des Zuges wurde daher noch mehr Bedeutung zugeschlagen.

Der LRZ 96 war so wesentlich leistungsfähiger geworden, als die älteren LRZ 76. Diese wurden später ebenfalls mit dem neuen Rettungswagen ergänzt, aber nicht mit einer höheren Leistung versehen. Die älteren Züge sollten an Orten stationiert werden, wo weniger lange Tunnel vorhanden waren. Daher ist es sinnvoll, wenn wir uns auch schnell um die Standorte kümmern.

 

Stationierung

Die Lösch- und Rettungszüge wurden nun auf dem Netz der SBB verteilt und kamen nicht nur bei den langen Tunneln durch die Alpen zum Einsatz. Die Züge wurden nach strategischen Punkten und nach geografischer Verteilung den Orten zugeteilt. Dabei hatte jeder Zug seinen Einsatzort fest zugeteilt und wurde bei einer Reparatur durch einen an einem weniger kritischen Ort stationierten Zug, ersetzt. Die einzelnen Orte, können Sie in der folgenden Tabelle erkennen:

 

Typ Standort Bemerkung
LRZ 96 Bern  
LRZ 76 Biel  
LRZ 96 Brig Simplontunnel
LRZ 76 Delémont  
LRZ 76 Lausanne  
LRZ 76 Genève  
LRZ 76 Spiez BLS / Lötschbergtunnel
LRZ 96 Basel  
LRZ 76 Bellinzona In Airolo abgestellt
LRZ 96 Göschenen Gotthardtunnel
LRZ 76 Olten  
LRZ 76 Luzern Bis 1996 LRZ 64
LRZ 76 Chiasso  
LRZ 96 Rapperswil  
LRZ 76 Winterthur  
LRZ 76 Rorschach  
LRZ 76 Buchs SG  
LRZ 96 Zürich  

 

Sie sehen, dass man aus dem Vorfall mit dem TEE LEMANO gelernt hatte und die Lösch- und Rettungszüge unmittelbar bei den Portalen zu den grossen Tunnel stationierte. Zudem wurden nun auch Züge in Regionen abgestellt, wo nur wenige Tunnelabschnitte vorhanden waren. Die Vorteile dieser Züge wurden auch hier erkannt und so gab es ein gut abgedecktes Streckennetz der schweizerischen Bundesbahnen SBB.

Diese LRZ waren oft für den ersten Einsatz vorgesehen und konnten bei Bedarf durch einen der anderen Züge unterschützt werden. So war gesichert, dass man besser auf einen Vorfall in einem Tunnel oder entlang einer Bahnlinie reagieren konnte. Die LRZ waren auch mit den Alarmorganisationen der örtlichen Feuerwehr verbunden. So kamen auch Einsätze hinzu, weil die örtlichen Feuerwehren auch einen Angriff von der Bahnlinie her wünschten.

Die schweizerischen Bundesbahnen SBB und die BLS hatten damit eine gute Rettungsorganisation geschaffen. Damit hatte man nach damaligen Gesichtspunkten ein optimales Rettungskonzept ausgearbeitet. Die Züge bestanden immer aus einem Löschwagen und einem Rettungswagen. Erst später wurden die grossen Züge mit einem Gerätewagen ausgerüstet und so zusätzlich verbessert. Die Einsätze der Züge waren jedoch selten, was für die Sicherheit der Bahnen sprach.

Luzern als strategischer Ort hatte den LRZ 64 erhalten. Dieser war dort natürlich nötig, um die vielen Tunnel um die Stadt schnell zu erreichen. Er war der einzige LRZ, der auch mit einem Traktor an den Einsatz fahren konnte. Die grossen Züge waren schwerer und mussten daher von einer Bm 4/4 geschoben werden. Diese war meistens den Depots als thermische Reserve zugeteilt worden und standen zur Verfügung.

Neue Tunnel und neue Sicherheitskonzepte zeigten aber die Schwachstellen dieser Züge auf. Diese konnten nicht mehr mit den Rettungslösungen der neuen Tunnel kombiniert werden. Auch die zusätzliche Lokomotive war nicht immer ein Vorteil, denn wenn diese mit den geretteten Leuten aus dem Gefahrenbereich fuhr, war der Löschwagen hilflos, falls sich die Situation vor Ort verschärfte.

 

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