Normen der Infrastruktur

Da es mit der Einführung des FDV keinen Anhang zum FDR mehr gab, musste man für die Besonderheiten der Infrastruktur eine neue Regelung schaffen. Diese Regelung nennt sich nun Ausführungsbestimmungen. Diese Normen der Infrastruktur werden als Ergänzung vom FDV herausgegeben und betreffen die dabei erwähnte Infrastruktur. Natürlich kann die Infrastruktur aber auch Vorschriften erlassen, die nicht in diesen Regelungen enthalten sind.

Es lohnt sich daher sicherlich, wenn wir einen genaueren Blick auf diese Vorschriften werfen. Dabei geht es nicht Explizit um Normen und Vorschriften, die einem Unternehmen einen Vorteil verschaffen könnten. Vielmehr sollen hier einige Überlegungen zu den Ausführungsbestimmungen angestellt werden. Bedenken Sie doch, dass nicht alle Punkte einer Bahngesellschaft gleich gebaut sein können. Anpassungen gibt es immer wieder.

Die Infrastruktur einer Eisenbahn ist zudem in vielen Punkten an wichtige Normen gebunden. Diese Normen gelten oft international und sind deshalb kaum anzupassen oder lassen sich verändern. Auch diese Normen und Vorschriften müssen eingehalten werden, wenn man sich einen normalen Bahnbetrieb schaffen will. Es klingt kompliziert, aber die Normen und Vorschriften erleichtern das Leben auf der Eisenbahn gewaltig.

Ein Beispiel soll uns hier helfen. Der Abstand zwischen den beiden Schienen wird durch eine Norm festgelegt. Wir sprechen so zum Beispiel von einer Normalspur. Diese sieht einen Abstand von 1'435 Millimeter vor. Daran müssen wir uns halten, denn sämtliche Fahrzeuge sind nach dieser Norm gebaut worden. Trotzdem kann die Infrastruktur dazu Änderungen erlassen und so bestimmen, wie gross die Erweiterung der Spurweite in engen Kurven sein darf.

Da durch das System von Rad und Schiene die Züge nicht seitlich ausweichen können, muss man auch Normen erlassen, die regeln, was wo erstellt werden darf. Eine solche Norm haben wir bereits kennen gelernt, es ist die Bahnsteighöhe, die dafür sorgt, dass sie bequem einsteigen können. In dieser Norm wird festgelegt, wie hoch ein Bahnsteig sein darf. Dank diesen Normen ist ein Fahrzeug auch ausreichend weit vom Bahnsteig entfernt.

Nur, wie weiss man, wie weit vom Gleis entfernt der Bahnsteig sein darf oder muss. Man kann diesen nicht einfach erstellen und hoffen, dass es dann schon passt. Das könnte weder für die Fahrzeuge, noch für unseren Bahnsteig gut enden. Deshalb werden Normen benötigt, die auch diesen Abstand regeln. Ähnliches gilt auch an anderen Orten, denn ein Signal muss ja auch ausserhalb der Fahrzeugbegrenzung sein. Daher sehen wir und diesen Punkt genauer an.

 

 

Das Lichtraumprofil

Das Lichtraumprofil regelt, wie weit sich ein Bauteil, also unsere Bahnsteigkante einem Gleis und somit einem Fahrzeug nähern darf. So ist gesichert, dass sich ein Fahrzeug und die Infrastruktur nicht berühren können. Eine Vorschrift, die nicht in jedem Land gleich ist, denn diese Umgrenzung der Fahrzeuge hat sich im Lauf der Jahre entwickelt. Ein Beispiel ist dabei England, wo ganz andere Normen, als auf dem Kontinent geschaffen wurden.

So lange sich die Fahrzeuge an diesen lichten Raum halten ist das kein Problem. Dieses Lichtraumprofil wurde international genormt und in bestimmte Kategorien aufgeteilt. So ist gesichert, dass ein Wagen aus Norwegen in der Schweiz an dem Signal oder an der Bahnsteigkante in Hinterwil vorbei kommt. Aber auch geregelt ist, wie ein Fahrzeug auszusehen hat, wenn es nach England verkehren soll. Diese Regelung stellt so klare Regeln auf, die nicht jede Bahn klar regelt.

Wir betrachten nun dieses Lichtraumprofil etwas genauer. Die Umgrenzung ist für ungeübte Augen etwas komisch, denn eigentlich erwartet man einen rechteckigen Bereich, den man ausnutzen kann.

Nur hier sind viele Faktoren zu berücksichtigen, die von der Infrastruktur gegeben sind. Als Beispiel sei hier das Gewölbe der Tunnel erwähnt, das klar im oberen und unteren Bereich zu Einschränkungen führt. Unser Bahnsteig ist hier sicher ein weiteres Beispiel, das die Notwendigkeit aufzeigt. 

Damit der Bahnsteig nahe genug an die Fahrzeuge heran geführt werden kann, muss das Profil im unteren Bereich eingeschränkt und verengt werden. Das erkennen Sie in der Grafik ganz gut.

So ist gesichert, dass Sie beim einsteigen nicht einen Luftspalt von fast einem Meter überbrücken müssen. Achten Sie doch bei Ihrer Fahrt einmal darauf, wie genau hier gearbeitet wird. Das Fahrzeug fährt nur wenige Zentimeter neben der Bahnsteigkante durch.

Das Lademass offener Güterwagen oder anderer Fahrzeuge wird durch dieses Lichtraumprofil eingeschränkt und ist immer etwas geringer, als das effektive Lichtraumprofil.

Besonders bei hohen Ladungen ist so aber gesichert, dass der Wagen ungehindert verkehren kann. Das Lademass muss vor der Fahrt überprüft werden. In einigen Bahnhöfen wurden dazu spezielle Profile geschaffen. Damit kann das Lademass schnell kontrolliert werden.

Die Ausführungsbestimmungen regeln dabei nur, wo welche Ausnahmen erlaubt sind. So ist dort auch geregelt, wo Doppelstockwagen verkehren dürfen und wo das nicht geht.

Auch andere Ausnahmen sind vorhanden und zeigen klar auf, welche Strecke mit welchem Zug befahren werden darf und wo das nicht geht. Nur, was macht man dann, wenn der Wagen wegen einer Störung eine Strecke befahren muss, auf der er eigentlich nicht zugelassen ist?

Lademassüberschreitung: Im Falle des Doppelstockwagens, der eine Strecke befahren muss, die er eigentlich gar nicht befahren dürfte, spricht man vom einer Lademassüberschreitung Lü. Für die Fahrt müssen nun spezielle Vorschriften beachtet werden. Damit ist gesichert, dass der Wagen fahren kann. Die Einschränkungen, die jedoch nun gelten, müssen dem fahrenden Personal abgegeben werden. Nur so ist die Fahrt möglich und wird zugelassen.

Transporte, die mit einem überschrittenen Lademass verkehren, verletzen in jedem Fall bei einem bestimmten Punkt das Lichtraumprofil. So ist der Doppelstockwagen vielleicht für einen Tunnel zu hoch, oder er kommt zu nahe an die Fahrleitung. Auch Perrondächer können zu Problemen führen. Daher muss für Fahrten mit einer aussergewöhnlichen Sendung genaustens geplant werden. Die Bewilligung enthält dann die bestehenden Einschränkungen.

Diese Fahrten können nur durchgeführt werden, wenn bekannt ist, wie nahe sich bestimmte Bauteile dem Gleis effektiv nähern. Schliesslich wird bei genügend Platz grosszügig Abstand genommen. Der Zug muss dann nach speziellen Bedingungen verkehren und darf an bestimmten Stellen nicht durchfahren oder muss bestimmte Geschwindigkeiten einhalten. Es kann aber auch passieren, dass die Ladung in gewissen Bereichen verschoben werden muss.

Besonders bei massiven Überschreitungen des Lademasses sind viele Vorschriften einzuhalten und die Ladung zu verschieben. Diese Fahrten sind dann mit speziellem Personal besetzt und dürfen an ganz engen Orten nur mit Schrittgeschwindigkeit und unter örtlicher Bewachung durchfahren. Diese Fahrten finden meistens in verkehrschwachen Zeiten statt, denn einem solchen Zug darf auf der Strecke kein weiterer Zug begegnen, da sie sich eventuell berühren könnten.

Lademassüberschreitungen in einem sehr beengten Rahmen sind nicht einmal selten. Das heisst, sie kommen öfters vor und müssen nicht mit speziellen Papieren begleitet werden, weil sie in den Ausführungsbestimmungen erwähnt werden. Dort steht dann auch, dass man mit einem solchen Zug bestimmte Bereiche nicht befahren darf. Zu dieser Kategorie von Zügen zählen zum Beispiel die rollenden Landstrassen für die LKW.

 

Spezialnormen

Es gibt aber auch spezielle Normen, die sich auf einen bestimmten Streckenabschnitt der Infrastruktur beziehen. Ein Beispiel soll das etwas verdeutlichen. So gibt es Bahnlinien, die über ein ausgesprochen grosses Gefälle verfügen. Diese Gefälle sind in den Ausführungsbestimmungen enthalten, da für sie spezielle Vorschriften eingehalten werden müssen. Im Detail kann so beschrieben werden, was wie gemacht werden darf.

Sie sehen, es macht durchaus auch Sinn, wenn man Teile der Vorschriften in die Ausführungsbestimmungen packt. Was sollen Richtlinien über starke Gefälle in einem FDV suchen. Das betrifft nun wirklich die Infrastruktur und so kann jede die Angaben so anpassen, wie es für sinnvoll erscheint. Die Unternehmen, die dann auf diesen Strecken verkehren, müssen genau wissen, was warum erlaubt ist. Geschrieben steht es bei den Normen der Infrastruktur.

Diese Normen regeln somit Punkte, die nur auf diesem speziellen Abschnitt wichtig sind und die nur angewendet werden müssen, wenn man diese Abschnitte bei bestimmten Situationen befährt. So steht bei den starken Gefällen, was man zu unternehmen hat, wenn die geforderte elektrische Bremse ausgefallen ist und man sich bereits im Gefälle befindet. Je nach Vorschrift muss man anders handeln. Nur gilt da vielleicht bei einer BLS etwas anders, als bei einer MO.

Es ist schwerer, diese Normen zu erklären, als die effektive Norm zu beschreiben. Mit dem Beispiel des starken Gefälles habe ich jedoch eine gute Einleitung für Ausnahmen gefunden. Was ist aber, wenn für bestimmte Strecken eine generelle Norm besteht und die von den Fahrzeugen erfüllt werden muss. Die Vorschrift kann zum Beispiel einen Tunnel und eine Diesellokomotive betreffen. All das befindet sich in den Normen der Infrastruktur.

Die Simplonfestigkeit: Eine ganz spezielle Norm der Infrastruktur, ist die Simplonfestigkeit. Sie wird von der Infrastruktur vorgegeben, steht jedoch nicht in den Ausführungsbestimmungen und muss von den Herstellern der Anlagen im Tunnel oder bei Fahrzeugen eingehalten werden. Sie ist so speziell, dass es sich lohnt, wenn wir uns etwas mit dieser Simplonfestigkeit befassen, denn selten ist etwas so mit dem Namen verbunden.

Als Simplonfestigkeit wird zum Beispiel die Norm bezeichnet, die sich auf die Bedingungen in dem Simplontunnel beschränken. Wenn das so genau um diesen bestimmten Tunnel gilt, muss man zuerst wissen, was denn der Tunnel für spezielle Bedingungen hat. Erst dann versteht man, warum eine Norm dafür geschaffen wurde und warum sie eingehalten werden sollte. Schliesslich sind Normen ja dafür gedacht.

Beim Simplon sind das die im Tunnel herrschenden klimatischen Bedingungen. Dort kombiniert sich eine extrem hohe Luftfeuchtigkeit mit aggressivem Bergwasser. Hinzu kommt noch da grosse Wärme, die sich durch die gewaltige Überdeckung des Tunnels ergibt. Eine wirklich aussergewöhnliche Situation, die sich dem Material und den Zügen im Tunnel stellt. Daher schuf man die Simplonfestigkeit als Norm für den Simplontunnel.

So ergeben sich auf den knapp 20 Kilometern extreme klimatische Unterschiede. So kann zum Beispiel das Wetter in Brig kühl und trocken sein, was ganz gut auf das Wallis passt. In Iselle auf der anderen Seite gelten ähnliche Bedingungen oder es ist etwas wärmer. So ergeben sich im Winter für die beiden Portale Temperaturen um den Gefrierpunkt. Iselle etwas wärmer als Brig, aber das spielt keine Rolle, es könnte sogar noch viel kälter sein.

In der Mitte des Tunnels herrschen aber das ganze Jahr feuchte 30 Grad Celsius. Es ist im Tunnel somit das ganze Jahr schwülwarm. Bisher gab es keinen Tunnel, der so extreme Bedingungen bietet. Es gibt Tunnel, die wärmer sind, die aber nicht so drückend wirken, wie der Simplontunnel. Dabei liegt die Luftfeuchtigkeit im Simplontunnel bei fast 100%. Im Moment zumindest trägt die Vorschrift deshalb seinen Namen. Es kann aber sein, dass die Vorschriften auch bei anderen Tunneln angewendet werden.

Für die Arbeiter sicherlich keine angenehmen Bedingungen. Sie kennen das, denn im Sommer wird es nach einem Gewitter oft wieder schwülheiss und Ihnen läuft der Schweiss nur so den Rücken runter. Im Simplon ist das an der Tagesordnung. Diese extremen Werte belasten das Material und Personal schwer. So werden die Schienen durch die Feuchtigkeit angegriffen und sie rosten schneller als an anderen Orten. Das führt dazu, dass man sie öfters austauschen muss, als an anderen Orten.

Die Simplonfestigkeit ist somit der Schrecken für Fahrzeugbauer und Ausrüster der Strecke. Die Bauteile im Tunnel müssen resistent gegen die aggressive Feuchtigkeit sein. Die Fahrzeuge müssen schnelle Temperaturunterschiede und die grosse Feuchtigkeit ertragen. Zumindest im Moment gibt es in der Schweiz keine vergleichbare Strecke. Ob sich das mit dem Basistunnel am Gotthard ändern wird, weiss man erst, wenn man mit Zügen in diesem Tunnel fährt.

In Bezug auf das vorher beschriebene FDV dürfen in den Ausführungsbestimmungen der Infrastruktur keine Regeln enthalten sein, die eine Abschwächung der im FDV erwähnten Vorschriften darstellen. Dieser Grundsatz wird aber nicht immer eingehalten, denn gewisse im FDV vorgegebene Regeln können auf einer bestimmten Infrastruktur schlicht nicht umgesetzt werden. Dann müssen halt komplett neue Regeln erstellt werden. Wobei solche Ausnahmen selten sind.

Ohne hier zu gross gegen den geltenden Datenschutz zu verstossen, will ich einen Fall der Verschärfung aufzeigen. Es geht hier um die Fahrt bei einem gestörten Hauptsignal. Das FDV sagt dazu eigentlich nur, dass danach mit Fahrt auf Sicht zu fahren ist. Es erlaubt aber in bestimmten Fällen gleichzeitig die Aufhebung dieser Regelung. Auf Strecken der SBB darf aber in einem solchen Fall die Fahrt auf Sicht nicht aufgehoben werden und muss in jedem Fall eingehalten werden.

Das heisst, der Zug muss auf dem ganzen Abschnitt mit Fahrt auf Sicht verkehren. Andere Infrastrukturbetreiber sehen das jedoch anders und lassen solche Fahrten in bestimmten Fällen auch ohne Fahrt auf Sicht zu. Deshalb ist es wichtig, dass das Personal genau weiss, was in diesem Ausführungsbestimmungen genau steht, denn schnell ist sonst ein Fehler passiert. Wichtig für uns ist aber, dass diese Ausführungsbestimmungen von jedem Netzbetreiber erstellt werden müssen.

 

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