Persönliche Erfahrungen

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Im Vorfeld der Auslieferung verfolgte ich die Informationen zur Lokomotive in der Fachpresse. Schliesslich bin ich ein Mensch, der sich auch an solchen Lokomotiven erfreuen konnte. Die Baureihe Am 843 sollte jene Lokomotiven ersetzten, die ich zumindest theoretisch noch kannte. Ich spreche von der Reihe Bm 4/4, die früher noch regelmässig bedient wurde, da sie für die Einsätze mit Hilfswagen vorgesehen war.

Mit der neuen Regelung bei den Einsätzen verlor ich auch diese Kundigkeit. Damit war aber klar, dass ich meine Kompetenzen vollumfänglich auf die elektrischen Lokomotiven konzentrieren sollte.

In der Schweiz hatte daher auch beim Personal die elektrische Traktion einen Sieg errungen. Natürlich gab es immer wieder Personal, das durch spezielle Einsätze auf diesen Maschinen geschult blieb. Dazu gehörte ich jedoch nicht.

Niemand verbot mir jedoch, mich auch mit den Fahrzeugen auseinander zu setzen, die ich nicht kannte. Dazu gehörten die Diesellokomotiven. Besonders jene der neueren Generation waren spannend.

Der Grund dafür war schlicht, denn in der Schweiz gab es kaum neue Diesellokomotive. Neben der Baureihe Am 841 und der gigantischen Reihe Am 6/6 war kaum eine Maschine neueren Baujahres. Das sollte sich nun ändern.

Die Reihe Am 843 sollte jedoch neue Massstäbe setzen. Eine Diesellokomotive mit so hoher Leistung und einem eingebauten Russpartikelfilter war schon etwas spannend. In der Fachpresse bekam ich die Informationen.

Ab und zu bekam man die Maschine auch im Einsatz zu Gesicht, aber eigentlich war man damit nie sonderlich beschäftigt. Es sei denn man bot mir eine Taxifahrt mit der Maschine an und ich konnte mir ein Fussmarsch ersparen. Ach ja, ab und zu hatte man eine in Schleppfahrt hinter der Reihe Re 6/6 oder Re 4/4 II.

Meine persönlichen Erfahrungen mit der Lokomotive dieser Baureihe beschränkten sich viele Jahre darauf, dass ich sie im Zug geschleppt mitführen musste. Da ich keine Kenntnisse der Lokomotive besass, war das bei den Zügen in Richtung Gotthard immer wieder ein Problem. War die Bremse der geschleppten Maschine ausgeschaltet? Wurden die Federspeicher korrekt gelöst? Alleine war ich da richtig aufgeschmissen und musste fröhlich raten.

Anders ausgedrückt war ich immer wieder froh, wenn ich mit der geschleppten Maschine ohne Störung am Ziel ankam. Nach dem entkuppeln war es dann nicht mehr mein Problem.

Es sei denn, man konnte in der Presse lesen, dass die Lokomotive unkontrolliert losrollte. Zum Glück ist das nie passiert, weil ich die abgestellte Maschine immer mit Hemmschuhen sichern liess. Ob das nötig war, war mir eigentlich egal.

Nach der zweiten Raterei hatte ich davon genug und so erkundigte ich mich, wie ich das den kontrollieren könnte.

Die Folge davon war, dass endlich eine Information in dieser Richtung erfolgte und so auch die Lokführer, die mit der Lokomotive nicht fahren durften, wussten, wie die Bremse auszuschalten ist und wie man kontrolliert, ob die Federspeicher gelöst wurden. So waren die geschleppten Überführungen kein Problem mehr.

Da ich aber dem Team Erstfeld von SBB Historic angehörte, liess ich es mir nicht nehmen, dem Rangiermanöver im Verkehrshaus beizuwohnen.

Wenn ich nicht zum Voraus anreisendem Team gehörte, kam es auch vor, dass ich den Lokführer begleitete, der mit der Reihe Am 843 von Altdorf anreiste. So kam ich auf die Maschine und konnte ein paar Einblicke in die Bedienung erhaschen. So kam ich der Lokomotive näher.

Hingegen war ich ein Lokführer, der nur mit elektrischen Lokomotiven fuhr und der eine Homepage mit den Lokomotiven unterhielt. Die Informationen für die Seite konnte ich dank grosszügiger Unterstützung der Ausbildner erfragen und sogar in deren Unterlagen blicken. Nur, die Schulung war für mich nicht vorgesehen, denn ich hatte meine Arbeit und dazu gehört die Baureihe Am 843 nun mal nicht. So schleppte ich die Maschine in der Schweiz herum.

Die Vorstellung, dass ich diese Lokomotive näher kennen lernen sollte, war schlicht nicht vorhanden. Als Lokführer Cargo war man mit den schweren Zügen beschäftigt.

Die Diesellokomotiven wurden von den Rangierteams in den Regionen bedient. Die Arbeiten in den grossen Rangierbahn-höfen gehörten auch nicht zu meinem Umfeld. Gut, ab und zu stahl ich mich in den Führerstand und nahm eine kurze Besichtigung vor.

Auch als ich mich für die Testfahrten im Basistunnel am Gotthard meldete, war es eigentlich nicht vorgesehen, dass wir mit den Diesellokomotiven der Baureihe Am 843 fahren sollten.

Schliesslich sollten es elektrische Testfahrten sein und dann benötigt man die Diesellokomotive nur, wenn man Züge abschleppen muss. Nur, dann laufe ich nicht aus dem Basistunnel und hole die Maschine vor dem Portal. Vielmehr warte ich auf die Lokomotive.

Jedoch war die Fahrleitung das grosse Problem. Während dem Bau wurde sie aufgehängt und natürlich zur Sicherheit der Arbeiter geerdet.

Diese Erdung blieb bis zum Schluss erhalten. Somit musste die Fahrleitung im Basistunnel in Betrieb genommen werden. Wer das im längsten Tunnel der Welt macht, hat eine gigantische Aufgabe vor sich. Da ist es schön, wenn man eine Lokomotive hat, die mit einem von Erdung zu Erdung fährt.

Angehängt natürlich die speziellen Wagen der Leute für die Fahrleitung. Immer wieder konnte ich solche Fahrten auf anderen Strecken beobachten. Diese Leute hatten die eigenen Arbeiter. Diese kannten sich aus und so war ich mir sicher, dass ich damit nichts zu tun haben würde. Warum auch, ich war ein Lokführer, der mit elektrischen Lokomotiven fuhr und der nur wusste, wie man ein Auto korrekt betankte.

Keine Arbeit für Lokführer von SBB Cargo. Jedoch war es scheinbar der Infrastruktur, die sich mit dieser Arbeit befassen musste, nicht möglich, den entsprechenden Lokführer zu stellen.

Daher griff man zu den Testlokführern und brummte diesen die Arbeit auf. Nur, die waren zwar auf fast allen elektrischen Maschinen kundig, aber nicht auf der Diesellokomotive. Eine Schulung sollte das Problem lösen.

Die Schulung war natürlich freiwillig. Nur, wenn man mich fragt, ob ich mit einer zusätzlichen Lokomotive fahren will, sage ich nicht nein. Je mehr man bedienen kann, desto besser ist man für die Zukunft gerüstet.

Diese war klar, aber so genau wusste ich nicht, was ich am neuen Arbeitsort für Lokomotiven bedienen muss. Wenn ich die Baureihe Am 843 im Rucksack habe, war das nicht schlecht. So stand die Schulung auf der Lokomotive an.

An einem Samstag fand daher der erste Tag der Schulung statt. So richtig begeistert war ich nicht, denn einen der wenigen freien Samstage, hätte ich auch angenehmer nutzen können. Zudem reduzierte sich mein freies Wochenende auf einen Tag. Jedoch stand die Maschine nur am Samstag für diese ersten Gehversuche bereit. Der Tag war recht abenteuerlich, da auch ETCS Level 2 nicht optimal funktionierte.

Trotzdem bei der genauen Besichtigung der Lokomotive konnte man die Bauteile kennen lernen. So erfuhren wir gewisse Details, Dazu gehörte zum Beispiel die Position der Hähne zu den Hauptluftbehältern. Der Kühlerlüfter wurde genau unter die Lupe genommen und wir erfuhren, was ein Hydraulikmotor ist und wo sich das Hydrostatiköl befindet. Mit anderen Worten, wir krochen unter und in die Lokomotive und suchten nach allen versteckten Bauteilen der Hilfsbetriebe.

Massnahmen, die im Betrieb umgesetzt wurden und welcher wichtige Schalter wo versteckt wurde. Mit dabei war natürlich das frisch gedruckte Reglement über die Lokomotive. So konnte nachgelesen werden, wie sich was verhält und wo die Kniffe bei gewissen Handlungen lagen. Auch nach zweimaligem Lesen, so richtig kappiert hatte das mit dem Master und Slave wirklich keiner. Selbst der Ausbildner meinte, dass er das nicht ohne Reglement auf die Reihe bringen würde.

Danach ging es dann auf die erste Fahrt mit der Lokomotive. Gewählt wurde dazu ein Gleis des Bahnhofes Altdorf, das nicht im Stellwerk eingebunden war.

Dort konnten wir unsere ersten Gehversuche mit der Lokomotive vornehmen. Zuerst etwas langsamer, dann etwas schneller, lernten wir die Bedienung der filigranen Schalter.

Mit den Tücken, dass wirklich nur kurze Wege mit den Schaltern gemacht werden mussten, fanden wir uns anfänglich kaum zurecht. Notfalls wurde in aller Ruhe das Reglement studiert.

Es mag überraschend klingen, aber die Lokomotive konnte problemlos mit zwei Fingern bedient werden. Da war keine Rückmeldung vorhanden, man legte den Joystick um und die Maschine fuhr los.

Noch kleiner wären die Schalter bei der Funkfernsteuerung gewesen, aber diese hatte man bei SBB Cargo wieder von der Lokomotive entfernt.

So sollte ich kein ferngesteuertes Spielzeug kennen lernen, sondern eine Lokomotive. Nur noch das verwaiste Ladegerät erinnerte an diese Möglichkeit.

Am Nachmittag wurden ein paar Störungen behandelt. Was macht der Lokführer, wenn das Getriebe nicht geht und diese Meldung kommt? Er greift zum Handbuch und liest nach, denn nicht jede Störung kann im Detail erklärt und gemerkt werden. Als Beispiel sei hier nur die Einrichtung in Schleppfahrt erwähnt, die viele Handlungen erforderte und daher geübt wurde. Jetzt am schönen Tag im Bahnhof, war das kein Problem. So sollte es aber in der kalten Winternacht irgendwo und bei Schneefall auch funktionieren.

Der zweite Tag der Schulung umfasste die Fahrt mit der Lokomotive. Dabei übernahm ich nach vielen Jahren wieder einmal den Rangierdienst in Altdorf. So konnte ich die Bedienung der Lokomotive gut einüben. Auch die Fahrt mit den Zügen brachte viele Erkenntnisse zu der neu erlernten Lokomotive. Die verschleisslose Bremse braucht Treibstoff und wird daher nur angewendet, wenn sie vorgeschrieben ist.

Bei höheren Geschwindigkeiten stellte ich fest, dass die Lokomotive einen eher unruhigen Lauf besitzt. Vom Gefühl her würde ich sagen, dass sie ins Schlingern geriet.

Das ist nicht überraschend, denn die kurzen Drehgestelle ergeben keine besonders gute Führung im Gleis.

Bei hohen Geschwindigkeiten wirkt sich das negativ auf das Fahrverhalten aus. Ein Nachteil, den man nur mit zusätzlichen Dämpfern ausgleichen könnte.

Eine wichtige Erkenntnis war, dass die Lokomotive sehr einfach zu bedienen ist. Jedoch ist die Bedienung der Regler, die kaum eine Rastrierung besitzen sehr schwer.

Immer wieder reagierte daher die Lokomotive etwas erzürnt auf meine Aufforderung zu bremsen. Aber für einen Neuling, war das ein Problem, der Ausbildner, der dabei zusah, bemerkte nur, dass auch er sich daran gewöhnen musste.

Als mich letztlich der auf der Lokomotive mitfahrende Lokführer fragte, wie oft ich denn auf der Maschine schon gefahren bin, war klar, so schlecht war es auch wieder nicht. Meine Antwort, dass es die erste Fahrt war, war etwas geflunkert, denn einmal als ich beim Manöver im Verkehrshaus der Schweiz half, liess mich der Lokführer, den ich begleitete, ein paar Minuten fahren. Das verschweigt man aber, denn viele Erfahrungen konnte ich da nicht sammeln.

So endete auch dieser zweite Tag der Schulung mit einem feuchten Händedruck des Ausbildners und den Worten, „in Zukunft wirst du alleine damit fahren“. Das wird möglicherweise stimmen, denn die Schulung machte ich auf der Lokomotive nur, weil ich damit die ersten Züge im neuen Basistunnel am Gotthard führen sollte. Das sollte aber erst in einem Monat der Fall sein. Genug Zeit um wieder ein paar Punkte zu vergessen.

Die ersten Einsätze auf der neu geschulten Lokomotive kamen schliesslich. Dabei hatte ich das gelernte Wissen im Basistunnel unter Beweis zu stellen.

Eine Fahrt durch den längsten Tunnel der Welt mit einer Diesellokomotive ist schon etwas ungewöhnlich. Wenn dann noch Probleme inbegriffen sind, ist das kein leichter Start.

Es fehlte schlicht der normale Einsatz mit der Lokomotive. Jedoch klappte es mit jeder Minute besser. Sie müssen wissen, das die Haltauswertung nicht geprüft werden musste, denn wir fuhren ausschliesslich im Level 2.

Für mich beruhigend war, dass ich nicht alleine war mit den Problemen. Auch der zweite Lokführer auf der anderen Maschine kämpfte und meinte nebenbei, dass er die Lokomotive auch nicht besonders gut kennen würde.

Scheinbar war ich wirklich nicht ganz so schlecht, wie ich meinte und die Baureihe Am 843 benötigt sehr viel Fahrpraxis um auch jede Macke zu kennen. Die fehlte bei mir jedoch noch und da musste noch etwas Erfahrung gesammelt werden.

Letztlich kamen dann auch noch die Einsätze ausserhalb vom Tunnel und mit jeder Fahrt gewann ich etwas mehr Vertrauen in die Lokomotive und deren Steuerung. Noch waren ein paar Punkte zu beachten, aber dazu gab es schliesslich das Reglement, das man mitnehmen konnte. So musste ich ab und zu nachschlagen, was ich bei vertrauten Lokomotiven im Kopf habe. Perfekt bin ich auf jeden Fall nicht und so benötige ich die Fahrten.

Mit der Versetzung wurde die Baureihe Am 843 zu einer besonderen Ausbildung. Das gefiel dem Einteiler, denn wenn die Firma in Bussnang eine Überführung eines Triebzuges wünscht, springt die Diesellokomotive ein und damit der darauf kundige Lokführer. Auch jetzt kam die Maschine nicht an ihre Grenzen und das Klimagerät konnte wegen den winterlichen Temperaturen auch abgestellt werden.

Abschliessend kann gesagt werden, dass ich auch bei dieser Diesellokomotive einmal die erlangte Kundigkeit verlieren werde. In der Regel fahren Lokführer in meiner Funktion nicht mit diesen Lokomotiven und die Schulung bekam ich auch nur, weil ich als Testlokführer im Basistunnel am Gotthard eingesetzt wurde. Danach wurde es wieder ruhiger. Ein Umstand, dessen ich mir bewusst bin. Jedoch habe ich diese Erfahrungen schon mit der Baureihe Re 460 gemacht.

 

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