Betriebseinsatz der Re 474

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Beim Betriebseinsatz beschränke ich mich auf die von SBB Cargo eingesetzten Lokomotiven. Dazu gehören in erster Linie die Re 474. Doch beginnen wir ganz am Anfang und das war am 09. August 2004, denn an diesem Tag wurde die Re 474‘001 als erste Lokomotive ihrer Art abgeliefert. Dazu gelangte die Lokomotive nach Basel und musste dort verzollt werden, erst jetzt gelangte sie offiziell in die Schweiz.

Die neue Lokomotive wurde sofort für Versuchsfahrten herangezogen. Dabei verkehrte die Lokomotive meistens zwischen Grenchen und Solothurn.

Neben den Einstellungen, wurden die Störströme und weitere wichtige Normen geprüft. Dabei zeigte sich, wie man das bei einer neuen Lokomotive erwarten kann, gewissen Schwachstellen.

Die Lokomotive wurde daher am 26. August 2004 für Nacharbeiten zurück gesandt.

Wenn wir diese Nacharbeiten als Fehler ansehen, liegen wir falsch, denn die Erfahrungen in der Schweiz waren mit der Lokomotive schlicht noch nicht vorhanden.

Einstellungen und Optimierungen konnten daher erst vorgenommen werden, wenn sie durch Versuche aufgezeigt wurden.

So gesehen, hatte die Lokomotive in der Schweiz keinen schlechten Start erwischt. Die Inbetrieb-nahme lief im gewohnten Rahmen ab.

Die Fahrten in Deutschland erfolgten dabei ausschliesslich in Schleppfahrt, denn die Lokomotive Re 474 hatte keine Zulassung für Deutschland. Dazu fehlte der passende Stromabnehmer. Aber auch die Zugsicherung war nicht vorhanden, auch wenn man das im Führerstand kaum bemerkt hätte. Daher verkehrte die neue Mehrsystemlokomotive vorerst nur in der Schweiz und hier auch nur für Versuchsfahrten.

Jedoch drängte die Zeit, denn SBB Cargo wollte ab dem Dezember die Züge in Italien in eigener Regie führen. Dazu benötigte das Unternehmen dringend Lokomotiven, die in Italien verkehren konnten. Die Zulassung für die Schweiz löste am 04. November 2004 das Problem zwar etwas, aber die Fahrzeuge reichten schlicht nicht aus. Daher musste SBB Cargo beim Lokomotivvermieter Dispolok einige ES64F4 mieten. Nur so konnte man im Dezember starten.

Anfangs 2005 wurden die vorhandenen Re 474 zur Schulung des Personals abgezogen. Dazu waren vorerst die Ausbildner und einige ausgewählte Lokführer vorgesehen.

Erst im Mai desselben Jahres kamen die ersten Re 474 nach Bellinzona, wo die Schulung mit dem betroffenen Personal begonnen wurde.

Man hatte die Re 474 soweit, jedoch fehlt noch die Zulassung für Italien. Doch nun hatte man das Personal.

Mit der Versetzung der Lokomotiven nach Bellinzona begannen die Versuchsfahrten In Italien. Je mehr Lokomotiven Re 474 eintrafen, desto besser konnte man arbeiten.

Letztlich auch in Italien, da die Versuche schnell abgeschlossen werden konnten, denn die ES64F4 hatten hier schon sehr viel Vorarbeit geleistet und die Lokomotive Re 474 war nicht gross unterschiedlich. Jedoch verkehrten nun auch die Re 484 des Konkurrenten aus Kassel.

Kaum war die Zulassung vorhanden, begannen die Gerüchte. Der Verkehr mit Italien entwickelte sich nicht so, wie man erwartet hatte und so hatte man mehr als genug Lokomotiven. Mit 18 Lokomotiven Re 474 war der Bestand schlicht zu gross. Daher überlegte man sich bei der Führung von SBB Cargo eine Rückgabe von Lokomotiven. Der Sturm im Blätterwald war damit natürlich losgebrochen und rief den Hersteller auf den Plan.

Schliesslich wurden die Verhandlungen am 04. August 2005 abgeschlossen. SBB Cargo vereinbarte dabei mit dem Hersteller, dass 12 Lokomotiven übernommen werden, die drei zu viel abgelieferten Lokomotiven gingen wieder zurück zum Hersteller. Dieser konnte die Lokomotiven freizügig weiter verkaufen. Letztlich führte das dazu, dass Lokomotiven E 474 verkehren, die nicht SBB Cargo gehören. Siemens schien den Wettbewerb gegen Bombardier verloren zu haben.

Mit den 12 nun vorhandenen Lokomotiven Re 474 übernahm SBB Cargo den Verkehr in Italien. Dabei setzte man die Maschinen ab dem Grenzbahnhof Chiasso und ab Domodossola ein. In Bellinzona erschienen die Re 474 nur noch selten, denn die Züge nach Luino bespannte man mit Re 484. Der Unterhalt der Lokomotive erledigte man daher in Chiasso oder beim Hersteller. Erst später stieg hier das Industriewerk Bellinzona mit ein.

Da die Lokomotiven kaum je einmal die Schweiz erreichten, vergass man nördlich der Alpen fast ein wenig, dass man diese Lokomotiven hatte. Gerade die Lokomotiven in Chiasso wurden immer wieder gesehen, so dass man zumindest wusste, es gibt die Lokomotive Re 474. Ab Chiasso bespannten die Lokomotiven neben Containerzügen auch andere Züge mit bunter Last. Das schweizer System wurde jedoch nur benötigt, wenn die Lokomotive ins Depot fuhr.

Die Lokomotiven, die ab dem italienischen Domodossola verkehrten, sahen die Schweiz nie und im einheimischen System verkehrte die Lokomotive schlicht nicht mehr. Bespannt wurden mit den Lokomotiven in erster Linie die Rola zwischen Freiburg und Novara. Diese in Kooperation mit der BLS betriebenen Züge gehörten in Italien SBB Cargo und damit den Re 474. Jedoch in der Schweiz war die schweizer Lokomotive nie.

Der Einsatz der Lokomotiven in Italien muss in den ersten Jahren ohne grössere Probleme erfolgt sein, denn man hörte wenig von Problemen mit den Lokomotiven. Natürlich könnte das auch daran liegen, dass die Lokomotive kaum bis nie in der Schweiz war. Nördlich der Alpen sah man die Lokomotiven nur, wenn sie zum Hersteller überführt wurden. Jedoch waren ruhige Jahre zu beobachten und kleinere Störungen hatte dabei jede Lokomotive.

Einen schlechten Start ins Jahr 2007 erwischten die Lokomotiven Re 474‘009 und 016. Bei einem Rangiermanöver in Domodossola sollten die ankommenden Lokomotiven des Zuges aus Norden umgestellt werden. Unglücklicherweise wurde dabei der Bremsweg etwas unterschätzt, so dass die Lokomotiven den Prellbock überfuhren und in misslicher Lage stehen blieben. Aus eigener Kraft kam die Lokomotive 474‘009 nicht mehr auf die Schienen.

Aus Brig eilte daher der dort stationierte Hilfswagen nach Domodossola. Die tapferen Mannen hatten letztlich das Vergnügen, der Lokomotive wieder Schienen unter die Räder zu geben. Die recht stark beschädigte Lokomotive wurde daraufhin der Reparatur zugeführt und kam später wieder in Betrieb. Ein Zwischenfall, der nicht hätte sein müssen, der aber durchaus passieren konnte und mehr das Personal betraf, als die Lokomotive.

Werfen kurz einen Blick auf die Lokomotiven des Vermieters Dispolok. Diese verkehrten nun in kleinerem Umfang in der Schweiz mit anderen EVU. Jedoch wurde der Vermieter neu organisiert und so trat MRCE an die Stelle von Dispolok. Die Lokomotiven wurden in der Folge den gelben Anstrich los und verkehrten im schwarzen Kleid des Vermieters. Lokomotiven BR 189 an die SBB wurden jedoch nicht mehr vermietet.

Das Jahr 2007 stand unter dem Jubiläum am Gotthard. Dabei sollten mit den modernen Lokomotiven im Güterverkehr auch Reisezüge geführt werden. Die Wahl fiel dabei auf die Re 484.

Letztlich hatte so nicht die Lokomotive von Siemens mit dem Rauch im Tunnel zu kämpfen. Besser abgeschnitten hätte dabei wohl auch die Re 474 nicht. Daher war es wirklich nur Zufall. Jedoch tauchte die Re 474‘016 beim Fest in Biasca auf.

Böse Zungen würden vermutlich behaupten, dass die Lokomotive noch nie so weit nördlich gewesen sei. Das mag betrieblich sogar stimmen, aber die Re 474 war natürlich eine Lokomotive von SBB Cargo und sie konnte in der Schweiz verkehren.

Diesen Beweis erbrachte die 474‘016 in Biasca. Jedoch änderte sich am Einsatz dieser Lokomotiven wenig, so dass die Lokomotive nach dem Fest wieder nach Italien fuhr.

Es folgten wieder einige ruhige Monate, denn am Einsatz der Lokomotiven änderte sich wirklich kaum etwas. Nördlich der Alpen sah man die Lokomotiven nicht.

Nur sehr selten fuhr eine Lokomotive Re 474 nach Bellinzona. Meistens verschwand sie gleich wieder nach Italien. Man wusste jedoch, dass die Lokomotive auch noch mit Wechselstrom betrieben werden konnte. Zumindest dann, als der Schmutz vom Stromabnehmer gefallen war.

Mit der immer grösseren Verbreitung von ETCS, mussten die entsprechenden Versuche durchgeführt werden. Nicht nur in der Schweiz wurden immer mehr Komponenten auf der Basis von ETCS eingebaut. Auch Italien war dazu übergegangen, die Strecken entsprechend auszurüsten. Da die Re 474 nur für ETCS vorbereitet war, mussten die entsprechenden Versuche durchgeführt werden. Dazu weilten die Lokomotiven im Wallis und somit wieder in der Schweiz.

Dadurch sah man ab dem Januar 2009 wieder einige Re 474 unter einer Fahrleitung mit Wechselstrom. Wobei das immer mehr der Fall war, denn die Lokomotive stiessen immer wieder nach Bellinzona vor. Nördlich der Alpen sah man die Lokomotiven jedoch sehr selten. Gerade der Ausflug ins Wallis zeigte, dass der Computer auch die deutsche Sprache beherrscht und dass die Sprache umgestellt werden konnte.

Geblieben waren jedoch die Rola von Domodossola nach Novara. Dort konnte die Lokomotive sowohl die Zugsammelschiene, als auch die NBÜ gut gebrauchen. Die Fahrten endeten jedoch weiterhin in den Bahnhöfen Bellinzona, Chiasso und Domodossola. Der Grund war simpel, denn es fehlt am Personal nördlich der Alpen, das diese Lokomotive bedienen durfte. So blieb die Re 474 vorerst im Süden und dabei in Italien.

Jedoch sorgte ein anderer Zug aus Italien für viele Schlagzeilen. Die ETR 470 der Cisalpino fuhren, wann sie wollten und nicht, wann sie sollten. Das änderte sich auch nicht sonderlich, als man die Gesellschaft auflöste und die Züge selber verwaltete. Es lag wirklich an den Zügen. Daher war klar, wollte man dem Debakel ein Ende bereiten, müssen die ETR 470 verschwinden. Nur, was sollte diese Züge ersetzen?

Die Wahl fiel auf die Re 474. Zusammen mit revidierten Reisezugwagen, könnte man so konventionelle Züge bilden. Im Dezember 2011 begannen dann die ersten Versuche. Dabei verwendete man anfänglich die Lokomotiven 474‘015 und 018. Dazwischen sieben Wagen der SBB. Mehr ging nicht, wegen den Bahnsteigen in Mailand. Der sehr stark motorisierte Zug hätte die Fahrzeiten der Neigezüge beinahe halten können.

Der Einsatz wäre unwirtschaftlich gewesen. Züge mit einer solchen Länge benötigten nicht einmal eine Hochleistungslokomotive. Mit den Re 474 hatte man gleich zwei. Der Grund lag bei den Steuerwagen, denn es gab bei den SBB keine passenden Steuerwagen. Möglich wäre daher nur eine Umrüstung von einigen IC Bt, die aber keine Zulassung für Italien haben. Somit war diese Notlösung alles andere als zuversichtlich.

Schliesslich kam im Jahre 2012 das vorläufige Aus für das Projekt mit den durch Re 474 geführten Reisezügen. Die bisher in der Schweiz ohne Beschränkung verkehrenden Lokomotiven wurden durch neue Vorschriften auf die Strecken mit der Zulassung zur Zugreihe D zurückgestuft. Diese Beschränkung betraf auch die Strecke zwischen Arth-Goldau und Zug und so konnten die Reisezüge mit Re 474 nicht mehr direkt nach Zürich fahren.

Speziell an der neuen Vorschrift war, dass sie alle nach 1999 gebauten Lokomotiven mit einer Achslast von über 20 Tonnen betraf. Blickte man damals auf die eingesetzten Lokomotiven betraf das die im Güterverkehr eingesetzten Lokomotiven der Baureihen mit Tatzlagerantrieb. Die ebenfalls sehr schweren Re 460 und Re 465 waren davon nicht betroffen und konnten weiterhin uneingeschränkt in der Schweiz verkehren.

Es liegt nahe, dass die Ursache für diese Beschränkung, die nur die Strecken, aber nicht die Zulassung zur Zugreihe R betraf, auf den verwendeten Tatzlagerantrieb zurückzuführen ist. Die starren Achsen dieser Drehgestelle wirkten sich zusammen mit dem hohen Gewicht auf den Strecken mit schwächerem Oberbau verheerend aus. Scheinbar wirkten sich hier gleichschonende Antriebe mit radial einstellbaren Radsätzen nicht so schlimm aus.

Im Frühjahr 2013 kam das Gerücht auf, dass SBB Cargo International vermehrt Lokomotiven von Deutschland nach Italien durchlaufen lassen will. Dazu fehlten jedoch schlicht die eigenen Lokomotiven. Man ging nun davon aus, dass man einige Lokomotive ES64F4 mieten könnte. Damit hätte man eine Entlastung für die alten Lokomotiven. Aber es fehlte auch das geschulte Personal, so dass das nur ging, wenn man nördlich der Alpen Lokführer auf der Re 474, respektive BR 189 schulte.

Ab dem Frühjahr 2014 wurden vereinzelt Lokomotiven Re 474 in Doppeltraktion über den Gotthard geschickt. Mit diesen ersten kommerziellen Leistungen der Lokomotiven bis Basel konnten die Engpässe bei den älteren Lokomotiven aufgefangen werden. Vereinzelt konnten aber auch zwei ES64F4 der MRCE im Auftrag von SBB Cargo beobachtet werden.

Doch der Einsatz verlief nicht immer problemlos, denn bei der Instruktion des betroffenen Personals vergass man schlicht das Depot Erstfeld. Da alle anderen Standorte die Lokomotiven jedoch kannten, gab es immer wieder in Erstfeld das Problem, dass der Zug nicht weiter fahren konnte, weil der Lokführer von Erstfeld keine Ahnung hatte, wie die Lokomotive funktionierte. So mussten die Züge sorgfältig ausgewählt werden.

Ab dem Sommer 2014 konnten immer wieder Re 474 nördlich vom Gotthard beobachtet werden. Dabei kam es ab und zu auf zu Kombinationen mit gemieteten Lokomotiven der Baureihe BR 189. Dadurch konnten die stark beanspruchten Lokomotiven Re 6/6 und Re 4/4 II entlastet werden. Immer mehr zeigte der intensive Einsatz seine Schwachstellen auf. Auch Fehler bei den Schulungen wirkten sich auf den Einsatz aus.

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