Inbetriebsetzung

Letzte

Navigation durch das Thema

Nächste

                       

Wenn wir zur Inbetriebsetzung der Baureihe ES64F4 kommen, müssen wir zu einer anderen Baureihe wechseln. Wichtige Aufbauten der neuen Baureihe stammten von der für die Deutsche Bahn DB gebauten BR 152 ab. Nahezu das gesamte Laufwerk und viele Teile der Aufbauten stammten von dieser Maschine ab und so konnte man auf die damit gemachten Versuche zurück greifen. Ein grosser Vorteil für den Hersteller.

Die in einer ansehnlichen Stückzahl vorhandenen Lokomo-tiven der Reihe BR 152 hatten gezeigt, dass die Aus-nutzung der Zugkraft gut war und dass auch die im Gleis entstehenden Führungskräfte innerhalb der Vorgaben der UIC lagen.

Wichtige Punkte, denn mit der neuen Baureihe mussten nur noch die Ergebnisse bestätigt werden und das verrin-gerte die Anzahl der Versuche mit der als Reihe BR 189 geführten Maschine.

Viele der sonst erforderlichen zahlreichen Testfahrten konnten unterlassen werden. Geändert worden waren nur die inneren Werte und diese konnte man auch im Werk auf einem speziell dazu hergerichteten Gleis abarbeiten.

Wobei so viel war auch hier nicht neu, denn mit der modernen Umrichtertechnik war es ein kleiner Schritt von einem Modell für Wechselstrom zu einem das auch Gleich-strom vertragen konnte.

Bei der Technik haben wir erfahren, dass in dem Fall der Zwischenkreis ab der Fahrleitung gespiesen wurde. Trotz-dem, mit den Systemen für Gleichstrom mussten noch Versuchsfahrten angestellt werden.

Dort war das Verhalten bei den in solchen Netzen üblichen grossen Spannungsabfällen zu klären, denn die Werte waren oft nur Wunschdenken. Grosse Schwankungen waren jedoch für die Stromrichter nicht optimal.

Mit den zusätzlichen Systemen war die Lokomotive etwas schwerer geworden. Das hatte jedoch auf das Fahrverhalten keinen grossen Einfluss, jedoch auf die Zulassung in einigen Ländern. So sollte in der Schweiz nach Zugreihe R gefahren werden und das war mit der hohen Achslast nicht überall erlaubt. Strecken, die nicht für die Zugreihe D zugelassen waren, durften mit der Maschine jedoch nicht befahren werden.

Das grösste Problem bei der Inbetriebsetzung der neuen Baureihe stellten jedoch die Zugsicherungen und die Zulassungen dar. Diese mussten vom Her-steller erlangt werden.

Die Bahnen verlangten abgenommene Fahrzeuge. Bei vier Systemen war das keine leichte Aufgabe, denn es ging einfach um Zulassungen in nahezu allen Ländern von Europa. Für die Reihe Re 474 konnte auf diese zurück gegriffen werden.

Bei den Zugsicherungen gab es Länder, die sich gar nicht vertrugen. Dazu gehörten zum Beispiel die Schweiz und Österreich. In der Schweiz wurde bei der Lösung nach Integra-Signum in der Mitte zwi-schen den Schienen ein Magnet benötigt.

Der in der Regel vorhandene Dauermagnet beein-flusste jedoch ein Sicherungssystem im Nachbar-land. Daher musste ein schaltbarer Magnet einge-baut werden, denn sonst gab es in Österreich keine Zulassung.

Immerhin war diese Schaltung in der Schweiz er-laubt, denn so kommen wir zu den Behörden und die Machten es dem Hersteller nicht leicht.

Die Lokomotive für vier Stromsystemem musste in jedem Land vorgestellt werden. Nach dieser Kontrolle ordneten dann die Behörden weitere Versuchsfahrten an. Dabei konnten das in einigen Ländern durchaus identische Fahrten sein, denn Dokumente wurden nicht übernommen.

Wenn es der Prüfer jedoch sehr genau nahm, mussten Anpassungen vorgenommen werden. Das war dann wieder eine Änderung am Modell und so musste man auch wieder in den bereits erledigten Ländern vorstellig werden. Dabei war die Behörde in Italien sehr penibel. Es wurden Änderungen verlangt, die auch auf die Bedienung in anderen Ländern einen Einfluss hatte. Einige davon wollen wir uns ansehen, damit die Willkür ersichtlich wird.

Sofern die Lokomotive nicht an der Spitze des Zuges eingereiht wurde, musste das Führerbremsventil abgesperrt werden. Da in dem Fall nicht der Richt-ungsschalter genommen werden konnte, wurde an der Rückwand ein Taster montiert.

Gemäss den Behörden in Italien war das nicht erlaubt, weil sich der Lokführer umdrehen musste. Daher wurde behördlich verlangt, dass der Taster in den Führertisch verschoben werden muss.

Vermutlich werden Vorspannlokomotiven in Italien während der Fahrt gekuppelt, denn anders kann nicht erklärt werden, warum man sich in Italien dazu nicht auf dem Stuhl umdrehen konnte.

Offensichtlich war wohl eher der Grund, dass nach der Fahrt die Taste vergessen gehen könnte. Wenn sich die Hauptleitung nicht füllte, merkte vermutlich ein Lokführer schnell, wo das Problem liegen könn-te und die Betriebsform war selten.

Bei mit Rechner gesteuerten Fahrzeugen bestand die Gefahr, dass der Führerstand einfrieren konnte. In dem Fall waren die Anzeigen falsch und das konnte zu einer Gefahr führen.

Da auf den Bildschirmen eine digitale Uhr lief, wurden für das Lebenszeichen die blinkenden Punkte genommen. Lief die Uhr, war das Display aktiv. Jedoch nicht in Italien, denn die kleinen Punkte konnten leicht übersehen werden.

Auf dem Führertisch wurde eine zusätzliche Anzeige als Lebenszeichen verlangt. Diese musste nicht gross sein und zudem war sie nicht beleuchtet und konnte daher in einem Tunnel, oder bei Nacht nicht erkannt werden. Was diese Anzeige in dem Fall nutzen sollte, war nicht ersichtlich. Die Uhr war immer zu sehen und im direkten Blickfeld des Lokführers. Ohne diese Anzeige war jedoch keine Zulassung zu bekommen.

Wer nun annimmt, dass damit einfach der Einsatz verhindert werden sollte, liegt vermutlich gar nicht so falsch. Das zeigte sich auch, als die Zulassung für die Lokomotive erteilt wurde.

Sie war nur provisorisch und immer nur auf einen Monat beschränkt. Es musste also immer wieder eine Verlängerung ausgesprochen werden. Ein Pro-blem für den Betreiber, denn er konnte sich nie sicher sein, ob die Liste erneuert würde.

Immerhin wurden die provisorischen Zulassungen immer für alle Fahrzeuge auf der Liste verlängert. Da sich dort auch Fahrzeuge aus Italien und internationale Triebzüge befanden, war klar, die Zulassung war somit erreicht worden.

Das war das Ziel, denn damit konnte auch der Auftrag von SBB Cargo gewonnen werden. Wobei sicher sein konnte man nicht, denn die andere Bezeichnung Re 474 war ein anders Modell.

Mit den vorhandenen Zulassungen der Baureihe in den benötigten Ländern können wir die Inbetriebsetzung eigentlich abschliessen. Doch noch fehlt uns das EVU, denn dieses wollte auch wissen, ob die neue Lokomotive den Vorstellungen entsprach und dazu wurden weitere Versuchsfahrten angestellt. Jetzt war dazu aber eine Re 474 benutzt worden. Diese hatte im Gegensatz zur ES64F4 die spezielle für SBB Cargo definierte Konfiguration erhalten.

Am 09. August 2004 gelangte mit der Nummer 474 001 die erste Lokomotive in die Schweiz. Sie wurde in Basel abgeliefert und vor der Fahrt ins dortige Depot noch verzollt. Auch Lokomotiven müssen eingeführt werden und dabei schaut der Zoll bei über 80 Tonnen auch etwas genauer hin. Es könnte ja noch Schmuggelgut mitgeführt werden und bei einem so grossen Fahrzeug gibt es viele versteckte Ecken.

Die neue Lokomotive wurde sofort für Versuchs-fahrten herangezogen. Dabei verkehrte die Loko-motive meistens zwischen Grenchen und Solothurn. Neben den Einstellungen, wurden die Störströme und weitere wichtige Normen geprüft.

Dabei zeigte sich, wie man das bei einer neuen Lokomotive erwarten kann, gewisse Schwach-stellen. Die Lokomotive wurde daher am 26. August 2004 für Nacharbeiten zurück gesandt.

Wenn wir diese Nacharbeiten als Fehler ansehen, liegen wir falsch, denn die Erfahrungen in der Schweiz waren mit der Lokomotive schlicht noch nicht vorhanden.

Einstellungen und Optimierungen konnten daher erst vorgenommen werden, wenn sie durch Versuche aufgezeigt wurden.

So gesehen, hatte die Lokomotive in der Schweiz keinen schlechten Start erwischt. Die Inbetrieb-setzung lief im gewohnten Rahmen ab.

Die Fahrten in Deutschland erfolgten dabei aus-schliesslich in Schleppfahrt, denn die Lokomotive Re 474 hatte keine Zulassung für Deutschland.

Dazu fehlte der passende Stromabnehmer. Aber auch die Zugsicherung war nicht vorhanden, auch wenn man das im Führerstand kaum bemerkt hätte. Daher verkehrte die neue Mehrsystemlokomotive vorerst nur in der Schweiz und hier auch nur für die Versuchsfahrten.

Jedoch drängte die Zeit, denn SBB Cargo wollte ab dem Dezember die Züge in Italien in eigener Regie führen. Dazu benötigte das Unternehmen dringend Lokomotiven, die in Italien verkehren konnten. Die definitive Zulassung für die Schweiz löste am 04. November 2004 das Problem zwar etwas. Mit den weiteren Maschinen wurden dann nur noch einfache Test vorgenommen und geprüft, ob alles richtig montiert wurde.

 

Letzte

Navigation durch das Thema

Nächste
Home SBB - Lokomotiven BLS - Lokomotiven Kontakt

Copyright 2025 by Bruno Lämmli Lupfig: Alle Rechte vorbehalten