Elektrische Ausrüstung MFO 1

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Im elektrischen Bereich waren die beiden Lokomotiven der MFO grundsätzlich anders aufgebaut worden. Daher müssen wir diese getrennt ansehen. Da die Nummer eins etwas älter ist, beginnen wir mit dieser Maschine. Hier gab es beim Aufbau ein Problem, das zuerst gelöst werden musste. Dieses bestand darin, dass schlicht noch kein Motor vorhanden war, der als Triebmotor verwendet werden konnte. So musste eine andere Lösung begonnen werden.

Grundsätzlich können wir aber bereits jetzt sagen, dass die Lokomotive im elektrischen Teil erstaunlich einfach aufgebaut wurde. Zumindest zu Beginn der Versuche, können kaum spezielle, heute bekannte Massnahmen erkannt werden.

Dabei beginnen die Besonderheiten bereits am Anfang, denn für Fahrten mit einphasigem Wechselstrom musste eine neue Fahrleitung entwickelt werden und da war anfänglich nur die MFO. So entwickelte man dort die Rutenfahrleitung, welche bei der Lukmanierbahn beschrieben wird.

Beginnen wir die Betrachtung der elektrischen Ausrüstung auf dem Dach, denn bereits hier gab es deutliche Unterschiede. Die Lokomotive wurde für eine Spannung von 15 000 Volt Wechselstrom aus-gelegt.

Die massgebende Frequenz wurde mit 50 Hertz angegeben. Das mag überraschen, denn allgemein könnte vermutet werden, dass bei der MFO gleich mit der geringeren Frequenz begonnen wurde. Der Grund für diese Differenz werden wir gleich erfahren.

Die Spannung aus der Fahrleitung wurde mit zwei identischen Stromabnehmern auf das Dach der Lokomotive übertragen. Diese neuartigen Stromabnehmer wurden als bewegliche Ruten ausgeführt und bestanden aus Kupfer.

Sie wurden neben dem Aufbau auf einem der beiden seitlichen Stegen montiert. Damit jedoch die notwendige Höhe erreicht wurde, waren diese Ruten auf einem zusätzlichen Bock montiert worden.

Dieser Rutenbock war seitlich beweglich ausgeführt worden. So konnten sich die Ruten je nach Lage der Fahrleitung bis über die Mitte der Lokomotive verschieben. Die dazu erforderliche Steuerung der Ruten, als auch des Bockes, wurde von der Fahrleitung übernommen und konnte während der Fahrt erfolgen. Da diese sowohl seitlich, als auch über dem Fahrzeug montiert wurde, bedeutete das ein sehr grosser Spielraum für den Stromabnehmer.

Mit Hilfe der Kraft einer Feder wurde die Rute an den Fahrdraht gedrückt und so ein sicherer Kontakt ermöglicht. Damit die Lokomotive auch von der Fahrleitung getrennt werden konnte, waren sowohl der Bock, als auch die beiden Ruten manuell steuerbar. So konnte die Ruten einfach vom Fahrdraht abgezogen werden, was auch bei dieser Fahrleitung als gesenkt bezeichnet wurde. Es war jedoch nun kein Kontakt mehr vorhanden.

Nicht eingestellt werden konnte die Kraft mit der die Rute gegen den Fahrdraht drückte. Da der Kontakt wegen dem einfach aufgehängten Fahrdraht und der Trägheit der Ruten immer wieder kurzzeitig verloren ging, störte diese Fahrleitung zusammen mit der Lokomotive die Telegrafen. Es muss dabei erwähnt werden, dass diese damals entlang der Bahnlinien verliefen und so sehr nahe bei der Fahrleitung montiert wurden.

Damit diese Störungen eliminiert werden konnten, wurde die Frequenz kurze Zeit nach dem Beginn der Versuchsfahrten verringert. Diese Änderung bei der Frequenz erforderten jedoch einen ersten Umbau der Lokomotive. Hier liegt daher die spätere Frequenz von 16 2/3 Hertz begründet. Eine Massnahme, die zumindest anfänglich erfolgversprechend war. Mehr dazu werden wir später in den entsprechenden Kapiteln erfahren.

Mit Hilfe einer isolierten Leitung wurde die Fahrleitungsspannung von den Stromabnehmern in den Inneren Bereich des Vorbaus geleitet. Das erfolgte beim Aufbau und ohne einen speziellen Schalter, der die Spannung abgeschaltet hätte. Es war somit nur möglich mit den Stromabnehmern die Lokomotive von der Fahrleitung zu trennen. Ein Umstand, der aber nur der hier verwendeten Technik geschuldet werden muss, denn hier war das möglich.

Es war somit bei der Lokomotive eine sehr einfache Dachausrüstung vorhanden und auch die Schutzmassnahmen, wie eine Dachsicherung verwendete man zu Beginn der Versuche noch nicht. Das mag bei der hohen verwendeten Spannung jedoch überraschen. Erklärt sich aber durch die Tatsache, dass es sich schlicht um die einzige Maschine handelte, die an dieser Fahrleitung angeschlossen wurde. Daher konnte man diese Sicherung auch im Werk vorsehen.

Im Inneren der Lokomotive wurde die Spannung einem «Motor-Generator» zugeführt. Diese Einrichtung stellte das schwerste Bauteil dar und wir kennen diese Ein-richtung heute als Umformergruppe.

Somit wurde die Lokomotive MFO 1 zur ersten Umfor-mermaschine der Welt, die für einphasigen Wechsel-strom von 15 000 Volt gebaut wurde.

Nötig war das, weil man zur damaligen Zeit schlicht noch keinen brauchbaren Triebmotor für den direkten Antrieb hatte.

Eingebaut wurde die zehn Tonnen schwere Umformer-gruppe in Längsrichtung zwischen den beiden Drehge-stellen.

An der Fahrleitung angeschlossen war ein Asynchron-motor für einphasigen Wechselstrom mit 50 Hertz und einem Rotor, der als Kurzschlussläufer bezeichnet wurde. Dieser war schlicht von den Drehstrommotoren abgeleitet worden. Anders ausgedrückt handelte es sich um einen Asynchronmotor, der mit Wechselstrom betrieben wurde.

Wegen seiner Konstruktion für Drehstrom konnte der Motor sich jedoch nicht automatisch in Bewegung setzen. Dazu fehlte ihm schlicht die dritte Phase, die ein Drehfeld erzeugt hätte. Jedoch liefen Asynchronmotoren damals auch, wenn eine Phase während dem Betrieb ausgefallen war. Das war eine Notwendigkeit wegen der aufwendigen Fahrleitung. Hier machte man sich diesen Effekt jedoch zu Nutze, so dass man mit Wechselstrom fahren konnte.

Die Wicklungen des Motors wurden entweder direkt ab der Fahrleitung, also mit der vollen Spannung von 15 000 Volt, als auch über zwei luftgekühlte Transformatoren mit 700 Volt erregt. Je nach Quelle wurde mit der ersten oder der zweiten Lösung gearbeitet. Dabei erwähnte Behn-Eschenburg am 20. August 1904, dass es zu keinen Störungen an den Wicklungen der Hochspannung gekommen wäre. Sie wird jedoch in späteren Berichten zu den Versuchsfahrten nicht mehr erwähnt.

Daher müssen auch die beiden mit Luft gekühlten Transformatoren erwähnt wer-den. Diese besassen je eine Leistung von 250 kVA. Die Reduktion der Spannung erfolgte auf einen Wert von 700 Volt und der Motor wurde jetzt mit anderen Wicklungen angeschlossen.

Damit war rein theoretisch ein Betrieb der Lokomotive unter zwei Spannungen an der Fahrleitung möglich. Davon Gebrauch gemacht wurde jedoch nicht, so dass es keine Zweisystemlokomotive war.

Wobei die Idee nicht so abwegig war. Es gab damals durchaus Bedenken, dass die hohe Spannung in der Fahrleitung für die Leute in den Städten gefährlich sein könnte.

Aus diesem Grund war bei einer späteren Umsetzung des Systems vorgesehen, dass in Bahnhöfen durchaus mit einer reduzierten Spannung von 700 Volt ge-fahren werden sollte. Umgesetzt wurde diese Idee jedoch nie, da man die Sicher-heit mit der hohen Spannung erfolgreich erhöhte.

An der Welle war ein Generator für Gleichstrom angeschlossen worden. Seine abgegebene Spannung konnte zwischen null und 600 Volt reguliert werden. Damit hatte man die für die Triebmotoren benötigte Spannung erhalten.

Grundsätzlich konnte dieser also stufenlos geregelt werden, was der Lokomotive ein sehr elegantes Fahrverhalten verleiht haben dürfte, denn Fahrzeuge ohne Fahrstufen waren bis zur Einführung der Umrichter selten.

Lediglich bei Dampflokomotiven gab es damals einen entsprechenden Effekt. Wobei hier jedoch die Zwillingsmaschinen bei gewissen Geschwindigkeiten zu einem ruckartigen Verhalten neigten. Mehrlinge liefen in diesem Punkt bei einem gut abgestimmten Fahrwerk sehr ruhig. Die neuartigen elektrischen Lokomotiven, sollten sich in diesem Punkt zumindest, bei der hier vorgestellten Maschine MFO 1, nicht davon unterscheiden.

Jedoch war die Umformergruppe der Lokomotive noch nicht betriebsbereit, denn damit die Spannung für die Fahrmotoren generiert werden konnte, musste der Umformer der Lokomotive zuerst «gestartet» werden. Dazu erfolgte dieser Startvorgang von der Seite mit Gleichstrom aus. Damit sich der Generator jedoch selbständig drehe, war ein zweiter Umformer nötig, den wir zur Unterscheidung als «Erregergruppe» bezeichnen.

Das Anlassen der Lokomotive geschah, indem der Gleichstromgenerator dieser Erregergruppe zuerst als Einphasen-Hauptschlussmotor geschaltet, an eine Anzapfung der Sekundärwicklung eines kleinen Trans-formators angeschlossen wurde. Dadurch begann sich der Motor langsam zu drehen und wurde immer schneller. Das benötigte durchaus einige Zeit, denn es musste gewartet werden, bis die synchrone Drehzahl erreicht wurde.

Dem aufmerksamen Leser ist sicherlich aufgefallen, dass in diesem Schritt der Motor für Gleichstrom einfach nur an Wechselstrom angeschlossen wurde. Dabei kam durchaus das Prinzip des Seriemotors zur Anwendung. Jedoch lief dieser damals nur langsam an. Das heisst, er erhöhte die Drehzahl immer mehr. So ein Motor, war jedoch für den direkten Antrieb einer Lokomotive schlicht nicht geeignet. Er musste jedoch nur noch leicht angepasst werden.

Nach Erreichen dieser synchronen Geschwindigkeit wurde der Asynchronmotor der Erregergruppe an eine andere Anzapfung desselben Transformators angeschlossen. Damit begann sich nun dieser zu drehen und der Generator der Erregergruppe konnte nun eine Gleichspannung abgeben. Noch war die Lokomotive nicht betriebsbereit, denn nun konnte mit dieser Spannung die Umformergruppe über den Generator angelassen werden.

Da nun die Umformergruppe der Lokomotive betriebsbereit war, wurde die Erregergruppe umgeschaltet und diente nun der Erregung des Hauptgenerators und der eingebauten Fahrmotoren. Sie sehen, dass der Start durchaus eine langwierige Angelegenheit war und so kein schneller Einschaltvorgang möglich war. Jedoch haben wir nun die Spannung für die Triebmotoren und können uns diese nun ansehen, denn diese waren in den Drehgestellen eingebaut worden.

Die Fahrmotoren der Lokomotive waren normale Gleichstrom-Nebenschlussmotoren mit separater Erregung und einer Leistung von je 150 kW. Diese Motoren waren damals bereits erprobt und kamen bei vielen Bahnen mit Gleichstrom in der Fahrleitung zur Anwendung. Vom Aufbau her unterschieden sich diese Motoren jedoch nur durch die Beschaltung der Anschlüsse, von den später erfundenen Seriemotoren für Wechselstrom.

Zum Vergleich der Leistung sei hier erwähnt, dass moderne Lokomotiven mit Umrichtertechnik etwa die gleiche Leistung von 300 kW für die Versorgung der Hilfsbetriebe benötigen. Bei der Maschine ging es jedoch nicht um die Leistung, sondern darum, das System zu testen. Für die vertraglich vereinbarten Fahrten mit regelmässigen Zügen reichte diese Leistung jedoch aus, da die Nebenlinie keine schweren Züge kannte und so auch für die Versuche ideal war.

Die Fahrrichtung der Lokomotive wurde geändert, indem man einfach die Erregung der Triebmotoren umpolte. Diese drehten in der Folge in die andere Richtung, was automatisch eine Änderung der Fahrrichtung zu Folge hatte. Für die Umpolung verwendete man einen einfachen Umschalter, der nicht mit später verwendeten Wendeschaltern verwechselt werden darf. Diese Lösung stammte ebenfalls von den mit Gleichstrom betriebenen Bahnen.

Zum Zeitpunkt des Baubeschlusses für diese Lokomotive war das Hauptanliegen, die Betriebstüchtigkeit von einphasigem Wechselstrom hoher Spannung in einer Fahrleitung nachzuweisen. Die eigentliche Lokomotive für den Betrieb sollte erst entwickelt werden, wenn ein funktionierender Motor für einphasigen Wechselstrom bereitstand. Man wusste 1904 bei der MFO schlicht noch nicht, dass eigentlich nur eine andere Schaltung der Fahrmotoren nötig gewesen wäre.

Die Lokomotive entsprach den an sie gestellten Anforderungen vollständig. Nachteilig waren nur die Leerlaufverluste des Umformers, weil diese natürlich bei den häufigen Stillständen der Loko-motive nicht jedes Mal abgestellt wurde, was auf eine Wirtschaftlichkeit von negativem Einfluss war. Im Betrieb hätte das zu unwirtschaftlichen Maschinen geführt, die bei den Kosten durchaus höher gewesen wären, als eine Dampflokomotive.

Jedoch hatte die Lokomotive auch einen besonderen Vorteil, der nicht unerwähnt bleiben darf und der wirklich eine kleine Sensation war. Mit der richtigen Schaltung wurden die beiden Fahrmotoren zu Generatoren, die dann den Hauptgenerator mit Gleichstrom versorgten. Über die Welle wurde im Umformer eine Wechselspannung erzeugt, die über die Stromabnehmer in die Fahrleitung abgegeben werden konnte.

Da wegen dem Widerstand die Lokomotive verzögert wurde, war das Prinzip mit einer heute bekannten Nutzstrombremse zur vergleichen. Der errechnete Wirkungsgrad dieser elektrischen Bremse wurde mit 50% angegeben. Dieser Wert sollte bei Wechselstrom über 80 Jahre nur von einer Lokomotive übertroffen werden. Erst die modernen Umrichter mit Drehstrommotoren erreichen heute höhere Werte bei der Nutzbremsung.

Es bleiben eigentlich nur noch die Hilfsbetriebe der Lokomotive. Diese gab es eigentlich gar nicht. Einzig zur Erzeugung der Druckluft war ein Kompressor vorhanden. Dieser Lufterzeuger wurde am Erregergenerator angeschlossen und mit einem einfachen Gleichstrommotor angetrieben. Eine Schaltung verhinderte, dass zu viel Druck in der Leitung erzeugt werden konnte. In diesem Fall wurde die Luft ins Freie abgegeben.

Die anderen heute bekannten Bereiche der Hilfsbetriebe, wie Heizungen, Ventilatoren oder die Ladung der Batterien gab schlicht nicht. Somit hatte die Lokomotive eine sehr einfache elektrische Ausrüstung erhalten, die damals aber bereits eine sehr grosse Sensation darstellte, denn es war die erste funktionierende Lokomotive für einphasigen Wechselstrom mit 15 000 Volt und das weltweit, da braucht es keinen Schnickschnack mehr.

 

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