Druckluft und Bremsen

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Kommen wir zur Druckluft der Lokomotive. Wie bei den Lokomotiven üblich, wurden auch hier viele Funktionen mit Hilfe von Druckluft ausgeführt. Damit diese funktionierten, musste die Druckluft zuerst erzeugt werden. Dabei kam auf den Lokomotiven ein im Maschinenraum im Bereich des Querganges montierter Kompressor zum Einsatz. Damit haben sich jedoch die Gemeinsamkeiten der Lokomotive bereits erledigt.

Die Maschinen der Baureihe Re 4/4 II wurden mit unterschiedlichen Kompressoren ausgerüstet. Dies betraf jedoch die nicht Lokomotiven der Baureihe Re 4/4 III, denn diese wurden ausschliesslich mit dem älteren Modell ausgerüstet. Die Änderungen betrafen zudem nur die letzte Serie. Um objektiv zu bleiben müssen wir dabei beide Kompressoren ansehen. Das hat jedoch zur Folge, dass wir den Leitungsweg bis zu den Hauptluftbehältern aufteilen müssen.

Es kamen bei den älteren Lokomotiven der Baureihe Re 4/4 II und bei sämtlichen Maschinen der Reihe Re 4/4 III Kolbenkompressoren zum Einbau.

Diese Kompressoren wurden bereits bei den Lokomotiven der Baureihe Ae 6/6 verwendet und besassen eine gute Schöpfleistung von bis zu 2 300 Liter pro Minute. Somit achtete man darauf, dass auch hier möglichst wenige spezielle Ersatzteile benötigt wurden.

Durch die Verdichtung der Luft im Leitungssystem wurde diese erwärmt und so schied die verdichtete Luft Wasser aus. Dieses Wasser konnte man in den Leitungen jedoch nicht gebrauchen.

Daher wurde nach dem Kompressor ein Wasserabscheider montiert. Dieser sorgte dafür, dass das in der Druckluft gelöste Wasser gebunden und gesammelt wurde. Im Unter-halt mussten diese Wasserabscheider jedoch regelmässig entleert werden.

Die neueren Lokomotiven der Baureihe Re 4/4 II wurden jedoch mit einem anderen Kompressor ausgerüstet. Hier kam ein Schraubenkompressor zum Einbau.

Die Modelle waren neu und versprachen die gleichen Schöpfleistungen bei geringeren Kosten für die Wartung. Zudem hatten diese neuartigen Kompressoren auch gleich die Entwässerung der Druckluft enthalten. Dadurch konnten die Wasserabscheider der ersten Lokomotiven weggelassen werden.

Die Feuchtigkeit in der Druckluft wurde bei den Schraubenkompressoren mit Hilfe eines Lufttrockners entzogen. Dieser bestand aus einem Granulat, das die Feuchtigkeit entzog und sammelte. 30 Sekunden nachdem der Kompressor abgeschaltet hatte, wurde das Wasser automatisch unter der Lokomotive in die Umwelt entlassen. Dadurch entfiel die regelmässige Wartung der Lokomotive im Bereich der Druckluft. Ein Vorteil der natürlich genutzt wurde.

Nach der Lufttrocknung, beziehungsweise nach dem Wasser-abscheider wurde die Luft über einen Hauptluftbehälterhahn zu den Hauptluftbehältern geführt.

Diese wurden unter dem Kasten im Bereich zwischen den beiden Drehgestellen montiert. In diesen Behältern wurde die von den Kompressoren geschöpfte Luft letztlich verdichtet, so dass der Druck im Leitungssystem anstieg. Bei den Lokomotiven wurde ein regulärer Druck von zehn bar erreicht.

Ein Überdruckventil regulierte den Druck auf einem maximalen Wert von bis zu zwölf bar. Wurde dieser Druck überschritten öffnete das Ventil und die Druckluft wurde an die Umwelt abge-geben.

Ein Druckschwankungsschalter sollte jedoch verhindern, dass dieses Ventil ansprechen konnte und der Druck in den Behältern zwischen acht und zehn bar lag. Eine Lösung, die auf Lokomo-tiven schon sehr lange verwendet wurde.

Da die Lokomotive ohne Druckluft nicht in Betrieb genommen werden konnte, war im Maschinenraum eine Handluftpumpe vorhanden.

Mit Hilfe dieser Pumpe war es manuell möglich, die benötigte Druckluft von Hand zu erzeugen. Das war jedoch eine schweiss-treibende Arbeit, daher wurde auf diesen Lokomotiven eine Möglichkeit genutzt, die alleine durch das Leitungssystem der Lokomotive ermöglicht wurde.

Die Hauptluftbehälter waren über einen weiteren Hauptluftbehälterhahn mit der auf der Lokomotive vorhandenen Speiseleitung verbunden worden. Diese Speiseleitung wurde zu den beiden Stossbalken geführt und endete dort in zwei Leitungen, an denen über einen Absperrhahn Luftschläuche angeschlossen wurden. Deren Kupplung war weiss gekennzeichnet worden und ermöglichten auch eine Speisung der Lokomotive über diese Leitung.

Die Verbraucher auf der Lokomotive waren direkt an der Speiseleitung angeschlossen worden. Die hier angeschlossen Verbraucher waren nicht von einem bestimmten Druck abhängig. Dazu gehörte zum Beispiel die Lokpfeife, die Schmierung der Spurkränze, die Sander und natürlich die Druckluftbremsen der Lokomotive. Daneben gab es noch viel andere Verbraucher, die hier nicht erwähnt werden.

Es gab jedoch auch an einen bestimmten Druck gebundene Verbraucher. Dafür war eine über ein Reduzierventil angeschlossene Apparateleitung vorhanden. Diese wurde auf einen permanenten Druck von sechs bar eingestellt und sie war nur auf die Lokomotive beschränkt worden. So konnten die Bauteile der Lokomotive mit einem festen Druck betrieben werden. Ein Vorteil, der dank der zweiten Leitung genutzt wurde.

Alle nicht an einen bestimmten Ort gebundenen Ventile und Absperrhähne wurden zu einem zentralen Luftgerüst geführt. Während bei den Prototypen noch ein Gerüst nach dem Muster der Baureihe Ae 6/6 verwendet wurde, wurden die restlichen Lokomotiven mit genormten Bauteilen an einem sauber aufgeräumten Luftgerüst ausgerüstet. Dadurch war die Eingrenzung von Fehlern einfach zu vollziehen.

Da die pneumatische Ausrüstung, wie bei den Lokomotiven der Baureihe Ae 6/6 von Oerlikon Bremsen geliefert wurde, achtete man darauf, dass möglichst viele Baugrup-pen von vorhandenen Fahrzeugen verwendet werden konnten.

Dazu gehörten neben den diversen Ventilen auch Hähne und dergleichen. So konnte man dank der baugleichen Baugruppen viele Ersatzteile einsparen, was deren Vorhaltung wesentlich vereinfachte.

Der grösste Verbraucher der Druckluft waren jedoch die Bremsen der Lokomotive. Dabei gab es auf der Lokomotive nicht weniger als drei unabhängige Bremssysteme. Dabei war die Schleuderbremse ein einfaches System, das sowohl durch den Lokführer, als auch durch die Steuerung ausgelöst werden konnte. Es arbeitete mit einem festen Druck von 0.8 bar in den Bremszylindern und konnte nicht reguliert werden.

Während der Lokführer bei der Schleuderbremse nur alle Achsen ansteuern konnte, war es der Steuerung möglich die Bremszylinder unabhängig anzusteuern. Eine Lösung, die hier angewendet werden musste, weil die Lokomotive mit einer Vielfachsteuerung ausgerüstet wurde und daher auch ferngesteuert werden konnte.

Jedoch wurde auch der Befehl des Lokomotivpersonal auf die ferngesteuerte Lokomotive übertragen. Diese Lösung wurde zum Beispiel ab einen Führerstand in einer anderen Maschine, oder in einem Steuerwagen genutzt.

Das zweite Bremssystem der Lokomotive bestand aus der Rangierbremse. Diese direkt wirkende Bremse wirkte direkt über ein Ventil auf die Bremszylinder jeder Achse.

Das Ventil der Bauart FD1 bewirkte, dass die Rangierbremse mit einem Druck von bis zu 3.9 bar betrieben werden konnte. Dabei war es möglich die Bremse mit einem variablen Druck zu steuern. So war eine feinfühlige Bremsung mit Hilfe der Rangierbremse möglich.

Im Gegensatz zu den Lokomotiven der Baureihe Ae 6/6 wirkte die Rangierbremse der Reihe Re 4/4 II über zwei Schlauchpaare auch auf eine weitere damit ausgerüstete Lokomotive. Dabei kamen Kupplungsschläuche der ehemaligen Regulierbremse zur Anwendung. Diese wurden an den Stossbalken ebenfalls in jeweils zwei Luftschläuchen zur Verfügung gestellt. Dabei besassen diese Schläuche ein Rückschlagventil in den Kupplungen.

Die dritte indirekt wirkende Bremse, wurde landläufig als automatische Bremse bezeichnet. Bei dieser Bremse wurde über ein Führerbremsventil der Bauart FV4a eine Hauptleitung mit einem regulären Druck von fünf bar betrieben. Diese Leitung wurde ebenfalls zu den Stossbalken geführt und stand dort in zwei mit einem Absperrhahn versehenen Leitungen zur Verfügung. Diese Hähne und die Kupplungen an den Schläuchen waren rot eingefärbt worden.

Dadurch waren die Lokomotiven an einem Stossbalken mit nicht weniger als sechs Luftschläuchen ausgerüstet worden. Diese wurden beidseitig der Zugvorrichtung der UIC montiert. Jeweils aussen war die Leitung der Regulierbremse, dann folgte die Hauptluftleitung. Innen befand sich schliesslich noch die Speiseleitung.

Hier gab es nur bei den Lokomotiven der EBT-Gruppe eine Besonderheit, denn dort wurde auf das zweite Paar verzichtet. Das war jedoch nur bei diesen Modellen der Fall, die restlichen Lokomotiven erhielten die volle Ausrüstung mit den sechs Leitungen. Damit war der Bereich zwischen den Puffern recht gut gefüllt worden.

Auf der Lokomotive wirkte die automatische Bremse über ein spezielles Steuerventil auf die Bremszylinder. Dieses Steuerventil war von der Bauart LST 1 und es war ein Ventil, das eine Hochleistungsbremse ermöglichte. Zudem war das Ventil mehrlösig, was die Bedienung der Bremse deutlich vereinfachte. Es wurde von den Maschinen der Bauart Ae 6/6 übernommen und bewährte sich dort hervorragend.

Das Ventil LST 1 konnte dabei mehrere Bremsstellungen zur Verfügung stellen. Dabei war die langsamer wirkende G-Bremse vorhanden. Diese Güterzugsbremse konnte im Führerstand eingestellt werden und sorgte dafür, dass die Bremszylinder der Lokomotive mit einem maximalen Druck von 3.9 bar befüllt wurden.

Sie war jedoch nicht die Grundstellung des Steuerventils, denn die Lokomotive wurde schliesslich für Reisezüge ausgelegt. Es war jedoch dank dieser Stellung auch ein Einsatz vor schweren Zügen des Güterverkehr problemlos möglich.

Daher arbeitete das Steuerventil in der Grundstellung mit der P-Bremse. Diese Personenzugsbremse arbeitete dabei auch mit einem maximalen Druck von 3.9 bar. Speziell war, dass diese Grundstellung am Schalter für die Bremsstellung im Führerstand nicht aktiviert werden konnte. Ausschliesslich wirkte die P-Bremse auf der Lokomotive jedoch nur, wenn diese geschleppt, oder wenn mit langsamer Geschwindigkeit gefahren wurde.

Bei aktivierter P-Bremse war die von der Geschwindigkeit abhängige R-Bremse aktiv. Diese bewirkte, dass bei einer Geschwindigkeit, die über 60 km/h lag, ein höherer Druck im Bremszylinder erzeugt wurde. Dieser Druck konnte dabei bis zu 6.8 bar betragen. Daher wurde das Steuerventil zusätzlich zur Hauptleitung auch mit der Speiseleitung verbunden. Unter 50 km/h wurde die R-Bremse jedoch deaktiviert.

Von den jeweiligen Bremssystemen wurde pro Achse ein Bremszylinder angesteuert. Dieser wurde durch die Druckluft ausgestossen und bewegte ein Bremsgestänge so, dass die Lokomotive abgebremst wurde.

Entfernte man die Luft wieder, sorgte eine Feder im Bremszylinder dafür, dass die Bremse sicher gelöst wurde.

Eine Lösung mit Federspeicherbremse war jedoch nicht vorhanden, so dass es nur ein einfacher Bremszylinder war.

Am Bremszylinder war ein Bremsgestänge ange-schlossen worden. Dieses Gestänge sorgte dafür, dass die Bewegung des Bremszylinders in den Bremsklötzen der Klotzbremse zu einer Bremsung führte.

Die Abnützung der Bremssohlen wurde im Bremsgestän-ge mit einem automatischen Bremsgestängesteller der Marke Stopex ausgeglichen. Eine Lösung, die sich schon bei anderen Lokomotiven bestens bewährt hatte.

Die Bremssohlen der Klotzbremse wurden in speziellen Sohlenhalter montiert. Diese Sohlenhalter waren so ausgelegt worden, dass jeder drei Bremssohlen aufnehmen konnte. Das führte dazu, dass die Bremskraft pro Achse mit insgesamt sechs Bremssohlen auf das Rad übertragen wurde. Die verwendeten Bremssohlen entsprachen dabei den Modellen, wie sie schon bei den Lokomotiven der Baureihe Ae 6/6 verwendet wurden.

Mit den insgesamt 48 Bremssohlen konnte eine ausreichende Bremskraft erzeugt werden. Das führte dazu, dass bei der Lokomotive für einen Druck im Bremszylinder von 3.9 bar eine totales Bremsgewicht erzeugt wurde, das einem Gewicht von 72 Tonnen entsprach. Daher wurde dieses Bremsgewicht von der Rangierbremse, der P-Bremse und der G-Bremse erzeugt. Eine durchaus ansehnliche Bremskraft.

Bei der R-Bremse stieg der Druck im Bremszylinder auf einen Wert von 6.8 bar an. Dadurch wurde die Kraft in den Bremssohlen zusätzlich erhöht. Daher wurde für die Lokomotive nun ein Bremsgewicht von 100 Tonnen ange-rechnet.

Damit erreiche die Maschine ein maximales Bremsverhält-nis von 125%. Sie konnte daher nach Zug- und Bremsreihe R 125% verkehren.

Im Vergleich zu den anderen damals eingesetzten Lokomo-tive war das ein guter Wert, der zur Höchstge-schwindigkeit von bis zu 140 km/h passte.

Zur Sicherung der Lokomotive war in jeden Führerstand eine Spindelbremse angebracht, die über das Bremsge-stänge auf die direkt darunter liegende Achse wirkte.

Da mit dieser Handbremse jedoch nicht die Kraft der Druckluftbremse erzeugt werden konnte, vermochte eine Handbremse nur 14 statt der rechnerisch logischen 20 Tonnen zu sichern. Diese Kraft reichte, um die Lokomotive im ganzen Streckennetz sicher abzustellen.

Damit haben wir aber den mechanischen Teil abgeschlossen. Die Lokomotiven entsprachen hier in vielen Bereichen der etwas älteren Baureihe Ae 6/6. Das zeigt, wie gut die dort verwendete Technik letztlich war. Es gelang damit, dass die Lokomotiven viele Baugruppen teilen konnten. Ein Vorteil, der gerade bei oft benötigten Teilen ein Vorteil sein konnte. Besonders die Bremssohlen waren dabei ein wichtiger Punkt.

Viele konstruktive Merkmale waren auch bei der zur gleichen Zeit abgelieferten Maschine der Baureihe Ae 4/4 II für die BLS vorhanden. Da die Lokomotive der Schweizerischen Bundesbahnen SBB jedoch kürzer war, konnte das Gewicht des mechanischen Teils trotz den zusätzlichen Einbauten auf etwa dem gleichen Wert gehalten werden. Wenn wir es genau nehmen, war der mechanische Teil der Re 4/4 II sogar ganz leicht schwerer.

 

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