Entwicklung und Beschaffung

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Die BLS benötigte neue und bessere Lokomotiven. Daher war es wichtig, dass man sich die Beschaffung gut überlegte, denn einen Fehler durfte man sich diesmal nicht erlauben, denn man hatte ja ausreichend Erfahrung. Bei der Reihe Be 5/7 mussten sämtliche Maschinen nachgebessert werden, weil man damals aus Zeitnot auf die Beschaffung von Prototypen verzichtet hatte. Es eilte auch jetzt, aber diesmal wurde vom Besteller ein umfangreiches Pflichtenheft verfasst.

Grundsätzlich sollte die neue Lokomotive alleine die Zughakenlast befördern können. Die ersten Ce 6/8 II der Schweizerischen Bundesbahnen SBB konnten bereits 450 Tonnen die Rampen hochziehen. Da die Zughakenlast am Lötschberg neu jedoch auf 510 Tonnen festgelegt wurde, war klar, die neue Maschine musste etwas mehr ziehen können, als die Lokomotive der Staatsbahnen. Ein Schritt der technisch durchaus möglich erschien.

Der von den Dampflokomotiven übernommene Stangenantrieb der Baureihe Be 5/7 vermochte zu Beginn des Einsatzes nicht zu überzeugen. Die BLS kämpfte anfänglich mit verbogenen Triebstangen und musste massive und schwere Teile anbringen. Das wirkte sich nicht nur positiv auf die Laufruhe der Lokomotive aus. Bei einer neuen Maschine, die noch grössere Anhängelasten schleppen musste, hätte sich das Problem womöglich erneut gezeigt.

Dabei muss man aber wissen, dass die Entwicklung dieser Lokomotive noch ohne ausreichende Erfahrungen der Maschinen der Staatsbahnen erfolgen musste. Erst die ersten Modelle der Reihe Ce 6/8 II konnten erkennen lassen, dass der Antrieb mit Triebstangen durchaus erfolgreich verwendet werden konnte. Andererseits zeigte der Winterthurer Schrägstangenantrieb geometrische Fehler auf. Die BLS vertraute daher kaum mehr dieser Technik.

Die am Gotthard eingesetzten Lokomotiven hatten ebenfalls den Stangenantrieb erhalten. Jedoch waren die neusten Modelle der Schweizerischen Bundesbahnen SBB mit einem neuartigen Antrieb, der auf jede Triebachse einzeln wirkte, ausgerüstet worden. Die schweren Triebstangen waren vergessen. Hinzu kam, dass die ersten Erfahrungen mit der Baureihe Be 4/7 recht zuversichtlich waren und man sich so auch bei der BLS an einer solchen Lösung erfreuen konnte.

Das bedeute, dass man sich in Spiez zuerst um ein Trak-tionskonzept bemühen musste. Die neue Lokomotive sollte die Reihe Be 5/7 vor den schweren Güterzügen ablösen und diese so für die Reisezüge freistellen.

Das bedeute somit, dass man eine Maschine beschaffen musste, die hauptsächlich für den Güterverkehr vorgesehen war. Die Lokomotiven Ce 6/8 II der schweizerischen Bun-desbahnen SBB zeigten, dass solche Modelle mit sechs Triebachsen versehen waren.

Grundsätzlich hätten sich die Verantwortlichen der BLS-Gruppe auch an der von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB ausgearbeiteten Reihe Ce 6/8 III erfreuen können. Jedoch waren diese Lokomotiven mit 65 km/h zu wenig schnell und die Technik mit Triebstangen auch schon veraltet. Daher war klar, man musste in Spiez ein eigenes Pflichtenheft für eine neue Maschine erstellen. So war sicher, dass man eine passende Lokomotive geliefert bekommen würde.

Ein Blick in das für diese Lokomotive ausgearbeitete Pflichtenheft lohnt sich daher sicherlich. Es lohnt sich aber auch, wenn man diese Maschine direkt mit den neusten Modellen der Schweizerischen Bundesbahnen SBB vergleicht. So kann deutlich der Unterschied zwischen dem bewährten Stangenantrieb (Ce 6/8 III) und einem modernen Einzelachsantrieb aufgezeigt werden. Blicken wir nun in das Pflichtenheft der BLS-Gruppe.

Grundsätzlich erwartete die BLS eine elektrische Lokomotive mit Einzelachsantrieb und sechs Triebachsen. Diese sollten, wie bei der Reihe Ce 6/8 III der Schweizerischen Bundesbahnen SBB in zwei Drehgestellen eingebaut werden. Die Be 5/7 zeigten deutlich, dass zu lange, fest in einem Rahmen gelagerte Fahrwerke für die engen Kurven einer Gebirgsbahn ungeeignet waren. Daher blieb bei sechs Triebachsen nur noch die Lösung mit Drehgestellen übrig.

Um die Laufruhe der Lokomotiven zu verbessern sollten zwei Lauf-achsen vorgesehen werden. Hier waren klar die früheren Erfahr-ungen der BLS ausschlaggebend, denn die Versuchslokomotive Ce 6/6 zeigte zu schlechte Laufeigenschaften.

Erst die mit Laufachsen verlängerte Baureihe Ce 6/8 I der Schweizeri-schen Bundesbahnen SBB konnte bessere Ergebnisse erzielen. Damit war schnell klar, dass die neue Reihe der BLS über die Achsfolge 6/8 oder (1‘Co) (Co‘1) verfügen sollte.

Die Leistung der Lokomotive sollte ausreichen um einen Güterzug mit 510 Tonnen Gewicht auf den Steigungen von 27 ‰ mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h zu befördern. Hier war die neue Ce 6/8 III der Schweizerischen Bundesbahnen SBB mit 520 auf 26 ‰ etwas höher als die Maschine der BLS. Das bedeutete, dass beide Lokomotiven auf die damals zulässige Zughakenlast der jeweiligen Strecke ausgelegt wurden.

Besonders die Vorgaben der Geschwindigkeit überraschten. 50 km/h für Güterzüge war schon recht hoch. Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB begnügten sich bei der Ce 6/8 III mit den üblichen 35 km/h. Hier waren die unterschiedlichen Strecken massgebend, denn während man am Gotthard zwei Geleise hatte, mussten die Züge auf der einspurigen BLS schnell einen Kreuzungsbahnhof erreichen und sollten daher die Strecke so kurz wie nur möglich belegen.

Damit man diese Geschwindigkeit mit der geforderten Anhängelast auch erreichen konnte, errechnete man bei der BLS in Spiez für die neue Lokomotive eine ungefähre Leistung von 4 500 PS. Im Vergleich dazu war die Leistung der Ce 6/8 III mit ungefähr 2 500 PS wesentlich tiefer. Bei Lokomotiven mit Stangenantrieb ging man davon aus, dass bei 2 500 PS die maximal mögliche Leistung dieses Antriebes erreicht war. Das zeigten insbesondere die Reihe Be 5/7 der BLS deutlich.

Die Höchstgeschwindigkeit der neuen Lokomotive sollte auf gleicher Höhe liegen, wie bei der Reihe Be 5/7. Das bedeutete, dass auch diese Lokomotive für Güterzüge mit bis zu 75 km/h verkehren sollte. Die Ce 6/8 III der SBB musste in diesem Punkt zurückstecken. Jedoch war die Wahl der Höchstgeschwindigkeit nicht so bedeutend, denn die Reihe Ce 6/8 III wurde später ohne Umbau zu Ce 6/8 III 75 und konnte auch 75 km/h fahren.

Bei der Lokomotive der BLS-Gruppe ergab das nun die fertige Bezeichnung Be 6/8. Somit wurde die Maschine damals innerhalb der Schweiz zur schnellsten Lokomotive mit sechs Triebachsen. Wenn man von den gigantischen Doppellokomotiven bei der Schweizerischen Bundesbahnen SBB und bei der BLS absieht, wurde dieser Wert erst mit der Reihe Ae 6/6 für die Staatsbahnen übertroffen. Genau genommen war das rund 30 Jahre später.

Daneben wurden noch einige Punkte zur Ausrüstung der Lokomotive vorgesehen. Diese lassen wir hier jedoch weg. Für uns sind nun die wichtigsten Vorgaben vorhanden. Dabei konnten wir erkennen, dass die Reihe Be 6/8 der BLS über eine wesentlich grössere Leistung verfügte, jedoch nicht unbedingt grössere Lasten ziehen konnte. Die Leistung hatte deshalb ganz klar zur Folge, dass die Be 6/8 mit diesen Lasten etwas schneller verkehren konnte.

Das so ausgearbeitete Pflichtenheft wurde den einschlägigen Herstellern über-reicht. Diese konnten dann anhand der vorhandenen Angaben ihre Angebote ausarbeiten. Nach Ablauf der Eingabefrist, konnte die BLS sich dann aus mehreren Eingaben die beste Lösung aussuchen.

Verständlicherweise waren die eingereichten Angebote für diese Lokomotive relativ bescheiden. Dabei kam letztlich eine Eingabe der Firma Société Ano-nym des Ateliers de Sécheron (SAAS) zum Zug.

Dabei trat der Elektriker aus Genève als Generalunternehmer auf. Die BLS konnte sich so einfach mit der SAAS verständigen und musste nicht noch zusätzliche Angaben für den Mechaniker vornehmen.

Da Sécheron jedoch ein Elektriker war, wurde der mechanische Teil der Lokomotiven einem Subunternehmer übergeben. Daher hatte die BLS im Ge-gensatz zur Reihe Be 5/7, welche bei SLM und MFO bestellt wurde, nun eine Bestellung bei der SAAS vorgenommen.

Die mechanischen Arbeiten für die neue Lokomotive wurden daher nicht in Genève ausgeführt, sondern an einen Lieferanten vergeben. Diese Arbeiten wurden von Sécheron der Firma SA Ernesto Breda in Mailand übertragen.

Das führte letztlich dazu, dass diese Maschinen später als Breda-Lokomotiven bezeichnet wurden. Die elektrische Ausrüstung, die Antriebe und die End-montage wurden jedoch in Genève und somit in der Schweiz ausgeführt.

Speziell war, dass zum Beispiel die Schweizerischen Bundesbahnen SBB, diesen Auftrag so nicht hätten vergeben können. Die Staatsbahnen waren auf Grund ihrer Organisation dazu verpflichtet, ihre Lokomotiven bei Herstellern in der Schweiz zu bestellen. Diese Beschränkung galt jedoch für die kantonal bestimmte BLS-Gruppe nicht, so dass erstmals der mechanische Teil für eine elektrische Lokomotive dieser beiden Bahnen im Ausland gebaut wurde.

Die BLS-Gruppe bestellte bei der SAAS in Genève von dieser Lokomotive vorerst zwei Exemplare. Diese beiden Maschinen sollten die Nummern 201 und 202 erhalten und so eine komplett neue Nummerngruppe bilden. Diese Lieferung wurde kurz darauf mit den Lokomotiven und den Nummer 203 und 204 um weitere zwei Lokomotiven erweitert. So gelangten innerhalb von wenigen Jahren vier Maschinen dieser Bauart nach Spiez.

Be 6/8 Nr. 201 - 204
Baujahr: 1926 und 1929 Leistung: 3 309 kW / 4 500 PS
Gewicht: 142 t V. max.: 75 km/h
Normallast: 510 t bei 50 km/h Länge: 20 260 mm

 

Nachdem die ersten vier Lokomotiven erfolgreich verkehrten, sah sich die BLS-Gruppe einige Jahre später gezwungen für den gewachsenen Güterverkehr weitere Maschinen zu beschaffen. Dabei griff man bei der BLS-Gruppe wieder auf diese Bauart und den bekannten Hersteller SAAS zurück. Dabei wurden zwar auch die neuen Einzelachsantriebe der Staatsbahnen geprüft, aber um die Anzahl der Ersatzteile zu reduzieren blieb man beim Modell der SAAS.

Das Pflichtenheft der Lokomotive wurde dabei nur leicht überarbeitet und hatte als wichtigste Punkte eine leicht erhöhte Leistung und eine wesentlich höhere Höchstgeschwindigkeit enthalten. Diese wurde benötigt, weil die Maschinen auch mit den Schnellzügen auf der Strecke von Thun nach Bern verkehren sollten. Dort war mit 75 km/h kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Daher musste auch die BLS schneller werden.

Die zur Verfügung stehende Zugkraft war nur unwesentlich höher, so dass dieses Modell nicht grössere Normallasten zugestanden bekamen. Dabei müssen wir aber berücksichtigen, dass die Zughakenlast mittlerweile auf über 700 Tonnen gesteigert wurde. Diese Lasten konnten damals jedoch nur von gigantischen Lokomotiven, wie der Reihe Ae 8/14 erbracht werden. Das Modell war für die BLS schlicht zu gross und daher blieb man bescheiden.

Weil es jedoch zwischen den beiden Bestellungen ein Unterschied von zehn Jahren gab, waren die gemachten Erfahrungen eingeflossen. Die technischen Unterschiede der Lokomotive waren jedoch nicht so gross, wie man anhand der Bezeichnung meinen könnte. Diese vier Maschinen sollten neu als Baureihe Ae 6/8 und nicht mehr als Reihe Be 6/8 bezeichnet werden. Die Nummern für diese vier Maschinen lauteten 205 bis 208.

Ae 6/8 Nr. 205 - 208
Baujahr: 1939 - 1943 Leistung: 3 882 kW / 5 280 PS
Gewicht: 142 t V. max.: 90 km/h
Normallast: 510 t bei 56 km/h Länge: 20 260 mm
                       

Bei diesen Lokomotiven gab es auch mechanische Veränderungen. So wurde ein geänderter Führerstand eingebaut und für den mechanischen Teil ein neuer Lieferant benannt. Diese Maschinen wurden mechanisch bei der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik SLM gebaut. Wieder trat die SAAS in Genève gegenüber dem Besteller als Generalunternehmer auf, nur dass nun alle Komponenten in der Schweiz gebaut wurden.

Damit können wir zur Betrachtung des mechanischen Teils der neuen Lokomotive schreiten. Die oft markanten Unterschiede der beiden Bauarten werde ich in den entsprechenden Punkten aufführen, so dass Sie beide Baureihen parallel kennen lernen werden. Daher willkommen in der Welt der Be 6/8, oder doch Ae 6/8? Letztlich war es nach mehreren Umbauten klar, aber nun soll zwischen Be und Ae unterschieden werden.

 

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