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Baujahr: 1953 Leistung: 1'470kW / 2'000 PS
Gewicht: 68 / 64 t V. Max.: 110 km/h
Normallast: 200 t bei 75 km/h Länge: 23'700 mm

Nachdem sich der Verkehr in der Schweiz nach den zweiten Weltkrieg wieder erfreulich entwickelt hatte, musste sich die BLS-Gruppe vermehrt um neue Fahrzeuge kümmern. Besonders die Bergstrecke hatte da grösste Priorität, denn hier waren die schweren internationalen Züge zu führen. Zudem waren auch schnelle Lokomotiven für die Schnellzüge auf dem Abschnitt über die SBB-Linie zwischen Thun und Bern gefragt.

Diese Lokomotiven standen mit den neuen Ae 4/4 auf der Bergstrecke bereits im Einsatz und überzeugten die Leute bei der BLS und die Fachwelt. Die hohe Leistung, der Verzicht auf Laufachsen und die hohe Geschwindigkeit bei einer zugkräftigen Lokomotive, bewirkten kürzere Fahrzeiten und ermöglichten so attraktive Fahrpläne über den Lötschberg. Besonders am Berg zeigten diese Lokomotiven zudem eine Einsparung beim Personal und Rollmaterial.

Jedoch fehlten leistungsfähige moderne Fahrzeuge für die mitbetriebenen Bahnen, die meistens nur regionalen Charakter hatten. Dort wurde neben ein paar modernen Triebwagen und Triebzügen noch die alten Lokomotiven der Baureihe Ce 4/6 eingesetzt. Diese Lokomotiven konnten die Fahrzeiten der modernen Züge einfach nicht mehr mithalten und behinderten so die Gestaltung der Fahrpläne auf den einspurigen Strecken. Man musste auf sie Rücksicht nehmen, wollte man einen funktionierenden Fahrplan.

Der Oberbau bei den mitbetriebenen Bahnen liess jedoch noch keine modernen Lokomotiven zu, da die neusten Modelle Achslasten bis zu 20 Tonnen hatten, waren sie schlicht zu schwer. Die älteren Modelle der Lötschbergstrecke konnten nicht verwendet werden, da sie selbst zu langsam waren und ebenfalls schon recht beachtliche Achslasten aufwiesen. Daher zeigte sich besonders auf der BN ein immer grösseres Problem.

Dabei kämpfte man bei der BN mit mehreren Problemen. Die Strecke hatte in den ersten Jahren schon internationalen Charakter bekommen, und musste schnelle Züge führen. Doch dabei hatte man nur den Oberbau einer Nebenlinie. Die klassischen Lokomotiven für Schnellzüge gab es daher nur bei den leichten Dampflokomotiven. Mit der Fahrleitung kamen langsame leichte Lokomotiven und Triebwagen zum Einsatz.

Mit den vorhandenen Triebwagen konnte man den Regionalverkehr im Berner Seeland abwickeln und selbst im Raum Bern war man damit gut bestückt. Einzig die Daten der Strecke von Bern nach Neuchâtel waren einschränkend. Dort war der Oberbau für die neuen Lokomotiven zu schwach, aber trotzdem waren schwere internationale Züge auf der Strecke zu befördern. Das bedeutete dass die alten langsamen Lokomotiven immer noch täglich benötigt wurden.

Die Lokomotiven der Reihe Be 4/6 waren aber zu langsam um mit internationalen Massstäben mithalten zu können. So verwendete man vor den internationalen Zügen notgedrungen Triebwagen. Diese Fahrzeuge der Baureihe CFe 4/5 konnten dank der hohen installierten Leistung von 1‘600 PS und einer Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h, die internationalen Züge verhältnismässig flott über die Strecke der BN führen.

Die alten Be 4/6 hatten noch Güterzüge zu führen. Diese behinderten aber die Gestaltung des Fahrplans auf der einspurigen Strecke deutlich. So mussten die internationalen Züge in den Bahnhöfen warten, bis die Be 4/6 von der Strecke in den Bahnhof getuckert kam. Die alten Maschinen waren einfach überall zu langsam oder zu schwach geworden und konnten kaum mehr vernünftig eingesetzt werden. Die Zeit der Triebwagen auf der BN sollte eingeläutet werden.

Hinzu kam, dass die Züge aus Bern über Neuchâtel hinaus verlängert werden sollten. Dazu waren die alten Lokomotiven einfach zu schwach, denn die Steigungen im Jura waren zu stark und die Züge zu schwer für die betagten Triebfahrzeuge. Das bedeutete, dass man zu allem Übel zwei langsame Lokomotiven vor die Züge spannen musste. Dazu benötigte man zusätzliches Personal für die zusätzliche Lokomotive, die nur auf den Steigungen ab Neuchâtel benötigt wurde.

Damit gab es bei der BN nur noch einen knappen Bestand an für diesen Einsatz geeigneten Fahrzeugen. Namentlich waren das die Triebwagen der Baureihe CFe 4/5. Diese hatten aber schon ein recht hohes Alter erreicht und mussten gelegentlich ersetzt werden, wollten man sich nicht auf viele Störungen gefasst machen. Der Vorteil war zwar die hohe Leistung, aber das lange Gepäckabteil benötigte dringend benötigte Bahnsteiglängen.

Dazu muss gesagt werden, dass bei den Zügen der BN das Gepäckabteil recht nützlich war. Nur, bespannte man mit dem CFe 4/5 einen internationalen Zug, hatte dieser schon einen Gepäckwagen bei sich. Der CFe 4/5 lief dabei mit einem nicht benötigten Gepäckabteil an der Spitze über die Strecke. Diese kannte aber nur kleine mit kurzen Geleisen versehene Stationen. Damit war der Triebwagen auch nicht optimal einsetzbar.

Die BN benötigte daher dringend neue Triebfahrzeuge. Diese sollten für den schwachen Oberbau ausgelegt werden und auch die Steigungen nach Les Verrières und Le Locle ohne zusätzliche Lokomotiven schaffen. Vorhandene Fahrzeuge gab es in der BLS-Gruppe nicht und eigentlich hätte sich nur die nagelneue Re 4/4 der schweizerischen Bundesbahnen SBB als geeignet gezeigt. Diese hatte geringe Achslasten und eine hohe Stundenleistung.

Die Lokomotive der schweizerischen Bundesbahnen SBB stand zwar zur Verfügung, hatte ab einige Probleme. Die Probleme mit den Fahrmotoren konnte und wollte man bei der BLS nicht eingehen. Daher kam die Lokomotive, die zusätzliche Bahnsteiglänge benötigte, nicht in Frage. Zudem wäre es neu gewesen, wenn die BLS sich an eine Bestellung der schweizerischen Bundesbahnen SBB angeschlossen hätte. Man kaufte aus Prinzip eigene Entwicklungen.

Die BLS-Gruppe musste daher ein Pflichtenheft für ein neues Fahrzeug erstellen. Dieses sah vor, dass die BLS-Gruppe unter der Leitung der BLS, zwei Triebwagen für die Bahn Bern – Neuenburg bestellen sollte. Die Triebwagen wurden in erster Linie gewählt, damit die kurzen Bahnsteige auf der Strecke optimal genutzt werden konnten und weil man sich erhoffte, die Achslasten besser im Griff zu haben. Lokomotiven hätten wertvollen Platz in den kleinen Stationen erfordert und wurden daher nicht berücksichtigt.

Daher sah das Pflichtenheft einen Triebwagen mit Personenbeförderung vor. Zwar zeigten die vorhandenen Triebwagen mit einem Gepäckabteil gute Erfolge, aber sie waren für Nebenbahnen schlicht zu gross geraten. So umfangreiche Gepäckabteile wurden einfach nicht mehr benötigt, denn die Leute reisten mit weniger Gepäck. Daher entschied man sich für einen Triebwagen mit Personenabteil. Dabei sollte jedoch nur ein Abteil dritter Wagenklasse vorgesehen werden.

Der Triebwagen sollte zudem auf zwei Drehgestellen abgestützt werden und keine Laufachsen besitzen. Dazu sah man ein Modell mit der Bezeichnung Ce 4/4 vor. Gerade die Erfahrungen mit der neuen Lokomotive Ae 4/4 zeigten, dass man bei Triebwagen auf Laufachsen verzichten konnte. Dafür sprach, dass diese Triebwagen wesentlich geringere Leistungen hatten, und so leichter wurden. Die maximale Achslast sollte dabei mit Rücksicht auf die BN 16 Tonnen nicht übersteigen.

Soweit waren die Forderungen des Pflichtenheftes noch leicht umzusetzen. Die BLS-Gruppe erwartete für den Triebwagen jedoch eine Stundenleistung von 2‘000 PS. Dieser Wert hatte man bisher in Europa bei Triebwagen noch nicht eingebaut. Bei der BLS erachtete man die halbe Leistung der Ae 4/4 bei einem Triebwagen als durchaus möglich. Als Vergleich sei hier die Re 4/4 der schweizerischen Bundesbahnen SBB erwähnt, die mit 2‘500 PS eine kaum höhere Leistung besass.

Mit dieser Leistung sollte der Triebwagen in der Lage sein, auf Steigungen von bis zu 27 ‰ eine Anhängelast von 200 Tonnen zu befördern. Bis zu Steigungen von 18 ‰ war eine Last von bis zu 300 Tonnen zu befördern. Die massgebende Geschwindigkeit lag dabei bei 75 km/h. Damit war klar, die Triebwagen sollten sowohl am Lötschberg, als auch in den Steigungen des Jura eingesetzt werden können und dabei auch recht umfangreiche Züge ziehen können.

Die Höchstgeschwindigkeit für den Triebwagen wurde auf 110 km/h festgesetzt. Diese Geschwindigkeit war für Reisezüge der damaligen Zeit auf der BN noch nicht üblich und die Erfahrungen mit den Ae 4/4 zeigten, dass man sich bei der BLS noch nicht mit der schnellen Zugreihe R anlegen wollte. Daher wurde keine entsprechende Zulassung verlangt, denn die Zugreihe R war etwas, was nur bei den schweizerischen Bundesbahnen SBB verwendet wurde und das die BLS nicht sonderlich interessierte.

Daher auch die 110 km/h Höchstgeschwindigkeit. Schnellere Fahrzeuge mussten über die Zulassung zur Zugreihe R verfügen. Erst Jahre später wurde die Geschwindigkeit für nicht nach R-Reihe verkehrende Fahrzeuge angehoben. Der Ce 4/4 fuhr 110 km/h oder hätte zum RCe 4/4 mit Zulassung zur Zugreihe R mutiert. So blieb es bei dieser Höchstgeschwindigkeit, auch wenn der Triebwagen nach Zugreihe R hätte verkehren können.

Damit hätten wir eigentlich bereits die wichtigsten Punkte des Pflichtenheftes erwähnt. Die genaue Anzahl der Sitzplätze, die Wahl der Steuerung oder gar eine Vielfachsteuerung wurden nicht speziell erwähnt. Die BLS-Gruppe forderte daher einfach ein neues Triebfahrzeug für die Strecke der BN. Die Details sollten anschliessend mit den Lieferanten ausgehandelt werden. So erwartete man eine grosse Auswahl von Angeboten.

Aus den eingereichten Vorschlägen entschied sich die BLS-Gruppe schliesslich für eine Studie, die von der Schweizerischen Industriegesellschaft SIG in Neuhausen und von der Société Anonyme des Ateliers de Sécheron SAAS Genève erstellt wurde. Die grosse Auswahl hatte die BLS dabei jedoch nicht, denn viele Hersteller sahen solche Stundenleistungen bei Triebwagen nicht als möglich an. So gaben sie schlicht kein Angebot ab oder schlugen Lokomotiven vor.

Der mechanische Teil sollte dabei in Neuhausen am Rheinfall gefertigt werden. Die SIG war bisher beim Bau von Wagen führend und hatte viele leichte Wagen an die schweizerischen Bundesbahnen SBB liefern können. Diese Erfahrungen sollten in den neuen Triebwagen einfliessen. Dabei sah man zwei Türen über den Drehgestellen pro Seite vor und grosszügige Abteile in der dritten Wagenklasse. Abgeleitet wurden diese Ideen von den Leichtstahlwagen der SBB.

Die SAAS sollte den elektrischen Teil einbauen und daher im vorhandenen Platz eine Leistung von 1'470 kW oder 2'000 PS installieren. Zudem sollte die Endmontage des Fahrzeuges in Genève erfolgen. Das bedeute auch, dass die ersten Fahrversuche auf Stecken der SBB stattfinden sollten. Mit der SAAS hatte die BLS zudem ihren Hauptlieferanten für die elektrische Ausrüstung der Triebwagen an Bord und konnte so von den bisher gemachten Erfahrungen profitieren.

Die BLS-Gruppe bestellte daher vorerst zwei Triebwagen dieser Baureihe Ce 4/4 und hatte somit in ihrem Bestand bereits zwei Serien von Fahrzeuge mit dieser Bezeichnung. Diese neuen Triebwagen sollten auf der Bahnlinie zwischen Bern und Neuchâtel die alten Triebwagen ablösen und so für neuen Schwung im Verkehr von Bern aus in Richtung Jura und Paris ermöglichen. Den Triebwagen wurden dabei die Nummern 761 und 762 zugewiesen.

Die Unterscheidung der Triebwagen erfolgte bei der BLS-Gruppe ausschliesslich über die Nummern der einzelnen Fahrzeuge. Es gab somit keinen Ce 4/4 II, der die Unterscheidung aufgezeigt hätte. Diese Indexe verwendet man bisher auch um die einzelnen Hersteller zu unterscheiden. Die schweizerischen Bundesbahnen SBB führten diese neue Auslegung erst mit der dritten Re 4/4 aus, denn auch bei den Re 4/4 I unterschied man die unterschiedliche Ausführungen mit der Nummer.

Drei Jahre später bestellte die BLS-Gruppe bei den beiden Herstellern einen weiteren Triebwagen Ce 4/4 für die Gürbetalbahn. Obwohl der Triebwagen eine gleich lautende Bezeichnung erhalten hatte, handelte es sich um einen verbesserten und leichteren Triebwagen. Damit wurde der Triebwagen vier Tonnen leichter und konnte nun auch die bescheidenen Achslasten auf der GBS einhalten.

Die Nummer für das Fahrzeug der GBS wurde mit 763 anschliessend zu den Triebwagen der BN gewählt. Damit war klar, dass die BN keine solchen Triebwagen mehr bekommen werden würden. Die BLS-Gruppe hatte damit begonnen, den Oberbau der mitbetriebenen Bahnen zu verstärken. So sollten auf diesen Strecken vor den schweren Zügen vermehrt moderne Lokomotiven verwendet werden. Die Hochleistungstriebwagen der BLS hatten aber trotzdem einen durchschlagenden Erfolg.

So bestellten andere Privatbahnen, namentlich die SOB ähnliche Triebwagen für ihre Steilstrecke. Die grösste Serie ähnlich aufgebauter Triebwagen beschafften jedoch die schweizerischen Bundesbahnen SBB. Die dort abgelieferten RBe 4/4 hatten ähnliche Eckdaten, wie der hier beschriebene Triebwagen, waren aber an die Bedürfnisse der SBB angepasst worden. Daher war die nahe Verwandtschaft in der Bezeichnung RBe 4/4 nicht so deutlich zu erkennen wie das optisch der Fall war.

 

 

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