Betriebseinsatz SBB

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Nachdem sich die beiden Lokomotiven zehn Jahre bei der Maschinenfabrik Oerlikon in einem Schlummerschlaf befunden hatten, kam es zu einer Situation, die dafür sorgte, dass der Staubwedel genommen wurde. Die abgestellten und seit Jahren nicht mehr bewegten Lokomotiven sollten für einen weiteren Einsatz vorbereitet werden. Grund dafür war, die eingesetzte Euphorie bei der Elektrifizierung der Strecken in der Schweiz.

Insbesondere die Schweizerischen Bundesbahnen SBB waren hier an erster Stelle. Man hatte sich dazu entschlossen, die Strecke über den Gotthard mit Wechselstrom zu versorgen. Das war ein folgenschwerer Entscheid, denn bekanntlich fuhr damals die Staatsbahn im Wallis mit Drehstrom auf einem immer grösser werdenden Netz. Der Vorteil von Wechselstrom, lies erkennen, dass der Drehstrom früher oder später verschwinden sollte.

Mit dem Fahrdraht war es nicht getan, es mussten neue Maschinen entwickelt und erprobt werden. Das erfolgte noch bevor es einen Meter Fahrdraht am Gotthard gab. Für die erforderlichen Tests hatte man in der Schweiz bekanntlich die Strecke über den Lötschberg. Die war vergleichbar, aber von Bern aus nur mit Dampflokomotiven zu erreichen. Das Depot Bern sollte jedoch den Unterhalt vornehmen und daher lohnte sich eine andere Lösung.

Noch vor dem Gotthard sollte daher die Strecke zwischen Bern und Thun mit einer Fahrleitung versehen werden. Dies erfolgte zudem vor der Auslieferung der ersten Loko-motiven. Damit stand die Leitung ab dem 07. Juli 1919 bereit.

Es konnte an die Erprobung gegangen werden. Nur, so leicht war das gar nicht, denn es fehlten elektrische Trieb-fahrzeuge, die auch einen guten Teil der fahrplanmässigen Züge übernehmen konnten.

Aus diesem Grund benötigte man sehr schnell Maschinen, die eingesetzt werden konnten. Die Hersteller bemühten sich schnell passende Exoten beizusteuern. Dabei waren es oft Maschinen, die anderweitig erprobt wurden und nun nicht mehr benötigt wurden.

Ich will hier kurz zwei Modelle vorstellen, die wahrlich zu Exoten im Bestand der Schweizerischen Bundesbahnen SBB werden sollten. Auch wenn es zum Teil gute Erprob-ungsträger sein sollten.

Von der Firma BBC in Münchenstein stammte die Ma-schinen Fb 2/5. Diese wurde in Fachkreisen auch als MIDI-Lokomotive bekannt. Der Grund war, dass sie ursprünglich auf der entsprechenden Strecke mit 11 000 Volt eingesetzt werden sollte. In der Not passte man diese Maschine an und fand zuerst bei der BLS und später bei den Staatsbahnen einen guten Abnehmer, für diese nicht ganz gelungene Maschine mit weniger Triebachsen, als man meinen könnte.

Ein weiterer Exot sollte die Fc 2x 3/3 von Siemens sein. Obwohl man sich dort keinen Auftrag erhoffen konnte, wurde die Maschine in die Schweiz überstellt. Sie war ursprünglich für die Erzbahn zwischen Kiruna und Narvik gebaut worden, konnte jedoch wegen dem Krieg nicht ausgeliefert werden. Damit konnte sie nun in die Schweiz überstellt werden. Dort sollte sie den nicht gerade schmeichelhaften Namen «Röthenbachsäge» bekommen.

Verfügbar waren zu jener Zeit bei der MFO lediglich die zwei Exem-plare aus dem Versuchsbetrieb. Diese wurden seinerzeit abgestellt und sie passten zum System mit Wechselstrom.

Mit der bescheidenen Leistung hätten sie für den Rangierdienst und die Bespannung von leichten Zügen genutzt werden können. Unter den vorher vorgestellten Exoten aus der halben Welt, reihten sich die alten Maschinen aus Oerlikon ganz gut ein.

Die Maschinen konnten nach leichten Anpassungen leichte Aufgaben übernehmen und so zum Beispiel im Personenverkehr eingesetzt werden. Die beiden Lokomotiven, die vermutlich immer noch im Raum Seebach waren, wurden in der Folge an die Schweizerischen Bundesbahnen SBB verkauft.

Dabei darf man nicht vergessen, dass in den Hallen der MFO die ersten Maschinen der Baureihe Fc 2x 3/4 gebaut wurden. Bekannt werden sollten diese als «Krokodil».

Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB richteten die beiden Loko-motiven soweit nötig für den vorgesehenen Streckendienst her. Dazu wurden auf dem Dach die alten Stromabnehmer entfernt und ein neueres zu verbauten Fahrleitung passendes Modell aufgesetzt.

Die ehemalige MFO 2 wurde dabei im elektrischen Teil zusätzlich noch an die Schwester angepasst. So sollten von der elektrischen Seite her zwei identische Maschinen entstehen. Nicht verwendet wurden die alten Petrollampen.

Erstmals bekamen die beiden Lokomotiven ein Steuerstromnetz, Batterien und elektrisches Licht. Diese Beleuchtung hatte sich mittlerweile bei elektrischen Lokomotiven durchgesetzt und daher wurden auch die alten Maschinen damit versehen. Das nun vorhandenen Bordnetz erlaubte auch leichte Anpassungen bei der Steuerung der Fahrstufen. Man kann fast behaupten, dass es eine leichte Modernisierung war.

Die beiden doch nun schon rund 15 Jahre alten Lokomotiven kamen am 30. Juli 1919 mit der Bezeichnung Fc 2x 2/2 und den Nummern 12 101 (MFO 1) und 12 102 (MFO 2) zu den Schwei-zerischen Bundesbahnen SBB und damit wieder in Betrieb.

Speziell war dabei eigentlich nur, dass dies acht Tage nach der Auslieferung der Lokomotive mit der Bezeichnung Fc 2x 3/4 durch die Firma BBC erfolg-te. Nur, konnte man auch diese alten Lokomotiven gebrauchen.

Gerade mit den beiden Maschinen der MFO erkennen wir, wie viel Aufwand damals betrieben wurde um möglichst schnell elektrische Lokomotiven für 15 000 Volt und 16 2/3 Hertz zu bekommen. Damit wurden diese beiden Lokomotiven jedoch teilweise von den ersten Prototypen für die Staatsbahnen überrannt. Doch nun hatte man die Möglichkeit den Betrieb auf der Strecke elektrisch durchzuführen und das war letztlich das Ziel.

Die beiden Lokomotiven wurden logischerweise dem Depot Bern zugeteilt und kamen bereits vor dem offiziellen Übernahmedatum in Betrieb. Bern war damals das einzige Depot der Schweizerischen Bundesbahnen SBB, das mit einer Fahrleitung versehen worden war. Mit Ausnahme der erwähnten Strecke nach Thun, sollte sich Bern jedoch bei der Fahrleitung etwas gedulden müssen, denn in der Hauptstadt wurden lediglich die Maschinen für den Gotthard erprobt.

Bis zur Aufnahme des offiziellen Betriebs auf der Strecke wurden die Lokomotiven zwischen Wylerfeld und Thun für Schulungen und Probefahrten genutzt. Die beiden Maschinen leisteten somit erneut Pionierarbeit, wobei es jetzt um das Personal der Schweizerischen Bundesbahnen SBB ging. Sie müssen sich vorstellen, dass dieses bisher lediglich Dampflokomotiven kannte und damit wusste umzugehen. Jedoch kamen nun Spannungen und Ströme in den Führerstand.

Mit Aufnahme des fahrplanmässigen elektrischen Betriebs zwischen Bern und Thun beförderten die beiden alten Lokomotiven leichte Personenzüge und besorgten gelegentlich auch den Rangierdienst. Für Schnell- und Güterzüge reichten ihre Leistungen jedoch schlicht nicht mehr aus. Dazu waren die Prototypen der neueren Generation und die abgelieferten ersten gigantischen Lokomotiven für den Gotthard verantwortlich.

Hier lohnt sich ein Vergleich. Die beiden Maschinen der MFO hatten eine Leistung von je 257 kW erhal-ten.

Bei der Maschinen-fabrik Oerlikon wur-de zu jener Zeit die erste Maschine der Reihe Fc 2x 3/4 «Krokodil» gebaut.

Diese später als Ce 6/8 II bezeichnete Maschine, hatte eine Leistung von 1 650 kW. Alleine ein Motor der neuen Maschinen leistete bereits mehr, als die ganze Lokomotive aus dem Versuchsbetrieb. Damit erkennen wir deutlich die damals gemachten Fortschritte.

Die beiden Lokomotiven brachten es im Jahre 1919 auf eine beachtliche Laufleistung von je 18 000 km. Dieser Wert zeigt deutlich, wie intensiv diese alten Maschinen eingesetzt wurden. Sie funktionierten im Gegensatz zu den anderen Exoten sehr zuverlässig und sie konnten sich daher für eine kurze Zeit in Szene setzen. Es war klar, lange wird das nicht so weitergehen können, denn es wurden neue Lokomotiven erwartet.

Das war es daher auch schon, denn jetzt kamen die fabrikneuen Baureihen Fb 2x 2/3 (Be 4/6) und Fc 2x 3/4 (Ce 6/8 II) in Betrieb. Dabei war bereits bei der Ablieferung klar, dass es nicht bei diesen beiden Maschinen bleiben würde, denn die ersten Serien wurden bestellt und sie sollten sich in Bern ausbreiten, bis am Gotthard endlich umgestellt werden konnte. Mehr oder weniger wurde gewartet, bis dort der Schalter umgelegt wurde.

Die für den Gotthard bestimmten Lokomotiven lösten daher die Maschinen aus dem Versuchsbetrieb ab. Das «Marieli» (12 101) und der «Karli» (12 102), wie die beiden Veteranen liebevoll genannt wurden, mussten das Feld den neuen stärkeren Lokomotiven räumen. Die Urahnen hatten vorerst keine geregelte Arbeit mehr und verdienten sich ihr Gnadenbrot im Rangierdienst. Wobei dort auch nicht die grossen Arbeiten anstehen sollten.

Man konnte jedoch mit den alten Maschinen wertvolle Erkenntnisse sammeln und es waren die beiden Lokomotiven der MFO, die erneut dafür sorgen sollten, dass es zu einem weiteren Rekord kommen sollte.

Abgeschlossen wurde die Elektrifikation der Schweiz erst, als nahezu 100% unter Fahrdraht waren. Den grössten Schritt dazu schufen die beiden hier vorgestellten Lokomotiven aus dem Hause MFO, auch wenn man dort nun ein «Krokodil» gebaut hatte.

Die beiden Maschinen wurden im Jahr 1920 erneut mit einer neuen Bezeichnung versehen. Die bisher geführte Lösung war nicht durchdacht worden. Nun war aber klar, dass die elektrischen Lokomotiven nicht mehr zu den Exoten gehörten und daher wurde bei diesen eine neue Lösung eingeführt. In der Folge sollte es zu einer einfacheren Lesbarkeit kommen, denn aus den beiden bisherigen Fc 2x 2/2 wurden nun die beiden Ce 4/4.

Neu wurden auch die Nummern. Für die elektrischen Lokomotiven wurden neue Muster verwendet. Dabei wurde die zweite Ziffer der neuen fünfstelligen Nummer verändert. Bei den beiden Maschinen hatte diese Massnahme jedoch auch Auswirkungen auf die ganze Nummer. Daher wurden sie nun mit 13 501 und 13 502 versehen. Dabei blieben jedoch die Endziffern erhalten, so dass wir die Maschinen immer noch unterscheiden können.

Ihre jährlichen Leistungen sanken jedoch auf rund 1 000 Kilometer. Daran änderte auch das Jahr 1921 nichts mehr. Die Lokomotiven waren bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB nur noch als Rangierlokomotiven zu gebrauchen. Die Leistung reichte einfach nicht mehr für höherwertige Aufgaben. Dort setzte man nun die Reihen Be 4/6 und Ce 6/8 II ein. Schliesslich hatte man davon genug Maschinen im Bestand.

Lange ruhig bleiben sollte es in Bern jedoch nicht mehr. Am Gotthard waren die Arbeiten abgeschlossen worden und so konnten die neuen Lokomotiven an diese Strecke verschoben werden.

Im Schlepp einer Dampflokomotive A 3/5 traten die Be 4/6 und Ce 6/8 II den langen Weg nach Erstfeld an. Im Schlepptau dieser Maschinen befanden sich auch die beiden Veteranen. Oft waren diese sogar noch älter, als die Dampflokomotive, die den Zug zog.

Die Lokomotiven wurden nach Biasca versetzt und ka-men somit erstmals in ihrem Leben an den Gotthard. Eine Strecke, für die sie nie gebaut worden waren.

Sie sollten dort auch nicht eingesetzt werden, denn am Gotthard wurde nun auch elektrisch rangiert und dazu waren die Lokomotiven geeignet.

Man konnte bei der Staatsbahn noch etwas warten, bis man die eigentlichen elektrischen Rangierlokomo-tiven beschaffte.

In Biasca wurden sie deshalb als Rangierlokomotiven eingesetzt. Für diesen Einsatz reichte die Leistung der beiden Maschinen immer noch aus.

Obwohl die beiden Lokomotiven nicht über mangelnde Arbeit klagen konnten, machten sie so keine Kilometer. Im Rangierdienst kann man keine grossen Distanzen zurücklegen, denn viel Arbeit erfolgte lediglich mit kurzen Fahrten über eine Weiche und zurück. Das wirkt sich auf den Zähler nicht gross aus.

Nur lange sollten die Maschinen nicht im Tessin bleiben, denn bereits ein Jahr später änderte man den Plan für die Lokomotiven erneut. Dabei ging man rigoros vor und die beiden Schwestern, die seit 1905 immer zusammen eingesetzt wurden, sollten nun getrennt werden. Es gab für den Rangierdienst bessere Bahnhöfe als das Biasca war, auch wenn dort wirklich schwere Züge zerlegt werden mussten. Doch gerade da war einfach zu wenig Kraft vorhanden.

1923 trennte man diese beiden Maschinen daher erstmals. Die 13 501 kam wieder in die deutschsprachige Schweiz und somit nach Erstfeld. Dort sollte sie dann bis in das Jahr 1938 im Rangierdienst eingesetzt wurde. Sie hatte daher ein paar ruhigere Jahre vor sich. Auch wenn Erstfeld bedeutete, dass man sich auch in Altdorf und Flüelen verdingen musste. Das ergab jedoch eine leichtere Steigerung bei der jährlichen Leistung.

Zu der Lokomotive von 1904 gesellten sich in Erst-feld noch die beiden Prototypen einer eigentlichen Rangierlokomotive. Nur hatten diese bereits mehr Leistung erhalten als die 13 501.

Die 20 Jahre alte Lokomotive zeigte erstmals ihre Schwächen. Nur 1904 wurde sie schlicht nicht für einen solchen Einsatz gebaut und nur die Not brachte diese Maschine in den Rangierdienst auf der Gotthardbahn, ein Widerspruch in sich.

Die 13 502 wurde durch die Schweizerischen Bun-desbahnen SBB erneut umgebaut und erhielt einen Transformator, der auch mit 5 500 Volt betrieben werden konnte.

Dieser Umbau war nötig, weil die Lokomotive im Seetal aushelfen sollte und dort damals war noch eine andere Spannung und eine andere Frequenz von 25 Hertz vorhanden. Damit mutierte diese Maschine zu einer Lokomotive für zwei Spannungen und zwei Frequenzen.

Aus der ersten Lokomotive mit Motoren für Wechselstrom und einer Spannung von 15 000 Volt weltweit, wurde nun eine der ersten Zweifrequenzmaschinen der Schweiz. Seinerzeit hätte lediglich die Schwester (13 501) in der Zeit mit Umformer mit zwei unterschiedlichen Spannungen betrieben werden können. An einen solchen Einsatz dachte damals jedoch niemand. Nur jetzt war die Nummer 2 an der Reihe mit zwei Systemen.

Stationiert wurde die Nummer 13 502 deshalb in Luzern und wurde ab dort im Seetal eingesetzt. Die gefahrenen Leistungen stiegen damit etwas an. Nur, das Seetal war eigentlich auch nicht für diese Maschine geeignet. Jedoch halfen die alten Maschinen erneut in der Not, denn die Umstellung des Seetals auf das normale System war keine so leichte Aufgabe, wie man meinen könnte und da war die MFO 2 durchaus ideal geeignet.

Als sie auch im Seetal nicht mehr genutzt werden konnte, kam die Lokomotive wieder zu ihrer Schwester und somit auch nach Erstfeld. Dort verwendete man die Maschine ab September 1929 unter anderem auch zum Schweissen von Schienen. Sie erreichte dabei wieder jährliche Leistungen von 10 000 Kilometer, was mehr als das Doppelte der 13 501, die ausschliesslich in Erstfeld rangierte, war. Sie kam wirklich etwas herum.

Es kamen nun ein paar ruhige Jahre, wo die beiden ungleichen Schwestern Rangieraufgaben in Erstfeld, Airolo und Altdorf übernahmen. Erst 1938 änderte sich das wieder, dafür grundsätzlich. Neue Rangierlokomotiven der Baureihe Ee 3/3 sorgten dafür, dass man auf die ältesten Lokomotiven verzichten konnte. Das waren nun aber nicht mehr nur Dampflokomotiven, sondern die beiden Maschinen mit Baujahr 1904 und 1905.

Die beiden Lokomotiven aus dem Versuchsbetrieb gingen nun komplett getrennte Wege. Einzige Gemeinsamkeit war, dass Sie von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB letztlich verkauft wurden. Wobei das bei der 13 502 in mehreren Schritten erfolgte. Letztlich endete somit der Betriebseinsatz der beiden Lokomotiven mit dem Verkauf an andere Bahngesellschaften. Nur war die Geschichte der beiden Maschinen nicht fertig geschrieben.

 

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