Traktionsstromkreis

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Gemäss dem Pflichtenheft verlangten die Schweizerischen Bundesbahnen SBB eine Ausrüstung mit zwei Stromsystemen. Das war der im eigenen Land verwendete Wechselstrom von 15 000 Volt und 16.7 Hertz. Zusätzlich musste aber auch das in Italien verwendete System mit Gleichstrom von 3 000 Volt vorhanden sein. Zwei Stromsysteme, die für die moderne Umrichtertechnik nicht so einfach zu erstellen ist, wie man meinen könnte.

Lokomotiven für Wechselstrom kamen mit zwei Systemen auf den Markt und dabei war das bereits bei der Reihe Re 482 bekannt. Wenn man aber ein Teil für Gleichstrom einbaut, dann ergibt sich auto-matisch die Kombination der beiden Spannungen.

So kam es, dass es sich bei der für den Verkehr mit Italien gebauten Maschine um eine Mehrsystemloko-motive handelte. Es wurden einfach nur die ver-langten Spannungen frei geschaltet.

Die Spannung der Fahrleitung wurde auch bei dieser Lokomotive mit der Hilfe eines auf dem Dach mon-tierten Stromabnehmers übertragen. Dabei musste von den vier Exemplaren nur einer der Bügel gehoben werden.

Den Grund dafür werden wir noch erfahren, denn er beschränkte sich auf die Schleifstücke. Der Unterbau war bei allen vier Exemplaren identisch aufgebaut worden und wir können uns auf einen davon beschränken.

Es wurden Einholmstromabnehmer der Bauart SBS 2T verbaut. Diese wurden über den beiden Dreh-gestellen montiert und waren so ausgerichtet wor-den, dass die Schleifleisten so genau, wie nur mög-lich über den Drehpunkt zu liegen kamen. So war nur für vier Stromabnehmer Platz vorhanden. Um bei diesem Stromabnehmer den Bügel zu heben, musste Druckluft mit einen Druck von 3.5 bar zugeführt werden.

Die Druckluft hob dabei die Kraft der Senkfeder auf. Dadurch konnte die Hubfeder den Bügel heben und das tat sie, bis der Stromabnehmer auf ein Hindernis traf. Fehlte dieses strecke sich der Bügel durch und konnte nur noch mit Hilfe gesenkt werden. In der Regel wurde für das Absenken einfach die Druckluft entfernt und die Senkfeder sorgte dafür, dass der Bügel abgelegt wurde und dort auch liegen blieb.

Mit den beiden Federn konnte der Anpressdruck eingestellt werden. So konnte man den Stromabnehmer optimal an die jeweiligen Vorschriften anpassen. Trotzdem mussten die Toler-anzen der einzelnen Länder ausgenutzt werden.

Bevor wir genauer hinsehen, betrachten wir noch die Schutz-vorgehrungen, denn Schäden an den Stromabnehmer führten oft zu grösseren Beschädigungen an der betroffenen Fahrleitung.

Traf ein Hindernis auf den gehobenen Stromabnehmer sprach der Schlagschutz an. In diesem Fall wurde die Druckluft über ein Schnellsenkventil entlassen und mit dem Bügel eine Notabsenkung vorgenommen.

Als direkte Folge davon konnte der Stromabnehmer nicht mehr gehoben werden. Das war auch der Fall, wenn wegen einem Bruch die Schleifleistenüberwachung ansprach. Damit sind wir aber bei den Schleifstücken.

Auf jedem Bügel wurde eine Wippe montiert. Diese war beweg-lich und in ihr wurden die beiden Schleifleisten und die seitlichen Notlaufhörner montiert. Um einen guten Kontakt mit der Fahrleitung zu erhalten, waren die beiden verbauten Schleifleisten gefedert eingebaut worden. So war in jedem Fall auch bei einem Stromabnehmer ein sehr guter Kontakt vorhanden, was gerade hier von grosser Wichtigkeit war.

Deutliche Unterschiede gab es nur bei den Schleifleisten. Diese wurden den jeweiligen Ländern angepasst und unterschieden sich daher bei der Bestückung und der Breite. Bei den drei hier vorgestellten Varianten gab mehrere Kombinationen, die wir uns ansehen müssen. Um den Umfang etwas zu reduzieren, habe ich die breiten und die Beschaffenheit der Schleifleisten in einer Tabelle zusammen gefasst.

 

Version

Panto 1 Panto 2 Panto 3 Panto 4
Variante E 1‘450 (SBB) 1‘450 (FS) 1‘950 (NS) 1‘950 (DB)
Kohle Kupfer Kupfer Kohle
Variante D 1‘450 (SBB) 1‘450 (FS) 1‘950 (NS) 1‘950 (DB)
Kohle Kupfer Kupfer Kohle
Variante F (Re 474) 1‘450 (SBB) 1‘450 (FS) 1‘450 (FS) 1‘450 (SBB)
Kohle Kupfer Kupfer Kohle

 

In der Tabelle nicht ersichtlich war, dass die Schleifleisten aus Kupfer mit einer Schmierung versehen wurden. Diese sollte die Reibung zur ebenfalls aus Kupfer bestehenden Fahrleitung verringern. Bei Kohle war dies nicht erforderlich, weil diese weicher war und so die Fahrleitung geschützt wurde. Auch wenn es bei der Reihe Re 474 jeweils einen Ersatz gab. Die gleichen Breiten konnten in jedem System für kurze Strecken verwendet werden.

Wichtig war jedoch, dass die beiden äusseren Stromabnehmer normalerweise für Wechselstrom genutzt wurden. Die beiden inneren Stromabnehmer waren dem Gleichstrom vorbehalten.

Damit konnte man die identischen Stromabnehmer auf dem Dach mit den einfachen Dachleitungen verbinden. Je nach Konfiguration der Lokomotive war die Dachleitung anders aufgebaut und die Bügel zum Teil anders ver-bunden worden.

Dabei gab es bei der Lokomotive nun zwei unterschiedliche Strompfade, die wir getrennt ansehen müssen. Beginnen will ich mit den äusseren Stromabnehmern und somit mit den Spannungen bei Wechselstrom.

Die Spannung aus der Fahrleitung konnte sowohl 15 000 Volt und 16,7 Hz, als auch 25 000 Volt und 50 Hertz betragen. Diese Spannungen wurden in der Dachleitung für Wechselstrom dem Dachtrenner zugeführt.

Dieser Dachtrenner war nur geöffnet, wenn die Lokomotive unter Gleich-strom eingesetzt wurde. Es war einfach eine Schutzfunktion, die benötigt wurde, wenn mit dem Bügel für Wechselstrom die abweichende Spannung befahren wurde. Zudem konnte mit diesem Trenner auch die elektrische Aus-rüstung auf dem Dach zur Erde geschaltet werden. Die Nutzung war daher abhängig von der Konfiguration der Lokomotive.

Nach dem Dachtrenner wurde die Wechselspannung dem Oberstromwandler und dem Hauptschalter zugeführt. Beim Hauptschalter handelte es sich um einen neuen Vakuumhauptschalter. Der Lichtbogen konnte im Vakuum nicht entstehen und die Druckluft mit einem Wert von fünf bar wurde nur für die eigentliche Schaltung benötigt. Die bisher vorhandenen hohen Luftdrücke waren nicht mehr erforderlich, da kein Gebläse vorhanden war.

Parallel zum Hauptschalter war dann noch der Erdungsschalter eingebaut worden. Er wurde manuell geschlossen und sorgte dafür, dass die gesamte Hochspannung mit der Erde verbunden wurde.

Im Normalfall erfolgte diese Verbindung mit der Primärspule des Trans-formators und dazu musste die Spannung mit einem Kabel unter das Fahrzeug geführt werden. Dort war das schwere Bauteil einfach an der Lokomotiv-brücke aufgehängt worden.

Die Primärwicklung war auf der anderen Seite mit den an den Achsen ange-brachten Erdungsbürsten und somit mit den Schienen verbunden. Anzapfungen gab es in dieser Wicklung schlicht keine.

Auch die unterschiedlichen Spannungen wurden hier nicht berücksichtigt. Mit der Spule wurde im Eisenkern nur ein Magnetfeld erzeugt. In diesem war der magnetische Fluss je nach Frequenz unterschiedlich gross.

Durch das Magnetfeld wurde in den vier Sekundärspulen eine Spannung erzeugt. Der hier vorhandene Wert war je nach der Fahrleitungsspannung unterschiedlich hoch.

Das spielte jedoch keine so grosse Rolle, da die Spulen direkt mit dem Stromrichter verbunden wurden. Hier wurden IGBT-Stromrichter verwendet, die in der nun betrachteten Schaltung aus dem Wechselstrom als Gleichrichter einen Gleichstrom erzeugten.

Damit sind wir beim Zwischenkreis angelangt und mit der nun vorhandenen Spannung kehren wir wieder auf das Dach der Lokomotive zurück, denn nun steht der primäre Stromkreis für Gleichstrom auf dem Programm. Bei diesem wurde der Dachtrenner so geschaltet, dass die Spannung aus der Fahrleitung dem Pfad für den Gleichstrom zugeführt wurde. Ein Stromwandler besorgte die Erkennung und die Anzeige.

Bei Fahrten mit Gleichstrom konnte man eine andere Lös-ung für den Hauptschalter wählen. An Stelle des Vakuum-hauptschaltern wurde nun ein Leistungsschalter benutzt. Bei diesem wurde der Lichtbogen in einer magnetischen Funklöschkammer abgebaut.

Es waren so die gleichen Effekte vorhanden und der Grund für diese Lösung war, dass diese Gleichstromschnell-schalter nicht für die hohen Spannungen bei Wechselstrom geeignet waren.

Auch hier war natürlich ein Erdungsschalter zum Schalten der Anlage gegen Erde vorhanden. Die Spannung wurden nun aber ohne weitere Aufbereitung dem Umrichter und dort dem Zwischenkreis zugeführt.

Die Unterschiede der beiden Spannungen wurden mit der Beschaltung der beiden Zwischenkreise korrigiert, so dass wir nun einen Punkt haben, bei dem unabhängig von der Fahrleitung die nahezu gleiche Spannung vorlag.

Diesen Punkt können Sie sich merken, denn bei der Vorstellung der Neben- und Hilfsbetriebe werden wir wieder an diesen Punkt zurück kehren. Wir wollen nun aber den Stromkreis für die verbauten Fahrmotoren und damit den eigentlichen Traktionsstromkreis ansehen. Dabei wurde für jeden Motor ein eigener Stromrichter verwendet. Auch hier kamen die bekannten IGBT-Transistoren für die Schaltungen zur Anwendung.

Daher haben wir einen vollwertigen Umrichter mit offenem Zwischenkreis erhalten. Bei Fahrten unter Gleichstrom war einfach nur der nun als Wechselrichter geschaltete Teil aktiv. Nach dem Stromrichter haben wir einen Drehstrom erhalten, der sowohl in der Frequenz, als auch in der Spannung verändert werden konnte. Eine für die Fahrmotoren ideal Spannung, die nicht mehr weiter aufbereitet werden musste.

Bei den Fahrmotoren handelte es sich um Asynchronmo-toren vom Typ 2KF 2822. Jeder dieser Drehstrommotoren konnte eine maximale Leistung von 1 633 kW erzeugen. Auf die Lokomotive hoch gerechnet, war bei den Motoren eine Leistung von 6 532 kW vorhanden.

Damit wurde der Wert der Lokomotive durch den Um-richter beschränkt und dabei gab es bei Fahrten mit Gleichstrom Reduktionen bei der Leistung.

Wichtiger waren bei einer Lokomotive jedoch die Werte für die Zugkraft. Es war eine maximale Anfahrzugkraft von 300 kN vorhanden. Diese war für ein Modell mit vier Triebachsen alleine durch das Adhäsionsverhalten vorge-geben worden.

Auch wenn wir hier eine schwere Baureihe haben, eine spürbar höhere Zugkraft war nur mit mehr Triebachsen möglich. Jedoch sank die Zugkraft mit zunehmender Geschwindigkeit leicht ab.

Erreicht wurde die Leistungsgrenze bei einer Geschwin-digkeit von 84 km/h. Jetzt konnte noch eine Zugkraft von 270 kN abgegeben werden, was immer noch ein hoher Wert war.

Die nun abgegebene Leistung betrug 6 400 kW. Im Ver-gleich dazu wurde bei der Reihe Re 484 die Leistungsgrenze bei geringerer Geschwindigkeit erreicht. Es war also nur noch eine Frage davon, wann sich die Zugkraft merklich zu reduzieren begann.

Bei Drehstromfahrmotoren besteht die Eigenschaft, dass diese kippten, wenn die Drehzahl höher war, als dies durch das Drehfeld vorgegeben war. In dem Fall wurde aus den Motoren normale Generatoren. Dieses Effekt nutzt man um die Lokomotive mit einer elektrischen Bremse zu versehen. Dabei arbeitete diese jedoch in der direkten Abhängigkeit der Fahrleitung und wir müssen uns die Systeme getrennt ansehen.

Die von den vier Fahrmotoren erzeugte Spannung wurde bei Fahrten unter Wechselstrom dem Umrichter zugeführt. Dabei kippten die Stromrichter ebenfalls und es wurde eine zur Fahrleitung passende Spannung erzeugt.

Der Transformator sorgte noch für den richten Wert. Man hatte eine Nutz-strombremse hoher Leistung erhalten. Nur bei den verfügbaren Bremskräften gab es einen Unterschied bei den Konfigurationen.

Bei den Modellen nach dem Baumuster ES64F4 war die elektrische Bremskraft auf 150 kN beschränkt worden. Für die Modelle der Schweizerischen Bundes-bahnen SBB konnte jedoch eine Kraft von bis zu 300 kN abgerufen werden.

Die Beschränkung war nun aber durch die auf die Puffer wirkenden Kräfte und nicht mehr auf die Technik beschränkt worden und damit sind wir beim Gleichstrom, der andere Vorgaben hatte.

Wurde die Lokomotive unter Gleichstrom betrieben, funktionierte die verbaute Nutzstrombremse nicht immer optimal. Die Bremskraft war davon abhängig, was das Netz aufnehmen konnte.

War dieses gesättigt, konnte eine Nutzstrombremse schlicht ausfallen. Da im Betrieb jedoch mit dieser Bremse gerechnet wurde, war mit der Widerstandsbremse eine andere Lösung vorhanden, die gleichbleibende Kräfte erlaubte.

So konnte auch bei Fahrten unter Gleichspannung mit den Modellen der Baureihe ES64F4 eine Bremskraft von 150 kN erzeugt werden. Auch hier war bei den Modellen für SBB Cargo eine höhere Bremskraft erforderlich. Es wurden mit 200 kN aber nicht mehr die Werte erreicht, die bei Wechselstrom vorhanden waren. In dem Fall hatten die Lokomotiven aber eine ausgesprochen gute elektrische Bremse erhalten.

 

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