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Im Jahre 1948 begannen die Schweizerischen Bundesbahnen SBB damit,
ein für diese neu elektrifizierten
Nebenstrecken
passendes Fahrzeug zu bestimmen. Grundlage waren die 1947 erhobenen
Zahlen. Dabei erkannte man, dass sich auch mit der
Fahrleitung
der Verkehr nicht so entwickeln würde, dass sich
Lokomotiven
lohnen würden. Selbst mit modernsten Maschinen und neuen Regeln, wäre die
Produktion zu teuer gewesen.
So
war klar, nur ein
Triebwagen
konnte alle Bedingungen einer
Nebenlinie
erfüllen. Dabei sollte dieses neue Modell so viele Fahrzeuge, wie nur
möglich vereinen. Ein Mu-ster für die Ideen der Schweizerischen
Bundesbahnen SBB fand man in der Schweiz bereits bei den 1946/47
abgelieferten Triebwagen CFe 4/4 mit den Nummern 141 bis 145. Diese wurden
an die Vereinigten Huttwiler Bahnen VHB ausgeliefert und ermög-lichten
einen rationellen Betrieb. Das Fahrzeug vereinigte Lokomotive, Personen – und Gepäckwagen. Mit dem Abteil in dritter Wagenklasse war er ideal für Nebenstrecken, denn dort wurde selbst die zweite Wagenklasse nur selten geführt.
Sollte dies trotzdem der Fall sein, oder mehr Abteile benötigt
werden, konnten dank der ansprechenden
Leistung
auch ein oder zwei Wagen mitgegeben werden. Genau das war das ideale
Fahrzeug für die
Nebenlinien
der
Staatsbahnen.
Natürlich konnte der
Triebwagen
so nicht übernommen werden, denn das neue Fahr-zeug der Schweizerischen
Bundesbahnen SBB musste auch auf
Hauptstrecken
genügen. Das bedingte jedoch höhere Geschwindigkeiten und damit verbunden
auch eine höhere
Leistung.
Schliesslich sollte die
Zugkraft
auch auf der Hauptstrecke genutzt werden können. Es sollte ein
universelles Fahrzeug für den Einsatz auf
Nebenbahnen
gebaut werden.
Gerade bei der
Leistung
sah man noch die grössten Probleme, denn hohe Leistung benötigte damals
noch Platz, der in einem
Triebwagen
mit so vielen Aufgaben kaum vorhanden war. Zudem erhöhte sich dadurch auch
das Gewicht, das geringgehalten werden sollte, denn so hätte man sich die
schnelle Verstärkung des
Oberbaus
ersparen können. Diese Umbauten wären zwar nötig, aber könnten im
regulären Unterhalt erfolgen. Als Beispiel einer passenden Nebenstrecke wählte ich des Seetal. Dabei natürlich die Ausführung bei der Entwicklung. Die Strecke führt von Luzern kommend über die Hauptstrecke bis nach Emmenbrücke.
Dort ging es mit einem ersten Wechsel der Fahrrichtung weiter
durch das
Seetal
bis nach Lenzburg. Ab Lenzburg wieder zurück bis zur Spitzkehre und dann
weiter nach Wildegg. Eine
Nebenbahn,
die damals trotz der Besonderheiten einigen anderen
Bahnlinien
entsprach. Ein Fahrzeug für das Seetal musste also von Luzern bis Emmenbrücke schnell fahren können, denn es sollte den dicht befahrenen Abschnitt nicht unnötig lange belegen.
Danach ging es dank den starken Neigungen der
Seetalstrecke
mit hoher
Zugkraft
über die
Nebenstrecke,
dabei sank die Geschwindigkeit wegen dem Aufbau auf geringere Werte.
Ergänzt mit dem Aufkommen von Fahrgästen, ergibt sich ein
Triebwagen
nach dem Muster der VHB. Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB hatten somit zwar ein Muster, mussten aber die Bedingungen für ein Fahrzeug neu definieren. Dieses sollte so besser für den gedachten Einsatz passen.
Dabei wurde ein
Pflichtenheft
ausgearbeitet und den in der Schweiz ansässigen Fahrzeugbauern
unterbreitet. Diese sollten anhand dieser Ideen ein Fahrzeug entwickeln,
dass den Anforderungen der
Staatsbahnen
gerecht werden sollte. Im Pflichtenheft wurden die wichtigsten Vorstellungen umschrieben und gewisse Punkte zwingend festgelegt. Erwartet wurde von den Schweizerischen Bundesbahnen SBB ein elektrischer Triebwagen für den Einsatz auf Nebenstrek-ken. Bei
Bedarf sollte dieser mit einem
Personen- oder
Güterwagen
ergänzt werden können. Es sollte daher ein Universalfahrzeug für
Nebenlinien
entstehen. Selbst ein Einsatz vor
Güterzügen
wurde nicht ausgeschlossen.
Weiter sollte das neue Fahrzeug auf
Hauptstrecken
und im Vorortsverkehr verwendet werden können. Dort waren durchaus häufige
Halte und schnelle Beschleunigungen massgebend. Man wollte also den
Triebwagen
auch als Ersatz für die veralteten Modelle verwenden können. Dabei ging es
um die Fe 4/4 und die
Ce 4/6, die wirklich kaum mehr
den Leuten zugemutet werden konnten. Für das neue Fahrzeug bedeutete das
ein vielfältiger Einsatz.
Die Erfahrungen mit den ersten Pendelzügen
waren so gut, dass das neue Fahrzeug auch in Pendelzügen eingesetzt werden
sollte. Dazu sollten passende Zwischenwagen der
Bauart
Leichtstahl aus dem Bestand der Schweizerischen Bundesbahnen SBB und neue
zum
Triebwagen
passende
Steuerwagen
verwendet werden können. Zudem sollte auch eine Möglichkeit bestehen, dass
mehrere solche Pendelzüge miteinander betrieblich zu verbinden.
So unscheinbar diese Forderung auf den ersten Blick zu sein
scheint, so umfassend waren die Hinweise. Es musste das Kabel der
Leichtstahlwagen
und damit der Baureihe RFe 4/4 verwendet werden. Diese war ebenfalls bei
der
Lokomotive
Ae 4/6 vorhanden. Jedoch wurde klar
eine mögliche Kombination mit diesen Fahrzeugen ausgeschlossen und es
wurde eher die Lösung der neuen Reihe
Re 4/4 angestrebt. Jedoch auch
hier keine Kombination der
Triebfahrzeuge.
Spannend war auch die Forderung nach einem Durchgang für die
Fahrgäste. Dazu mussten die Übergänge bei den
Stossbalken
zum Schutz der Reisenden mit einem
Faltenbalg
versehen werden. Aber auch die Passage des
Gepäckabteils
und der
Führerstände
war damit vom Besteller vorgegeben worden und sollte für die Passagiere
ungehindert möglich sein. Auch hier orientierte man sich an den
Triebwagen
RFe 4/4. Die erwarteten Zugkräfte wurden mit Hilfe der geforderten Normallasten bestimmt. So wurde als Anhängelast für die neuen Triebwagen auf Steig-ungen bis 12‰ ein Gewicht von 250 Tonnen vorge-sehen.
Jedoch fehlten gerade hier weitere Angaben für grössere
Steigungen. Diese sollten weiterhin von
Lokomotiven
bedient werden. Der
Triebwagen
war mit diesen Angaben zudem optimal für den Einsatz auf kleineren
Nebenbahnen
gerüstet.
Selbst bei der massgebenden Geschwindigkeit kann der vorgesehene
Einsatz des neuen Fahrzeuges klar erkannt werden. So lag die
Leistungsgrenze
bei den angegebenen
Anhängelasten
von 250 Tonnen bei 75 km/h. Die maximal zu erreichende
Höchstgeschwindigkeit
von 100 km/h unterstrich den Charakter des neuen Fahrzeuges zusätzlich,
denn auf
Hauptstrecken
strebte man zu jener Zeit Geschwindigkeiten von bis zu 125 km/h an.
Bei der
Leistung
selber erwartete man bei den Schweizerischen Bundesbahnen SBB einen Wert
von 1 600 PS. Für einen
Triebwagen
der damaligen Zeit durchaus eine ansprechende
Leistung.
Vergleichbare Modelle gab es zu jener Zeit nur bei einigen
Privatbahnen,
jedoch erreichten diese kaum solche Werte. Damit bewegte sich der
Triebwagen durchaus in den Bereichen der älteren
Lokomotiven.
Wobei diese oft für
Nebenstrecken
zu schwer waren.
Es sollte eine elektrische
Widerstandsbremse
hoher
Leistung
eingebaut werden. Man hatte zwar mit der Erregermotor-Schaltung bei der
Baureihe Ae 4/6 gute Erfahrungen
gemacht, wollte hier aber eine alternative Lösung. Der Grund lag in der
Tatsache, dass man noch nicht genau wusste, wie und ob
Nutzstrombremsen
auf
Nebenlinien
funktionieren. Mit der Widerstandsbremse war eine zuverlässige
funktionierende
Bremse
vorhanden, die sehr leistungsfähig war. Beim Aufbau des Laufwerks erwartete man ein Triebfahrzeug mit vier Triebachsen. Die Anzahl der Achsen war identisch, so dass sämtliche angetrieben werden sollten und keine Lauf-achsen zugelassen waren.
Durch den Einbau von vier Motoren konnte deren
Leistung
re-duziert werden. Dadurch sank die Grösse und die
Fahrmotoren
konnten innerhalb der
Drehgestelle
eingebaut werden. Ein Um-stand, der gerade bei
Triebwagen
wichtig war.
Die
Achslasten
des
Triebwagens
waren auf den Einsatz auf
Nebenstrecken
ausgelegt worden. Diese waren damals auf den Nebenlinien der
Schweizerischen Bundesbahnen SBB noch nicht auf die
Streckenklasse
C3 ausgelegt worden. Auf vielen Strecken waren damals noch Achslasten von
weniger als 16 Tonnen zugelassen. Daher war der Triebwagen so aufzubauen,
dass dessen Achslast bei voller Besetzung und Beladung einen Wert von 15
Tonnen nicht überstieg.
Damit waren für den
Triebwagen
lediglich 60 Tonnen zugelassen. Wobei dieser Wert gefährlich ist, denn man
musste auch die Belastung einrechnen. Durch den Aufbau, kann das dazu
führen, dass das Fahrzeug leichter gebaut werden musste. Der neue
Triebwagen sollte daher für eine mittlere
Achslast
von 14 Tonnen ausgelegt werden. Damit war er leer überall einsetzbar und
in jedem Fall für die
Streckenklasse
A1 zugelassen.
Hier zeigte sich, dass der
Triebwagen
auch in anderen Bereichen Kosten einsparen sollte. So konnte man sich
vorerst den Ausbau des
Oberbaus
auf die
Streckenklasse
C3 ersparen. Diese Umbauten waren teuer, behinderten den Verkehr und
konnten somit auch ausgeführt werden, wenn eine regelmässige Erneuerung
anstand. Ein Punkt, der immer wieder ins Feld gerufen wurde und der viele
Jahre in Anspruch nahm. Neben einem ansehnlichen Abteil für Gepäck, war im Fahrzeug auch ein Ab-teil in dritter Wagenklasse vorzusehen. Dieses Personenabteil sollte minde-stens das halbe Fahrzeug umfassen und mit der üblichen Bestuhlung versehen werden.
Zusammen mit dem
Gepäckabteil,
wurde der Platz im
Triebwagen
recht be-engt, denn auch für die Apparate benötigte man etwas Platz. Die
Bezeichnung wurde daher mit CFe 4/4 angegeben. Ganz zum Schluss kann noch gesagt werden, dass der neue Triebwagen optisch zu den neuen Leichtstahlwagen passen musste. Diese Anpassungen betrafen einheitliche Einstiege, Normen bei der Beschriftung und die Um-grenzung des Fahrzeuges.
Es sollten so einheitlich aussehende Züge auch auf den
Nebenlinien
Einzug halten. Man durfte daher durchaus neue
Leichtstahlwagen
auf kleineren Ne-benlinien erwarten. Wobei dort oft der
Triebwagen
ausreichte.
Die Grösse des geforderten
Gepäckabteils
erlaubte den Einbau eines Abteils in zweiter
Wagenklasse
nicht mehr. Wollte man einen Zug mit beiden Wagen-klassen anbieten, musste
man also mindestens einen zusätzlichen Wagen verwenden. Dieser Wagen wurde
als
Steuerwagen
ausgeführt, so dass Züge beliebig verlängert werden konnten. Das System
der ersten
Triebwagen
wurde damit auch hier weiterverfolgt und
Pendelzüge
vorgesehen.
Unter den diversen eingegangenen Angeboten entschieden sich
schliesslich die Schweizerischen Bundesbahnen SBB für ein Angebot eines
Konsortiums von vier aus dem Lokomotivbau bekannten Firmen. Deren Angebot
entsprach in mehreren Punkten den Vorstellungen der
Staatsbahnen
und konnte daher beschafft werden. Dabei wurde, wie das damals üblich war,
auf die Lieferung von speziellen
Prototypen
verzichtet. Im Jahre 1949 erfolgte daher der erste Auftrag über 13 Fahr-zeuge der Bauart CFe 4/4. Diese Fahrzeuge sollten die Num-mern 841 bis 853 erhalten. Dabei sollte sich die Schweizerische Lokomotiv- und Maschi-nenfabrik SLM um den mechanischen Aufbau des neuen Fahr-zeuges kümmern.
Die SLM war zwar bekannt für die gebauten
Lokomotiven,
konnte sich aber durchaus auch um die Herstellung von
Trieb-wagen
kümmern. Bei den Elektrikern wurden die drei bekannten Firmen berück-sichtigt. Dabei wurden von der Brown Boveri und Co BBC in Münchenstein lediglich Komponenten geliefert.
Die Endmontage dieser 13
Triebwagen
fand in Oerlikon bei der Maschinenfabrik Oerlikon MFO und Genève bei der
Société anonym des Ateliers de Sécheron SAAS statt. So konnte das gut
ausgelastete Werk in Münchenstein etwas entlastet werden und die anderen
beiden Hersteller hatten wichtige Aufträge.
1952 wurde die Bestellung dieser Baureihe um weitere 18 Fahrzeuge
erweitert. Diese
Triebwagen
sollten die Nummern 854 bis 871 erhalten und sich so an den ersten
Modellen anschliessen. Lieferanten waren die gleichen Firmen, nur dass
sich beim mechanischen Aufbau auch die Schindler Wagon AG Pratteln SWP in
Pratteln am Aufbau beteiligte. Bei den Elektrikern gab es keine
Veränderung. BBC war also nicht beim Bau der Triebwagen direkt beteiligt.
Schliesslich endete die Lieferung nach diesen 18 Fahrzeugen. Die
Schweizerischen Bundesbahnen SBB hatten zwar einen erfolgreichen und guten
Triebwagen
erhalten, benötigten jedoch für die
Hauptstrecken
kräftigere Modelle. So war klar, dass keine weiteren Triebwagen dieser
Baureihe zu erwarten waren. Trotzdem mit 31 Stück war das für
Nebenbahnen
konzipierte
Triebfahrzeug
in ausreichender Stückzahl im Bestand vorhanden. Die gleichzeitige Bestellung von 20 zu den Triebwagen der Reihe CFe 4/4 passenden Steuerwagen erfolgte zu-sammen mit den ersten Modellen. Diese speziellen Wagen wurden bei der Schindler Wagon Pratteln AG SWP in Pratteln bei Basel gebaut.
Ihre Bezeichnung lautete BCt4ü und sie erhielten die Num-mern 951
bis 970. Auch jetzt lieferte die Brown Boveri und Co BBC lediglich die
Komponenten für die Steuerung des Fahrzeuges und die benötigte
Vielfachsteuerung.
Da jedoch nicht die gleiche Anzahl
Steuerwagen,
wie
Triebwagen
bestellt wurde, konnte das Werk der SWP in Pratteln nach dem Bau der
Steuerwagen auch bei der Konstruktion des mechanischen Teils der CFe 4/4.
In der Folge sollten jedoch elf Triebwagen ohne Steuerwagen geringe
Kapazitäten bieten. Jedoch war auch ein Einsatz vor
Güterwagen
nicht ausgeschlossen. Ein Teil stellte zudem die erforderliche Reserve.
Die
Höchstgeschwindigkeit
der
Steuerwagen
wurde auf 125 km/h festgelegt. Damit lagen hier die Werte über dem
Triebwagen.
Bei führendem Steuerwagen war daher lediglich die Geschwindigkeit des
Triebfahrzeuges
zugelassen. Mit dieser Forderung war es möglich, den Steuerwagen auch in
schnelleren Zügen als reiner
Personenwagen
zu verwenden. Man konnte so die speziellen Wagen etwas freizügiger
einsetzen.
Somit haben wir sowohl den
Triebwagen,
als auch den dazu gehörenden
Steuerwagen
erhalten. Es wird nun Zeit, dass wir uns diese an die Schweizerischen
Bundesbahnen SBB gelieferten Fahrzeuge genauer ansehen werden. Der
Schwerpunkt des Artikels, wird dabei der Triebwagen bilden, denn der
Steuerwagen war eigentlich lediglich ein
Leichtstahlwagen
mit
Führerstand.
Er wird in einem eigenen Abschnitt ausführlich vorgestellt werden.
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