Betriebseinsatz Teil 2

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Mit dem Wegfall der Rekuperationsbremse, die ihren Zweck kaum erfüllen konnte, begann der zweite Teil des Betriebseinsatzes. Die Lokomotive begann nun etwas besser zu funktionieren und auch die Häufigkeit der Störungen konnte vermindert werden. Es war wirklich so, dass diese in erster Linie von dieser komplizierten elektrischen Nutzstrombremse kamen. Ein Konstrukt, mit dem man versuchte die MFO zu beeindrucken.

Die Gefühle der Lokführer des Depots Basel über den neuen Zugang waren gemischt. Wegen den schlechten Lauf-eigenschaften wurde des Personal auf der Lokomotive richtiggehend durch-geschüttelt.

Die Lokführer schlotterten vor Angst auf der Maschine und so begann sich der Begriff «Schlotterbeck» immer mehr festzusetzen.

Wer so schlecht wegkommt, hat es oft schwer richtige Freunde fürs Leben zu finden.

Wurde hingegen nicht so schnell gefahren, war sie dann schon recht friedlich unterwegs und dabei entwickelte sie eine gute Zugkraft. Wem jedoch der bekannte Angstschweiss auf der Stirn stand, konnte auch das nicht beruhigen. Es wurde über den Mistbock geschumpfen und gewettert, aber so richtig davon beeindrucken liessen sich die Chefs auch wieder nicht. Wer konnte fragte höflich nach einer anderen Maschine.

Fernab von den steilen Strecken des Gotthards konnte sich der Prototyp erstmals in einem Depot festsetzen. Wahre Freunde wurde das Personal auch nicht und wie oft die Fachleute in Münchenstein bei der Vorbeifahrt beleidigt wurden, steht auch in keinem Buch. Es war ein Exot, den niemand wollte und der sich nicht so schnell verdrängen liess. Das Depot in Basel sollte daher eine erste Heimat für die einsame Lokomotive werden.

Der zweite Weltkrieg war für Lokomotiven an der Grenze nicht angenehm. Besonders als die Alliierten kamen, wurde es gefährlich. Trotz der Bombardierung des Rangierbahnhofes Wolf kam die Maschine nicht zu schaden. Wie so oft konnte sie sich elegant aus der Affäre ziehen und ein bedauernswerter Lokführer war auf der Reise, als die Bomben fielen. Ein Blick auf die Einsätze ist daher sicherlich sehr sinnvoll.

Die Lokomotive erreichte während dem Krieg mit den schweren Zügen die Bahnhöfe Bern Wylerfeld und auch Thun. Besonders bei den schweren Kohlezügen immer wieder in Konkurrenz zu der Baureihe Ae 6/8 der BLS-Gruppe.

Viele Informationen zur Arbeit der Lokomotive gibt es in diesen Jahren eigentlich nicht. Das war nicht nur dem Kriegsfahrplan geschuldet, sondern auch der zu-verlässigen Arbeiterin, mit dem Hang zum bocken.

Auch nach dem Krieg änderte sich nicht so viel am Einsatz. Es waren jene Jahre, in denen die letzten Dampflokomotiven verschwinden sollten. Mit diesen wurde aber die Lokomotive der Reihe Ce 6/8 I in der Tabelle an die Spitze gehoben.

Was noch älter war, fuhr mit Dampf und das waren wirklich jene, die nun verschwinden sollten. Eine schwere Zukunft für die Maschine, die eigentlich bereits gar keine mehr hatte, als sie geliefert wurde.

Bis Ende 1960 ging alles gut und die über 40 Jahre alte Lokomotive leistete ihre Arbeit so gut sie konnte. Der Jahreswechsel ins Jahre 1961 bekam ihr jedoch nicht sehr gut.

Bei der Lokomotive knallte es im Maschinenraum gewaltig. Die Kontrolle ergab, dass sich zwei Fahrmotoren endgültig verabschiedet hatten. In Anbetracht des fortgeschrittenen Alters und dem Status als Exot, war zu befürchten, dass die Lokomotive abgebrochen würde.

War damals die Welt in der Schweiz in Ordnung gewesen, wäre die Ausrangierung verfügt worden. Da nun aber in Lausanne eine Landesausstellung ausgerichtet werden sollte, hatten die Schweizerischen Bundesbahnen SBB einen Stopp verfügt. Was in der Theorie aus eigener Kraft fahren konnte, sollte das auch wieder tun können. Für die Nummer 14 201 bedeutete das unweigerlich, dass sie noch einmal eine Gnadenfrist bekam.

Damit das bei dem alten Teil jedoch keine zu grossen Kosten verursachte, baute man die Fahrmotorgruppe eins aus und ersetzte sie durch Ballast.

Vorübergehend als Ce 3/8 bezeichnet. verdingte sich die Maschine im Tessin als ganz normale Rangierlokomotive. Die Fahrten auf der Strecke führten sie noch nach Biasca und über die steile Rampe des Monte Ceneri nach Lugano, wo sie dann als Lokomotive im Rangierdienst blieb.

Es war wirklich ein befristeter Einsatz. Nach nur wenigen Monaten wurde die Ce 3/8 wieder in die Hauptwerkstätte überstellt. Dort wurden die entnommen Fahrmotoren wieder eingebaut.

Das Intermezzo Ce 3/8 endete am 03. Dezember 1962, als wieder eine Ce 6/8 I das Gelände verliess. Der Einsatz im Tessin endete damit und über den Gotthard ging die Reise nach Basel und damit an den Ort wo sie eine Heimat gefunden hatte.

Dort kam sie sogleich in ihren angestammten Dienstplan und machte sich wieder sehr zur Freude der Lokführer unbeliebt.

Gerade die Fahrten von Basel nach Thun waren sehr lange mit dem unruhigen Teil. Damit das nicht genug war, durfte nach der Pause damit wieder nach Basel gefahren werden. Nur die unerfahrenen Lokführer hatten dabei mit dem Angstschweiss zu kämpfen. Wer den Bock kannte, fluchte still und leise.

So kam die Lokomotive im Jahre 1963 mit 101 000 km auf eine eindrückliche Leistung. Nun stand aber das Jahr 1964 mit der EXPO an. Die Leistungen der Reihe Ce 6/8 I sank nun auf 65 000 km. Man hatte neue Triebwagen, die mehr leisten konnten, als die alt gewordene Lokomotive. Wie lange das noch gut gehen sollte, wusste niemand. Da aber immer noch Cholis im planmässigen Verkehr waren, sah es nicht schlecht aus.

Die Lokomotive hatte je-doch ihre Schuldigkeit ge-tan. Die Maschine stand nun ganz oben auf der Liste mit den anstehenden Ausrangierungen.

Die Prototypen aus dem Jahre 1920 waren nun nicht mehr gefragt. Sie sollten mit den letzten Modellen mit Dampfma-schine verschwinden. Je-doch wurde damals nicht wahllos verschrottet, sondern man wollte sich auch die Geschichte bewahren und dafür gab es wirklich viele Kandidaten.

Mit dem Aufräumen begann man vermutlich zum gleichen Zeitpunkt, als die Expo ihre Tore schloss. Dabei zeigten sich die Prototypen sehr zuvorkommend. Die Lokomotive Be 4/6 mit der Nummer 12 301 war verbrannt, die Be 4/6 mit der Nummer 12 302 pfiff aus dem letzten Loch und die Reihe Be 3/5 mit der Nummer 12 201 war zu einem Ungetüm geworden, das nichts mehr mit der Geschichte zu tun hatte.

So blieb nur noch die Lokomotive Ce 6/8 I übrig. Aufmerksame Leser haben sicherlich bemerkt, dass die nun ausrangierte Be 3/5 all die Jahre mit der Nummer verkehrte, die anfänglich der hier vorgestellten Lokomotive vorbehalten war. Mit der neuen Bezeichnung war diese spezielle Situation entstanden und nun wurde diese bereinigt. Von den vielen Exoten im Bestand der Staatsbahnen war wirklich nur noch die Nummer 14 201 erhalten.

Der endgültige Einbruch für den letzten verbliebenen Prototypen erfolgte im Jahre 1965, wo nur noch 19 000 km geleistet wurden. Damit erlebte die Lokomotive jedoch den Abschied der letzten Dampflokomotiven. Doch die neuen noch als Bo'Bo' bezeichneten Maschinen sorgten für sehr viel Aufsehen. Endgültig am Ende schien die Lokomotive im Jahre 1966. Die jährliche Leistung sank auf 4 000 km. Eine Ausrangierung wäre nun wohl am sinnvollsten gewesen.

Es sollte jedoch anders kommen. Die Lokomotive wurde in die niedersten Dienste eingeteilt. Das waren Pläne die kaum mehr eine Fahrt besassen und so konnte das Teil für allerhand gebraucht werden.

Sie wurde als Heizlokomotive benutzt und kam auch immer wieder in einem Depot als Kompressor zum Einsatz. Das war oft der Fall wenn an den sta-tionären Depotkompressoren Revisionen oder Repa-raturen durchgeführt werden mussten.

Man war versucht zu sagen, dass die Lokomotive ihre Pflicht getan hatte, jetzt konnte man auf sie verzichten, denn der Mangel war vorbei. Man hatte moderne und gut funktionierende Baureihen im Bestand.

Die Karriere des Prototypen Ce 6/8 I schien nun endgültig am Ende zu sein. Sie war zu schwach geworden um mit den schnellen Maschinen mit-halten zu können. Zudem war sie immer noch ein Exot und das war eigentlich nicht gut.

Da nun aber die Lokomotive erhalten werden sollte, entzog man sie aus dem normalen Betrieb. Die Maschine die nie in Serie gebaut wurde, wurde so geschützt. Man konnte nie sicher sein, dass sich ein Mitarbeiter in einem Depot mit dem neuen Schweissbrenner an der Lokomotive versuchte. Die Suche nach einem geeigneten Ort begann und dabei gab es viele Depots die dankbar ablehnten. Sie hatten oft die historische Lokomotive.

Den Exoten wollte niemand und so wurde er wieder dorthin gebracht, wo seine Karriere 1920 begann. Das Depot in Bern war darüber sicherlich ausgesprochen glücklich. So wusste man eigentlich nicht, was man damit anfangen könnte, aber es gab einen Freund, der an wichtiger Position war und das war kein geringerer, als der Obermaschineningenieur und somit der oberste Boss der Lokführer, der wirklich was zu sagen hatte.

Es wurde daher im Depot Bern ein spezieller Dienstplan für Bremsversuche erstellt. So begann wohl auch die zweite Ehe des Herrn Hans Schneeberger, der wohl einer der wenigen war, die sich an der Lo-komotive erfreute.

Scherzhaft wurde die Ce 6/8 I auch als «Frau Schneeberger» bezeichnet. Damit konnte vermutlich auch die Ehefrau leben, denn nicht jede hatte das Glück den Mann mit einer Lokomotive zu teilen.

Da Hans Schneeberger in seiner Position über sehr viel Einfluss verfügte, kam es bei der Lokomotive 1968 zu einer Revision R1, bei der das Laufwerk revidiert wurde.

Die tapferen Mannen der Hauptwerkstätte Yverdon leisteten so gute Arbeit, dass die Lokomotive danach bessere Laufeigenschaften hatte, als je zuvor. Ob sich da Bellinzona wirklich gut um den Exoten gekümmert hatte, kann man nun ernsthaft in Frage stellen.

Die Lokomotive wurde nun mehr oder weniger im Titularsystem für Bremsversuche eingesetzt. Hans Schneeberger nannte die Maschine immer wieder «Grossmutter» und sah sich so mit der Baureihe Ce 6/8 I verbunden. Eine glückliche Liebe, die wieder dazu führte, dass der Exot auf der Strecke zu sehen war und nicht so selten, wie man meinen könnte, denn es mussten neue Bremsen geprüft werden und das ging nun einfach.

Die Maschine überstand diese Einsätze wohl auch dank der guten Pflege der beteiligten Leute sehr gut. Einzig die alten Kabel begannen Sorge zu bereiten, denn eine Revision R3 war schon lange nicht mehr ausgeführt worden. Diese wurden für die alte Lokomotive immer mehr zum Risiko. Wir müssen bedenken, dass sie auch jüngere Modelle überlebt hatte und das war für einen Einzelgänger bei einer grossen Bahn selten.

Auf Ende 1982 war dann das Risiko zu hoch. Man wollte nicht riskieren, dass man die Lokomotive durch einen Kurzschluss mit Brand verlieren könn-te. Daher entschloss man sich die Lokomotive auszurangieren.

Die Gerüchte besagten, dass Hans Schneeberger die elektrische Ausrüst-ung so manipulierte, dass niemand mehr je mit der Lokomotive fahren könnte.

Man kann jedoch davon ausgehen, dass man so mehr die Kabel und die Lokomotive vor Einschaltversuchen schützen wollte.

Nach einer Laufleistung von 2 500 000 km wurde die Lokomotive als letzter Prototyp ausrangiert. Seit der Ablieferung waren 63 Jahre vergangen. Für einen Einzelgänger war das ein sehr gutes Alter und selbst die ersten Modelle der Ce 6/8 II verschwanden eher von der Bildfläche. Die ehemalige Fc 2x 3/4 konnte als gelungene Maschine bezeichnet werden, auch wenn sie ihre eigentliche Aufgabe nie wahrnehmen konnte.

Als Prototyp für Gotthardlokomotiven gedacht, konnte sie diese Aufgabe nie war nehmen. Es waren die Modelle der MFO, die zur gleichen Zeit kamen und die bereits die Serie eingeläutet haben, als das Modell der BBC endlich vollständig war und zeigen konnte, was die zu Leisten in der Lage war. Die elektrische Bremse war hingegen der Zeit weit voraus und das konnte damals nur mit einer komplizierten Schaltung umgesetzt werden.

Am Ende der Karriere kann nur noch gesagt werden, dass sie ausrangiert wurde um einen grossen Schaden zu vermeiden und die Idee von Hans Schneeberger wirklich gut war, denn es war niemand auf die Idee gekommen die ehemaligen Fc 2x 3/4 mit der Nummer 12 201 wieder in Betrieb zu nehmen. Es wurde daraus wirklich eine spezielle historische Lokomotive. Diese Karriere werden wir jedoch in einem neuen Kapitel ansehen.

 

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