Tour 8: RBL - Gerlafingen - RBL

Eigentlich hatte ich meine diversen speziellen Kenntnisse mit dem Wechsel des Depots verloren. Das gilt insbesondere für die Strecke südlich von Bellinzona. Dort wurde in den letzten Jahren so viel umgebaut und verändert, dass vermutlich auch eine vereinfachte Auffrischung nicht ausreichend sein würde. Doch so reizvoll finde ich das südliche Tessin nicht mehr, denn nach 25 Jahren und dem Militärdienst habe ich nahezu jede Ecke gesehen.

Andere Kundigkeiten sind einfach so reingerutscht. Ein Punkt dabei sind die Strecken der BLS. Weil ge-wisse Kieszüge mit Aushub der NEAT nach Biberist geführt wurden, bekamen die Lokführer in Erstfeld das BLS-Modul.

Es blieb daher nur noch die Strecke und die konnte ich nach dem Wechsel des Depots nachholen. Damit habe ich auch im RBL eine spezielle Kundigkeit. An-dere Bereiche, wie die RhB sind nicht vorgesehen, da meine Gruppe dort keine Touren fährt.

Ein Wunsch des Unternehmens ist immer noch in der Schwebe. So fehlt mit die im RBL übliche Fremdsprache. Nur, das Unternehmen bildete die Leute in jedem Depot anders aus und da war Erst-feld eine Ausnahme.

Dann schliesst man den Standort und versetzt die Leute an andere Orte. Es ist daher nur verständlich, dass diese dann nicht über alle Fähigkeiten ver-fügen. Zudem, wer einmal Asterix gelesen hat, der weiss, Römer und Gallier verstehen sich nicht.

Nach Wochen in der Nacht und Fahrten ins Tessin, frage ich mich, warum noch mehr Sprachen. In je-dem Nachtdienst die ungeliebte Tour 2, und neu im Mitteldienst noch eine weitere Tour nach Biasca.

Natürlich macht man die nicht so oft, weil sie ei-gentlich auf einer anderen Gruppe ist. Bei mir bedeutet das eigentlich nur gestern und morgen wieder. Heute als Abwechslung einmal eine andere Destination und die hat es auch in sich.

Los geht es um 09:44 Uhr. Das bedeutet, dass der Wecker wieder mal auf seine Funktion geprüft werden muss. Seit ich keinen Frühdienst mehr fahre, ist diese Zeit schon sehr früh und auch die heute gefahrene Tour ist immer wieder auf einer anderen Gruppe. Auch hier ist das Problem die erforderlichen speziellen Kenntnisse, denn es werden Bahnhöfe mit Handweichen befahren. Nur, dass es diesmal nicht Lugano Vedeggio ist.

Da ich nach Feierabend noch was erledigen muss, nehme ich das Auto. Eigentlich könnte ich mit dem Zug zur Arbeit fahren. Der Arbeitsweg verlängert sich damit im Tag um knapp 80 Minuten. Viel Zeit verliere ich beim ÖV jedoch damit, dass die Verbindungen auf den Fernverkehr ausgelegt sind. Da ich den Regionalverkehr benutzen muss, ergeben sich Wartezeiten von mehreren Minuten. Mit dem Wagen kann es diese auch geben.

Die Fahrt zur Arbeit ist längstens zur Routine geworden. Der Verkehr jedoch nicht, denn sitzen die Leute im Auto, lassen sie ihr Hirn oft zu Hause. Die neuen Regeln beim Datenschutz verhindern, dass man mit dem Blinker anzeigt, wo man hinfahren will. Geht schliesslich niemand etwas an, wenn ich die Spur wechseln will. Plötzlich ist dann der Wagen vor einem und die Abstände, sind wieder sehr kurz. Ich weiss nicht, ob ich als LKW-Fahrer die Nerven hätte.

Da ich wegen der Rally auf der Autobahn etwas Reserve einbaue, kann ich noch einen Kaffee trinken. Dann muss ich mich auf meine Tour vorbereiten. Neuerdings haben wird dazu neun Minuten Zeit. Die Updates können gemacht werden. Zudem muss man seit neustem wieder die Stempeluhr betätigen. Elektronisch und nicht immer denkt man daran. Besonders dann nicht, wenn man abgelenkt wird. Das kann auch mal der Chef sein.

RBL – Solothurn

 

Die Lokomotive für den Zug steht in der Lokwartegruppe. Wie oft, ist es eine Re 420. Für die Leistung, die ich nun fahren muss, wird sie ausreichen. Auch die Übernahme ist seit einiger Zeit deutlich kürzer geworden. Es werden nicht mehr alle Kontrolle ausgeführt. Immer kürzere Zeiten, bedeuten immer mehr, dass wichtige Arbeiten nicht gewissenhaft ausgeführt werden. Wenn man sich trotzdem bemüht, ist der Zug zu spät.

Eine Eigenart, die ich mir aus Er-fahrung angelegt habe, ist der Blick auf den Schalter für die opti-mierte Steuerung der Ventilation. Dessen Stellung verrät mir, wie die Lampe reagieren wird.

Der Beginn der Fahrt ist dann et-was entspannter und wie so oft, steht der Schalter auf «Konv.» und es ist natürlich keine Reparatur eingetragen.

Dazu reichte wohl die Zeit nach der Störung nicht mehr. Dank mei-ner Kontrolle kann ich das noch nachtragen.

Die eigentliche Inbetriebnahme der Lokomotive ist in kurzer Zeit ge-schafft. Auch hier wird gekürzt. Da die Maschine bereit ist, könnte ich losfahren.

Das Stellwerk weiss davon schlicht noch nichts, weil der Funk deut-lich länger braucht, bis er aufge-startet ist. Die Zeit nutze ich für den Eintrag der Störung im ent-sprechend Bordjournal. Nur für die Meldung an die entsprechende Stelle reichte es nicht mehr, da das Funkgerät bereit ist und ich weitermachen muss.

Gefahren wird natürlich erst, wenn die Zwergsignale auf Fahrt stehen. Das ist der Fall, nachdem ich meine Fahrbereitschaft am Funk gemeldet habe. So kann ich den Zwergsignalen folgend durch die unübersichtlichen Weichenstrassen zu den Wagen fahren, die vermutlich zum von mir zu führenden Zug gehören. Genau weiss ich das noch nicht, aber da auch noch niemand hier ist, um die Lokomotive zu kuppeln, kann ich den Führerraum wechseln.

Ich richte mich für die Fahrt ein. Dazu stelle ich das Ipad in die entsprechende Halterung, schliesse den Strom an und öffnet die entsprechende App. Die LEA ist einsatzbereit und seit dem neuen System für die Einteilung muss die Nummer wieder eingetippt werden. Ich tippe die fünf Ziffern ein und tippe auf die Bestätigung. Wenige Momente später erscheint die Fahrordnung und etwas verzögert in einem schwarzen Feld die Belastung.

Ich habe die Angaben für die Zugführung. Diese kann ich nun für ZUB eintippen. Zugreihe D mit 70% Bremsprozenten. Fahren darf ich 100 km/h und der komplette Zug hat eine Länge von 332 Meter. Mit 922 Tonnen ist das Gewicht der Anhängelast recht hoch, denn es hat leichter Regen eingesetzt. Zwar sollte sich das Wetter im Lauf des Tages bessern, aber in diesem Moment hilft mir das nicht viel. Nur bei Sonnenschein kann jeder Eisenbahn fahren.

Gelb hervorgehoben ist, dass der Zug Gefahrgut führt. Bei diesem Zug eigentlich keine grosse Überraschung. Für mich bedeutet das jedoch zusätzliche Arbeit. Ich muss die Wagenliste laden. Damit habe ich die Informationen über die Position und das in den Wagen verladene Gefahrgut. Wichtig wird nun auch die Kontrolle der Reihung. Diese muss jedoch warten, denn ich werde dazu aufgefordert an den Zug zu fahren.

Als ich bei der Bremsprobe wieder lösen kann, verlasse ich den Führerstand. Ich muss kontrollieren, ob der Zug richtig gekuppelt ist und in diesem Fall fast wichtiger, ob der erste Wagen mit meiner Liste übereinstimmt. Das war auch schon nicht der Fall und letztlich gab es dann 60 Minuten Verspätung, weil der Lokführer die falsche Liste bekommen hatte. Jetzt stimmt die Reihung und damit steht von meiner Seite der Fahrt nichts mehr im Weg.

Es fehlen eigentlich nur noch die obligaten Meldungen. Vom Arbeiter, der mir freundlicherweise die Lokomotive kuppelte und der die Bremsprobe durchführte, muss der Abschluss der Zugvorbereitung gemeldet werden. Oft wird dann auch gleich gemeldet, dass die Bremsprobe gut sei. Ich bestätige dies mit der Meldung, dass der Zug fahrbereit ist. Damit hat der Arbeiter auch die Bestätigung, dass meine Daten korrekt sind.

Der Fahrt mit dem Güterzug führt über die alten Strecken. Mit anderen Worten, ich benutze nicht den Tunnel durch den Heitersberg, sondern folge der Limmat in Richtung Baden und Brugg. Ein Weg, der von den Güterzügen oft genommen wird, weil der Platz im Tunnel einfach zu eng geworden ist. Auch hier hat es dank dem dichten Verkehr von S-Bahnen nicht besonders viel Platz. Das merke ich schnell, denn ADL meldet sich.

Schnell fahren muss ich nicht mehr. Ich weiss, dass der Reisezug, der mich vor Killwangen-Spreitenbach überholte, in Baden einen Halt einlegt. Wenn ich nun die erlaubte Geschwindigkeit fahren würde, könnte ich in Baden zusehen, wie die Leute einsteigen. Dummerweise war ich auch jetzt etwas zu schnell und so sehe ich bei der Einfahrt, wie die Türen geschlossen werden. Dieser Zug ist nun zu schnell, dass ich im Folgen kann.

Da ich den Fahrplan etwas kenne, kann ich es mit der Beschleunigung gemütlich nehmen. Nach der Durchfahrt des ICN nach Basel, fährt in Turgi die S-Bahn los. Dazwischen habe ich schlicht keinen Platz. Das ist so und es bringt nichts, wenn ich mich deswegen den Kopf zerbreche. Ich fahre mit Güterzügen und die sind immer an letzter Stelle. Auch wenn die Güter von den Kunden dringend benötigt werden. So lange ich pünktlich bin, ist die Welt in Ordnung.

Ein ungeschriebenes Gesetz des Taktfahrplan ist, dass ein Güterzug, der hinter dem Regionalverkehr gerät, den Rest seiner Fahrt hinter diesem absolvieren wird. Das ist auch jetzt der Fall, denn die S-Bahn ab Turgi drosselt mich bis Olten, ab dort ändert sich eigentlich nur, dass es keine S-Bahn, sondern einer der wenigen regulären Regionalzüge ist. Eile kommt dabei bei mir nicht auf, denn das kostet nur unnötig Energie und Nerven.

Dank ADL, welches nun meine Fahrweise übernommen hat, krieche ich mit 40 bis 50 km/h der Aare entlang, am Kurort Schinznach Bad vorbei in Richtung Wildegg. Dort ändert sich die Meldung, aber an meinem Tempo muss ich nicht viel ändern und auch der angekündigte Halt mit der Endmeldung gab es auch nicht.

So kommt schliesslich der Bahnhof von Aarau auch in die Nähe. Hier verengt es sich noch, denn es stehen noch zwei Geleise bereit.

Der Ausbau ist in vollem Gange, dann könnte es etwas flüssiger in Richtung Olten werden. Da ich aber der S-Bahn folge, wird sich auch in Zukunft nicht viel ändern. Die Höchstgeschwindigkeit meiner Wagen habe ich bis-her schlicht noch nicht erreicht.

Das wird auch nicht so schnell der Fall sein, denn in Olten wird es langsam werden. Die Weichen in Richtung Olten Hammer lassen keine hohen Tempi zu, daher keine Hektik.

Dank den Schienen, die nun abgetrocknet haben, ist die anstehende Strecke kein zu grosses Problem. Die Sache ist einfach, das harte Gestein, das die Aare zu einem Umweg zwingt, wurde beim Bau nicht mit einem Tunnel durchfahren. Die Steigung hält nun an und nur die Neigung wurde immer etwas flacher. Ab Niederbipp geht es wieder hinunter zu Aare. Doch noch bin ich nicht so weit und der Bahnhof von Oensingen steht an.

Hier wird gebaut, das führte dazu, dass das Gleis, das ich normalerweise befahren müsste, ausgebaut wurde. So steht die Fahrt über ablenkende Weichen an und das sind hier nicht so schnelle Exemplare. Einfahren geht mit 60 km/h noch, aber bei der Ausfahrt sind nur 40 km/h erlaubt. Nur dank ADL muss ich nur auf die letzte Geschwindigkeit etwas verzögern. Der Regionalzug vor mir hat sich sicherlich nicht in Luft aufgelöst, daher bleibt es gemütlich.

Die Fahrt hinunter nach Wangen an der Aare erfolgte mit der elektrischen Bremse. In Niederbipp änderte sich ADL. Eine etwas höherer Geschwindigkeit ist zugelassen. Das ist für mich ab jetzt eigentlich nebensächlich, das Gefälle sollte so wirtschaftlich wie nur möglich befahren werden. Der Regionalzug kann ruhig etwas Vorsprung bekommen. Auf jeden Fall gelang es recht gut, wenn die Last den Zug auf das Tempo von ADL gedrückt hatte, änderte sich diese.

Ab Wangen an der Aare wird es flacher und ich kann mittlerweile die erlaubte Geschwindigkeit fahren. Der Weg zum Ziel ist nicht mehr weit und die hohen Schornsteine der Zellulosefabrik sind am Horizont zu erkennen. Das bedeutet, dass ich mich Luterbach-Attisholz nähere. Der nächste Bahnhof ist dann bereits Solothurn. Das Einfahrsignal ist dabei unmittelbar nach Luterbach. Solothurn hat bei der Einfahrt noch einen Abschnitt.

Genau dieses Abschnittsignal ist noch geschlossen. Ein Blick auf die Uhr und ich ahne warum, denn ich bin etwas zu früh und da quert sicher noch ein Zug von der ABS meinen Fahrweg. Wobei komisch ist, dass ich vor dem Signal zum Stillstand komme. Genau in dem Moment, wo ich angehalten habe, meldet sich der Fahrdienstleiter am Funk. Ich nehme den Anruf an und erfahre die Ursache für das rote Signal, dass die Weiterfahrt verhindert.

Die Fahrt soll ab dem Abschnittsignal als direkt geführte Rangierfahrt erfolgen. Eine seltene Lösung, die aber zugelassen ist. Der Zug endet in Solothurn und ich habe das Einfahrsignal passiert. Ab jetzt kann der Zug auch als Rangierfahrt verkehren. Oft ist das der Fall, wenn eine Einfahrt in ein Gleis, das keine Zugfahrten erlaubt, erfolgen soll. Auch jetzt ist das vermutlich der Fall und der Rangierarbeiter gibt mit kurz vor dem geschlossenen Zwergsignal ein Handzeichen.

Solothurn – Oensingen – Solothurn

 

Kurz nach dem Halt, wurde meine Lokomotive abgehängt und der Rangierarbeiter meint nur, er melde mich beim Fahrdienstleiter. Ich können dann den Zwergsignalen folgen. Mit den Worten «Bis später» verabschieden wir uns. Viel Zeit habe ich nicht, denn in wenigen Minuten muss ich mit dem Lokomotivzug losfahren und in Oensingen die nächsten Wagen abholen. Dank den Zwergsignalen, die auf Fahrt gehen, sollte das möglich sein.

In einem kurzen Gleis auf der Seite mit der bekannten Brücke über die Aare, kann ich die Fahrrichtung wech-seln, die Beleuchtung für den Lokomotivzug einstellen, im neuen Führerstand werden die Daten eingegeben und die LEA aufgestartet.

Auch jetzt muss die Nummer von Hand eingetippt wer-den. Wie so oft, wird dem Lokomotivzug R 125 vorge-schrieben. Warum das nicht korrigiert wird, weiss ich nicht, denn Lokzüge fahren grundsätzlich R 115%.

Gerade in dem Moment, wo ich meine Fahrbereitschaft am Funk melden wollte, öffnet sich das Zwergsignal. Ich kann zum Ausfahrsignal vorziehen. Wobei eigentlich ist es auch nur ein Abschnittsignal.

Auf jeden Fall ab dem ersten Hauptsignal bin ich dann ein Zug. Als ich mich diesem nähere, erkenne ich, dass dieses bereits den Begriff «Ausführung 40» zeigt. Die Fahrt kann beginnen und die Lokomotive startet mit drei Minuten Rückstand.

Ein Rückstand, der ohne Probleme aufgeholt werden kann. Entstanden ist er wegen der Einfahrt als Rangier-fahrt. Das war langsamer, als ein Zug einfahren könnte. Nun aber ist auch die Beschränkung durch das Signal weg und ich kann beschleunigen. Bis Wangen an der Aare kann ich richtig schnell fahren und so löst sich bis dort auch der Rückstand auf. Es ist kein Regionalzug im Weg und in dem Moment, wo ich pünktlich bin, meldet sich ADL.

Ich muss ökologisch fahren. Die Geschwindigkeit ist 60 km/h. Mit der leeren Lokomotive fährt man eigentlich nur ökologisch. Die Verzögerungen erfolgen mit der elektrischen Bremse und die Zugkräfte sind nicht hoch. Die Fahrt von Wangen an der Aare hoch nach Niederbipp gestalte ich so, dass ich nicht zu grossen Stress habe. Danach kommt so oder so das Ziel und da weiss ich noch nicht, wie ich einfahren werde.

Die Anlagen lassen eine Einfahrt auf ein besetztes Gleis zu. Gerade bei dieser Lokomotive ist das üblich und auch jetzt wird mir am Signal eine solche Fahrt angekündigt. Dank dem Wetter, das sich nun deutlich verbessert hat, ist die Sicht optimal. Wichtig ist das, weil ich mit Fahrt auf Sicht einfahren muss, denn die Wagen für den nächsten Zug stehen bereits bereit. Auch der Rangierarbeiter wartet und er erteilt den Befehl zum Anfahren.

Der Lokomotivzug endete in dem Moment, wo sich die Puffer berührten. Ich kann den Führerstand abrüsten und auf der anderen Seite die Lokomotive einrichten. Da-nach in der LEA die Zugnummer eintippen, die Zugdaten eingeben und die Bremsprobe ausführen.

Alles kommt, wie so oft zur gleichen Zeit, daher werden die einzelnen Schritte der Situation angepasst. Da es sich hier um einen Prozess handelt, ist das vermutlich nicht so vorgesehen.

Die Daten für meinen Zug lauten Zugreihe A. Die Bremsreihe ist 95 und die Wagen können mit bis zu 120 km/h verkehren. Mit einer Länge von 304 Meter ist der Zug nur unwesentlich kürzer, als der erste.

Gefahrgut gibt es nicht und wichtig ist jetzt nur, dass die Wagen mit dem Kehricht hinter der Lokomotive ein-gereiht sind. Bei der obligaten Kontrolle konnte auch die Nase leicht feststellen, dass das auch so ist, denn der Ge-ruch war nicht angenehm.

Letztlich ist Zug fahrbereit und daher drückt der Rangierarbeiter auf seinem neuen Funkgerät, das sich LISA nennt, ein paar Tasten. Passt irgendwie zur LEA der Lokführer. Kaum wurde meine Fahrbereitschaft gemeldet zeigt das Signal einen Fahrbegriff. Ich kann losfahren und das erst noch 20 Minuten vor dem Fahrplan. Das war auch nur möglich, da ich nicht eine Hauptbremsprobe machen musste, denn die wurde mit der Rangierlokomotive gemacht.

Es geht zurück nach Solothurn. Die Fahrt mit dem Zug ist leichter, denn das Gewicht ist mit 494 Tonnen wesentlich geringer, als das beim ersten Zug der Fall war. Das ist nicht überraschend, denn viele Wagen im Zug sind für einen Grossverteiler und die verkehren zum Teil leer zurück zur Verladestelle. Die Kehrrichtwagen verkehren jedoch zur Entladestelle. Doch nun wird es Zeit für die Bremsprobe auf Wirkung, die in Niederbipp erfolgt.

Hinunter in die Kurven nach Wangen an der Aare reichte nun die elektrische Bremse aus. Danach kann ich beschleunigen. Zumindest dann, wenn ADL nicht eine andere Idee hat. Ich habe es erwartet, denn in Wangen an der Aare kam die Meldung. Ökologisch fahren bis Solothurn. Der Zug wird beschleunigt und dann mit Hilfe der Schwerkraft befördert. Bis zu meinem Ziel sollte ich, wenn meine Berechnungen stimmen, mit dem Schwung kommen.

Auf Strecken, die ich gut kenne, klappt es besser, als hier, wo ich noch nicht jeden Meter genau kenne. So musste ich kurz vor Solothurn doch noch etwas Zugkraft aufbauen. Auf jeden Fall passte meine Fahrweise, denn knapp vor meiner Lokomotive wechselte das Signalbild und es wird mir nun eine Geschwindigkeit von 40 km/h am Abschnittsignal angekündigt. Diesmal erfolgt die Einfahrt in den Endbahnhof als Zug und daher etwas schneller.

Auch jetzt wartet der Rangierarbeiter wieder und er erteilt erneut das Handsignal. Ich halte bei ihm an. Er erklärt mir, dass nun rangiert wird und er sich am Funk melde. Da ich die Tour nicht das erste Mal fahre, weiss ich, dass die beiden Wagen hinter der Lokomotive der Verbrennung zugestellt werden müssen. Das erfolgt mit mir und weil ich die Wagen nicht alleine schieben kann, mit einem Rangierarbeiter. Der auch besser weiss, wo es hingeht als ich.

Rangierdienst Solothurn

 

Bei meinem Funkgerät kommt ein Anruf an. Es ist der Rangierarbeiter, der mich anruft. Ich nehme den Anruf an. Das Funkgespräch beginnt mit der obligaten Kontrolle der Qualität. Die beiden Teilnehmer verstehen sich gut. Daher folgt auch gleich der Auftrag vorwärts zu fahren. Bevor ich das jedoch mache, kontrolliere ich die Zwergsignale. Diese zeigen den erforderlichen Fahrbegriff und am Funk wird meine Quittierung mir «Richtig» bestätigt.

Direkt geführt, ist die Rangierfahrt nur kurz, denn nach wenigen Metern erhalte ich erste Massangaben. Die erste bestätige ich. Danach wird bei jeder Angabe verzögert, bis am Funk Halt zu hören ist. Ich kann kurz vor dem Ende der Fahrleitung anhalten. Kurz darauf kommt der Befehl «Rückwärts». Auch jetzt bestätige ich diesen Auftrag. Drücke am Funk eine Taste und lege den Hörer auf. Ab jetzt kommen die Meldungen über den Lautsprecher an der Decke.

Ich weiss, auch jetzt ist der Vorgang nicht so, wie er in den Unterlagen steht. Nur, wenn ich diesen Weg neh-me, kann der Rangierarbeiter nicht mehr mit dem Fahrdienstleiter funken. Das behindert die Arbeit zu sehr.

Zugleich stellt sich mir die Frage, wa-rum es bei einem Funkgerät ohne Pro-bleme klappt und bei einem anderen nicht.

Warum beim dritten Gerät wieder an-dere Schritte benutzt werden müssen. Mit einem vierten Gerät kommt dann wohl eine neue Variante.

Es ist nicht so, dass das Problem erst jetzt mit der LISA entstanden wäre. Als ich noch am Gotthard fuhr, gab es das Problem auch mit der Schiebe-lokomotive.

Dort kam es zur Situation, dass je nach Funkgerät die Zuglokomotive, oder die Schiebelokomotive die Bereitschaft melden musste. Kam dann ein Gespräch auf der Strecke zur Zuglok und der Lokführer legte den Hörer auf, fiel die Konferenz aus und musste erneut aufgebaut werden. Das natürlich während der Fahrt.

Da im Lautsprecher der Kontrollton zu hören ist, beschleunige ich die Rangierfahrt nun rückwärts. Korrekt ist es nun eine indirekt geführte Rangierfahrt. Ich muss mich nur bedingt um die Zwergsignale kümmern. Das ist so oder so erst möglich, wenn ich daran vorbei gefahren bin. Dank dem Kontrollton weiss ich, dass ich mit dem Rangierarbeiter verbunden bin. Da ich über die Weichen nicht zu schnell fahre, kamen nur einmal Massangaben.

Diese wurden jedoch mit dem Befehl «Rückwärts Kebag» abgebrochen. Es folgt nun eine längere Fahrt mit dem Kontrollton. Das ist gefährlich, denn fällt dieser aus, kann es passieren, dass ich mir einbilde, dieses Signal weiter zu hören. Auf jeden Fall geht es rückwärts und genau dieses Anschlussgleis ist der Grund, warum das Einfahrsignal von Solothurn nahezu in Luterbach zu finden ist. Nur lange sollte der Friede nicht anhalten.

Auf halben Weg, fällt plötzlich der Kontrollton aus. Die Funkverbindung wurde unterbrochen. Ich halte sofort an und versuche eine Verbindung zum Rangierarbeiter aufzubauen. Jedoch bekomme ich nur das Besetztzeichen. Im Rückspiegel sehe ich den verwunderten Blick aus der Ferne. Der Rangierarbeiter läuft mir entgegen. Als er bei meiner Lokomotive ist, erkläre ich den Ausfall. Die Antwort verblüfft, denn mit meinem Funk kann das passieren.

Er trennt die Verbindung bei seinem Gerät, dann wird diese erneut aufgebaut. Jetzt kann es wieder weitergehen. So richtig ausgereift ist das mit der LISA doch noch nicht. Scheinbar gibt es Bahnhöfe wo damit schlicht nicht rangiert werden kann, weil es mit den Verbindungen nicht klappt. Bevor der erneute Befehl kommt, meldet sich der Fahrdienstleiter mit den genervten Worten: «Ist bei Euch die Verbindung wieder ausgefallen?»

Die Antwort ist klar und auch der Hinweis, dass wir wieder fahren können. Der weiteren Fahrt in das Anschlussgleis steht nichts mehr im Weg. Das Ziel erreichen wir schliesslich ohne weitere Probleme. Danach werden die Wagen abgehängt und der Weg mit der Lokomotive führt zurück in den Bahnhof von Solothurn. Das ist nicht so falsch, denn das Anschlussgleis gehört nicht zum Bahnhof, sondern dem Besitzer, das sind dann meistens die Gemeinden.

Der Rangierarbeiter kommt für die Rückfahrt zu mir in den Führerstand. Dabei meint er, dass es jetzt einfacher ist. Ich meine nur, wenn das mit den Funkgeräten so weiter geht, wird in der Schweiz wohl wieder mit den Handzeichen rangiert. Die klappten damals sogar in Göschenen beim Ausreihen der Zwischenlokomotive. Eine Bespannung, die in den Vorschriften nur noch im Grundsatz vorhanden ist. So ändert sich die Zeit, denn damit lernte ich mein Handwerk.

Mit der Lokomotive die Fahrt zurück, bringt eine spezielle Situation. Nachdem ich wieder auf der Zufahrt bin, kann ich sogar auf 40 km/h beschleunigen. Der Fahrweg ist dank eigentlicher Strecke übersichtlich und Weichen gibt es auch nicht. Zudem ist die Rangierfahrt direkt geführt. Es gibt nicht viele Bereiche, wo das möglich ist, und wäre meine Lokomotive vom Personenverkehr, hätte ich auch nicht so schnell fahren dürfen.

Eigentlich bringen diese 10 km/h nicht sehr viel, aber es ist noch erlaubt und daher nutze ich es für den langen Weg. Der letztlich vor ein paar abgestellten Wagen endet. Der Rangierarbeiter erklärt mir, dass die Lokomotive in etwa vier Stunden wieder zur Kebag fährt. Auch informiert er mich darüber, wo die Maschine steht, die ich nach der Pause übernehmen muss. Doch bis es soweit ist, rüste ich diese Lokomotive ab und mache eine Pause.

Pause Solothurn

 

Der Begriff Pause ist eigentlich nicht mehr richtig. Im neuen Programm für die Einteilung steht dazu Pausenelement für RCP+OCC+LPC. Mit anderen Worten, es ist eine Arbeitsunterbrechung. Diese reicht nicht aus um eine Mahlzeit einzunehmen, aber um einen Kaffee zu trinken. Diesen geniesse in den Aufenthaltsräumen von Cargo. Jene vom Personenverkehr sind an einem anderen Ort, und dort haben wir selten bis nie die Berechtigung für den Zugang.

Die Trennung hat sich nun endgültig ausgewirkt. Lokführer machen Pause bei den vom Unternehmen erlaubten Orten. Wo das für uns ist, steht in einer Tabelle. Diese Tabelle offenbarte wunderbare Situationen. Orte an denen ich Pause machen darf, wenn ich mit einem Kieszug dorthin komme, jedoch nicht, wenn ich eine Stunde früher zur Mittagszeit mit dem Stückgüterzug den Bahnhof erreiche. In beiden Fällen sind jedoch die gleichen Verpflegungs-möglichkeiten vorhanden.

In Solothurn darf auch ich meine Pause machen. Weil jedoch die Zeit für die nächste Leistung sehr knapp ist, wurde einfach etwas gemogelt. Statt dass sich die Maschine ordentlich übernehme, habe ich Reserve eingeteilt. So muss ich in acht Minuten das erledige, wofür ich eigentlich deutlich mehr Zeit benötige. Da es trotz allem, mit dem Manöver gut geklappt hat, kam ich auch ein paar Minuten eher in die Pause, daher kann ich diese etwas eher beenden.

Ein Kaffee bewirkt Wunder, besonders, wenn man bis zu diesem vier Stunden warten musste. Ein paar Worte lockern etwas auf, denn in der Regel sitze ich alleine in meiner Lokomotive und die Stimmen, die ich höre, kommen aus einem Funkgerät, oder aus dem Handy. Die moderne Eisenbahn ist dank der neuen Kommunikation unpersönlicher geworden. Daher schätze ich es, wenn man auch etwas anderes besprechen kann.

Das Thema beim Rangierteam ist das gleiche, wie bei mir vor ein paar Tagen. Es steht anscheinend die periodische Prüfung an. Dabei kommt gerade der Teil mit dem Ausfall der Verbindung zum Thema. Für den Lokführer ist klar, er muss anhalten. Nur wenn die Kontrolle beim Rangierarbeiter noch aktiviert ist, wundert er sich darüber. Dabei ist nicht alles in den Vorschriften bis ins kleinste Detail geregelt worden, da sonst die Bücher noch dicker würden.

Die periodische Prüfung ist für mich abgehalten, da ich diese vor einer Woche absolviert habe. Bestanden und fünf Jahre Ruhe, dann geht es erneut um den Job, den man seit Jahren macht und den man auch wenn es kaum jemand zugibt, auch liebt. Ein Problem, das jeder hat und daher ist der Stress vor der Prüfung sehr hoch. Ich kann es verstehen, auch wenn ich viel weiss, alles kann auch ich nicht wissen, besonders nicht an der Prüfung.

Bei der Nachbesprechung wundere ich mich dann über die blöden Fehler. Keinen Fehler machte ich jedoch bei den Fragen zu der nun folgenden Strecke. Dort hatte ich alles richtig gemacht. Es waren auch sonst Fehler, die vermutlich nur entstanden sind, weil der Stress hoch war. Doch nun wird es Zeit und auf der nun anstehenden Fahrt sollte ich keinen Stress haben, denn es ist nicht ganz so einfach, wie auf den anderen Strecken.

Solothurn – Gerlafingen – RBL
                       

Gleich nach dem Bahnhof von Solothurn beginnt die Strecke der BLS. Eigentlich war es früher ein Teil der EBT. Ich und "meine" Lokomotive der Reihe Re 620 sind jedoch von SBB Cargo. Viele Unternehmen und für den Abschnitt benötigt man spezielle Kenntnisse. Diese werden geprüft und im Beiblatt eingetragen. Ein Hinweis, der bei einer Kontrolle wichtig ist. Beim alten Blatt wurde bemängelt, dass der Stempel nicht korrekt sei.

Das ist vorbei, seit gestern stimmt alles wieder. Auch die Schutzstrecke nach dem Bahnhof ist kein Problem. Die Fahrleitung danach jedoch schon, aber bei der leeren Lokomotive wirkt sich das nicht aus. Bei der Annäherung an den Bahnhof Biberist Ost, stellt dann jeder Lokführer fest, dass etwas besonders ist, denn das Vorsignal zur Einfahrt sieht nicht nach dem üblichen Normen aus, Sondern die beiden grünen Lampen sind auf gleicher Höhe.

Das sind Vorsignale, bei denen die Stellung der Weichen nicht mit dem Signal verschlossen ist. Das heisst, der Fahrweg kann wirklich in jedes beliebige Gleis führen. Die Geschwindigkeit in diesem Fall beträgt 40 km/h. Damit das auch jeder Lokführer merkt, kann der Bahnhof auch nur mit dieser Geschwindigkeit befahren werden. Eine doppelte Sicherung, die wichtig ist, denn wenn man erkennt, wie die Weiche steht, ist es zu spät.

Zudem hat der Bahnhof auch kein Vorsignal zur Ausfahrt. In diesem Fall muss ich annehmen, dass das Signal zur Ausfahrt noch Halt zeigt. Daher ermässige ich die Geschwindigkeit, bis ich das Ausfahrsignal erkennen kann. Dieses ist etwas versteckt, aber es zeigt freie Fahrt und darunter befindet sich auch das Einfahrvorsignal von Gerlafingen. Es geht daher auf dem normalen Weg in den nächsten Bahnhof. Eine gefährliche Situation.

Die beiden Bahnhöfe von Biberist Ost und Gerlafingen sind nicht nur mit der Strecke verbunden, sondern es gibt eine gemeinsame Rangieranlage. In dem Fall, wenn die Strecke belegt ist, kann im Auftrag des Fahrdienstleiters auch die Fahrt über diese Anlage erfolgen. Jedoch nur wenn er mich verständigt. Da ich jedoch in dem Fall von Zug auf Rangier wechsle, muss ich anhalten. Doch heute geht es den normalen Weg, was einfacher ist.

Einfach ist das natürlich, wenn man mit der leeren Lokomotive unterwegs ist und auch die Einfahrt beim Ziel Gerlafingen erlaubt viele Möglichkeiten. Bei der leeren Lokomotive ist in solchen Fällen der alte nicht mehr so aufgeführte Passus, dass Lokomotivzüge vor Aufnahmegebäude anhalten ein durchaus hilfreiches Mittel. Hier ist der Fahrdienstleiter vor Ort und so kann man sich besprechen, was Fehler verhindert, da nachgefragt werden kann.

In einem Gleis winkt ein Rangierarbeiter mit seinem Helm. Da ich das einzige Fahrzeug bin, gilt der Auftrag wohl für mich. Da die Weichen zudem zum Mitarbeiter führen, ist die Aufforderung klar für mich. Daher darf ich das Ausfahrsignal ohne Halt überfahren, auch wenn ich dieses gar nicht mehr erreichen kann, denn ich fahre in ein Abstellgeleise. Eine Vereinfachung des Ablaufes, der allen dient und der auch geregelt ist.

Als sich die Puffer berühren, kann ich den Führerstand wechseln. Auch jetzt endete der Lokomotivzug am Abgangszug. In diesem Fall ist das sogar so vorgesehen. Erst nach dem Wechsel des Führerstandes und nach dessen Inbetriebnahme stellte ich fest, dass die Hauptleitung komplett entleert wurde. Das bedeutet, dass der Zug zuerst gefüllt werden muss. Da ich dazu Druckluft benötige, schalte ich zuerst den Hauptschalter ein.

Erst jetzt beginne ich damit, die Hauptleitung zu füllen. Mit dem Füllstoss kann ich viel Druckluft in die Leitung blasen. Das geht aber auf Kosten des Vorrates in den Hauptluftbehältern.

Als der Füllstoss abgeklungen ist, verbringe ich das Ventil in die Fahrstellung. Dadurch kann sich der Vor-rat, der noch knapp sechs bar beträgt, etwas erholen. Viel dagegen machen kann ich nicht, denn es gibt nur einen Kompressor der füllt.

Die Wartezeit kann genutzt werden. So kontrolliere ich die Beleuchtung an der Lokomotive und begebe mich zum ersten Wagen. Dessen Nummer notiere ich mir auf einem Blatt.

Ich will damit verhindern, dass ich wieder nachsehen muss, wenn der Zug Gefahrgut mitführt. Noch weiss ich das nicht, denn die Zugdaten wurden noch nicht übermittelt. Noch immer läuft der Kompressor und es wird Zeit, dass ich wieder in den Führerstand gehe.

Ich erkenne, dass der Vorrat mittlerweile auf acht bar angestiegen ist und die Hauptleitung einen Druck von fünf bar hat.

Noch muss ich warten, denn ich bin noch nicht davon überzeugt, dass der Zug auch wirklich schon gefüllt ist. Als der Luftdruck in den Hauptluftbehältern zehn bar erreicht hat, stellt der Kompressor ab. Mein Blick klebt förmlich auf dem Zeiger und dieser senkt sich noch recht schnell. Der Zug ist noch nicht gefüllt!

Nach einer oder zwei Minuten, so genau nachgesehen habe ich nicht, kann ich die Dichtigkeit prüfen. Jetzt kommt auch aus, ob die Hauptleitung korrekt gefüllt ist. Der Zeiger sollte sich im besten Fall nicht von der Marke fünf entfernen. Das macht er auch nicht und nach der vorgegebenen Wartezeit ist der Luftdruck nur um 0.1 bar abgefallen. Der Zug ist gefüllt und daher kann ich, wie es vorher gewünscht wurde, die Bremsung einleiten.

Der Befehl die Bremsen zu lösen kommt über den Funk. Auch wenn hier das übliche Netz nicht vorhanden ist, die Kommunikation mit der LISA funktioniert. Lediglich Notrufe können nicht ausgesendet werden. Auf der LEA sind zudem die Zugdaten erschienen und die haben durchaus spannende Werte, denn mit einem Gewicht von 1135 Tonnen ist der Zug schwer. Gut, dass dafür eine Re 620 verwendet wird, denn ohne ginge das nicht.

Die anderen Zugdaten sind im üblichen Rahmen. Die Zugreihe ist, wie oft D, und die Bremsreihe beträgt 85%. Die Höchstgeschwindigkeit wird daher mit 100 km/h angegeben. Das wird vermutlich auch für die Wagen gelten. Spannend ist eher die Länge, denn mit 516 Metern sprenge ich in Biberist Ost nahezu die Länge des Bahnhofes. Zudem lohnte sich meine Notiz, denn der Zug hat Gefahrgut. In der Liste stellte ich fest, dass es sich um Abfälle handelt.

Bei der Herstellung von Stahl, wie das hier gemacht wird, fallen aus dem Schrott einige Stoffe an, die abgeschöpft werden. Neben Zink, sind auch andere giftige Stoffe enthalten. Zwei Güterwagen sind daher mit den entsprechenden Kennzeichnungen versehen und sie befinden sich ungefähr in der Mitte des Zuges. An der Spitze sind ein paar Flachwagen, die mit Stahl beladen sind. Vermutlich die Erzeugnisse der hier ansässigen Firma.

Die Bremsprobe an diesem langen Zug zieht sich etwas in die Länge. Jedoch bekomme ich eine Minute vor der Abfahrt die Meldung über die abgeschlossene Zugvorbereitung. Ich bin fahrbereit und melde dies natürlich dem Rangierarbeiter, dieser erklärt mir, dass sich bis vor den Bahnübergang vorziehen könnte. Er melde mich fahrbereit. Er hätte auch bis zum Aufnahmegebäude sagen könnten, denn das steht unmittelbar davor.

Als ich langsam vorziehe, erkenne ich, wie sich der orange Weichenmotor auf den Weg macht. Hier werden noch sämtliche Weichen von Hand gestellt und daher eilt jemand jeder Weiche nach um diese für meine Ausfahrt richtig einzustellen. Als er das erledigt hat, verändert das Ausfahrsignal seine Farbe und wird grün. Noch kann ich nicht losfahren, denn hier benötige ich eine Abfahrerlaubnis und die wird wie vor 100 Jahren mit der Kelle erteilt.

Ich kann Gerlafingen wieder verlassen. Noch sind die Ströme an den Fahrmotoren gering, denn auch dieser Bahnhof darf nur mit 40 km/h befahren werden. Da ich kaum die letzte Weiche befahren habe, bis ich auf Biberist Ost bremsen muss, bleibt es vorerst bei 40 km/h. Da ich ja kein Vorsignal zur Ausfahrt habe, muss ich mit dem Güterzug langsam fahren. Jedoch erkenne ich auch jetzt, dass die Ausfahrt auf Fahrt steht.

Es dauert lange, bis ich Biberist Ost und die anschliessende Kurve befahren habe. Jetzt kann ich auf die erlaubte Geschwindigkeit von 80 km/h beschleunigen. Mit jeder Stufe, die ich zuschalte, sinkt die Spannung in der Fahrleitung. Bei 2 600 Ampère an den Fahrmotoren ist diese verdächtig tief. Ein Problem dieser Strecke, die nur von einer Seite richtig gespeist wird. So richtig auf Geschwindigkeit komme ich deshalb auch nicht.

Solothurn ist nicht weit entfernt und da die Strecke nun relativ stark sinkt, bin ich nicht unglücklich, dass das Einfahrsignal mir eine Fahrt mit 40 km/h ankündigt. Nun sind Signale vom Typ N montiert und da gibt es wieder Vorsignalel zur Ausfahrt. Dass dieses offen ist, sehe ich, da ich beim Einfahrsignal Solothurn «Ausführung 40» signalisiert bekomme. Ein Blick in den Fahrplan verrät mir auch warum, denn ich bin pünktlich unterwegs.

Da mittlerweile die Sonne überhandgenommen hat, ist es ein schöner Nachmittag um mit dem Zug nach Hause zu fahren. Die Lokomotive von meiner ersten Leistung steht immer noch in Solothurn, jedoch war der Stromabnehmer wieder gehoben. Scheinbar hat der nächste Lokführer die Maschine übernommen. Schei… die Fahrmotorventilation steht auf Konventionell und ich habe es vergessen zu melden. Da wird mich jemand wieder mit viel Lob überhäufen.

Jetzt ist es zu spät, und meine Fahrt deswegen abbrechen kann ich auch nicht. So rollt der Zug friedlich gegen Luterbach-Attisholz und weiter in Richtung Wangen an der Aare. In den Rückspiegeln erkenne ich in den langegezogenen Kurven keine Besonderheiten an meinem Zug. Auch den letzten Wagen konnte ich sehen, aber Details waren nicht mehr zu erkennen. So lange keine Rauchzeichen zu sehen sind ist noch alles gut.

Nach Wangen an der Aare sind wieder höhere Ströme an den Fahrmotoren verlangt. Diesmal geht die Fahrleitung nicht mehr in die Knie. Die Fahrt geht ungehindert weiter und bis Niederbipp gibt es auch nichts zu beanstanden. Es ist so, auch hier hoch, fährt es sich bei Sonnenschein einfacher, als bei leichtem Regen. Keine grosse Weisheit, aber es hilft, wenn man vergeblich versucht, das unmögliche zu schaffen. Auch ich blieb schon am Bözberg hängen.

Die Ausfahrt von Oensingen ist geschlossen. Ich muss in die Eisen steigen und so den Zug verzögern. Weiter vorne sehe ich Rauch. Das muss in der Nähe des Bahnhofes sein, womöglich der Zug, der dort steht. Egal, ich muss mich um das Ausfahrsignal kümmern. Wegen der Baustelle und der Kurve ist es zudem sehr schwer zu erkennen. Daher sinkt die Geschwindigkeit auf einen tiefen Wert. Jetzt erkenne ich, dass es ein Reisezug ist.

Der Rauch kommt von der Lokomotive, die diesen Zug zieht. Dort brennt ein Feuer, das durch Rohre gezogen und bei einem Kamin ausgestossen wird. Eine alte Dampfmaschine steht vor dem Zug.

Die Lokomotive ist deutscher Bauart und davon gibt es nicht sehr viele in der Schweiz. Die hier hat drei grosse Triebräder, also ist die Sache nahezu klar. Die win-kenden Leute nehmen meine Überholung entspannter, als die Kollegen im Führerstand.

Da das Sicherheitsventil gerade in dem Moment abbläst, als ich das Ausfahrsignal erkenne, gehe ich davon aus, dass sie jetzt losfahren wollten. Wäre das Signal von An-fang her grün gewesen, hätte das sogar klappen können.

Mit über 1000 Tonnen am Haken, kommt auch eine Re 620 nicht so schnell in Schwung. Da ich meinen Rück-stand wegen dem Signal aufholen will, versuche ich so schnell wie möglich das Tempo auf 100 km/h zu er-höhen.

Jetzt hilft natürlich auch das Gefälle etwas und so kom-me ich wieder gut voran. Die einzelnen Logistikzentren der diversen Grossisten säumen hier die Strecke, wo sich diese nicht breit gemacht haben, findet man die Post und auf der anderen Seite die Werkstätte der Bahn. Hier werden neue Weichen und andere Bereiche der Schiene hergestellt. Die speziellen Wagen stehen bereits beladen bereit für den Abtransport zur Baustelle.

Vor Wangen bei Olten schalte ich die elektrische Bremse mit dem maximalen Strom zu. Olten Hammer kündigt sich an. Im besten Fall kann ich mit 75 km/h einfahren. Im schlimmsten Fall ist die Einfahrt geschlossen. Die letzte Situation treffen wird durchaus häufiger an. Auch jetzt hatte sich mein Verdacht bestätigt und in muss nun auch die Wagen zur Hilfe nehmen. Einfahrt in Olten Jammer, äh Hammer, geschlossen.

Das Nadelöhr, das sich hier ankündigt heisst Olten. In diesem Bahnhof gibt es nicht viele Lücken, die von einem Güterzug genutzt werden können. Da ich mich zudem in Richtung Aarau einreihen muss, ist es keine grosse Überraschung, dass sich ADL wieder zu Wort meldet. Die Fahrt kann jedoch mit ansprechendem Tempo fortgesetzt werden. In Dulliken wird sich zeigen, wie ich in den Fahrplan passe. Ein Fahrplan, der wirklich voll ist.

Durch Schönenwerd verlief die Fahrt normal und ab Aarau habe ich wieder eine S-Bahn vor mir. Die verkehrt in Richtung Lenzburg und ich muss in Richtung Wildegg. Keine grosse Sache, wenn sie nur nicht in Rupperswil einen Stopp einlegen würde. Ich bekomme daher die entsprechende Meldung von ADL. Distanz und vorher nichts. Jedoch musste ich vor Aarau die Weiche freilegen, bevor der IR hinter mir bremsen muss.

Als ich mich Rupperswil nähere, erkenne ich den IR, der sich von hinten nähert. Aha einer der neuen von Bombardier. Wie gross dort die Probleme sind, liesst man seit einigen Wochen in der Zeitung.

Direkt betroffen war ich bisher noch nie. Entweder passte es nie, oder der Triebzug machte einen gros-sen Bogen um mich. Im Moment beginnt das Wett-rennen, denn meine Signale sind soeben grün gewor-den. Ich kann beschleunigen.

Gegen den leichten Reisezug habe ich eigentlich keine Chance, da er nun aber die S-Bahn vor sich hat, kann er nicht mit 160 km/h fahren. Daher gelingt es mir lange, mich zu behaupten.

Für die Fahrgäste wohl ein Schauspiel, auf dieser Strecke jedoch an der Tagesordnung. Der Reisezug fährt Richtung Lenzburg, der Güterzug nimmt den Weg über Brugg und Baden. In Brugg werde ich dann noch warten müssen, bis die S 12 losgefahren ist.

Kaum habe ich Rupperswil verlassen, meldet sich der Funk. Ich nehme den Hörer und melde mich. Es ist die BZ Mitte, die mir mitteilt, dass ich ADL ignorieren und voll zufahren soll.

Anscheinend habe das die BZ Ost so gewünscht. Was mir gesagt wird, mache ich, es geht nun so gut es geht schnell in Richtung Brugg. Die Kurven verhindern leider, dass ich den kurzen Abschnitt mit 100 km/h ausfahren konnte, doch ich gab mir Mühe.

Es lohnte sich, ich kann Brugg noch vor der S 12 verlassen. Vermutlich war es meine Länge, die das erlaubte. Eine Lücke, die ein anderer Zug nicht füllen konnte, nutze ich mit meiner Fahrt. Das Zeitfenster ist sehr eng. Besonders dann, wenn ich noch den RE vor mir merke. Ab jetzt sind maximal noch 80 km/h zugelassen. Brugg verlasse ich zudem nur mit 75 km/h. Nicht sehr schnell aber meine Zugreihe lässt nicht mehr zu.

Wettingen bremste mich noch etwas ein, aber ab dann konnte ich zufahren und selbst die Einfahrt in den RBL ist ohne grosse Probleme möglich. Da ich vor der S 12 fahren konnte, bin ich nun rund 15 Minuten vorzeitig hier. Das soll jedoch noch nichts bedeuten, denn die Einfahrgruppe ist immer wieder für eine Überraschung gut. Feierabend ist so oder so erst, wenn ich beim Auto bin und so den Gleisbereich verlassen habe.

Letztlich kam es zu den erwarteten Verzögerungen und auch der Weg zum Parkplatz war wieder mit einem grösseren Umweg verbunden. Als ich die Re 620 verlasse und auf die Uhr sehe, ist klar, ich kann wieder einen pünktlichen Feierabend notieren. Doch noch muss ich das Gleisfeld verlassen und das ist hier immer mit grösseren Gefahren verbunden. Die neuen Rangierlokomotiven kommen verflucht leise daher, da muss man höllisch aufpassen.

 

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